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5. Kapitel GASBETONSTEINE

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»Wie wollen wir denn die Räume in der Laube aufteilen?« fragte Axel seine Frau Gerda beim Abendbrot. Sie trank einen Schluck Brause und spülte die verbliebenen Brotkrümel hinunter. »Vielleicht solltest du darüber reden, wenn du alle Materialien zusammen hast.«

»Aber wenn wir einen großen Anhänger bekommen, können wir die Steine abholen und der Rest ergibt sich irgendwie.«

»Du sollst das Fell des Bären erst verkaufen, wenn du ihn erlegt hast.«

»Natürlich hast du recht Gerda, aber wenn wir die Steine haben, dann können wir gleich anfangen.«

»Woher bekommen wir denn einen großen Anhänger?«

»Ich weiß es nicht. Aber wenn wir schon die Steine bekommen können, dann wird es wohl nicht am Transport scheitern.«

»Du kannst ja notfalls mal die Frau Petersohn fragen, wie die anderen Bekannten die Steine befördert haben.«

»Gute Idee. Aber morgen früh gehe ich in den Garten und helfe Krugmann beim Putzen der Feldsteine für seinen Grill. Vielleicht hat der einen Einfall. Der kennt ja überall jemanden.«

»Was machen wir denn mit den Feldsteinen, die wir noch im Garten liegen haben?«

»Also wie Zigarren-Schmidt vermutet, wollten unsere Vorgänger einen Sockel bauen, um dann darauf die Mauer zu errichten.«

»Das könnten wir doch auch so tun, oder?«

»Grundsätzlich ja, aber ich habe gar keine Ahnung, wie man das macht.«

»Wenn wir uns deinen Optimismus zu Herzen nehmen, dann finden wir auch dafür eine akzeptable Lösung.«

»Ich arbeite dran.«

*

Der Samstagmorgen zog sich schon in den Vormittag, als Axel den Garten seines Kollegen Jürgen Krugmann betrat. »Guten Morgen Axel, schön dass du Zeit gefunden hast.«

»Guten Morgen Jürgen, keine Ursache.«

»Ich habe schon mal angefangen und es geht ganz gut. Wenn die Steine alle einmal sauber sind, lassen sie sich doch viel leichter vermauern.« Er nahm einen Stein in die Hand und verhalf ihm mit der Bürste zu einer sauberen Oberfläche. »Siehst du, so schön können die Dinger aussehen.«

»Und welche Form soll der Grill nachher haben?«

»So wie bei Filkerts.«

»Kenne ich nicht.« Jürgen Krugmann fasste sich an den Kopf. »Ach ja, ich habe gar nicht mehr dran gedacht, dass du hier neu bist. Wahrscheinlich, weil wir uns schon so lange kennen.«

»Obwohl wir uns nach dem Lehrgang aus den Augen verloren haben.«

»Das spielt keine Rolle. Lass uns mal rübergehen. Christoph Filkert ist mein Nachbar. Er hatte noch ein paar Steine übrig und hat mich auf die Idee mit einem eigenen Grill gebracht.«

*

Christoph Filkert goss sein Blumenbeet mit einer angerosteten Gießkanne. Er hatte nur noch über den Ohren ein paar schwarze Haarbüschel. Den Rest hatten die wehenden Stürme entwurzelt. Sein Bauch drückte von innen gegen das befleckte Gartenhemd und setzte die Knopfleiste unter Dauerspannung.

