Читать книгу 11 knallharte Krimis: Krimi Paket - Pete Hackett - Страница 41

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Drei Viertel aller Mordfälle sind einfach zu lösen. Dazu braucht man keine Genies, sondern gute, zuverlässige und tüchtige Cops, die nach der Dienstvorschrift vorgehen und Punkte für den Ankläger sammeln, die Fragen stellen, das Motiv ergründen und dann den Hauptverdächtigen einkreisen.

Mit Zeugenaussagen, Indizien und Beweisketten. Und damit hat es sich dann schon. Kompliziert wird es, wenn kein Motiv vorzuliegen scheint, wenn der Täter clever genug war, keine Spuren zurückzulassen.

Aus dieser Schublade stammen die ungelösten Fälle, die uns noch jahrelang ärgern.

So einer sollte mir wieder angehängt werden, als das Telefon klingelt. Ich weiß es nur noch nicht. Detective Sergeant Kostas betrachtet gerade die Blattlausprozession auf dem Bürogummibaum, und Potter nimmt den Hörer ab.

Er meldet sich, hört eine Weile zu und ruft dann meinen Namen, gerade, als ich Kostas sagen will, wo er sich die Blattläuse hinsetzen kann. Es ist Freitagvormittag, ein sonniger Frühlingstag in Manhattan.

Im Squad Room des Morddezernats Manhattan Süd sind nur Kostas, Potter, ich und der junge McLane.

»Wir haben eine Leiche, Lieutenant!«, ruft Potter.

Ich seufze, schaue zur Decke.

»Wann hätten wir die mal nicht? Was glaubst du, wo du hier bist, Potter? Bei den Pfadfindern?«

»Es ist einer von diesen glatzköpfigen Kuttenmönchen«, sagt er gelassen. »Er liegt hinter einem Gebüsch im Central Park und hat einen Messerstich in der Brust. Die Parkstreife ist am Apparat. Wir sollen gleich hinfahren.«

Ich überlege. Die morgendliche Einsatzbesprechung ist vorbei, die Arbeit eingeteilt. Ich will eigentlich den Berg auf meinem Schreibtisch aufarbeiten, der beängstigende Formen annimmt. Aber der Kram kann warten.

Draußen scheint die Sonne, und mich interessiert, wer, zum Teufel, ein Interesse daran hat, einen Maha-Rah-Sadhu mit dem Messer zu tranchieren. Mir fallen gleich die Maha Rah ein, als ich von dem Toten höre.

Die Jungs, die meine Glatze imitieren und mit gelben Kutten umherlaufen. Die an den Straßenecken betteln, mit Tamburinen und dergleichen Katzenmusik machen, und Traktate mit unausgegorenen fernöstlichen Weisheiten verkaufen. Der Name ihres Chefs fällt mir im Moment nicht ein.

Diese Maha Rah tauchen überall auf und gehören seit einiger Zeit zum normalen Straßenbild in Manhattan.

»Sag den Jungs, wir sind gleich dort«, sage ich zu Potter. Mein Blick streift Kostas, unseren Pflanzenenthusiasten, der seit Wochen einen wütenden Vernichtungskrieg gegen Blattläuse führt. Dann sehe ich McLane an, den Neuen. »McLane und ich.«

McLane fährt hoch.

»Lieutenant?«

»In zwei Minuten Abmarsch«, sage ich. »Wird Zeit, dass du mal den Außendienst erlebst.«

Er ist seit Anfang der Woche hier und hat selten mehr als drei Worte hintereinander gesagt. Er ist blond, ein bisschen blass, kleidet sich unauffällig. Es wird Zeit, dass ich ihm einmal auf den Zahn fühle.

Der Junge ist dreiundzwanzig, frisch vom College und hat nur die Polizeischule und einen Kurs an der Kriminalakademie absolviert. Hat keine praktische Erfahrung, noch nie eine Verhaftung durchgeführt. Und da heißt es immer, der Polizeietat wird weiter gekürzt, es müssen wieder Leute entlassen werden.

