Читать книгу Performance-Steigerung Krankenhaus - Peter Bertke - Страница 8
Einleitung
ОглавлениеDie Kosten in den Gesundheitssystemen vieler Länder steigen und steigen (1). Politiker, CEOs, CFOs, Klinikdirektoren und externe Berater geben sich die grösste Mühe, den steigenden Gesundheitskosten zu begegnen: Strategien werden formuliert, Businesspläne werden erstellt, Konzepte werden entworfen, Sparprogramme durchgesetzt, und jedes erdenkliche Management-Tool wird aus der Tasche gezogen. Und dennoch müssen wir zugeben: Das Gesundheitswesen, insbesondere die Kliniklandschaft, ist vielerorts nach wie vor gekennzeichnet von Ineffizienz (2), ungerechtfertigter Variation, fehlender Standardisierung von Prozessen, Verschwendung von Ressourcen und einer eher zunehmenden als abnehmenden Komplexität.
Wenn aber zahllose Bemühungen, von der strategischen Einkaufspolitik von Materialien über ein gut aufgestelltes Supply Chain Management bis hin zum ausgefeiltesten Medizin-Controlling immer seltener ausreichen, um den ökonomischen Herausforderungen im Gesundheitswesen ausreichend zu begegnen und eine in der Schweiz empfohlene EBITDA-Marge von 10% zu erreichen (3), ja was dann?
Aber Moment: „Einkaufspolitik“, „Supply Chain Management“, „Medizin-Controlling“ … Dies sind alles Schlagwörter, welche der Leser vermutlich überwiegend der Betriebsökonomie zuordnen würde und welche einem primär ökonomischen Ansatz u.a. zur Kostenkontrolle entsprechen. Es handelt sich hierbei in der Regel um die Optimierung von Supportprozessen resp. das Streben nach Skaleneffekten, häufig durch Bündelung von Auftragsvolumina. Der positive ökonomische Einfluss durch diese Massnahmen ist allerdings begrenzt und ab einem gewissen Zeitpunkt ausgereizt. Also wie weiter?
Eine weiterführende ökonomische Optimierung gelingt hier nur, wenn man sich zusätzlich auf die medizinischen Kernprozesse selbst konzentriert und sich fragt:
Was ist mit den Mitarbeitern, welche täglich für die Betreuung der Patienten verantwortlich sind? Auf der Notfallstation, im Operationssaal, auf einer Intensivstation, auf einer Bettenabteilung? Was ist mit den Ärzten, dem Pflegepersonal und den Therapeuten, welche sich mit der Leistungserbringung am Patienten beschäftigen? Können vielleicht genau diese Mitarbeiter an vorderster Front der Patientenbetreuung an diesem Problem etwas ändern? Können diese Mitarbeiter, die sich im Vergleich zum Management in einer deutlich niedrigeren operativen Flughöhe bewegen, in ihrer täglichen Arbeit etwas beitragen zu einer systematischen Steigerung der Leistungsfähigkeit des eigenen Betriebes?
Wenn ja, was genau können sie unternehmen? Wenn ja, wo können sie anfangen? Wenn ja, welche Werkzeuge benötigen sie, damit durch die tägliche Arbeit am Patienten die Leistungsfähigkeit resp. Performance einer Klinik gesteigert werden kann? Ist dies überhaupt möglich, wo doch schon seit vielen Jahren offenbar „alles“ unternommen wird, um den steigenden Herausforderungen begegnen zu können?
Die Antwortet lautet: Ja, aber …
Ja: Wir sind der festen Überzeugung, dass es möglich ist, durch eine Erweiterung des häufig rein ökonomischen Ansatzes zur Leistungssteigerung einer Klinik (wie z.B. eine reine Volumenerhöhung) die Leistung resp. Performance weiter steigern zu können. Wir glauben, dass eine solche Erweiterung des rein ökonomischen Ansatzes geschehen sollte durch konsequenten Einbezug von medizinischen Aspekten aus dem täglichen operativen Tagesgeschäft des am Patienten tätigen Fachpersonals. Wir sind davon überzeugt, dass eine solche Performance-Steigerung erreicht werden kann und sollte ohne Einbussen der Behandlungsqualität und dass mitunter sogar die Behandlungsqualität gesteigert werden kann. Des Weiteren entspricht es unserer Grundhaltung, dass wir alle im Gesundheitswesen Tätigen den Anspruch haben und das Ziel verfolgen sollten, zugunsten unserer Patienten eine qualitativ hochstehende Patientenversorgung zu akzeptablen Kosten anbieten zu können. Demnach sollten wir alle uns fragen, wie wir diesen Herausforderungen begegnen können.
Aber: Wir wissen auch, dass es für ein solches Vorhaben mehr braucht als punktuelles Lean Management oder den Willen für eine stetige Prozessverbesserung, dass ein solches Vorhaben länger dauert als nur wenige Monate, dass es einhergeht mit einem Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie wir Medizin betreiben und verstehen, dass es einen Plan und ein Konzept braucht, das alle Hierarchiestufen einer Klinik miteinbezieht sowie grossen Mut für Veränderungen erfordert und dass es schlussendlich erforderlich macht, zwei „Welten“ des Klinikbetriebes näher zusammenzuführen.
Eine dieser zwei „Welten“ ist die des Klinikmanagements, der häufig mangelndes Verständnis des operativen Tagesgeschäftes vorgeworfen wird.
