Читать книгу FREMDE HEIMAT - Petra E. Jörns - Страница 8

3.

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Als Alan die Brücke betrat, war der Commander noch nicht da. Pola räumte mit einem Grunzen das Steuer und kehrte ihm den Rücken zu, bevor sie den Raum verließ. Alan beschloss, diesem Versteckspiel ein Ende zu bereiten und mit ihr nach dieser Schicht zu reden. Mit einem Knopfdruck verbannte er den Displaymodus in eine Ecke des Monitors und stellte auf Basismodus um. Als eine Zahlenkolonne den Monitor überflutete, fühlte er sich gleich wohler.

Das Schott zischte.

Alan warf einen Blick über seine Schulter. Er hatte Delacroix erwartet, aber es war nur Dean, der fünf Minuten zu spät auf der Brücke eintraf.

»Wurde ja auch Zeit«, brummte Jäggi.

Dean ignorierte die Worte und wartete mit Engelsmiene, bis sein Stellvertreter seine Fleischmassen vom Stuhl gehievt hatte.

Das Zischen des Schotts zeigte, dass Jäggi gegangen war.

»Ist der Commander im Bereitschaftsraum?«, fragte Dean in die Runde.

Alan zuckte mit den Achseln und sah Nguyen an, der vor ihm auf der Brücke gewesen war.

Doch dieser schüttelte den Kopf. »Nein, er ist noch nicht aufgetaucht«, setzte Nguyen hinzu. »Misses White hat mir die Brücke übergeben, bevor sie gegangen ist. Ich weiß auch nicht, wo er bleibt.«

Irgendetwas stimmte nicht. Der Commander war noch nie zu spät zu einer Schicht erschienen.

»Gab es irgendwelche Funksprüche, während ich weg war?«, fragte Alan. Vielleicht hatten sich die Krail-on gemeldet und der Commander besprach sich mit White.

Nguyen schüttelte den Kopf. »Nein, Mister McBride. Es sind auch keine verzeichnet.«

»Haben Sie ihn schon gerufen?«

Nguyen starrte Alan an. »Ich … äh … Sie meinen …«

»Haben Sie was an den Ohren?«, mischte sich Dean ein.

Nguyen errötete und betätigte die Schiffskommunikation. »Brücke ruft Commander Delacroix. Ensign Nguyen spricht. Bitte melden Sie sich!«

Alan hatte den Verdacht, dass er keine weitere Silbe herausgebracht hätte.

Es dauerte eine Weile, bis eine Antwort kam. »Krankenstation an Brücke. Doktor Hayes spricht. Commander Delacroix … fühlt sich nicht gut. Ersatz ist unterwegs.« Die Ärztin klang, als stünde sie unter Stress.

Krankenstation? Alan starrte auf seinen Monitor. Er konnte nicht glauben, dass Delacroix wegen einer Lappalie nicht zum Dienst erscheinen würde. Der Besuch bei den Krail-on fiel ihm wieder ein. Aber der Commander hatte ihm doch gesagt, Hayes habe sie untersucht. Es war doch alles in Ordnung gewesen. Doch bevor er den Gedanken zu Ende bringen konnte, öffnete sich das Schott und eine bekannte Stimme ertönte.

»Irgendwelche besonderen Vorkommnisse?« Als sei nichts geschehen, stolzierte White zum Kommandosessel und sah sich um. Als sie Alan entdeckte, lächelte sie. »Auf ein Wort, Mister McBride.« Ohne sich nach ihm umzudrehen, schritt sie Richtung Bereitschaftsraum.

Alan folgte ihr.


»Die wievielte Doppelschicht ist das, Mister McBride?« In Whites Stimme klang Triumph mit.

Der Kaffeeautomat in der Ecke zischelte.

»Ich weiß es nicht genau …« Es war also so weit. Alan biss die Zähne zusammen. Zum Leugnen war er zu stolz. »Die Vierzigste?«, riet er.

