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Einleitung

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Damit hatte ich nicht gerechnet.

Mit dem Foto.

Dass ich das überhaupt noch habe, wußte ich nicht.

Beim Aufräumen meines Musikzimmers – einmal im Jahr mit sinkender Begeisterung und nur unter Einhaltung strengster Disziplin – habe ich es in der untersten Schublade unter einem leeren DIN A-4 Blatt entdeckt.

Wo auch sonst!

Nach so vielen Jahren.

Und das trotz der vielen Umzüge.

Und nun ist es plötzlich da, mit all den Erinnerungen an gute und schlimme Zeiten.

Das alte Polaroid-Foto zeigt eine junge Frau, Céline, Anfang zwanzig, an einem Felsbrocken angelehnt, im Hintergrund das Mittelmeer. Céline trägt eine weiße Chordhose – die mochte sie am liebsten – dazu eine braun-weiß längsseits gestreifte Strickjacke, aus Marokko. Ein Geschenk ihrer Schwester.

Sète, französische Hafenstadt am Mittelmeer, etwa 200 Kilometer von Marseille entfernt. An das Datum des Fotos erinnere ich mich noch sehr genau: es war der 29. April 1985, einen Tag, bevor ich – eigentlich nur vorübergehend – nach Hamburg zurückkehren wollte, um dort eine wichtige Angelegenheit zu regeln. Dass ich nicht zurückkehren würde, ahnten wir wohl beide – ihr Blick auf dem Foto zeigt ein fast unmerkliches Lächeln. Vielleicht lag es aber auch an dem Mistral, der uns am Strand den feinen Sand in die Augen wehte.

Wie üblich war ich auch an diesem letzten Abend Gast in ihrem Elternhaus, einem 15-stöckigen Betonbau außerhalb von Marseille. Auch hier war die Stimmung gedrückt, dann die unheilvolle Geschichte mit den Ohrringen. Dann noch einmal die Hoffnung, die in uns aufflammte, dann Tränen, dann der Abschied. Erst kurz nach Mitternacht verließ ich die Wohnung und fuhr zurück zu meiner Unterkunft außerhalb der Stadt.

Ich konnte in jener Nacht keinen Schlaf finden, war aufgewühlt und durcheinander. Die letzten Wochen hatten mir erheblich zugesetzt, zwischen Zweifel und Zuversicht, mir immer wieder selbst versichernd, dass ich wiederkommen würde. Ich packte früh morgens meine Habseligkeiten zusammen und fuhr los, auf der „Route du Soleil“, immer nach Norden.

Das Foto von Céline habe ich zweifellos zur falschen Zeit gefunden – aufgrund anderer Ereignisse schon angeschlagen hat mich das Foto ungewollt und unvermittelt in meine Vergangenheit und den Albträumen, von denen dieses Buch berichten soll, zurückgeschickt.

Es gab nicht nur schwierige Zeiten, es gab auch die Guten, und von beiden soll berichtet werden. Die eigentliche Geschichte beginnt im ...

Das Tor zur Welt

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