In meinem Office ziehe ich das helle Jackett an und setze den Hut auf. Einen hellen Tiroler mit einer kleinen bunten Feder am Band.

Dann gehe ich mit McLane los, während Potter die Routineanrufe erledigt. Der Erkennungsdienst muss benachrichtigt werden, der Polizeiarzt, der Leichenwagen, der Fotograf. Wenn Sie mal ermordet werden, wundern Sie sich bestimmt, was für einen Rummel man Ihretwegen anstellt.

Wir fahren die Fifth Avenue hoch, die an diesem Morgen wie blankgeputzt aussieht. Der Himmel ist klar, der Verkehr mäßig. Ein Tag, wie aus dem Bilderbuch. Die Sonne spiegelt sich in den Glasfronten der Hochhäuser und Wolkenkratzer.

Ich kurbele das Fenster ein wenig herunter, um frische Luft hereinzulassen. Sie schmeckt nach Frühling, trotz der Abgase.

Im Central Park grünt und blüht es überall. Ich fahre den Buick auf den Fußgängerweg, zu den beiden Cops, die bei einem Rhododendronbusch stehen. Ein paar Neugierige, ein Dutzend etwa, haben sich schon eingefunden.

Sonst ist noch keiner da, wenn man von dem Toten absehen will. Wir steigen aus, und ich setze meine Sonnenbrille auf. McLane schaut mich an, wie der Zauberer das weiße Kaninchen aus dem Zylinder, das ihn gerade in die Nase gebissen hat.

Ich lächle.

»Lieutenant Milo Baldy, Morddezernat«, stelle ich mich den Cops von der Parkstreife vor. »Wo ist er?«

Der Größere deutet hinter den Busch. Ich mache ein paar Schritte zur Seite und vorwärts, denn ich will keine Spuren zertrampeln. Zuerst sehe ich nur einen quittengelben Fleck mit einem roten Tüpfelchen drauf. Dann erkenne ich die Einzelheiten.

Der Kutte und dem kahl rasierten Kopf nach ist der Tote ein Maha Rah. Er liegt auf dem Rücken, das Gesicht blass wie ein Laken und voller Erstaunen, den Mund ein wenig und die Augen weit offen. Um den Hals trägt er seinen Gebetsbeutel oder wie immer diese Kahlkopfsektierer dieses Ding nennen.

Der Stich muss im Herzen sitzen, soweit ich das aus der Entfernung erkennen kann: Es ist nur ganz wenig Blut ausgetreten. McLane tritt zu mir. Er schaut fast so verstört drein wie der Tote.

»Na?«, frage ich und sehe mich schon nach Spuren am Boden um.

»Er ist tot«, sagt McLane, und seine Stimme zittert ein wenig.

»Tatsächlich? Ich dachte, er verstellt sich. Was schließt du aus dem Messerstich ins Herz?«

Ich duze meine Mitarbeiter, denn Förmlichkeiten liegen mir nicht. McLane fühlt sich noch nicht wohl dabei.

Er schluckt, überlegt.

»Eine Profiarbeit«, sagt er dann. »Ausgeführt mit einem Stilett. Bei einem Stilettstich schließt sich die Wunde nach außen, und nach innen treten Blutungen auf.«

McLane schnellt in meiner Achtungsskala nach oben. Das hätte ich ihm nicht zugetraut.

»Genau«, sage ich. »Ein Profi hat den Jungen mit einem einzigen Herzstich erledigt. Es muss blitzschnell gegangen sein. Bleibt die Frage, warum er es getan hat.«

»Das weiß ich nicht, Lieutenant.«

Auch das gefällt mir. McLane redet nicht herum und stellt keine unsinnigen Vermutungen an.