»Morgen Jürgen.«

»Morgen Herr Nachbar. Das hier ist mein Kollege Axel Weber. Den kenne ich schon von meinem Schweißerlehrgang in Berlin. Er hat jetzt im Werkzeugmaschinenkombinat angefangen und hat den verwilderten Garten bei Zigarren-Schmidt übernommen.« Filkert lächelte freundlich: »Stimmt. Kollege Blume hat bereits davon erzählt. Du bist also der Mutige, der es mit dem Stückchen unberührter Natur aufnehmen will?«

»So haben wir es uns zumindest vorgenommen.« entgegnete Axel ebenfalls freundlich. »Hier drüben ist der Grill.« Jürgen Krugmann winkte ihn zur Terrasse herüber. »Siehst du, diese Flaschenform soll er bekommen. Unten breiter für den Grillrost und oben der schmale Schornstein.«

»Sieht toll aus und was ihr hier so an Wurst und Fleisch reinlegt, schmeckt bestimmt auch ganz gut oder?« Christoph Filkert nickte selbstgefällig und strich sich über den Bauch.«Seit der Einweihung des Grills im Frühjahr habe ich schon drei Kilo zugelegt. Reicht das als Beweis?« Axel nickte und lachte: »Hast du den selber gemauert?«

»Nein, mein Schwiegersohn ist Maurerlehrling und der hat sich daran versucht. Ich habe ihm damals versprochen, dass er immer zum Grillen kommen kann, wenn er möchte. Und jetzt haben wir die beiden fast jedes Wochenende zu Besuch, obwohl er sich für den Garten nicht besonders interessiert.«

»Dafür umso mehr für die eine heiße Stelle gleich neben der Terrasse.«

»Volltreffer.« Jürgen Krugmann mischte sich ein: »Kommen die beiden heute Abend auch wieder?«

»Sieht so aus. Christine legt schon Fleisch ein. Gestern gab es Nackensteaks in der Kaufhalle. Gar nicht so fettig wie sonst. Schön durchwachsen. Genau richtig zum Grillen.«

»Kann ich ihn dann notfalls mal um fachmännischen Rat fragen, wenn ich beim Mauern Schwierigkeiten haben sollte?«

»Ich schicke ihn am besten gleich mal zu dir rüber, wenn er kommt. Erstens geht er mir sonst nicht von der Seite, wenn ich in Ruhe grillen möchte und zweitens wird er immer träge, wenn er sich vollgestopft hat.«

»Kennt ihr jemanden, der einen großen Anhänger hat, mit dem man Gasbetonsteine transportieren kann?« Axel fragte in die Runde. Krugmann schüttelte den Kopf: »Unsere Steine hat ein Fahrer aus dem Betonwerk direkt vorbeigebracht.« Christoph Filkert überlegte: »Hast du dir auch Bruchsteine organisiert?«

»Ja, der Mann unserer Chefsekretärin arbeitet dort.«

»Und die verkaufen immer noch nur an Mitarbeiter?«

»So wie es aussieht schon. Und jeder Mitarbeiter könnte sich mit den Steinen für den Eigenbedarf ein Hochhaus bauen.«

»Dann ist ja alles wie immer.«

»Alles wie immer.«

»Pass mal auf Axel. Wir fahren morgen früh mal aufs Land. Ich kenne einen alten Kartoffelbauern, der hat einen Traktor plus Anhänger. Er heißt Summke, ist schon ein bisschen schrumplig aber ein guter Kerl. Er hat noch was offen bei mir, weil ich ihm mal mit einem Korb Erdbeeren eine Kühltruhe besorgt habe. Die Damen im Hauhaltsgeräteladen haben ihn ganz nach oben auf die Anmeldeliste gesetzt. So ging es relativ schnell.«

»Soll ich dann hierher kommen.«

»Ja komme mal so um neun in den Garten. Dann sehen wir weiter.«

*

Die Sonne stand schon über den Feldern und schickte wärmendes Licht auf die Erde. Die Singvögel fühlten sich ermutigt, Musik zu machen. Axel stand vor dem Gartentor von Christoph Filkerts Garten. Es regte sich nichts. War er noch gar nicht da? Was sollte er tun? Er entschied sich, zu rufen. »Christoph?« Es verging eine Minute, bis die Laubentür von innen geöffnet wurde. Christoph Filkert sah etwas zerknittert aus. »Guten Morgen, Axel.«

