Читать книгу Trevellian und das Geschäft mit dem Tod: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 10
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ОглавлениеMcAllister war in der zweiten Etage ausgestiegen und hatte sich in der Besenkammer versteckt, die es in jedem Stockwerk gab, und in der die Putzfrauen, die das Treppenhaus und die Flure reinigten, ihre Utensilien und Werkzeuge aufbewahrten.
McAllisters Gedanken wirbelten. Er mahnte sich zur Ruhe. Es gelang ihm jedoch nicht, das innerliche Zittern, das ihn erfüllte, zu unterdrücken. Er atmete stoßweise, sein Puls raste.
Nach einer Viertelstunde etwa wagte er es, sein Versteck zu verlassen. Er schlich die Treppe hinauf, die Luft war rein, er sperrte die Tür zu seiner Wohnung auf und betrat sie. Nachdem er die Tür wieder zugedrückt hatte, lehnte er sich mit dem Rücken dagegen und atmete tief durch. Es gelang ihm nicht, die Rebellion in seinem Innern in den Griff zu bekommen. Immer wieder hallten die drei magischen Buchstaben in ihm nach. F – B – I!
Vor seinem Blick lag das Wohnzimmer seines Apartments. Es war nicht billig eingerichtet. McAllister ging zum Fenster und schaute auf die Straße hinunter, sah jedoch nichts, was seine Unruhe hätte schüren müssen.
Da läutete es an der Tür.
McAllister zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Seine Schultern hatten sich gehoben, wie sprungbereit stand er da, in seinem Gesicht zuckte es. Atmung und Herzschlag hatten sich erneut beschleunigt.
Mit weichen Knien ging er zur Tür und schaute durch den Spion. Zischend entwich die verbrauchte Luft seinen Lungen. Es war sein Nachbar. McAllister öffnete die Tür.
»Vorhin waren zwei Gentlemen vom FBI hier«, sagte der Nachbar.
McAllister war bemüht, seiner Stimme einen ruhigen Klang zu verleihen, als er fragte: »Was wollten sie? Stellten sie Fragen? Sagten sie sonst etwas?«
»Sie wollten wissen, womit Sie Ihre Wohnung finanzieren, McAllister.« Und etwas zynisch fügte der Nachbar hinzu: »Dieselbe Frage, die ich mir auch schon seit einiger Zeit stelle.«
McAllister wollte schon zu einer scharfen Antwort ansetzen, schluckte aber seinen Ärger hinunter und knurrte: »War das alles?«
»Ja. Ich wollte Ihnen nur Bescheid gesagt haben. Sicher kommen die beiden wieder.«
Der Nachbar tippte sich wie zum Gruß mit Zeige- und Mittelfinger gegen die Stirn, wandte sich ab und ging zu seiner Wohnungstür. McAllister schluckte würgend und drückte die Tür zu. Er hatte das Gefühl, als läge eine Schlinge um seinen Hals, die sich immer enger zusammenzog.
Er bemühte sich, dieses Gefühl der dumpfen, wühlenden Angst abzuschütteln, zog das Handy aus der Tasche des Anoraks, den er trug, holte eine eingespeicherte Nummer auf das Display und drückte den grünen Knopf. Dreimal tutete das Freizeichen, dann erklang eine Stimme: »Was willst du?«
»Bei mir waren die Bullen.« Die Stimme McAllisters lag belegt.
»Und?«
»Ich bin ihnen entkommen. Jetzt befinde ich mich in meiner Wohnung, denke aber, dass diese observiert wird. Was soll ich tun?«
»Es gibt nichts, womit sie dich festnageln können. Warum bist du Dummkopf abgehauen? Damit hast du erst zum Ausdruck gebracht, dass du etwas zu verbergen hast.«
»Ich war in Panik, als ich die beiden sah. Ich habe einen von ihnen auf Anhieb erkannt. Sein Konterfei war schon des Öfteren in der Zeitung und im Fernsehen zu sehen. Wenn ich mich richtig erinnere, ist sein Name Trevellian.«
»Ist der nicht vom FBI?«
»Richtig.«
»Verdammt!«
»Was soll ich tun?«
»Ich schick jemand zu deiner Wohnung, der dich abholt. Du wirst für einige Zeit von der Bildfläche verschwinden. Mein Mann ist in einer halben Stunde bei dir. Er bringt dich zu einer leerstehenden Wohnung in Westchester County, wo du dich verkriechst.«
»Was kann die Bullen auf meine Spur geführt haben?«
»Ich weiß es nicht, und es spielt auch gar keine Rolle. Maßgeblich ist, dass sie dich ins Auge gefasst haben.«
»Ich will nicht mehr ins Gefängnis. Eher bringe ich mich um. Himmel, hätte ich mich bloß nicht auf die Sache eingelassen.« Die Stimme McAllisters hatte zuletzt fast weinerlich geklungen.