»Es sind zweiundvierzig.« White machte eine Pause. Dann trat sie auf Alan zu. »Zweiundvierzig«, wiederholte sie. »Seit anderthalb Monaten umgehen Sie meine Anordnungen. Können Sie mir sagen, warum, Mister McBride?«

Statt einer Antwort hob Alan den Kopf. Ohne mit der Wimper zu zucken, sah er ihr in die Augen.

»Ich warte.«

»Mit Verlaub, Ma’m. Aber ich glaube nicht, dass Sie meine Gründe wirklich interessieren. Ich will mit dem Commander sprechen.«

Whites Gesicht wirkte unnatürlich bleich. »Ich habe Sie gewarnt, Mister McBride«, sagte sie. »Sie sind mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert.«

»Wie Sie wünschen, Ma’m.«

White stierte ihn an, bevor sie sich mit einem Ruck umdrehte und die Hand ausstreckte, um den Öffnungsmechanismus des Schotts zu bedienen. Ihre Finger fuhren ins Leere. Sie stolperte und hielt sich im letzten Augenblick am Rahmen des Schotts fest.

»Ma’m? Alles in Ordnung?« Der Anblick erschreckte Alan. Der Zorn war vergessen. Sofort sprang er neben sie, um ihr zu helfen.

Aber White fegte seine Hände beiseite. »Fassen Sie mich nicht an!«

Alan wich zurück. Ihre Finger hinterließen kalten Schweiß auf seiner Hand.

White verfehlte wieder den Öffnungsmechanismus. Sie keuchte.

»Soll ich nicht besser Doktor Hayes rufen?«

»Unterstehen Sie sich!« Ihr Atem schlug ihm entgegen, roch nach Essig und Fäulnis. Sie straffte sich und schlug mit der Faust auf das Bedienungselement, sodass das Schott vor ihnen aufglitt. Mit kleinen Schritten stakste sie zu dem Stuhl vor der Kommandotafel. Sie musste sich daran festhalten, bevor sie sich hineinfallen ließ. »Rufen Sie Miss Skobzewa, damit Sie Ihren Platz einnehmen kann, Mister McBride!«

»Ma’m, Sie sollten Doktor Hayes …«

»Tun Sie, was ich Ihnen sage«, fauchte White.

Alan presste die Lippen aufeinander, schloss das Schott hinter sich und schritt zu seiner Konsole. Seine Hand ballte sich schon zur Faust, um auf den Schalter der internen Schiffskommunikation zu schlagen, als Nguyens Worte ihn innehalten ließen.

»Ein Schiff, Ma’m! Es sind die Krail-on.«

Alan wirbelte herum. »Ma’m?« Bei dem Anblick, der sich ihm bot, blieb Alan das Wort in der Kehle stecken.

Mit weit aufgerissenen Augen stierte White ihn an. Ihre Hände zuckten, Speichel lief aus ihrem Mund, während ihre Lippen versuchten, Worte zu formen – als riefe sie ihn um Hilfe.

Der Moment wurde durch Nguyens Aufschrei in Stücke geschlagen. »Sie greifen uns an!«

Mit einem Schlag kehrte Ruhe in Alan ein. Seine Faust fuhr auf den Schalter der Schiffskommunikation herab. »Arzt und leitender Offizier auf die Brücke! Notfall!«

Alans Stimme ging im einsetzenden Alarm unter. Der Feindalarm tauchte die Brücke in rotes Licht. Alan glitt hinter seine Tastatur und hämmerte auf sie ein. Die Zahlenkolonnen änderten sich, zirkulierten. Alan gab eine Korrektur ein, noch eine. Die Zahlen beruhigten sich. Die Spuren, der auf sie zukommenden Geschosse im Displayfenster wurden nach und nach durch die Geschossabwehrphalanx eliminiert.

»Kein Treffer«, keuchte Dean.

