Читать книгу 30 dreiste Lügen über Geld - Peter Koenig - Страница 8
ОглавлениеLüge Nr. 2
Geld ist Macht
»Geld ist Macht.« Ich erwarte nicht, daß es mir mit Logik allein gelingen wird, Sie davon zu überzeugen, daß es sich bei dieser Redewendung um einen Irrtum handelt. Ich möchte Sie vielmehr zum Zweifeln anregen. Den Rest müssen Sie selbst erledigen, indem Sie Ihre eigenen Erfahrungen kritisch überprüfen und sich auf Ihr tieferes, intuitives »Wissen« verlassen. Überlegen Sie einmal, wie sich die Zeiten, in denen Sie viel bzw. wenig Geld besaßen, zu den Augenblicken verhalten, in denen Sie Ihre ganze Kreativität, Lebenskraft und Inspiration fühlen konnten – sowie zu jenen Zeiten, wo Sie das Gefühl hatten, keine Kraft mehr zu haben.
Geld ist Macht
Durch das Fenster meines Hotels in Polignano, auf einem Felsen hoch über dem Meer, blicke ich auf ein kleines Ruderboot. Zwei alte Fischer sitzen sich gegenüber, der weiße Plastikeimer zwischen ihnen im Boot nimmt die gefangenen Fische auf. Sie verwenden keine Angelrute, sondern nur die Leine, die Angelschnur, die sie geduldig in den Händen halten, während das Boot in den Wellen auf und ab hüpft. Nun beschließen sie, zweihundert Meter weiterzurudern. Beide halten ein Ruder in der linken Hand, das sie in perfektem Gleichklang bewegen – der eine sein Ruder nach hinten, der andere nach vorn. Sie sind Meister ihrer Kunst, die Bewegung ist von vollendeter Eleganz und bietet ein Bild von ganz außergewöhnlicher Harmonie.
Ich wende mich wieder dem Zimmer zu und schalte den Fernseher ein, wo Präsident Bush auf CNN gerade das Gesicht verzieht.
Wer regiert die Welt? Was hat Macht mit Geld zu tun? Ich befinde mich hier im teuersten Hotel von Polignano. George W. Bush verdient bestimmt viel mehr Geld als ich, aber gewiß auch weniger als viele der führenden Geschäftsleute seines Landes. Für das, was ich hier pro Nacht bezahle, arbeiten die Fischer vermutlich eine ganze Woche – oder vielleicht sogar einen ganzen Monat?
Wer regiert die Welt? Ist es der Hotelbesitzer, der mit dem, was ich für das Zimmer bezahle, seine Unkosten deckt? Ist es der Hotelmanager, der die Autorität besitzt, den Preis mit mir auszuhandeln, sonst jedoch wenig zu tun hat den lieben langen Tag? Ist es George W. Bush? Sind es all die Staatschefs, die er empfängt? Bin ich es, oder sind es die Fischer? Sind es alle Menschen, ist es jeder von uns, keiner von uns? Bis zu welchem Grad sind solche Vergleiche überhaupt sinnvoll? Und bis zu welchem Grad, wenn überhaupt, hängt diese Macht von dem Geld ab, das man besitzt?
Die Überzeugung »Geld ist Macht« übt schon für sich große Macht aus – und ist weit verbreitet. Bis zu einem gewissen Grad ist dieser Glaube eine sich selbst erfüllende Prophezeiung – allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Es handelt sich hier nicht um wirkliche Macht, sondern um eine Illusion, die sich auf zwei irrige und oberflächliche Vorstellungen stützt. Die erste ist das materialistisch geprägte Bild von den reichen Leuten, die viele Dinge besitzen, und den großen Unternehmen, die viele Menschen beschäftigen und viele Ressourcen verbrauchen. Man glaubt, daß sich das Leben mit Hilfe von Geld irgendwie besser kontrollieren lasse. Komischerweise besitzen die, die einen solchen Status anstreben, mehr Macht als die, die ihn schon innehaben! Die ersteren haben nämlich den Vorteil, ein konkretes Ziel vor Augen zu haben. Sie haben Anlaß zur Hoffnung. Diejenigen jedoch, die diesen Status erreicht haben, müssen auf einmal erkennen, daß es sich bei dieser Vorstellung um eine reine Illusion handelt – wie viele Lottogewinner bestätigen können. Lassen wir einmal zwei der reichsten und erfolgreichsten Wirtschaftsmagnaten unserer Zeit zu diesem Thema zu Wort kommen:
Ein reicher Mensch ist oft nur ein armer Mensch mit einer Menge Geld. Jeder, der glaubt, mit Geld lasse sich alles kaufen, hat offensichtlich nie welches besessen.
ARISTOTELES ONASSIS
Erfolg ist ein ganz schlechter Lehrer. Er bringt intelligente Menschen dazu, zu glauben, sie könnten nie verlieren. Erfolg ist ein unzuverlässiger Wegweiser für die Zukunft.
BILL GATES
Die zweite, nicht minder machtvolle Vorstellung ist der Umkehrschluß der ersten: daß man sein Schicksal nicht steuern oder kontrollieren könne, wenn man wenig oder gar kein Geld besitzt, und so unweigerlich ins Elend gerate. Dieses Schreckensbild vom Nächtigen unter Brücken hat genausowenig einen realen Hintergrund wie die erste Vorstellung. Es läßt sich leider nicht leugnen, daß es Hunger, Armut und Elend auf dieser Welt tatsächlich gibt. Die kollektiven wie individuellen Ursachen dafür liegen jedoch nicht in der Geldknappheit der betroffenen Menschen. Diese Zustände haben zwar sehr wohl etwas mit Geld zu tun, jedoch nicht mit dem Besitz von Geld, sondern vielmehr mit dem, was man gemeinhin über Geld denkt, und mit den Lügen, die wir hier nach und nach entschleiern. Lesen Sie weiter …