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4.4 Erfassung mit Radar

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Die Entwicklung von Flugkörpern, die für militärische Zwecke einsetzbar waren und unbemerkt in den Luftraum anderer Länder eindringen konnten, machte spezielle Erfassungssysteme erforderlich – so kam es zur Entwicklung der Radargeräte (von RAdio Detection And Ranging). Diese mit gebündelten elektromagnetischen Wellen geringer Wellenlänge arbeitenden Apparate brachten vor allem für die Erforschung des nächt lichen Vogelzugs nach dem Zweiten Weltkrieg große Fortschritte. Auf Bildschirmen der Überwachungsradargeräte, wie sie z.B. in Flughäfen installiert sind, werden sowohl die Schwärme von Zugvögeln wolkenartig sichtbar (Vogelechos erscheinen als Lichtpunkte) als auch kurzfristige Wanderrouten einzelner Individuen als Striche, und sie lassen sich gut photographieren (Abb. 3). Mit den sogenannten Zielverfolgungsradargeräten können einzelne Individuen, die zunächst mit dem Radarstrahl eingefangen werden, über Kilometer verfolgt werden. Mit ihnen können auch Flügelschlagfrequenzen (Flügelschlagmuster) ziehender Individuen erfasst werden, die bei wenigen Arten die Bestimmung der am nächtlichen Himmel ziehenden Individuen erlauben (Bruderer 1971, Bruderer u. Jenni 1990, Stark 1996). Daneben kommen Höhenfindungs-, Wetter- und selbst Verkehrsüberwachungsradargeräte zum Einsatz (z.B. zur Fluggeschwindigkeitsmessung mit Hilfe von Dopplereffekten).

Die systematische „Radarornithologie“, die in den USA, in England und in der Schweiz schon frühzeitig ausgebaut wurde (Eastwood 1967), informiert uns bei Tag- wie Nachtzug vor allem über die Zugdichte, die Zughöhen, die Zugrichtungen und -geschwindigkeiten sowie über Umwelteinflüsse. Bei den Zugrichtungen gilt es zu unterscheiden zwischen der allgemeinen Zugrichtung, nämlich der Flugrichtung eines Vogels relativ zum Boden, sowie seinem Kurs, d.h. der Richtungseinstellung der Körperachse, die bei Wind und Verdriftung (7.7) stark differieren können. Radarstudien informieren uns weiter über die Hauptzugrichtungen in bestimmten Gebieten oder von Zuggemeinschaften sowie über die Zuggeschwindigkeiten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Eigengeschwindigkeit (Relativgeschwindigkeit, Fluggeschwindigkeit relativ zur umgebenden Luft) und der Geschwindigkeit ziehender Vögel über Grund. Schließlich vermitteln uns Radaruntersuchungen Vorstellungen über Beziehungen des Zugs zu Wetterfaktoren, die Reaktion von Zugvögeln auf topographische Gegebenheiten, die Zusammensetzung von Zuggemeinschaften u.a.m. Dabei sind eine ganze Reihe allgemein gültiger Regeln gefunden worden (7.7). Vor allem aber haben die Radarstudien aufgedeckt, wie kompliziert der Ablauf des nächtlichen Zugs sein kann und welcher detaillierten Studien es im Einzelnen bedarf, um bestimmte Zugabläufe zu analysieren und zu verstehen.


Abb. 3: Radarechos von Vögeln. a–c: Aufnahmen von Gibraltar, a: vom Felsen nach NO-SO und SW abfliegende Möwen, b: Nachtzug (Wegzug). Aufnahmeradius in b etwa 10 km, in a etwa 20 km (Original nach G. Hilgerloh). c: Tagzug (ca. 35.000 am 23.03.89 östlich des Mittelmeeres durch Israel ziehende Weißstörche (Ciconia ciconia), verteilt auf eine Länge von über 70 km; Abstand der Kreise zwei Meilen; Original nach Y. Leshem u. Israel Raptor Information Center). d–f: Flügelschlagmuster, d: vom Mauersegler (Apus apus), e: von einem kleinen Singvogel, f: von einem Entenvogel (Original nach B. Bruderer).

Allgemeine Radarstudien haben einen großen Nachteil: Die registrierten Arten lassen sich bis auf wenige Fälle nicht genau bestimmen, sondern meist nur grob nach 3 bis 4 Körpergrößen oder Artengruppen klassifizieren („Kleinvögel“, „Enten-“, „Seevögel“ und „Limikolen“, Williams u. Williams 1990). Die Unsicherheit, ob ermittelte Daten eher Lang- oder Kurzstreckenziehern, eher Individuen aus mehr näher oder entfernt brütenden Vogelpopulationen usw. zuzuordnen sind, begrenzt die Zugforschung oft erheblich. Unklar ist auch noch, wie häufig Verwechslungen von Vögeln mit Insekten vorkommen (Larkin 1991). Dennoch werden Radarstudien auch künftig eine wichtige Rolle spielen, z.B. bei der Untersuchung von Flug- und Orientierungsweisen, bei Fragen, wie Zugvögel hohe Gebirge wie die Alpen oder Wüsten wie die Sahara überqueren, bei der Ermittlung von Zugdichten und damit sogar zur grob quantitativen Abschätzung von Zugvogelbestandsveränderungen (Bruderer 1997, Gauthreaux 1994). Bei der Untersuchung vieler Fragen gewinnen kombinierte Ansätze, in die Radarstudien integriert werden, an Bedeutung (4.10).

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