Die Zahlen vergrößerten sich, uferten aus. Der Punkt im Displayfenster näherte sich, trieb einen fächerartigen Mückenschwarm vor sich her. Schweiß stand auf Alans Stirn. Seine Finger gaben Gleichungen ein, änderten Zahlen, jonglierten mit Daten.

»Mister Nguyen! Status!«, rief er.

Eine der Mücken kam durch. Ein Beben lief durch den Boden. Das Licht flackerte.

»Treffer!« Das war Dean.

Von Nguyen war nichts zu hören.

Lieber Gott, betete Alan, bitte lass es nicht die Triebwerke sein … Er schob Zahlen von rechts nach links, änderte Bezugswerte.

»Mister Nguyen«, schrie er. »Status, verflucht!«

Stattdessen meldete sich erneut Dean. »Treffer, Lagerräume. Scheiße! Die schießen uns in Stücke.«

Alan hieb auf den Schalter für die interne Kommunikation. »Leitender Offizier auf die Brücke! Commander Delacroix!«

Die Zahlen auf seinem Monitor fluktuierten.

Es knackte im Komm. Hayes’ Stimme ertönte. »Krankenstation an Brücke. Miss Kuosmanen ist zu ihnen unterwegs. Ich … Der Commander ist tot.«

Das konnte nicht wahr sein! Nicht der Commander! Mit zitternden Fingern hämmerte Alan auf die Tasten, beruhigte den Zahlenfluss und betätigte wieder die interne Kommunikation.

»Lieutenant Mabuto! Melden Sie sich! Notfall!«

Unruhe entstand in der Zahlenkolonne. Im Displayfenster spuckte der Punkt erneut einen Mückenschwarm aus. Blind tippte Alan eine Zahlenfolge ein. Eine Mücke kam durch. Eine Erschütterung lief durch Alans Pult. Ein weiteres Mal flackerte das Licht.

»Treffer«, schrie Dean. »Ausfall Hyperantrieb.«

Vorbei. Damit hatten sie keine Möglichkeit mehr, zu flüchten.

Die Zahlen vermehrten sich, wurden größer. Der Punkt im Displayfenster wendete und kam auf sie zu.

»Feuer, Dean!« Alan wusste nicht, ob er die Worte nur gedacht oder tatsächlich ausgesprochen hatte.

Den Bruchteil einer Sekunde herrschte Stille auf der Brücke.

Endlich antwortete Dean mit zusammengebissenen Zähnen: »Mit Vergnügen.«

In den Zahlen entstand Hektik. Schweiß tropfte von Alans Kinn. Seine Finger gaben Daten ein, eine Gleichung. Die Zahlenkolonne fluktuierte rhythmisch, passte sich an, beruhigte sich.

»Treffer!«, jubelte Dean.

Wieder pulsten die Zahlen, flauten ab.

»Treffer!«

»Sie rufen uns.« Nguyens Stimme war nur ein Krächzen.

»Mister Nguyen, aktivieren Sie die Übersetzungsdatei!« Weshalb gab er eigentlich die Befehle, wunderte sich Alan. Warum nicht Dean – er war doch der Dienstältere.

Aber weder Dean noch Nguyen protestierten.

Auf dem Sichtschirm erschien derweil das Bild des Krail-on, den sie am Tag zuvor getroffen hatten. »Hier spricht Kass-Un Stark von Starks Klinge. Unterwerft Euch! Sonst werden wir Euch vernichten!«

In diesem Moment stürmten Pola und Yael auf die Brücke und nahmen ihre Plätze ein.

»Sir?« Nguyens Stimme zitterte.

Alan begriff erst im zweiten Moment, dass ihm die Frage gegolten hatte. Er strich durch seine Haare und warf einen Blick in die Runde.

Alle sahen ihn an.

Erneut betätigte Alan die interne Kommunikation. »Lieutenant Mabuto! Leitender Offizier auf die Brücke! Wir brauchen Sie!«

Das Schott ging auf. Doch es war nur Jäggi, der sich schnaufend neben Dean auf seinen Platz fallen ließ.

