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Fremdverschulden war nicht auszuschließen. Also wurde das Police Department eingeschaltet. Ed Schulz, der stellvertretende Leiter des Homicide Squad von Manhattan, kam mit einem Aufgebot von Spezialisten der SRD, dem gemeinsamen Erkennungsdienst aller New Yorker Polizeidienststellen. Die Spurensicherung machte sich an die Arbeit. Auf dem Tisch im Livingroom lag ein Rasiermesser. Es wies an der Klinge Blutspuren auf.

Zwei Tage später waren die Spuren ausgewertet. Die Leiche der jungen Frau war im Gerichtsmedizinischen Institut obduziert worden. Man hatte einen kleinen Schnitt auf ihrer Wange gefunden, der nicht von dem Sturz herrührte. Das Blut am Rasiermesser war eindeutig der Toten zuzuordnen. Das hatte eine DNA-Analyse ergeben. Und auf dem Rasiermesser wurden die Prints eines polizeibekannten Mannes festgestellt. Die Fingerabdrücke Floyd Hayes‘.

Hayes wohnte in der 114. Straße in einem vierstöckigen Haus. Es war ein renovierter Altbau mit weißem Stuck um die Fenster und einer sechsstufigen Treppe, die zur Haustür hinaufführte. Das Geländer war schwarz gestrichen.

Floyd Hayes‘ Apartment lag in der 3. Etage. Einen Aufzug gab es nicht. Also stiegen Ed Schulz und seine beiden Begleiter die Treppe hinauf. Sie war aus Holz und knarrte unter dem Gewicht der drei Kriminalbeamten.

Hayes war zu Hause. Ed Schulz stellte sich und seine Begleiter vor. »Wir haben ein paar Fragen, den Tod einer jungen Prostituierten betreffend«, erklärte Ed Schulz. »Ihr Name ist Susan Hopkins.«

Hayes verriet Unsicherheit. Sein Blick irrte zur Seite ab. Er zog die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum. »Ich habe gehört, dass Susan tot ist«, sagte er schließlich. »Ich wüsste aber nicht, wie ich Ihnen weiterhelfen könnte. Sie hat Selbstmord begangen …«

»Wollen wir das unter der Tür besprechen?«, fragte Ed Schulz. Er sprach mit dröhnendem Organ, das durchaus zu seiner Erscheinung passte. Seine Stimme klang resolut. Neben seiner riesigen Gestalt nahmen sich der Zuhälter und die beiden Begleiter Eds geradezu mickrig aus.

»Na schön, kommen Sie herein.« Hayes trat fast widerwillig zur Seite. Sein Gesicht zeigte nicht die Spur von Begeisterung.

Die Beamten betraten das Apartment. Der Zuhälter bot ihnen Sitzplätze an. Sie ließen sich nieder. Hayes blieb stehen. Er mutete irgendwie sprungbereit und lauernd an, wie jemand, der sich im nächsten Augenblick herumwerfen und die Flucht ergreifen wollte.

»In der Wohnung Susan Hopkins‘ wurde ein Rasiermesser gefunden«, hub Ed Schulz an. »An der Klinge fand die Spurensicherung Blut von der Toten, auf dem Griff stellte sie Ihre Fingerabdrücke fest, Hayes.«

Der Zuhälter zog die Schultern an. »Jetzt sagen Sie bloß noch, Sie denken, ich habe Susan aus dem Fenster geworfen.«

»Ich denke gar nichts«, versetzte Ed Schulz. »Aber interessant wäre es schon, zu wissen, wie das Blut an das Messer kam und wieso nur Ihre Prints am Messergriff gefunden wurden.«

Starr schaute Hayes den Beamten an. Dann sagte er: »Ich habe hin und wieder mal bei Susan geschlafen. Das Rasiermesser gehört mir.« Er grinste. Es wirkte aufgesetzt und verzerrt. »Schließlich will man ja nicht unrasiert das Haus verlassen. Ich habe das Messer deshalb – ebenso wie eine Zahnbürste – vor längerer Zeit bei Susan deponiert.«

»Das könnte eine Erklärung sein«, sagte Schulz nickend. »Die Frage ist, wieso die Leiche einen Schnitt an der Wange aufwies. Er ist nicht auf den Sturz aus dem Fenster zurückzuführen. Von dieser kleinen Wunde stammt auch das Blut an dem Messer. Kaum anzunehmen, dass die Lady sich rasierte.«

Deutlich war der Zynismus, der Ed beherrschte, aus seinen letzten Worten herauszuhören. Ed wusste, dass Susan Hopkins zur Prostituiertenszene Manhattans gehört hatte. Und er wusste auch, dass Hayes ihr Zuhälter war. Ed hatte sich am Abend vor seinem Besuch bei Floyd Hayes in den einschlägigen Kneipen umgehört.