»Guten Morgen. Na, hat dein Schwiegersohn gestern wieder ordentlich zugelangt?«

»Der hat uns wieder mal die Haare vom Kopf gefuttert. Nicht ein Fetzen Fleisch ist übrig geblieben. Aber wenigstens hat er vorher noch bei Jürgen drüben geholfen. Der Grill ist fertig und deshalb hat er eine Flasche Goldkrone springen lassen. Mir ist immer noch nicht richtig gut im Kopf.«

»Sollen wir dann irgendwann später mal fahren?«

»Nein, nein, das kommt nicht in Frage. Wer feiern kann, der kann gewiss auch arbeiten.«

»Und Beifahrer sein.«

»Und Beifahrer sein.«

»Seit wann bist du denn hier?«

»Ich habe hier geschlafen. Christine ist nach Hause gegangen, aber ich konnte nicht mehr. Mein Schwiegersohn ist wahrscheinlich auch einiges gewöhnt. Der schüttelt sich dreimal und dann ist er wieder nüchtern. Naja, ich bin eben auch nicht mehr richtig im Training.«

Sie fuhren aus der Stadt ins Freie. Die Sonne war über den Waldsaum weitergezogen, der weit am Horizont die Felder der LPG begrenzte. Christoph Filkert hatte das Fenster der Beifahrertür offen und ließ sich den frischen Fahrtwind ins Gesicht wehen. »Wir sind gleich da.« sagte er gequält. »Wir müssen da vorn links abbiegen und die Straße bis zum Ende fahren. Dort ist es dann.«

»Woher kennst du den Mann?«

»Ach schon ganz lange. Ich habe dem alten Summke schon als junger Kerl im Herbst immer bei der Kartoffellese geholfen. Und auch wenn er die Landwirtschaft schon lange aufgegeben hat, haben wir uns irgendwie nicht mehr aus den Augen verloren.«

*

»Grüß dich Christoph.« Ein älterer Mann mit einem krummen, abgearbeiteten Rücken lehnte aus dem Fenster des verfallenen Backsteinhauses. Seine grauen Kopfhaare kamen fast ausnahmslos unter dem Kinn zusammen. »Hallo Ernst.«

»Wie kommt es denn, das du den Weg hierher gefunden hast?«

»Wir haben uns verfahren und keine Möglichkeit gefunden, umzudrehen.«

»Der gleiche Spaß wie immer.«

»Das da drüben ist mein Gartenkollege Axel Weber. Der braucht mal deinen Traktor und den Anhänger. Er muss vom Betonwerk ein paar Gasbetonsteine abholen.«

»Na, ob das olle Ding überhaupt noch fährt das kann ich nicht garantieren.«

»Du darfst nicht vergessen, ihn zu betanken. Dann fährt er auch wieder.«

»Ach so einfach ist das. Und warum sagst du mir das jetzt erst?«

»Du hast ja niemals vorher gefragt.«

»Ich komme mal runter.«

Eine Minute später schnappte das Schloss zur verwilderten Scheune. Die Türen öffneten sich knarrend. Licht viel ein und holte aus der Dämmerung die Umrisse eines alternden Traktors, dessen Karosse an der Rostbeulenkrankheit litt. »Kann man damit überhaupt noch fahren?«

»Ja, aber das muss ich selber machen. Du hast doch dafür gar keinen Führerschein.«

»Wann können Sie denn mal zum Betonwerk mitkommen.«

»Weißt du, eigentlich habe ich so ziemlich immer Zeit.«

»Das hört sich gut an. Kann ich mich dann mal bei Ihnen melden, wenn ich weiß, wann ich die Steine bekomme?«

»Du kannst immer vorbeikommen. Auch einfach mal so. Ich habe nämlich gern Besuch. Und der …« er verdrehte seinen Kopf in Richtung seines Gartenkollegen » … der verspricht mir immer, mich zu besuchen und dann hat er immer wichtigere Dinge zu tun.«

»Ich werde mich bessern.« versprach Christoph Filkert und seine Worte klangen so feierlich wie ein Schwur.