Bevor sich Alan entscheiden konnte, was er tun sollte, kam Nguyen ihm zuvor. »Eine weitere Nachricht, Sir.«

»Lassen Sie sie hören!«, antwortete Alan und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Kommandotafel hinter ihm.

Das bekannte Gesicht erschien. Die Augen mit den schlitzförmigen Pupillen funkelten. »Ich warne Euch ein letztes Mal! Unterwerft Euch! Dann erwäge ich, Eure Unverschämtheit zu vergeben. Ich gewähre Euch ein Mikron, um Euch zu entscheiden.«

Das hieß, zwei Minuten Galgenfrist. Alan hieb auf den Schalter der Schiffskommunikation. Jetzt konnte sie nur noch Racek retten. »Maschinenraum an Brücke. McBride spricht. Wie sieht es bei Ihnen aus, Lieutenant Racek? Können Sie den Hyperantrieb reparieren?«

Statt der erwarteten Reibeisenstimme von Racek antwortete eine weibliche. »Maschinenraum an Brücke. Hier spricht Petty Officer Apilanez. Mister Racek ist tot. Aber den Hyperantrieb zu reparieren, dürfte kein Problem sein. Ein paar Relais wurden überlastet, aber die können wir austauschen.«

»Der Chief ist tot?«

»Ja, Mister Benton war hier, aber er konnte nichts mehr für ihn tun. Bis er bei uns war, war es schon zu spät. Gift, wenn ich mich nicht irre.«

Der Krail-on, durchzuckte es Alan. Der Mistkerl hatte sie vergiftet, alle drei! Und jetzt kam er, um sie wie eine reife Orange zu pflücken. Eine Welle der Wut durchfegte ihn. Aber nicht mit ihm! Der Bastard sollte sich an der Sydney die Finger verbrennen. Dafür würde er sorgen!

»Wie lange werden Sie brauchen, Miss Apilanez?«

Etwas platzte im Maschinenraum. Man hörte Apilanez kauen, ehe sie antwortete: »Anderthalb Stunden. Vielleicht nur eine.«

»Dann fangen Sie damit an! Und beeilen Sie sich! Unser Leben hängt davon ab. McBride Ende.«

Alan starrte auf die Kommandotafel und zerrte sein Wissen über die Krail-on in sein Bewusstsein. Zwei Dinge drängten sich nach vorne: Es regierte das Recht des Stärkeren. Meinungsverschiedenheiten wurden mit Duellen entschieden.

»Die Zeit läuft gleich ab«, erinnerte Dean ihn.

»Mister Mabuto?«

Dean schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gerufen, während du mit Miss Apilanez gesprochen hast. Keine Antwort.«

Mochte Mabuto ihm gnädig sein! Mit einer Drehung stand Alan auf.

»Dean, Mister Nguyen, hebt White aus dem Stuhl und legt sie dort neben die Tür!«

»Was hast du vor?«, fragte Dean.

»Ihnen die Antwort geben, die sie verdienen.« Der Herzschlag dröhnte in Alans Ohren. Wie durch eine Milchglasscheibe beobachtete er Dean und Nguyen, die die Leiche von Lieutenant Commander White aus dem Sessel hoben und zur Tür trugen. Als sie sie abgelegt hatten, trat er neben sie und beugte sich über sie. Immer noch war in ihren Augen das Entsetzen zu lesen. Dieses Ende hatte er ihr nicht gewünscht.

Sie hatte nicht geschrien, erinnerte er sich. Bei Gott, er wollte nicht wissen, was sie gefühlt hatte. Seine Finger strichen über ihre Stirn, glitten über ihre Augen und schlossen sacht ihre Lider.

