Читать книгу Trevellian und die korrupten Kollegen: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 9
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ОглавлениеIch hatte den Sheriff des Geary County, der in Junction City seinen Sitz hatte, an der Leitung. Sein Name war Collin Emmit. »Sieh an«, sagte er. »Das Girl ist also in einem Bordell gelandet. Nun, es ist nicht der erste Fall des spurlosen Verschwindens eines Mädchens aus dem Boot Camp. In den vergangenen vier Monaten wurden sechs Ausbrüche gemeldet. Was diese Cindy Graham anbetrifft, so erzählt sie sicher Märchen, wenn sie behauptet, aus dem Camp entführt worden zu sein. Natürlich. Denn nach dem Ausbruch hat sie sich die Chance, die ihr mit dem Boot Camp geboten wurde, verscherzt. Auf sie wartet das Gefängnis.«
»Warum wurde Cindy verurteilt?«, fragte ich.
»Autodiebstahl, Wiederholungstäterin. Das Camp war Ihre letzte Chance.«
»So einfach kann man die Behauptung, dass sie aus dem Camp entführt wurde, nicht unter den Tisch kehren«, wandte ich ein. »Sie kann ebenso gut wahr wie unwahr sein. Ich glaube fast, dass uns Cindy nicht belogen hat. Sie war körperlich und psychisch viel zu fertig, um uns Lügen aufzutischen.«
»Von mir aus, Mr. Trevellian. Finden Sie die Kerle, die sie aus dem Camp entführt haben, beweisen Sie ihnen die Entführung und dann will ich gerne glauben, dass das kleine Luder nicht einfach ausgerissen ist. Solange Sie mir das nicht beweisen können, werde ich von Flucht ausgehen und die Einweisung ins Gefängnis veranlassen.«
Ich hatte es mit einem halsstarrigen selbstherrlichen Provinzbeamten zu tun, der in Junction City und im Geary County nicht nur das Gesetz vertrat, sondern der das Gesetz dort war.
Ich ließ mir die Namen der Mädchen geben, die aus dem Camp verschwunden waren und notierte sie. Corinna Finnerton, Jenny Wolters, Pam Sullivan, Patricia Bellows und Melanie Collins. Sämtliche Girls waren unter zwanzig Jahre alt.
Mir stellten sich die Nackenhaare auf, als ich daran dachte, dass all diese Mädchen irgendwo in den Staaten in einem Bordell gelandet sein konnten. Wenn Cindy Grahams Aussage zutraf, war das Treiben der Leute, die ihr das angetan hatten, nur unter dem Begriff Menschenhandel zu subsumieren.
Ich war geneigt, dem Mädchen zu glauben. Sie war nicht in der Verfassung gewesen, in der ein Mensch schamlos lügt.
»Vielleicht sollten wir noch einmal mit Cindy reden«, schlug Milo vor. »Irgendwie klingt ihre Geschichte ziemlich abenteuerlich und es ist nicht auszuschließen, dass sie sie erfunden hat, weil sie denkt, dadurch dem Gefängnis zu entgehen und wieder in das Camp zurückkehren zu können, andererseits aber...«
Milo wiegte den Kopf.
»Wir können ihre Aussage nicht einfach ignorieren. Sicher, sprechen wir noch einmal mit ihr. Vorausgesetzt, sie ist ansprechbar.«
Also fuhren wir noch einmal ins New York Hospital. Der Entzug war fortgeschritten. Der Arzt, an dem wir auch dieses Mal nicht vorbei kamen, sagte: »Sie ist mitten im Entzug und redet viel wirres Zeug. Ob sie ihre Aussage verwerten können, ist fraglich.«
»Wir wollen es dennoch versuchen«, beharrte ich auf unserem Vorsatz, Cindy noch einmal zu befragen.
Der Doc hob die Schultern. »Ich bitte Sie, das Mädchen nicht über die Gebühr zu strapazieren.«
»Mein Wort darauf«, versetzte ich.
Dann standen wir wieder an Cindys Bett. Sie schaute uns mit erloschenem Blick an. In ihrem Gesicht zuckte kein Muskel. Und ich fragte mich, ob sie uns überhaupt erkannte. »Wissen Sie noch, wer wir sind, Cindy?«, fragte ich daher.
»Bullen«, erwiderte sie und schloss die Augen. »FBI. Ja, ich kann mich an euch erinnern.«
»Haben Sie sich gewehrt, als man Sie aus dem Boot Camp holte?«, wollte ich wissen.
