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Es gibt nicht den perfekten Menschen

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Gut angepasst zu sein, heißt mittlerweile, unberührt zu sein.

— Theodore Rubin

Wenn Sie nie Angst haben, sich nie schämen oder verletzt werden, bedeutet das, dass Sie nie ein Risiko eingehen.

— Julia Soul

Wahre Freunde sind diejenigen, die, wenn du dich einmal zum Narren gemacht hast, nicht davon ausgehen, dass es eine Dauerbeschäftigung wird.

— Erwin T. Randall

Perfektionismus führt häufig zu einer endlosen, fruchtlosen Suche nach dem perfekten Selbst. Sie tritt oft mit aller Kraft in den frühen Phasen einer Liebesbeziehung auf. Überlebende, die dem Perfektionismus nicht abgeschworen haben, sehen ihre Ausdrucksfähigkeit besonders kritisch, wenn sie sich zum ersten Mal verlieben. Sie bemühen sich, gegenseitig makellose Bilder ihrer selbst zu projizieren, aus Angst, dass alles andere wieder dazu führen könnte, verlassen zu werden. »Einen guten Eindruck zu hinterlassen« bedeutet oft, viele wichtige Teile von sich selbst zu verstecken.

Selbstzensur ist eine anstrengende Aufgabe. Früher oder später tauchen aus dem romantischen Dunstschleier Fehler auf. Wenn dies zwei Menschen geschieht, die über einen langen Zeitraum nur die makellosen Masken des anderen gesehen haben, kann die Desillusionierung verheerend sein. Falsche Liebe, die auf Trugbildern der Perfektion beruht, löst sich oft plötzlich und auf drastische Weise auf. Wenn dies zu oft geschieht, kann es sein, dass wir die Liebe ganz aufgeben.

Manche Überlebende sind so vom Perfektionismus gelähmt, dass sie überhaupt nicht nach Liebe suchen. Weil sie beim Blick in den Spiegel nicht die »idealen« Züge eines Schauspielers oder Models sehen, sind sie sicher, dass sie abgelehnt werden, wenn sie sich jemandem nähern, zu dem sie sich hingezogen fühlen.

Den größten Teil meiner Jugendzeit versetzte mich der Gedanke, mit den Mädchen in meiner Schule in Kontakt zu treten, in Panik. Immer wenn ich sah, dass ein Mädchen aus meiner Klasse in einer gewissen Entfernung auf mich zukam, drehte ich mich schnell um und lief in die andere Richtung, um ihm nicht zu begegnen, denn ich war sicher, dass es erniedrigend sein würde. Mein Selbstwertgefühl und mein Selbstausdruck waren in meiner Familie so vernichtet worden, dass ich »wusste«, dass ich mich nur noch lächerlich machen würde. Unbewusst befürchtete ich, dass alles, was ich sagen könnte, um sie für mich einzunehmen oder sie zu beeindrucken, mit derselben Art von Sarkasmus beantwortet werden würde, wie ich es zu Hause erfahren hatte. Es war, als ob mein Unterbewusstsein das Lied »Nur Dummköpfe verlieben sich« in »Nur Dummköpfe öffnen den Mund« umformulieren würde.

Es war ein besonderer, gnadenreicher Tag, als ich mich mit Ende zwanzig endlich meiner Trauer öffnete und entdeckte, dass sich mein Gefühl der Einsamkeit kaum verändert hatte, seit ich aus meinem trostlosen Zuhause geflohen war. Ich fühlte mich im Grunde immer noch genauso einsam wie in meiner Jugend. Obwohl ich schließlich eine Freundin hatte und dadurch die offensichtliche Zustimmung aller in meinem unmittelbaren Umfeld fand, fühlte ich mich mit niemandem ungezwungen. Ich zog mich immer noch aus Gewohnheit in die Abgeschiedenheit meines Zimmers zurück, wenn ich mich gefühlsmäßig in einem Zustand befand, der zu überwältigend war, um ihn hinter meiner selbstbewussten Fassade zu verstecken.

In einem lebensverändernden Moment der Erkenntnis beschloss ich, dass ich genauso gut aufhören könnte, mich zu verstellen, wenn das alles war, was ich von meinem perfekten Selbst zu erwarten hatte. So schnell ich konnte, warf ich mein unnützes künstliches Selbstbild ab und beschloss authentischer zu werden. Wie ich befürchtet hatte, verschwanden viele meiner alten Freunde, aber es blieben einige wenige übrig, mehr als ich zu hoffen gewagt hatte, und sie reagierten begeistert auf meine neue Authentizität. Bald fühlte ich mich zum ersten Mal in meinem Leben umsorgt.

Da ich mich mit meinem wahren Selbst immer wohler fühle, wächst mein Gefühl der Zugehörigkeit und des Zuhauseseins in meiner Community und der Welt. Nach zwanzigjähriger Praxiserfahrung bin ich nun davon überzeugt, dass Liebe und Wertschätzung am wirkungsvollsten durch gegenseitige uneingeschränkte Selbstoffenbarung ermöglicht werden. Ich würde einen ganzen Trupp von Schönwetterfreunden gegen einen meiner Vertrauten eintauschen, mit dem ich jetzt diese kostbare Gemeinschaft erlebe.

Das Tao der Gefühle

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