*

»Guten Morgen Frau Petersohn.« Axel fing sie auf dem Weg von der Bushaltestelle zum Kombinat ab. »Ich habe einen Traktor mit Anhänger und Fahrer organisiert. Wann kann ich denn mal zu Ihrem Mann kommen?«

»Am besten wäre wohl heute Abend. Da kann ich ihm heute noch Bescheid geben. Und für den Fall, dass es nicht klappen sollte, sage ich Ihnen im Laufe des Tages einfach wieder ab, ok?«

»Dankeschön. Aber so schnell habe ich gar nicht damit gerechnet.«

»Keine Ursache. Ich hoffe, Sie haben jetzt deswegen keinen Stress?«

»Das wird schon gehen.« Frau Petersohn lief die Treppen in die staubfreien Bereiche des Kombinats hinauf und zog eine unsichtbare Wolke aus Fliederduft hinter sich her. Er ging in den Pausenraum seiner Brigade und zog sich seine Arbeitssachen an. Noch vor Schichtbeginn suchte und fand er Krugmann: »Jürgen, kannst du mir heute Abend beim Abladen der Steine helfen?«

»Na klar, ich frage Filkert noch, ob er mitmacht, dann geht das schneller.«

*

»Genosse Weber, Sie haben nachher einen Termin mit meinem Mann. Sechzehn Uhr zehn am Haupttor.«

»Danke Genossin Petersohn.«

»Fragen Sie beim Pförtner nach dem Genossen Petersohn. Da im Betonwerk gibt es keine Kollegen, sondern nur Genossen.«

»Na wenn das so ist, dann werde ich das beherzigen.« Sie kramte in ihrer Handtasche: »Hier ist der Bezugsschein. Bringen Sie mir das Geld einfach morgen ins Büro.«

In der Frühstückspause sprach er mit seinem Kollegen Krisch: »Ich muss heute um vierzehn Uhr Feierabend machen. Ich habe noch einen wichtigen Termin.«

»Keine Sorge, Chef. Wir halten die Stellung.«

*

»Herr Summke? Hallo Herr Summke.« Axel Weber stand auf dem verwucherten Hof und suchte die Klingel zum Wohnhaus. Die Hof säumenden Pappeln raschelten gemütlich im Nachmittagswind. »Was gibt es denn?«

»Ich bin es, Axel Weber, der Kollege von Christoph Filkert.«

»Ach ja, mein Freund. Wann sollen wir denn fahren?«

»Na ich kann in gut einer Stunde die Steine holen.«

»Dann erscheint es wohl sinnvoll, dass ich mich mal schön mache.«

»Keine Eile Herr Summke, lassen Sie sich Zeit.«

Zehn Minuten später heulte der Traktor in der Bretterscheune auf. Zuerst gab es ein paar Fehlzündungen dann stotterte der Motor und letztendlich tuckerte er gleichmäßig, wie eine Heuschrecke auf einer Sommerwiese. Blauer Dunst verließ den Auspuff und besiegte den lieblichen Heuduft. »Steig ein. Es geht los.« Sie legten die ersten Meter im Schritttempo zurück. Als sie die asphaltierte Straße erreichten, gab Summke mehr Gas und ihre Fahrt beschleunigte sich. Getose hob an. Ihre Sitze schaukelten wie zwei Boote bei Wellengang. Summke überschrie den Traktorenlärm: »Weißt du, früher war irgendwie alles leichter. Da waren die Feste noch richtige Feste. Die jungen Kerle haben sich um die Mädchen geprügelt und die Kinder waren noch erzogen. Was man heutzutage so alles zu Gesicht bekommt. Da weiß man nicht mehr, ob das ein Junge oder ein Mädchen ist. Die Haare lang und struppig, die Hosen drei Nummern zu eng und dafür die Jacke drei Nummern zu groß.«