»Nein. Man sagte mir, ich werde verlegt.« Das tonlose Flüstern klang losgelöst und wimmernd wie ein Windhauch. Ein Krampf überlief das totenbleiche Gesicht. »Widerstand wurde in dem Camp unerbittlich geahndet. Du – du leckst den Ausbildern sogar die Schuhe, wenn sie es verlangen. Man ist dort kein Mensch – man ist ein wertloser Gegenstand.«
»Wie viele Männer waren es?«
»Drei.«
»Trugen Sie Uniformen? Hatten Sie die Männer vorher schon einmal gesehen?« Cindy hatte zwar bei unserem ersten Besuch schon behauptet, die Männer nicht gekannt zu haben, trotzdem stellte ich die entsprechende Frage noch einmal.
»Nein, keine Uniformen. Ich kannte sie nicht.«
Cindy rollte den Kopf auf dem Kissen hin und her. Es war deutlich zu sehen, wie sie unter den geschlossenen Lidern mit den Augen rollte. Schweiß schimmerte auf ihrer Stirn.
»Haben die Männer irgendwelche Namen gesagt?«
»Einer hieß Lex, ein anderer Floyd. Andere Namen fielen nicht. Sie – sie haben mich... haben mich...«
»Was?« Ich stellte die Frage eindringlich. Meine Stimme klang hart. Ich ahnte, was kommen würde.
»Vergewaltigt. Und dann – dann haben Sie mir etwas gespritzt. Ich weiß nichts mehr. Als ich wieder denken konnte, hatte ich keine Ahnung, wo wir uns befinden. Erst Tage später kamen wir nach New York, wo ich Stacy übergeben wurde. Auch mit ihm musste ich schlafen. Er – er versorgte mich mit Drogen.«
Wenn das alles den Tatsachen entsprach, dann war das Mädchen nicht durchs Fegefeuer gegangen, sondern durch die Hölle. Cindys Mundwinkel zuckten. Fahrig wischten ihre Hände über die Bettdecke. Ich hatte Mitleid mit ihr.
Wir fuhren vom Krankenhaus aus nach Rikers Island, in das Stacy Monroe als Untersuchungshäftling eingeliefert worden war. Er war Geschäftsführer des Clubs, den wir hochgenommen hatten und wir schoben ihm – neben Martin McNeal – die Verantwortung für das ungesetzliche Geschehen dort zu.
Im Gefängnis waren wir alte Bekannte. Dennoch mussten wir uns ausweisen. Es ging durch einige Schleusen, die uns jeweils geöffnet wurden, dann befanden wir uns in einem kahlen Raum mit einem Tisch und vier Stühlen. An der Wand hing ein schmuckloses Eisenkreuz. Auf einem Computertisch stand ein vernetzter PC mit Drucker, in dem die Vernehmungsprotokolle geschrieben wurden.
Monroe wurde hereingeführt. Finster musterte er uns. »Ich hab euch nichts zu sagen«, blaffte er.
»Setzen Sie sich zuerst einmal nieder«, sagte Milo und deutete auf einen der Stühle.
Monroe setzte sich. Er war achtunddreißig Jahre alt und hatte blonde leicht gewellte Haare, die bis in seinen Nacken reichten. Sein Gesicht war ein wenig aufgedunsen und solariengebräunt. Er war wohl um die einsachtzig groß.
»Cindy hat uns erzählt, dass Sie ihr Speed gegeben haben«, begann ich und beobachtete ihn scharf.
Er presste sekundenlang die Lippen zusammen. Seine Hände, die er auf dem Schoß liegen hatte, ballten sich zu Fäusten. »Sie lügt!«, presste er schließlich hervor.
»Dann ist es sicher auch gelogen, dass sie bei Nacht und Nebel aus dem Boot Camp bei Junction City entführt und nach New York gebracht wurde, wo man sie mit Amphetaminen gefügig machte und auf den Strich schickte.«
»Sie ist achtzehn. Auf den Strich zu gehen war ihr freier Wille. Von einem Boot Camp weiß ich nichts. Sie kam zu mir und...«
»Sie wurde Ihnen gebracht!«, fiel ihm Milo ins Wort. »Sie haben sie mit Speed vollgepumpt. Das Dreckszeug wurde ihr intravenös verabreicht. Sie wurde von ihnen geschlagen und Sie haben ihre Hilflosigkeit ausgenutzt und mit ihr geschlafen. Man spricht hier von Vergewaltigung, mein Freund. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen. Eine ziemliche Latte, die ausreichen dürfte, um sie für einige Jahre hinter Gittern verschwinden zu lassen.«
»Sie war süchtig, als sie zu mir kam«, knurrte Monroe. »Versucht nur nicht, mir was am Zeug zu flicken. Ich war nur für den Barbetrieb zuständig. Was in den oberen Geschossen des Gebäudes vor sich ging, interessierte mich nicht.«
»Wer war dann für den Bordellbetrieb verantwortlich?«, schnappte ich.
