Читать книгу Pussycat - Peter Splitt - Страница 14
Kapitel 3
ОглавлениеAm nächsten Morgen klingelte in seinem Büro in Berlin Karlshorst das Telefon.
„Dobryy vecher, Juri, Sergej hier. Wie geht es dir?“
„Danke, am liebsten gut! Was kann ich für dich tun?“
„Ich rufe an, um dir zu sagen, dass die Kleine, die du mir gestern vorbeigeschickt hast, wirklich eine Wucht ist.“
„Ist das wahr? Das freut mich, zu hören. Ich hoffe, ihr hattet viel Spaß miteinander?“
„Worauf du dich verlassen kannst. Deine Larissa ist ein Naturtalent, mein Kompliment an deine Spürnase. Verrätst du mir, woher du sie hast?“
„Sagen wir, sie ist mir einfach zugeflogen, Sergej. Der Rest soll mein Geheimnis bleiben. Du bist also mit ihr zufrieden gewesen?“
„Absolut, Juri!“
„Dann kann ich sie also auch für richtige Aufgaben einsetzen?“
„Aber sicher! Sie hat den Test mit Bravour bestanden! Die kannst du überall einsetzen, glaub’s mir.“
„Das höre ich wirklich gern, Sergej. Mir hat sie auch direkt gefallen. Sie ist ein Glücksfall für uns. Jemanden wie sie bekommen wir nicht alle Tage.“
„Da ist was Wahres dran. Übrigens ist sie bei den anderen Besuchern meiner kleinen Party auch gut angekommen. Weil sie nicht prüde ist, sich aber eine gewisse Naivität bewahrt hat.“
„Nun, sie ist ja auch noch sehr jung.“
„Wie alt ist sie denn?“
„Neunzehn.“
„Oh, da habe ich sie ein wenig älter eingeschätzt. Vielleicht lag es an der Maske, oder am Make-up. Ihr Gesicht habe ich allerdings erst so richtig beim Sex gesehen.“
„Du alter Lüstling!“
„Ha, ha, ha … du wärst wohl selbst gern an meiner Stelle gewesen, was?“
„Kein Kommentar, Sergej.“
„Na ja, sie ist halt ein Klasse-Mädchen und ich freue mich, dass ich euch zu Diensten sein konnte. Immer wieder gern!“
„Ha, von wegen! Beim nächsten Mal schicke ich dir unsere gute, alte Anika vorbei.“
„O bitte nein, bloß das nicht!“
„Ist ja schon gut, du Schlawiner. Ich bedanke mich für deine Auskunft.“
„Nichts zu danken, Juri. Wie gesagt, ein Mädchen wie Larissa kannst du mir jederzeit vorbeischicken.“
„Lustmolch! Habe ich das nicht bereits gesagt?“
„So etwas Ähnliches, Juri. Mach es gut.“
„Do svidaniya.“
Alles war perfekt gelaufen. Die eigentliche Arbeit konnte beginnen.
*
Von dem Geld, das ich als Serviererin bekam, kaufte ich mir ein Kofferradio. Damit konnte ich die verschlüsselten Nachrichten der Russen bequem von meinem kleinen Dachzimmer aus über Kurzwelle empfangen.
„77203 – Achtung 77538 – Achtung 76326, 80348 …“, lauteten die Codes, die sie mir schickten und die ich entschlüsseln musste.
Dazu bediente ich mich einer bestimmten Tabelle mit Symbolen, die mir der Genosse Ogoneck mitgegeben hatte. Zugegeben, am Anfang kam mir das Gewühl aus Buchstaben und Zahlen noch reichlich verwirrt vor, aber mit der Zeit bekam ich den Dreh raus. Es war alles reine Übungssache, mehr nicht.
Am 13. Oktober 1977 wurde die Lufthansamaschine „Landshut“ entführt. Ein Kommando der mit der RAF kooperierenden palästinensischen Volksfront zur Befreiung Palästinas zwang das Flugzeug mit siebenundachtzig Menschen an Bord zum Flug nach Mogadischu in Somalia, um den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken. Die Geiselnahme wurde am 18. Oktober 1977 gegen Mitternacht durch die GSG 9 der Bundespolizei gewaltsam beendet. Sechsundachtzig Geiseln wurden bei dieser Aktion befreit, und drei der vier Terroristen erschossen. Flugkapitän Jürgen Schumann war zuvor bei einem Zwischenstopp vom Anführer der Terrorgruppe erschossen worden. Wenige Stunden nach der Befreiung der Geiseln beging die inhaftierte RAF-Spitze kollektiven Selbstmord. Hanns Martin Schleyer wurde noch am 18. Oktober 1977 erschossen, als seine Entführer vom Tod der RAF-Häftlinge erfuhren. Seine Leiche wurde am 19. Oktober 1977 im französischen Mühlhausen aufgefunden.