»Du hast dich darauf eingelassen, und du hast eine Menge Geld kassiert. Fang jetzt bloß nicht zu weinen an. Du hast genau gewusst, worauf du dich einlässt. Bis in einer halben Stunde also.«
»Warte …«
»Was ist noch?«
»Dein Mann soll dreimal läuten, damit ich weiß, dass er es ist.«
»In Ordnung.« Danach herrschte im Äther Stille. Der andere hatte das Gespräch beendet. McAllister schaltete sein Handy aus und steckte es in die Tasche. Die zitternde Anspannung seiner Nerven entlud sich in einem kehligen Laut, der sich anhörte wie trockenes Schluchzen. Er begab sich wieder zum Fenster und schaute auf die Straße hinunter.
Da dudelte das Telefon. McAllisters Herz übersprang einen Schlag. Dreimal zog er die Hand wieder zurück, dann ergriff er den Hörer und hob ihn vor sein Gesicht. »McAllister.«
Es war der Portier. Er sagte: »Da sind Sie ja. Ich versuche schon seit einer ganzen Weile, Sie telefonisch zu erreichen. Warum haben Sie vor den beiden FBI-Agenten die Flucht ergriffen? Sie wollten Ihnen lediglich eine Frage stellen. Ich hab die Visitenkarte eines der Agents. Sein Name ist Trevellian. Soll ich Ihnen seine Telefonnummer geben, damit Sie ihn anrufen können?«
»Ich hole mir nur etwas zum Schreiben. Augenblick …« McAllister legte den Hörer ab, holte sich einen Notizblock und einen Kugelschreiber, dann klemmte er sich den Hörer zwischen Schulter und Kinn. »Sagen Sie mir die Nummer.«
Der Portier diktierte sie ihm, McAllister schrieb mit. Dann wiederholte er die Nummer, bedankte sich und legte auf.
Er zog den Anorak aus und warf ihn über die Lehne eines Sessels.
Was war das für eine Frage, die ihm die FBI-Agenten stellen wollten? Die Angst rumorte in seinen Eingeweiden.
Nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war, war man an ihn herangetreten. Er war einer der besten seines Fachs. Als Hacker, der das eine oder andere Sicherheitssystem im Netzwerk überwand und sich sogar Zugriff zu den Konten seiner Opfer verschaffte, hatte er vor einigen Jahren begonnen. Das Angebot, das ihm unterbreitet worden war, war viel zu lukrativ gewesen, als dass er es hätte ablehnen können. Nach fünf Jahren hinter Gittern hatte er sozusagen vor dem Nichts gestanden.
Leute wie er wurden als IT-Söldner bezeichnet. Sie stellten gegen eine gewisse Summe ihr Können und ihre Fähigkeiten zur Verfügung …
Was für eine Frage? Es nagte und fraß in ihm.
Die Zeit schien stillzustehen. Es juckte McAllister in den Fingern, den Telefonhörer zu nehmen und Trevellian anzurufen. Und schließlich überwältigte ihn dieses Verlangen. Er wählte die Nummer, die ihm der Portier durchgegeben hatte. Doch niemand nahm ab, was McAllister sagte, dass Trevellian nicht in seinem Büro war.
McAllister zerkaute einen Fluch und legte den Hörer auf den Apparat.
Als es dreimal klingelte, schrak er zusammen. Er atmete tief durch. Dann ging er zur Tür. Durch den Spion sah er ein ihm unbekanntes Gesicht. Er öffnete. »Bist du fertig?«, fragte der Mann vor der Tür.
»Ich ziehe nur meine Jacke an.«
McAllister schwang mit dem letzten Wort herum, ging zum Sessel und griff nach dem Anorak. Als er sich wieder der Tür zuwandte, blickte er in die Mündung eines Schalldämpfers, der auf eine großkalibrige Beretta aufgeschraubt war.
»Was …«
Es gab ein Geräusch, wie wenn man den Korken aus einer Champagnerflasche zieht. McAllister spürte den Einschlag, die Wucht des Treffers ließ ihn rückwärts taumeln, er fiel in einen der Sessel. Der Anorak war ihm aus der Hand geglitten und zu Boden gefallen. Vor seinen Augen verschwamm die unmittelbare Umgebung wie in dichtem Nebel. Dann versank alles in undurchdringlicher Schwärze. Der Tod griff mit gebieterischer Hand nach ihm.
Der Killer hatte die Tür geschlossen. Jetzt schoss er noch einmal. Er wollte ganz sicher gehen, dass McAllister nicht mehr reden konnte. Dann verstaute er die Waffe unter der Jacke in seinem Hosenbund, holte dünne Latexhandschuhe aus der Tasche und streifte sie sich über die Hände, bückte sich und hob McAllisters Anorak auf, griff ihn ab und fand, was er suchte – das Handy McAllisters. Er schob es in seine Jackentasche, dann ging er zum Computer McAllisters, der auf einem Schreibtisch an der Wand stand, fuhr ihn hoch und – presste die Lippen zusammen, als das Betriebssystem ein Kennwort verlangte.
Ohne lange zu überlegen, schaltete er den Computer wieder aus, zog den Tower unter dem Schreibtisch hervor, entfernte die Anschlüsse, holte ein Schweizer Messer aus der Jacke und klappte einen kleinen Kreuzschlitzschraubenzieher heraus.