Er schaute mich verächtlich an. »Findet es doch heraus, ihr Scheißbullen.«
»Nicht frech werden«, knirschte Milo.
»Also, noch einmal«, sagte ich geduldig. »Wer hat Cindy Graham zu Ihnen gebracht und wie viel Geld wechselte den Besitzer?« Ich beugte mich weit zu Monroe hinunter. Sein Atem streifte mein Gesicht. »Sie sollten kooperativ sein, Monroe. Cindy wird vor Gericht gegen Sie aussagen. Ihre Geschichte wird die Herzen der Jurymitglieder rühren, und...«
»Gib dir keine Mühe, Bulle. Soll ich mir mein eigenes Grab schaufeln. Ich weiß von nichts. Ich kannte diese kleine Hure gar nicht. Wendet euch an...«
Er hatte sich in Rage geredet. Jetzt aber brach er ab. Trotzig schaute er mich an.
»An wen?«, fragte ich.
»Geh zum Teufel.«
»Haben Sie einen Anwalt, Monroe?«, wollte Milo wissen.
»Mister Monroe!«, stieß der Gangster mit Nachdruck hervor. »Ich darf doch sehr bitten. Wir sind hier doch nicht im Kuhstall!«
Ich hatte mich wieder aufgerichtet und die Arme in die Seiten gestemmt. »Vergessen Sie's, Monroe. Solange Sie uns als Scheißbullen bezeichnen, haben wir keinen Grund, besonders höflich zu Ihnen zu sein.«
Er leckte sich über die Lippen, schluckte und einen Moment sah es so aus, als wollte er mir vor die Füße spucken. Aber er besann sich eines Besseren, lehnte sich zurück und meinte grinsend: »Von mir aus. Ich heiße Stacy. Nenn mich Stacy, Trevellian. Wie ist dein Vorname?«
»Sie scheinen da etwas missverstanden zu haben, Monroe«, knurrte ich. »Sie haben die Frage nach einem Anwalt noch nicht beantwortet.«
»Ich brauche keinen. Was habt ihr gegen mich vorzubringen? Dass in der ersten und zweiten Etage des Gebäudes, in dessen Erdgeschoss eine Bar betrieben wird, deren Geschäftsführer ich bin, ein Puff betrieben wurde?« Monroe legte den Kopf schief und schielte höhnisch zu mir in die Höhe. »Kein Richter der Welt wird deswegen Haftbefehl gegen mich erlassen.«
»Cindy Grahams Aussage liegt vor. Und sicher wird auch das eine oder andere der Mädchen, die wir hops genommen haben, den Mund aufmachen. Und dann sind Sie fällig, Monroe. Also kommen Sie von ihrem hohen Ross herunter.«
»Ihr könnt mich mal. Und jetzt möchte ich in meine Zelle zurück. – Die Weiber, die ihr als Trümpfe im Ärmel zu haben glaubt, sind alle drogenabhängig. Wenn sie keinen Nachschub kriegen, brechen sie zusammen. Wer soll denen schon glauben? Ich denke mal, eure Anklage steht auf recht wackligen Beinen, Trevellian.«
Ich gab dem Wachtmeister einen Wink. Er kam näher. »Gehen wir, Monroe.«
Der U-Häftling erhob sich. Ein hohnvolles Grinsen bog seine Mundwinkel nach unten. In seinen Augen glitzerte der blanke Zynismus. »Ihr habt euch schon groß in den Schlagzeilen gesehen, wie? FBI-Beamte lassen Mädchenhändlerring auffliegen.« Monroe lachte schallend auf. »Pech gehabt. Diese kleinen Huren sind alle freiwillig gekommen.«
»Dafür, dass sie der Bordellbetrieb nicht interessierte, sind Sie aber ziemlich aufgeklärt«, antwortete ich. »Sie wissen, dass die Girls drogenabhängig sind und dass sie freiwillig ihrem Gewerbe nachgingen. Sonst noch ein paar Insider-Kenntnisse?«
Jetzt war die Reihe an mir, höhnisch zu grinsen.
Monroes Grinsen schien zu gefrieren. Er zeigte Verunsicherung. Eine ganze Weile starrte er mich feindselig an, dann wandte er sich abrupt ab und ging zur Tür. Der Wachtmeister folgte ihm.
»Warten wir, was McNeal zu sagen hat«, murmelte Milo und setzte sich auf einen der Stühle. »Eigentlich schade, dass man die peinliche Befragung irgendwann im 18. Jahrhundert abgeschafft hat. Bei dem einen oder anderen dieser Halunken wäre sie durchaus angebracht.«
Obwohl mir nicht danach zu Mute war, musste ich grinsen.