In dieser turbulenten Zeit vergingen die Tage und Wochen wie im Flug. Der Winter kam, und ich versuchte, mein halbwegs normales Leben weiterzuführen. Ich schmückte die kleine Dachkammer von Frau Obermayr gemäß den festlichen Anlässen, stellte Kerzen und Weihnachtssachen auf. Außerdem hatte ich mir einen Adventskalender mit Schokoladenfüllung, einen einfachen Adventskranz mit Tannenzapfen und einen winzigen Weihnachtsbaum besorgt. Kleinbürgerlicher ging es schon bald nicht mehr. Tagsüber ging ich zum Servieren ins Café, abends traf ich mich mit Sabine. Sie kannte den neusten Tratsch und die Lokale, die gerade trendy waren. So erhielten die Sowjets gezielte Informationen direkt aus der Schickeria. Ich gab ihnen durch, wer sich wann und wo mit wem traf, und sie fügten diese Hinweise ihren Akten bei. Spuckten die dann ein neues potenzielles Opfer aus, war ich zur Stelle und stellte den Kontakt her. Dabei hielt ich mich stets an die Vorgaben, die ich von Anika bekommen hatte. Natürlich ging ich nicht gleich mit jedem Mann ins Bett. Zunächst ging es nur um die Kontaktaufnahme. Ich traf mich mit den Männern, verwickelte sie in unzählige Gespräche, versuchte, etwas herauszufinden, was meine Auftraggeber interessieren konnte. Ich ging ins Theater, ins Kino, in Bars, in Konzerte, in die Oper, zum Fußball und auf Messen. Ich war jung, liebte das Leben, genoss es in Saus und Braus. Die Männer waren großzügig und nett. Für mich war es eine Zeit voller neuer Eindrücke und Ideen. Ich war nicht prüde. Wenn mir ein Mann gefiel, dann nahm ich ihn mir. Danach bekam Oberst Kurganow seine Informationen und bedankte sich auf seine Weise – mit Geld und Geschenken.
Mit der Zeit spürte ich, wie langsam eine unheimliche Veränderung in mir vorging. Ich begann bei meinen heimlichen amourösen Abenteuern eine nie gekannte Lust zu empfindlich. Eine Lust, die sich im gleichen Verhältnis steigerte, in dem meine Angst abnahm. Wie eine Kartenleserin verließ ich mich auf die Zeichen, Symbole und körperlichen Reaktionen der Männer, mit denen ich zusammenkam. Mit einem einfachen, leichten Griff öffnete ich ihre Hosen, führte ihre Hände an meine Scham, ergötzte mich an ihrer Wollust, wenn sie mich berührten und spürten, dass ich vollkommen nackt unter meiner Kleidung war. Von meiner Blöße waren sie überrascht und angetan zugleich. Ich vermochte ihr Geschlechtsteil zu kontrollieren wie ein Formel-Eins-Fahrer seinen Rennwagen. Der männliche Phallus wurde zu meinem Spezialgebiet. Jedermanns Phallus, denn die meisten Männer, mit denen ich zusammen war, kannte ich nicht wirklich. Ich kannte nur das, was ich in meinen Händen hielt, kannte es besser als meinen eigenen Körper. Unter meinen weichen Händen wurden die Männer gefügig und erzählten mir ihre Geheimnisse.
„Die machen, was du willst, wenn du weißt, was sie wollen“, hatte Anika mir immer eingebläut, und genau so war es auch.
Im schwachen Licht einer Zimmerlampe wirkte mein Körper anziehend und geheimnisvoll. Er bot einen aufregenden Anblick. Ich zeigte ihn, um die Augen der Männer zu verführen und sie für ihre Geilheit zu belohnen. Doch bei der Vereinigung empfand ich weder Lust noch Mitleid. Ich tat es aus Überzeugung, wir würden einander geben, was jedem von uns fehlte. Glaubte der ausgewählte Mann dann, in mir die Partnerin seiner Träume gefunden zu haben, schnappte die Falle zu. Schnell wurde er eines Besseren belehrt, nämlich dass er von nun an keine andere Wahl hatte, als für das KGB zu arbeiten, wenn er nicht wollte, dass wir sein Sexualleben der Öffentlichkeit preisgaben. Nach außen hin blieb ich unverändert, in meinem Inneren jedoch wurde ich eine andere. Das, was ich lernte, war Folgendes: Geh mit den Männern genauso um, wie sie es mit dir tun würden. Durchschaue sie, lenke sie, werde eins mit ihnen, indem du zum Kern ihrer Sehnsüchte vordringst, der sich hinter der Leere ihres Seins verborgen hält.
