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Mein neues Zuhause

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Frauchen und Herrchen waren sich jedenfalls in dieser Angelegenheit gleich einig. Ein Welpe muss zunächst erst mal was Vernünftiges lernen. Und am leichtesten lernt man etwas durch Spaß und Spiel.

Ja, ihr habt richtig gelesen, durch Spaß und Spiel. Herrchens Frauchen hielt mir zum Beispiel eine getragene Socke von Frauchens Herrchen vor die Nase. Ich schnupperte sehr interessiert daran und lernte so ganz leicht und spielerisch, diesen einmaligen Geruch von denen hunderttausender anderer Frauchens Herrchen zu unterscheiden. Die Probe dieses meines ersten Lernerfolgs erfolgte gleich beim nächsten gemeinsamen Spaziergang.

Im Stadtpark lenkte mich mein Frauchen mit einem ganz einfachen Trick ab und ich konzentrierte mich einen Moment lang nur auf sie. Dabei bemerkte ich gar nicht, dass sich Frauchens Herrchen in genau diesem Augenblick hinter einem dicken Baumstamm versteckt hatte. Dann zog plötzlich mein Frauchen Herrchens Socke aus der Manteltasche und hielt diese mir mit dem Worten „Such Herrchen!“ vor die Nase. Ich begriff natürlich sofort, was sie von mir erwartete. Frauchens Herrchen war nicht in Sichtweite und ich sollte ihn deshalb im Stadtpark wiederfinden. Aber ihr ahnt gar nicht, wie viele tausend solcher Sockengerüche allein in einem Berliner Stadtpark zu erschnuppern sind. Es gibt ganz bestimmt über 100.000 verschiedene Möglichkeiten, aber nur eine ganz bestimmte Sockengeruchsnote gehört eindeutig zu meinem Herrchen.

Für mich als Welpe war es trotzdem eine leichte Übung, denn wir Hunde verfügen mit etwa 220 Millionen Riechzellen über zehnmal mehr als die Menschen. Wir können schätzungsweise eine Million verschiedene Gerüche unterscheiden, die Menschen schaffen es dagegen nur auf schlappe 10.000.

Die 100.000 verschiedenen Sockengerüche im Stadtpark voneinander getrennt wahrzunehmen sind daher, dank unserer besonderen Schnuppertechnik, eigentlich nicht mehr als ein Kinderspiel. Ich habe also die ganze Übung als Spaß verstanden, bin zunächst etwas aufgeregt hin und her gelaufen und habe dabei immer so getan, als würde ich angestrengt nach der richtigen Spur suchen, die zu meinem verlorenen Herrchen führt. Dabei wusste ich längst, wo es sich aufhielt. Frauchen bereitete das offensichtlich ein großes Vergnügen. Schließlich stöberte ich mein Herrchen in seinem Versteck auf und die Begeisterung auf allen Seiten war perfekt.

So können wir Hunde schon mit kleinen Dingen Frauchens Herrchen und Herrchens Frauchen große Freude bringen.

Dieses Versteckspiel haben wir dann sehr oft wiederholt und Herrchen als auch Frauchen haben sich immer neue und immer kompliziertere Tricks ausdenken müssen. Natürlich lasse ich Herrchen und Frauchen im Glauben, das es mir jedes Mal große Schnüffelanstrengungen bereitet, um einen der beiden mit der Nase aufzuspüren. Ich werde dann immer sehr gelobt – und das tut einfach gut, wenn ihr versteht. Außerdem, ich bin nun mal kein Spielverderber.

Aber mit solch simplen Trainingserfolgen geben sich die meisten Herrchen und Frauchen lange noch nicht zufrieden. Sie wollen einfach immer mehr erreichen und wir Hunde wollen das natürlich auch, denn lernen bereitet uns sehr viel Spaß. Und damit jeder seine Reifeprüfung fürs Leben erhalten kann, geht’s ab auf eine Hundeschule. Ihr kennt das ja vielleicht aus eigener Erfahrung, das ist so eine Art Kindergarten. Genau da beginnt der eigentliche Ernst des Lebens. Nur leider kommt der Spaß in einigen dieser Bildungseinrichtungen manchmal viel zu kurz. Die vielen Frauchens und Herrchens werden dort zum Beispiel einfach nur Hundehalter genannt. Ist das nicht blöd? Hundehalter! Ich selbst kenne zwar die Begriffe Federhalter, Büstenhalter oder sogar Fahrzeughalter. Der tiefere Sinn des Begriffs Hundehalter aber ist und bleibt mir nicht ganz verständlich. Ein Halter hält doch immer etwas und eine Halterung bedeutet doch umgangssprachlich, dass mindestens zwei Dinge zusammengehalten werden. Deshalb wäre der Begriff „Hundeanleiner“ für mich ein viel geeigneteres Wort anstelle von Hundehalter. Schließlich nennt kein Mensch einen Fahrzeughalter einen Fahrzeughalter, wenn dieser mit seinem Auto fährt, sondern bezeichnet ihn als Autofahrer, selbst dann auch noch, wenn er an der nächsten Ampelkreuzung bei Rot anhalten muss. Obwohl er ja in diesem Moment eigentlich zu einem Fahrzeuganhalter wird, oder?

Machen wir die Probe aufs Exempel:

Was stellt ihr euch vor, wenn ihr an einen Federhalter denkt?

Ihr stellt euch wahrscheinlich ein Schreibgerät vor, in dessen vorderes Ende eine Schreibfeder gesteckt ist, oder ihr erinnert euch vielleicht an den Füllfederhalter aus der eigenen Schulzeit, mit dem ihr noch schreiben gelernt habt. Ich dagegen denke bei diesem Wort ausschließlich nur an einen Vogel, denn nur diese gefiederten Freunde können damit gemeint sein, wenn von Federhaltern die Rede ist.

Wie sieht es aber mit dem Begriff Büstenhalter aus? An welchen Gegenstand denkt ihr hierbei? - - -

Aber das überlasse ich lieber eurer eigenen Phantasie.

Jedenfalls einem fachkundigen Hundelehrer braucht man als Welpe mit solcherlei sprachlichen Spitzfindigkeiten gar nicht erst zu kommen, denn der interessiert sich nur für unsere charakterliche Entwicklung, die er Prägung nennt. Seine Aufgabe ist unsere Sozialisation. Und damit beginnt es bereits kompliziert zu werden. Für manche Hunderabauken, und die gibt es ja wahrscheinlich fast in jeder Schulklasse, ist die Sozialisation sogar ein sehr notwendiges Unterrichtsfach, schließlich muss jeder lernen, wie man sich richtig in der Gesellschaft der Menschen verhält.

Nur ein gesellschaftsfähiger, also „erzogener“ Hund, kann schließlich alle Freiheiten genießen, die er braucht, um ein artgerechtes und glückliches Leben führen zu können. Es liegt nun mal in der Natur der Dinge, dass wir Hunde gezwungen sind, uns in der menschlichen Gesellschaft, welche ja in sehr vielen Dingen so gar nicht unserem natürlichen Wesen entsprechen, zu integrieren.

Das wichtigste Ziel einer erstklassigen Hundeschule sollte aber immer für alle Frauchen und Herrchen darin bestehen, gemeinsam mit ihren Vierbeinern zu lernen, wie man miteinander kommuniziert. Wenn dies gelingt, dann hat sich solch ein Schulbesuch am Ende wirklich gelohnt. Oder wie seht ihr das?


Aus dem Tagebuch eines Hundes

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