»Und kein Respekt mehr vor dem Alter.« Summke nickte zustimmend, obwohl er kein Wort verstanden hatte. Er holte erneut aus: »Und weißt du was das Schlimme ist, denen fehlt jede Achtung vor den älteren Menschen. Dabei waren es gerade die, die das alles hier aufgebaut haben. Unseren Kindern soll es mal besser gehen. Dafür haben wir gearbeitet. Aber wenn man die sieht: sinnloses Betrinken, Randalieren. Die wissen nicht wohin mit ihrer überschüssigen Energie. Wenn die den ganzen Tag auf dem Feld wären, dann würden die erst gar nicht solche Flausen in den Kopf bekommen. Die wären abends froh, wenn sie ihre Ruhe hätten.«

*

Das Pförtnerhäuschen zum Betonwerk wurde von einem älteren Herrn in blauer Uniform besetzt, dessen verlängerter Zeigefinger eine rot und weiß gestreifte Schranke war. Die Schranke war geschlossen und verdeutlichte, dass es für Unbefugte keinen Zutritt gab. Axel sprang vom Traktor. Der Pförtner öffnete sein Sprechfenster und hielt das Ohr an die Scheibe. »Guten Tag.«

»Guten Tag.« schallte es teilnahmslos zurück. »Mein Name ist Weber. Ich habe einen Termin mit dem Genossen Petersohn.« Der Pförtner verzog keine Miene. Er schloss das Sprechfenster, hob das Telefon ab, bediente die Wählscheibe und unterhielt sich mit der Sprechmuschel. Als er aufgelegt hatte, öffnete er das Sprechfenster erneut und wies ihn an: »Warten Sie bitte hier, der Genosse Petersohn kommt gleich.«

*

Aus der Werkhalle kam ein groß gewachsener Mann mit kräftigen Schultern. Er deutete ihm an, dass sie mit dem Traktor einfahren sollten. Der Pförtner bekam das Zeichen, die Schranke zu öffnen. Langsam rollten die Traktorenreifen über die Betonplatten bis zur Werkhalle, aus der der Mann gekommen war.

Axel stieg vom Traktorsitz. »Genosse Petersohn?«

»Ja, Genosse Weber?«

»Genau der bin ich. Hier ist der Bezugsschein.«

»Das klappt ja super. Na auf die Leute aus dem Werkzeugmaschinenkombinat ist eben Verlass, sagt meine Frau immer.«

»Ja, vielen Dank für die Unterstützung.«

»Kein Problem. Wenn man an der Quelle sitzt, dann kann man ja auch ruhig mal ein bisschen mit Wasser spritzen, oder?«

»Da haben Sie ganz recht.«

»Kommen Sie hier herüber, da können wir die Steine gleich aufladen.« Sie traten in die Werkhalle wie in eine andere Welt. Große Neonröhren sorgten für Tageslichtersatz. Lärm sprang ihnen entgegen. In einer Ecke standen abholbereite Paletten mit Gasbetonsteinen. Ein handgeschriebener Zettel verdeutlichte die Eigentumsverhältnisse. Bruchsteine Petersohn. Nebenan lagen Paletten mit Gehwegplatten. »Kann man die bei Ihnen auch beziehen?«

»Nein Genosse Weber, die sind nur zur Auslieferung bestimmt.«

»Schade, aber nicht zu ändern. Ich bräuchte nämlich welche für eine Terrasse und einen Gartenweg.«

»Nun, da kann ich Ihnen nur folgenden Vorschlag machen: Ich kann in Erfahrung bringen, wohin die Auslieferung erfolgt. Wenn mal in der Nähe was ausgefahren wird, sage ich meiner Frau Bescheid, ok?«

»Das ist sehr nett von Ihnen.« Genosse Petersohn lenkte auf die reservierten Paletten: »Die Steine sind zum Vermauern noch ganz gut, aber Sie müssen beim Verfugen aufpassen, dass keine Zwischenräume bleiben.«

»Und Sie bekommen da keinen Ärger?« Genosse Petersohn lachte: »Dann hätte ich ihn schon vor Jahren bekommen.«