Am 11. Mai 1978 wurden die RAF Terroristen Brigitte Mohnhaupt, Peter-Jürgen Boock, Sieglinde Hofmann und Rolf Clemens Wagner im jugoslawischen Zagreb verhaftet. Für mich erwachte im Frühling das Leben zu alter Gewohnheit. Die Morgen waren melancholisch schön. Die Sonne stand wie verschütteter Honig im Dunst über der bayrischen Hauptstadt. Frühling, das bedeutete saftiges Grün auf den Grasflächen, Blumen mit voll aufgebrochenen Knospen, Blätter, goldgrün wie alte Juwelen mit Smaragden, und junge Mütter mit Kinderwagen am Ufer der Isar. Ich liebte den Frühling.
Ogoneck setze mich auf einen prominenten Arzt an. Was mich hätte stutzig machen müssen, war die Tatsache, dass er mir zusätzlich eine Packung Stimmungsaufheller mitgab und dabei zweideutig grinste.
Ich traf den Arzt wie zufällig in seiner Mittagspause und verwickelte ihn in ein Gespräch.
„Im Frühling hat man das Gefühl, man könne die Landschaft, die Stadt, die Natur in den Körper eines jungen Mädchens stecken, bevor man mit ihr ins Bett geht“, sagte er. „So etwas nennt man Personifizierung.“
„Was Sie nicht sagen“, erwiderte ich. „Na, dann personifizieren Sie mich doch.“
Er grinste. „Sie wollen die Welt auffressen, nicht wahr? Nun, vielleicht kann ich zeigen, wo Sie zuerst hinbeißen müssen.“
So war der Frühling.
Der Arzt hieß Ralf Frohsinn. Er brachte mich in seine Praxis. Die kam mir reichlich halbseiden vor. Sie hatte einen großen Vorraum, die Wände waren hell gestrichen, an einer stand ein großes Waschbecken. Dann gab es noch einen Schreibtisch, der aussah, als wäre er beim Trödler gekauft worden, eine Stehlampe mit braunem Samtschirm und einen faltbaren Paravent. Dahinter befand sich ein etwas altersschwach wirkender Untersuchungstisch auf Chrombeinen. Ich schenkte dem Doc ein Lächeln, das ich allen Männern schenkte, wenn ich sagen wollte, mit mir stehe alles zum Besten. Vermutlich würde er gleich zur Sache kommen. Das dachte ich jedenfalls, aber zunächst beachtete er mich überhaupt nicht. Dafür lümmelte er sich auf seinem Schreibtisch und hantierte mit dem Telefon. Anscheinend wartete er auf eine Verbindung mit irgendeinem Krankenhaus. Auf einmal nickte er mir zu, deutete auf eine Tür, die ich öffnen sollte, um einen Blick in die Räumlichkeiten dahinter zu werfen.
„Mein Reich“, sagte er. „Hier lebe ich, wenn es mir nicht gut geht. Aber derzeit wohne ich woanders.“
Also ging es ihm gut.
Während er telefonierte, durchschritt ich die Räume hinter der Tür. Es sah nicht so aus, als verstünde er unter Armut dasselbe wie ich. Hier sah es aus wie in einem Museum. Es gab ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer, Marmorböden, Veloursvorhänge, schwere, alte Möbel, Ölgemälde in goldenen Rahmen. Ich besah mir das Bett. Es hatte einen Baldachin mit Fransen, wie Schneewittchen bei den sieben Zwergen. Ich legte mich darauf, um es auszuprobieren. Die Matratze war hart, genau richtig. Ich drehte mich auf den Rücken und blickte nach oben, da sah ich sie – die Kamera. Sie war in die Holzverkleidung eingebaut. Anscheinend pflegte sich der Herr Doktor beim Sex mit seinen Eroberungen zu filmen. Nun, das konnte er haben. Ich gähnte und wartete. Wartete darauf, dass er kam, um nach mir zu sehen, doch nichts geschah. Ich zog meinen Rock so weit hinauf, dass man den Ansatz meiner Strümpfe sehen konnte. Dann drehte ich mich auf den Bauch und begrub mein Gesicht in den Armen. Ich war bereit, doch er kam nicht. Ich erinnerte mich daran, dass ich manchmal zu trocken war. Also schob ich meine linke Hand unter mein Höschen. Manchmal half das, und es tat auch weniger weh, wenn ich ein wenig an mir spielte, bevor es losging. Wie ich da so lag und die wohlige Wärme in meinem Körper spürte, nickte ich ein.
