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Mit kalten Kompressen und Indianersalbe hatte Jeff Clomstock die Schwellungen bekämpft. Um die Brust mit den angeknacksten Rippen trug er einen Stützverband, aber eine Ruhepause hatte Dr. Miguel Gomez ihm nicht gegönnt.

Jetzt lungerte Clomstock wieder auf Saltillos Land herum. Es ging auf Mitternacht zu. Der Wind heulte von der Sierra herauf und fuhr ihm kalt durch die neue Kleidung. Der Gewitterregen hatte das Land abgekühlt.

Clomstock fröstelte. Seinen schwarzen Schlapphut hatte er gegen einen hohen grauen Texas-Stetson vertauschen müssen, und damit fühlte er sich noch nicht wohl. Ständig fürchtete er, dass der Wind ihn davontrug. So fuhr seine Hand immer wieder zum Schädel, wobei er auch sein Kinn streifte.

Und das war inzwischen glatt geworden. Ein Diener Gomez‘ hatte den struppigen Bart abrasiert und die Haare auf eine manierliche Länge gestutzt. Der Bandit sah beinahe wieder wie ein Mensch aus, auch wenn eine entstellende, blaurot geäderte Narbe quer über seine beiden Wangen lief. Vorher hatte der Bart sie verborgen.

Jedenfalls war Clomstock nicht auf Anhieb wiederzuerkennen. Auch bemühte er sich um andere Gesten, was ihm nicht besonders schwer fiel. Er bewegte sich steifer, weil der Brustverband ihn behinderte und er noch Schmerzen hatte.

Vor ihm in einer Senke tauchten die Lichter des Dorfes Nuevo Saltillo am Rio Bravo aus der sternglänzenden Dunkelheit auf. Doch eines nach dem anderen verlöschte. Die letzten Menschen verschwanden von der einzigen Straße, neben der die Häuser wie schmutzig-graue Perlen aufgereiht standen.

Jeff Clomstock kannte die Ansiedlung noch von früher, als er nach der besten und schnellsten Route von Mexiko herauf nach El Paso suchte, von wo aus die Mädchen dann von anderen Helfern an ihre endgültigen Bestimmungsorte weitergeleitet wurden.

Jeff Clomstock trieb das Pferd vom Wagenweg, dessen tief ausgewaschene Fahrrinnen ins Tal hineinführten, an dessen Öffnung auch Saltillos Hazienda lag, ausgebaut wie eine Festung, mit Wachttürmen und zinnenbewehrten Mauern versehen.

Der Bandit wusste nicht genau, worauf er eigentlich wartete. Er erfüllte nur Gomez‘ Auftrag, die Augen offen zu halten. Clomstock wusste nicht einmal genau, was der mexikanische Advokat wirklich vorhatte. Doch er vertraute auf Gomez‘ untrüglichen Instinkt, wenn es darum ging, einen schnellen Dollar zu verdienen.

Schließlich fuhr Clomstock nicht schlecht dabei. Gomez hatte ihm anstandslos auch die beiden Anteile von Arragon und Fagueras ausbezahlt.

Den scharfen Augen des ausgebufften Banditen entging nichts. Wie ein Geier hockte er im Sattel, den Blick auf das Dorf gerichtet, wo nun auch die letzten Lichter verlöschten.

Weiß unter der Mondsichel führte der Weg weiter zur Hazienda.

Der dunkle Punkt darauf war unübersehbar. Er bewegte sich auf das Dorf zu, verharrte kurz davor und schlug dann einen Bogen um die Häuser.

Jeff Clomstock saß reglos im Sattel. Er glaubte die Frau erkannt zu haben, die vorsichtig näher kam. Sie ging, als hätte er sich kurz vorher in ein Wespennest gesetzt, aber andererseits bewegte sie die Hüften auf eine Art, wie Clomstock das bisher nur bei einer Frau erlebt hatte.

Maria Leto!

Ihre Bluse war zerknittert. Sie ging barfuß. Unordentlich hing ihr das Haar in die Stirn. Über der linken Schulter trug sie ein Bündel. Einmal blitzte der Zigeunerring auf, und da war sich Jeff Clomstock seiner Sache vollkommen sicher.

Aus irgendeinem Grund musste die Leto die Hazienda verlassen haben. Gomez war wirklich ein Teufelskerl, wenn er das geahnt haben sollte.

Clomstock war bekannt, dass es Menschen mit einer Art sechsten Sinn gab. Dr. Miguel Gomez schien einen sechsten Sinn für lohnenswerte Verbrechen zu haben. Jedenfalls hatte er mit seiner vagen Vermutung, es würde sich bald etwas auf der Hazienda tun, wieder einmal ins Schwarze getroffen.

Clomstock vergewisserte sich, dass Maria Leto allein war. Das Gelände bis fast zum Ende des Tals war übersichtlich. Selbst ein Huhn wäre ihm aufgefallen oder eine streunende Katze.

Um allen Eventualitäten vorzubeugen, rutschte Clomstock aus dem Sattel und führte sein Pferd in die Deckung einer Felsnase, die sich steil und gezackt dem Nachthimmel entgegen reckte wie ein mahnender Finger, ein steingewordenes Menetekel, das Clomstock jedoch nicht als solches erkannte.

Er war ein Mann, der gern auf Nummer sicher ging. Und die Leto konnte laut genug schreien, um auf diese Entfernung noch sämtliche Dorfbewohner aus dem Schlaf zu schrecken.