*

Wie bekommen wir denn die Steine jetzt in den Garten?« Axel verzog das Gesicht und auch seine Kollegen Krugmann und Filkert bemerkten, dass der Gartenweg für den Traktor ein wenig zu schmal war. »Wir brauchen Schubkarren. Dann können wir die Steine aufladen und in den Garten fahren.« Axel pustete aus. »Also, wenn ihr mich fragt, ist das eine gute Idee, denn ich habe ja schon beim Aufladen geholfen. Soll ich mal Zigarren-Schmidt fragen, ob wir seine Schubkarre haben können?«

»Vielleicht hilft er sogar beim Transport mit.«

»Ich gehe mal hin.«

*

Dietmar Schmidt saß in gewohnter Pose rauchend in seinem Gartenstuhl und genoss die frische Abendluft. »Mensch Axel, macht ihr da vorne so einen Lärm?« Er lächelte und sprach im ironischen Ton weiter: »Da kann man ja gar nicht abschalten.«

»Wir können schon dafür sorgen, dass du deinen Arbeitstag vergisst. Hilfst du beim Abladen der Gasbetonsteine für unsere Laube? Wir könnten auch deine Schubkarre gebrauchen.«

»Aktive Erholung ist gesund.«

»Das wollte ich als Überzeugungsargument jetzt auch gerade anbringen.«

»Na dann wollen wir mal. Wie viele Leute sind wir denn?«

»Eigentlich schon vier, aber der eine ist nur der Traktorfahrer. Der soll nicht mit anfassen.«

»Wenn wir mit mir dann vier sind, die anpacken können, wäre eine zweite Schubkarre vorteilhaft.«

»Verstehe, einer läd auf, einer läd ab und zwei fahren die Schubkarren.« Zwischen den Bäumen des Nachbargartens tauchte ein Mann in blauer Arbeitskleidung auf. Er zog einen Gartenschlauch hinter sich her und goss damit die Blumen. »Entschuldigen Sie bitte, mein Name ist Axel Weber. Wir haben den Garten neben Ihnen gepachtet.« Der Mann sah in seine Richtung und nickte selbstgefällig. »Kann ich Sie mal fragen, ob ich mir eine Schubkarre von Ihnen ausborgen darf, damit wir die Steine für unsere Laube leichter transportieren können?«

»Ich habe keine Schubkarre.« fauchte der Mann giftig zurück.

»Was ist denn mit dem los?« Axel wandte sich unsicher um. »Da brauchst du dir nichts draus machen, der alte Mitschorin hat sie nicht mehr alle. Das ist eine richtige mürrische Miesmuschel. Der mault alle immer nur blöd an und wundert sich, dass ihn keiner ernst nimmt.«

»Und das macht ihn dann noch verbitterter.«

»So sieht es wohl aus.«

Das Transportkommando lehnte am Traktor und sonnte sich. »Hat einer von euch noch eine Schubkarre im Garten, dann können zwei Leute fahren, während die anderen beiden auf- und abladen?«

»Ich hole schnell meine.« Jürgen Krugmann versetzte seinen Körper vom Ruhezustand in eine mittelschnelle Laufbewegung.

Einige Zeit später hatten sie die Steine von Anhänger auf die Schubkarren und von den Schubkarren auf die Grundplatte geladen. ›Ein freundlicher Anblick‹ dachte Axel, als er die Steine mit einer Wetterfolie aus dem Betonwerk überzog. Das musste Gerda doch überzeugen.

*

»Ich habe noch Bier drüben.« rief Dietmar Schmidt und winkte die Kameraden zu sich in den Garten. Auf das Zischen der Kronkorken folgten das Klirren der Flaschen und die seufzenden Laute der Erleichterung aus fünf Männerkehlen. »Wie kann ich das wieder gut machen?« Axel sah zufrieden in die Runde und ließ sein schlechtes Gewissen sprechen. »Also« begann Jürgen Krugmann. »Gut machen kannst du es wohl gar nicht. Aber du kannst dich revanchieren. Ich habe eine gute Idee: Wie wäre es, wenn wir am Samstag meinen neuen Grill ausprobieren.«

»Und ich besorge das Bier und die Würstchen?« Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung. Nur Axel zögerte: »Keine schlechte Idee, aber woher soll ich denn die Würstchen bekommen?« Christopf Filkert besänftige ihn: »Wir werden sehen. Das Beste wird sein, wenn wir alle die Augen nach Grillbarem aufhalten, oder?« Allgemeine Zustimmung. »Notfalls trinken wir uns eben satt.« fügte Axel hinzu. Der Abendstern ging auf und der Westhimmel war damit beschäftigt, die letzten Strahlen Tageslicht zu verdauen.