„Larissa …? Larissa!“
Ich schreckte auf. Doktor Frohsinn stand über mich gebeugt. Er deutete an, ich solle mit ihm in den Vorraum gehen. Dort habe er etwas ganz Spezielles vorbereitet.
Ich stand auf und folgte ihm. Dann sah ich die Bescherung. Der Untersuchungstisch hatte auf einmal schalenförmige Halterungen bekommen.
„Leg dich hin, Larissa!“
Er duzte mich und ich tat, was er von mir verlangte, hängte meine Beine in die dafür vorgesehenen Schalen. Er schnallte mich fest und bekam so einen unbeschränkten Zugang zu meinem Anus und zu meiner Vagina. Das schien ihm zu gefallen. Überhaupt schien er das erotische Rollenspiel verdammt ernst zu nehmen, denn er zeigte mir eine Anzahl medizinischer Geräte und Hilfsmittel, die er anscheinend an mir ausprobieren wollte. Ich kam mir ziemlich hilflos vor. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet. Ich stand nicht auf Kliniksex. Vor mir lag eine Auswahl an Spritzen und Zangen, ein Katheter, ein Spekulum, Löffel und Gummihandschuhe. Ich fühlte mich zunehmend unwohl, wusste, es ging um Kontrollverlust. Um das Gefühl der Ohnmacht Ärzten und Pflegenden gegenüber, um die Unterwerfung unter ihren Entscheidungen sowie um die Vorstellung eines absoluten Zwangs, dem man als Patient unterliegt.
Ich lag vor ihm, meine Schenkel weit gespreizt. Er nahm auf einem Stuhl zwischen meinen Beinen Platz. Ich ahnte, was jetzt kam. Er stülpte sich die Gummihandschuhe über, genoss den Moment, ließ sich Zeit. Ich war ängstlich und erregt zugleich. Doktor Frohsinn strich vorsichtig über meinen Bauch und über meine Scham. Dann brachte er eine Lampe in Position. Mit seinem Daumen und Zeigefinger ertastete er meine Schamlippen. Ich atmete hektisch, versuchte, meine Erregung zu unterdrücken. Er griff zu dem Spekulum, gab etwas Gleitcreme darauf und führte es langsam in mich ein. Das Ding saß perfekt. Er konnte meinen Muttermund betrachten. Er schien zu mögen, was er sah, tastete mich ab, sein Mittelfinger glitt zu meinem Anus. Ich spürte die Creme und die Anspannung. Er überwand den Muskel, drang weiter in mich ein. Ich schloss die Augen. Es tat nicht weh. Er entfernte das Spekulum, versuchte, die Untersuchung so realitätsnah wie möglich auszuführen. Seine Hände wussten die geheimsten Dinge über mich, doch sie machten sich nicht darüber lustig. Aber sie begehrten mich auch nicht, versuchten nicht, mich in Erregung zu versetzen. Ich zitterte. Er tat so, als merkte er es nicht, nahm einen Waschlappen, seifte ihn ein und fuhr damit zwischen meine Beine. Ich ließ ihn machen, hörte, wie er tief atmete, spürte, wie sich das flimmernde Pochen von meiner Schamgegend in meinen Beinen fortsetzte. Plötzlich hörte ich das Geräusch eines Schlüssels, der sich im Schloss der Eingangstür drehte. Ich konnte es ganz deutlich hören, lauschte mit angehaltenem Atem, wie das Schloss aufsprang. Dem folgte das Klappern hoher Absätze auf dem Marmorboden.
„O Gott“, sagte er. „Ich fürchte, ich habe etwas vergessen, meine Liebe. Bitte entschuldige mich für einen Augenblick.“
Ich wusste nicht, wie mir geschah, riss an den Ledergurten herum, mit denen meine Knöchel an den Kunststoffschalen festgebunden waren. Mein erster Gedanke war, dass seine Frau oder die Sprechstundenhilfe gekommen waren. Ich hätte mich am liebsten in dem Untersuchungstisch verkrochen, wenn er nur groß genug gewesen wäre.
