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ОглавлениеMein essbares Italien
Es ist höchste Zeit für ein neues Kochbuch. Finde ich. Natürlich für ein italienisches. Finde ich auch. Zwar sind im letzten Jahr gefühlte 326 Werke über die italienische Küche veröffentlicht worden. Aber genau das ist der Punkt, an dem ich mir sage: Da fehlt ja noch Entscheidendes: Und das ist natürlich mein eigenes Kochbuch, Ploogs kulinarisches Italien.
Vierzig Jahre sind es, dass ich zum ersten Mal nach Italien umgezogen bin. Ganz einfach, weil ich mich in Rom verliebt hatte, in die Stadt und in die Menschen. Und in die Küche. Als Korrespondent war ich nicht gerade ein Glanzlicht und ich kam mal gerade so eben klar. Aber als Genießer war ich Weltklasse. Begierig sog ich auf, was Küche und Keller nur hergaben, und das ist wörtlich zu verstehen. Von den billigsten Kaschemmen bis zu den aufgerüschten Tempeln des Dolce Vita, von den Kneipen der Kleingangster in Trastevere bis zu Bars, in denen die Filmstars abhingen – ich war da und habe bis zum Anschlag geschwelgt. Trotz bescheidenster Mittel war das möglich, nicht zuletzt dank der regelmäßigen Abwertungen der Lira.
Aber zu Ihrer Beruhigung, liebe Leserin, lieber Leser ich lernte nicht nur genießen, ich lernte auch kochen. Dada hieß meine Lehrerin, und sie war die Zugeh- und Kinderfrau eines Freundes. Sie war hoch in den Sechzigern und sie kam aus Ariccia, südlich von Rom, und sie weihte mich in die deftigen Geheimnisse der Küche der römischen Campagna ein: Spaghetti puttanesca, Tonnarelli cacio e pepe, Spaghetti carbonara, Bucatini amatriciana, alles wahrhaft Römische gab es bei ihr. Natürlich ergänzte ich meine kulinarische Erziehung bei ausgedehnten Streifzügen durch die Osterien, Trattorien und Bottiglerien. Im Ghetto lernte ich die Freuden der Artischocken und des Stockfischs lieben, im Schlachthofviertel Testaccio ließ ich mich von der römischen Vorliebe für Innereien – Kutteln, Bries, Hirn und andere Unaussprechlichkeiten – anstecken. Eine Infektion, von der ich bis heute nicht geheilt bin.
Die feineren Seiten der römischen Küche habe ich mir selbstverständlich auch nicht entgehen lassen, Interviews mit Stars und Politikern brauchten schließlich einen angemessenen Rahmen. Und so verfiel ich Milchlamm, Milchzicklein, Steinpilzen, umbrischen Trüffeln und den römischen Fischen und Krustentieren.
Nach mancherlei Umwegen durch die Hochburgen deutscher Kochkunst – nämlich Baden und München – landete ich schließlich in einer Institution, die man meine kulinarische Universität nennen könnte: Ich wurde in Hamburg Chefredakteur der Zeitschrift „essen&trinken“. 13 Jahre ertrugen mich die tapferen Köche und Redakteure und brachten mir bei, was mir noch fehlte. Mit ein bisschen Nostalgie und einer kleinen Portion Vergangenheitsoptimismus fasse ich zusammen: Es war ein Genuss.
Inzwischen lebe ich wieder in Italien, in der Gegend von Genua, und ich setze meinen kulinarischen Lernprozess fort, dieses mal mit ligurischen Genüssen aus dem Meer und den Bergen. Und auch hier finde ich fast täglich Neues und Uraltes, das nur für mich neu ist – um so besser.
Sagen Sie selbst: Soll ich solch schöne Erfahrungen für mich behalten? Oder nicht wenigstens versuchen, ein bisschen davon abzugeben?
Da Sie dieses Buch lesen, kann ich wohl davon ausgehen, dass Sie (bis jetzt jedenfalls) finden, ich soll mal loslegen. Und so sieht mein Plan aus: Ich werde passend zu jeder Jahreszeit, beginnend mit dem Winter, einige meiner Lieblingsrezepte aufschreiben, begleitet von Anmerkungen, Tipps und allerlei Schnurrpfeifereien. Die Rezepte – im allgemeinen für zwei eher hungrige und essfreudige Personen gedacht – sind bewusst recht locker gefasst, damit Sie damit spielen können. Eine der Hauptfreuden des Kochens ist es ja, selbst etwas herauszufinden und zu genießen. Und damit: Avanti und auf in die Küche!