*

Das Scheinwerferlicht des Traktors riss ein kegelförmiges Loch in die Dunkelheit. Die gestrichelte Straßenmarkierung verschwand meterweise zwischen den großen Reifen. Ernst Summkes rauchige Raspelstimme erhob sich über den Motorenkrach: »Braucht ihr für den Garten eigentlich noch ein bisschen Mist? Ich kann welchen besorgen.«

»Im Herbst sehr gern. Dann wachsen die Erbsen im neuen Jahr besser.«

»Melde dich einfach bei mir.«

Sie fuhren auf den Hof. Ernst Summke brachte mit einer kurzen Handumdrehung den dröhnenden Traktor zum Schweigen.

»Was bekommen Sie denn jetzt für die Fahrt?«

»Gar nichts. Ist schon gut. Ich habe meinem Freund Christoph einen Gefallen getan. Wenn, dann musst du es mit ihm ausmachen.«

»Dann erst einmal vielen Dank.«

»Ich hatte auch meine Freude gehabt. Denn ich war schon lange nicht mehr unterwegs. Das tat auch gut.«

»Kommen Sie eigentlich am Samstag auch zum Grillen?«

»Also direkt eingeladen hat mich dein Kollege nicht.«

»Dann mache ich das hiermit. Samstagabend im Garten.«

»Samstagabend im Garten« wiederholte Summke. »Geht seinen sozialistischen Gang. Gute Nacht.«

»Gute Nacht.«

Als er seinen Trabant aufschloss erinnerte er sich, dass er eine Flasche Bier getrunken hatte. ›Hoffentlich passiert nichts. Das wäre ein Ding. Am Abend eines so guten Tages kann man doch schlecht in der Ausnüchterungszelle landen.‹ Er hatte etwas Großes geleistet. Und auch wenn auf dem Weg zu einer Laube mit einem schönen Garten ringsherum noch viele Untiefen lauern, war es doch zumindest ein Etappensieg. Er verwischte die Gedanken an die bevorstehenden Aufgaben wie ein Tafelschwamm die Kreide, stieg ins Auto und startete den Motor.

*

»Wo kommst du denn jetzt her? Hast du mal auf die Uhr gesehen?« Gerda war wütend und erleichtert zugleich. »Wir haben die Steine abgeladen und noch eine Flasche Bier getrunken.«

»Und dann bist du noch gefahren?«

»Ich hatte vor Aufregung vergessen, dass ich das Auto noch beim alten Summke stehen hatte.«

»Na es ist ja alles gut gegangen.« Er umarmte sie und hob sie in die Luft: »Wir haben Gasbetonsteine für eine ganze Laube.«

»Ich freue mich, aber versprich mir bitte, dass du mich nicht mehr so lange alleine lässt. Ich habe mir Sorgen gemacht und wusste nicht mal, wo ich dich suchen sollte.«

»Versprochen.«

»Großes Pionierehrenwort?« Er nahm militärische Haltung an und hob die senkrechte Handfläche über seinen Kopf: »Pionierehrenwort.«

»Lass uns ins Bett gehen, ich bin hundemüde und morgen warten wieder zwanzig Kinder auf mich.«

»Lass mich noch schnell die Flasche Rosenthaler Kadarka holen. Die will ich Frau Petersohn morgen als Dankeschön mitnehmen. Sie hat Sachen für uns geregelt, die sie nicht hätte regeln müssen.«

Rundgang nur mit Korb

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