„Etwas vergessen, tzz …“, ich war einem Verrückten in die Hände gefallen, der vergaß, dass Ehefrauen und Sprechstundengehilfinnen kamen, wann immer es ihnen passte. Ich griff nach einer Zange. Immerhin besaß ich jetzt etwas, womit ich mich verteidigen konnte.
„Larissa?“ Ich hörte seine Stimme. „Larissa, Liebes, das ist meine Frau Iris.“
Wahnsinn! Eine Frau, wenigstens Einmeterachtzig groß, kam direkt in den Vorraum und sagte einfach: „Hallo.“
Der Doc erklärte es mir. „Ich habe vergessen, dass ich ihr versprochen habe, heute Abend etwas mit ihr zu besprechen. Warte, ich binde dich los. Du kannst dich anziehen. Ich mach uns schnell einen Kaffee. Bitte ruf mich, wenn du noch etwas brauchst.“
Na, der hatte vielleicht Nerven. Die große Frau musterte mich mit einem schnellen Blick und machte eine mitleidsvolle Geste.
„Lassen Sie sich nicht von mir stören, Larissa. Ich bin sowieso gleich wieder weg. Und fallen Sie nicht auf seine Streiche herein. Er liebt es, mit den Frauen zu spielen.“
Ich wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken. Und der Gipfel von allem war, dass sie meine Kleider mitnahmen. Doktor Frohsinn fischte sie einfach vom Boden auf, bevor die beiden wieder hinausgingen.
„Wir werden für dich etwas Neues finden“, sagte er noch.
Wer sollte daraus klug werden?
Ich wartete und wartete, und je länger es dauerte, desto unwohler fühlte ich mich. Es musste eine Viertelstunde vergangen sein, als die Tür aufging und Iris hereinkam. Sie brachte mir tatsächlich neue Kleider.
„In diesen Räumlichkeiten geht es zu wie in einer Kommune. Die Leute kommen und gehen. Hier, das müsste Ihre Größe sein.“
Ich nahm ihr die Kleider ab, versuchte, kühl und unbeteiligt zu bleiben. Was gingen mich die Perversitäten eines alternden Ehepaares an? Die würden mich nicht unterkriegen, niemals.
Die Kleider passten, ich zog mich an. Dabei konnte ich nicht anders, als ihr einen sanften Seitenhieb zu verpassen. „Ist Ihr Mann ein Warmer?“
„Wie bitte?“
„Ich meine, ist er schwul?“
Sie lächelte. „Er führt ein merkwürdiges Leben, aber schwul ist er nicht, eher geistvoll.“
Ich fragte mich, ob sie die Wahrheit wusste. Bestimmt ahnte sie nicht die Dimensionen, die sich hinter dem verbargen, was sie geistvoll nannte, auch wenn in ihrem sexuellen Horizont mehr Platz war als für ein junges Mädchen auf einem Untersuchungstisch. So wusste sie, dass er vor dem Liebesakt mit ihr regelmäßig Prostituierte mit in seine Praxis nahm und dass er mit Leuten verkehrte, die ihre sexuellen Fantasien auf kleine Zettel schrieben und auf Anschlagstafeln im Supermarkt hefteten. Sie wusste, dass er einiges von dem, was er ihr in ihren Experimenten beibrachte, vorher mit jenen verirrten Publizisten ausgetüftelt hatte. Und doch war er für sie ein Traummann aus einem Roman oder einer alten Legende, der wirklich und unwirklich zugleich in ihr Leben getreten war.
Ich spürte wieder, wie mich der Hafer stach. „Und Sie? Wollen Sie es mit mir machen?“
„Mhm …“, machte sie.
Fast schien es so, als wägte sie ab, ob die Verlockung groß genug wäre. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein danke, Liebling.“
Ich legte noch einen drauf. „Du liegst nackt auf dem Bett und siehst mir zu. Ich stehe vor dem Spiegel und ziehe mich langsam aus. Du siehst mir dabei zu. Ich bin stolz, denn du bist erregt, deine Brustwarzen sind hart und steif. Jetzt bin ich ganz nackt, knie mich nieder und beginne ganz langsam, an mir herumzuspielen. Du siehst es, Liebling. Du machst es dir auch. Kommst du? Komm mit mir zugleich! Ich will sehen, wie dein Körper bebt. Komm, Liebling …“
Sie lachte. Was sollte sie auch anderes tun? Nur dass ihr Lachen irgendwie gequält klang.
Nützliche Informationen bekam ich an jenem Abend keine. Außer Spesen nichts gewesen.