»Wollte die Lady vielleicht abspringen?«, fragte Ed. »In Ihren Kreisen ist das Rasiermesser doch ein adäquates Mittel, um abtrünnige Nutten bei der Stange zu halten.« Ed nahm kein Blatt vor den Mund.

»Wofür halten Sie mich denn?«, erregte sich Hayes. »Sicher, Susan ging auf den Strich. Sie war gemeldet. Das ist ein Job wie jeder andere. Ich weiß nicht, wie das Blut an das Rasiermesser kam. Ich war auch nicht dabei, als sie aus dem Fenster sprang. Ich – befand mich in der Wohnung eines Freundes. Sein Name ist Will Harney. Auch ein Mann namens Tom Jefferson war dort. Versuchen Sie bloß nicht, mir etwas in die Schuhe zu schieben, Detektiv. Sonst wird sich mein Anwalt mit Ihnen unterhalten.«

»Davor fürchte ich mich«, knurrte Ed Schulz unbeeindruckt. Er beugte sich etwas vor, dann schnappte er: »Wir wissen, dass Sie Susan Hopkins Lude waren, Hayes. Und die Kleine hatte sicher einen Grund, um aus dem Fenster zu springen. Falls sie überhaupt gesprungen ist. Sie kann auch gestoßen worden sein. Ein eventueller Selbstmord geschah weder im Alkohol- noch im Drogenrausch. Und sicher sprang sie auch nicht wegen eines gebrochenen Herzens. Sie hatte einen kleinen Schnitt an der Wange. Auf dem Rasiermesser sind ausschließlich Ihre Prints. Ich denke, Susan wusste keinen anderen Ausweg mehr.«

»Denken Sie, was Sie wollen», schnarrte Hayes. »Sie müssen den Beweis antreten können. Können Sie das?«

»Ich werde noch einmal in die Wohnung fahren und nach Ihrer Zahnbürste suchen, Hayes!«, versprach Ed Schulz. »Und wehe, ich finde sie nicht.«

»Was dann?«

»Dann haben Sie gelogen. Und wir werden uns eingehender mit Ihnen befassen, Hayes.« Es war deutlich. Ed Schulz hatte nichts übrig für Kerle vom Format dieses Zuhälters.

»Sie werden die Zahnbürste finden«, giftete Hayes. »Aber selbst wenn Sie sie finden, werde ich wohl keine Ruhe vor Ihnen haben. Ich werde einen Anwalt einschalten.«

»Wahrscheinlich werden Sie ihn bitter nötig haben, Hayes. Wir kommen wieder.« Mit dem letzten Wort erhob sich Ed Schulz. Auch seine beiden Begleiter standen auf. Sie verließen die Wohnung.

Nachdem Hayes die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, ging er zum Telefon. Er rief Will Harney an. »Die Bullen waren bei mir. Sie wollten wissen, wie Susans Blut an die Klinge des Rasiermessers kam. Warum habe ich dieses verdammte Messer bloß in der Wohnung liegen lassen?«

»Die Hektik unseres Aufbruchs. Aber mach dir keine Gedanken, Floyd. Was soll man dir schon groß beweisen können? Dass Susan aus dem Fenster sprang, ist Fakt.«

»An dem Messer sind meine Prints.«

»Was hast du den Schnüfflern gesagt?«

Hayes erzählte es.

»Das ist eine gute Erklärung. Vor allem, da sie auch deine Zahnbürste in der Wohnung und ein paar andere Dinge von dir finden werden. Die Bullen können sich in Vermutungen ergehen. Beweisen können sie nichts – gar nichts.«

Trevellian sucht den Rächer: Action Krimi

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