Die zweite dieser beiden „Welten“ ist die medizinisch-wissenschaftliche Welt, welcher wiederum mangelndes Verständnis von Betriebsökonomie und Management vorgehalten wird.
Das notwendige Verständnis ist allerdings klar jenes, dass es im Grunde genommen nur eine Welt gibt, nämlich die des Gesundheitswesens resp. des Klinikbetriebes, in welcher sich beide Gruppen gleichermassen aufeinander zu-bewegen sollten. In diesem Fall erschliesst sich weiteres grosses ökonomisches Potenzial, welches sich unter Wahrung der Behandlungsqualität realisieren lässt.
Darstellung des notwendigen Verständnisses einer Welt im Gesundheitswesen resp. Klinikbetrieb. Bewegen sich Management und Medizin aufeinander zu, kann sich weiteres grosses ökonomisches Potenzial erschliessen.
Dieses Buch stellt ein Prinzip zur systematischen Performance-Steigerung einer Klinik durch die optimierte Leistungserbringung am Patienten vor, so wie von uns an der Klinik St. Anna praktiziert. Es besteht aus 5 Kapiteln:
Im ersten Kapitel werden die Grundlagen des sogenannten „Performance Management“ angesprochen, eben jenes Managementbereiches, welcher sich mit der Leistungsfähigkeit und vor allem der Steigerung derselben in Unternehmen beschäftigt. Ein besonderes Augenmerk erhält bereits ab dem ersten Kapitel der Begriff der Performance-Steigerung als unverzichtbarer Bestandteil des Konzeptes eines Performance Managements.
Im zweiten Kapitel dreht sich alles um das von uns gelebte Prinzip der systematischen Performance-Steigerung durch Fokus auf die medizinischen Kernprozesse. Wir beschreiben anhand von konkreten Fallbeispielen eine Herangehensweise, mit welcher wir uns zustehende Erträge sichern und Kosten unter Wahrung der Behandlungsqualität senken können.
Das dritte Kapitel vermittelt Grundlagenkenntnisse über die Durchsetzung des Vorhabens, in der eigenen Klinik das Prinzip der systematischen Performance-Steigerung implementieren zu wollen. Fragen aus dem Projektmanagement, Voraussetzungen und Hindernisse sowie auch Vorbehalte anderen Berufsgruppen gegenüber werden adressiert.
Im vierten Kapitel beschreiben wir von Anfang bis Ende anhand von Fallbeispielen die konkreten notwendigen Schritte zur vollständigen Implementierung unseres Prinzips. Das vierte Kapitel stellt sozusagen das „Rezept“ dar, wie die Performance in der eigenen Klinik evaluiert und danach schrittweise verbessert werden kann.
Im fünften und letzten Kapitel stellen wir uns die Frage, was nach einer erfolgreichen Performance-Steigerung kommt. Sind wir, wenn dieses Prinzip vollständig und dauerhaft umgesetzt wurde, eigentlich am Ziel angekommen und maximal wettbewerbsfähig?
Was ist nun das Besondere an diesem Buch? Warum lohnt es sich für Sie, dieses Buch überhaupt zu lesen? Und für wen ist dieses Buch geeignet?
Dieses Buch ist zunächst einmal keine reine Auflistung oder Zusammenfassung von einzelnen Projekten oder schon bekannten Massnahmen wie der Reduktion der Verweildauer oder einer Laborkostenreduktion. Dieses Buch beschreibt vielmehr ein ganzheitliches, über mehrere Jahre hinweg erfolgreich getestetes Prinzip zur systematischen, umfassenden, ökonomischen und gleichzeitig qualitativen Optimierung der Leistungserbringung am Patienten. Dieses Buch beinhaltet Grundlagen des modernen Managements: Es beschreibt einfache, jedoch enorm wichtige Elemente der Umsetzung von Projekten und Plänen, es legt die grosse Bedeutung der Betriebskultur für eine solche Umsetzung dar, es erläutert im Falle personeller Ressourcenknappheit mögliche Vorgehensweisen zur Priorisierung von erfolgversprechenden Projekten, es weist auf Fallstricke im Projektmanagement hin und trägt somit zur Erhöhung der Projekterfolgswahrscheinlichkeit bei. Schlussendlich bietet es eine schrittweise Anleitung, um die eigene Performance beurteilen und verbessern zu können.
Wir glauben, dass dieses Buch interessant ist für eine breite Leserschaft, welche im Gesundheitswesen arbeitet oder Berührungspunkte mit diesem hat: medizinisch und nicht-medizinische Führungskräfte im Gesundheitswesen und Klinikalltag, ökonomisch interessierte Mitarbeiter einer Klinik, unabhängig von der Hierarchiestufe, Mitarbeiter von Krankenkassen sowie Gesundheitsdepartementen in der Politik und nicht zuletzt alle Personen, die sich für das Thema der ökonomischen Herausforderungen im Klinikalltag interessieren.
Literatur
1.OECD Health Expenditure (2017) What’s new – Latest Trends in OECD Health Spending. URL: https://www.oecd.org/els/health-systems/health-expenditure.htm (abgerufen am 07.08.2020)
2.Schneider E, Sarnak D, Squires D, Shah A, Doty M (2017) Mirror 2017: International Comparison Reflects Flaws and Opportunities for Better U.S. Healthcare. The Commonwealth Fund
3.Sommer P, Schwendener P (2012) Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2012. URL: www.pwc.ch/gesundheitswesen (abgerufen am 07.08.2020)