»Ich auch nicht. Deshalb müssen wir es herausfinden.« Ich wende mich an die Cops. »Wer hat ihn gefunden?«

»Der dort«, sagt der Kleinere, und er deutet auf einen Typ, der es längst aufgegeben hat, sich um den Titel des bestgekleideten Mannes der Stadt zu bewerben.

Es ist ein Stadtstreicher. Ein Bartgestrüpp verdeckt den größten Teil seines Gesichts. Zwei Äuglein funkeln darin, seine Nase hat die Farbe einer Winterpflaume. Er trägt speckige, ausgebeulte Hosen und ein Hemd von undefinierbarer Farbe.

Als ich zu ihm trete, werde ich mir der Eleganz meiner eigenen Kleidung erst richtig bewusst. Ich habe nun mal keine Lust, in ausgefransten Bluejeans und einer alten Cordjacke durch die Stadt zu schieben.

»Terry Gallagher, Lieutenant«, sagt er sofort, ohne dass ich ihn gefragt habe. »Ich schlief auf der Bank dort. Als ich mal hinter den Busch ging, um zu Pin... um Auszutreten, fand ich ihn.«

Leute seines Schlages sind nicht begierig darauf, die Polizei zu verständigen. Ich muss wohl zweifelnd ausgesehen haben, denn er wirft sich gleich in die Brust.

»Ich bin ein anständiger Bürger, Lieutenant. Beim Sozialamt bestens bekannt. Da ich den Toten entdeckt habe, bin ich doch jetzt eine Berühmtheit. Die Reporter werden mich befragen. Und ich rede natürlich nur, wenn etwas für mich dabei herausspringt. Bei Ihnen ist das natürlich was anderes.«

Der Kerl ist nicht dumm. Wenn er es geschickt anstellt, hat er sein Schnapsgeld für die nächsten Wochen. Er hat noch nicht richtig »Reporter« gesagt, als die Meute auch schon anstürmt. Da gibt es ein paar Überschlaue, die immer den Polizeifunk abhören.

Diesmal schaffen es die Reporter gleichzeitig mit den beiden Streifenwagen, deren Besatzungen die Mordstelle abzusperren haben. Kurz darauf treffen die Leute vom Erkennungsdienst ein, zusammen mit dem Einsatzwagen vom Morddezernat, dem Polizeiarzt - unserem Dr. Agajanian - und dem Fotografen.

Die Absperrungen werden aufgestellt, Ketten mit Schildern, auf denen steht: Verbrechensschauplatz - Polizeiermittlungen - Betreten verboten. Die Fotoreporter knipsen aus allen Knopflöchern.

Die anderen Zeitungshengste fragen die Cops, die Zuschauer, einfach jeden, und sprechen auf die Kassetten ihrer Taschendiktiergeräte.

Ich stehe da, ignoriere alle Anrufe der Reporter und sehe zu. Die Leute vom Erkennungsdienst sind an der Arbeit. Ich kenne das Team und weiß, dass ich mich nicht einzumischen brauche. Dem Toten werden die Prints abgenommen, der Polizeiarzt nimmt die erste Untersuchung vor, und dann beginnt der Fotograf mit seinem Job.

Er hat eine lange Haarmähne, und er handhabt seine Kamera mit einer Begeisterung, als fotografiere er für den »Playboy« das Playmate des Monats.

Dr. Agajanian geht zu mir und bestätigt mit sanfter Stimme meine und McLanes Vermutung. Stilettstich genau ins Herz. Nähere Einzelheiten werde ich seinem Bericht noch entnehmen können.

»Wann ist der Tod eingetreten, Doc?«, frage ich.

»Nach meiner ersten unverbindlichen Schätzung zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens.«

Er geht weg, zurück zu seinem Wagen, und lässt mich allein mit der Frage, was ein Maha-Rah-Anhänger nach Mitternacht im Central Park zu tun hatte. Und warum ihn jemand dort erstach.

11 knallharte Krimis: Krimi Paket

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