Clomstock dachte daran, dass die junge Frau ihn in seinem neuen Aufzug bestimmt nicht auf Anhieb erkannte und deshalb wohl Alarm schlagen würde. Dazu kam, dass sie ihn bestimmt nicht in bester Erinnerung behalten hatte, denn auch Clomstock hatte sich ihrer Weiblichkeit, ohne vorher erst groß zu fragen, ausgiebig bedient. Das wahre Vergnügen konnte das nicht für sie bedeutet haben, auch wenn sie sich nicht gewehrt hatte.

Jeff Clomstock stand tief im Schlagschatten der Felsnase, den der schräg oben glitzernde Mond weit ins Hügelland hineinwarf. Nicht einmal die Nasenspitze war von ihm oder seinem Pferd zu sehen. Auch nicht das Lasso, dass er vom Sattelhorn genommen hatte und jetzt entrollte.

Die geöffnete Schlinge pendelte in seiner Rechten.

Er wartete ab, bis Maria Leto, leise Flüche ausstoßend, an ihm vorbeikam. Ab und zu rieb sie sich das Gesäß und stöhnte verhalten.

Der Bandit verstand nicht genug spanisch, um alles mitzubekommen. Eigentlich war es ihm auch gleich, was dieses Mädchen vor sich hinmurmelte. Er würde die Leto lediglich bei Gomez abliefern. Sollte er entscheiden, was mit dem kleinen Luder geschah.

Die Reata surrte durch die Luft. Als Maria Leto das Geräusch wahrnahm, legte sich die Schlinge schon um ihren Oberkörper und wurde ruckartig straffgezogen. Die Frau verlor das Gleichgewicht und stürzte auf die Knie. Ein weiterer Ruck am Ende des Lassos, und sie wurde auf den Rücken gedreht und durch den Sand geschleift.

»Einen einzigen Ton, Täubchen, und ich muss dich mit dem Messer kitzeln.«

Maria Leto schrie jedoch nicht. Offensichtlich verblüfft lauschte sie dem Klang der Stimme nach.

»Clomstock?«, fragte sie schließlich erstaunt. »Du bist doch Jeff Clomstock. Der Himmel hat dich mir gesandt.«

Nun war die Reihe an dem Banditen, erstaunt zu sein. So zart hatte er die Leto nicht behandelt, dass sie nun solche Sehnsucht nach ihm zeigte.

»Erraten, Täubchen«, knurrte er gepresst. »Du scheinst dich ja richtig darüber zu freuen, mich wiederzusehen. Aber lass dir nur keinen Trick einfallen. Es wäre dein letzter. Ich hab noch nicht vergessen, dass du ein raffiniertes Biest bist.«

Maria Leto lachte auf, als hätte man ihr kein schöneres Kompliment machen können.

»Natürlich freu ich mich. Jetzt brauch ich doch wohl nicht mehr nach El Paso zu laufen, oder? Dort, wo ich herkomme, war die Hölle.«

»Auf Saltillos Hazienda?«

»Naturalmente. Er hat mich verprügelt, dieser Bastard.« Wieder wollte sie stöhnend nach ihrer Kehrseite tasten, doch das Lasso, das sie noch immer einschnürte wie ein zu eng geratenes Korsett, hinderte sie an der Bewegung.

Der Desperado trat aus dem Schlagschatten des Felsens ins milchig weiße Licht. Die taufeuchten Felder rund um das Dorf begannen zu dampfen und einen Teil des Wassers als Nebel wieder abzugeben, der dicht über den Boden trieb und abenteuerliche Gebilde entstehen ließ. Da krochen Schlangen, ringelten sich schwadige Drachen durch das nasse Gras.

»Holla! Du bist ja gar nicht Clomstock!«, rief das Mädchen halblaut. »Und ich dachte schon …«

»Hör lieber auf damit. Das Denken überanstrengt dich. Aber ich kenn‘ jemanden, der versteht ‘ne Menge davon. Ich hab lediglich den Bart rasiert und mich neu eingekleidet. Das ist alles.«

»Ach so. Kann ich jetzt wieder aufstehen? Mein Po tut mir weh und auch mein Bauch.«

Der Bandit lockerte das Seil. Flink befreite sich Maria Leto vollends. Doch sie rannte nicht davon, wie Clomstock fast erwartet hatte. Sie klopfte lediglich den Sand aus ihrem Rock und musterte ihn dann dreist.

»Ist das eine Art, ein Mädchen zu überfallen?«, fragte sie. Sie begann schon wieder zu kokettieren. Sie war tatsächlich nicht so leicht einzuschüchtern. »Du willst mich zu jemandem bringen, hast du gesagt? Oh – ich muss dir ‘ne ganze Menge erzählen …«

»Spar dir deinen Atem auf«, unterbrach Clomstock schroff. »Es interessiert mich nicht die Bohne, was sie mit dir angestellt haben. Das kannst du alles meinem Boss erzählen. Der kann zwischen Lüge und Wahrheit ohnehin besser unterscheiden. Und dass du lügst, wenn du nur den Mund aufmachst, hab ich ja schon auf der Fahrt von Hermansillo herauf bemerkt. Ich will dich nur abliefern – sonst gar nichts.«

Maria Leto schwieg. Ihr Trotz erwachte aufs Neue. Nur zu gern wäre sie jetzt über Saltillo und diese Kreolin hergezogen.

Doch Jeff Clomstock war nicht nur ein wortkarger Mann, sondern auch ein miserabler Zuhörer. Gespräche, bei denen nicht von Geld die Rede war, das er sich verdienen konnte – auf welche Art auch immer – langweilten ihn.

Er führte die junge Frau zu seinem Pferd.

Marshal ohne Erbarmen: Glorreiche Western Sammelband 7 Romane

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