»Die Zeit ist um.«

Alan nickte Dean und Nguyen zu. »Mister Nguyen, ich werde ihnen antworten. Grenzen Sie den Aufnahmebereich so ein, dass er nur mich sehen kann.«

»Ja, Sir.«

Einen Moment zögerte Alan, dann zog er die Uniformjacke aus und legte sie über Whites Gesicht, bevor er sich in den Kommandostuhl setzte.

»Sind Sie bereit?«

Alan nickte und wandte er sich der Stelle zu, wo er das Aufnahmegerät wusste. Er straffte sich und versuchte, all den Zorn und die Wut hinunterzuschlucken, die in ihm wühlten. »Hier spricht Kass-Un McBride von der Sydney. Ich lehne Ihr Angebot ab.«

Dean stieß einen leisen Pfiff aus.

»Sie antworten uns.« Nguyens Stimme zitterte.

»Ich höre.«

Das Bild des Krail-on erschien auf dem Monitor. Seine Stimme grollte durch die Brücke. »Unterwerft Euch! Das ist mein letztes Wort.«

»Wir unterwerfen uns nicht.«

Die gelben Augen des Krail-on glühten. Er drehte sich vom Aufnahmegerät fort, sodass seine Zöpfe flogen, und sprach leise mit einer Person außerhalb des Aufnahmebereichs. Sorai-an, vermutete Alan.

»Kommt auf mein Schiff, damit wir über weitere Optionen reden können!«, forderte er.

Alan hob die Augenbrauen. »Danke, dass Sie mir dabei geholfen haben, das Kommando zu übernehmen. Aber so einfach wie meine Vorgänger mache ich es Ihnen nicht. Wenn ich komme, dann nur, um Sie zu töten.«

Der Krail-on hieb mit der Faust gegen eine Konsole und zischte ein Wort, das das Band nicht übersetzte.

»Ich warte auf Ihre Antwort.«

»Ich nehme Eure Herausforderung an«, keuchte der Krail-on. »Ich erwarte Euch mit Euren Sekundanten auf meinem Schiff.«

»Dann in zwei Standards.«

»In einem.« Damit erlosch das Bild und gab die Sicht auf die leere Kommandotafel frei.

Nach einem tiefen Atemzug rief Alan den Maschinenraum. »Brücke an Maschinenraum. McBride spricht. Miss Apilanez, Sie haben eine Stunde, um den Hyperantrieb wieder in Gang zu bringen.«

»Verstanden. Ich werde mein Bestes tun, Mister McBride.«

Das hoffte Alan auch.


Das Schott zischte, und Mabuto stand in der offenen Tür. »Bericht.« Er sprach zu Dean, der der Dienstälteste auf der Brücke war.

Hinter Mabuto tauchte Kuosmanen, eine der beiden Krankenpfleger auf, und beugte sich über Whites Leiche.

»Sie ist tot«, flüsterte sie und sah zu Mabuto hoch, der immer noch Dean anstarrte.

»Lassen Sie sie auf die Krankenstation bringen, Miss Kuosmanen! Doktor Hayes soll sie untersuchen. Ich möchte die Todesursache wissen.« Mabuto wandte sich wieder Dean zu. »Bericht, Mister Fiorentino.«

Dean warf Alan einen Blick zu, bevor er antwortete. »Die Krail-on haben uns angegriffen, Sir. Wir haben das Feuer auf sie eröffnet und …«

»Auf wessen Befehl?«

»Mister McBrides, Sir.«

Mabutos Blick ruckte auf Alan. »Weiter!«

»Der Krail-on forderte uns auf, uns zu ergeben, und Mister McBride hat … uns eine Stunde Galgenfrist ausgehandelt, damit wir den Hyperantrieb reparieren können.«

Alan hatte nie geahnt, wie gut Dean mit Worten umgehen konnte.

»Ausgehandelt? Auf welche Weise?«

Dean kratzte sich am Kopf. »Er hat ihn zum Duell gefordert, Sir.«

»Im Namen des Commanders?«

»Äh, nein, Sir. Er hat sich selbst als Commander ausgegeben.«

Mabutos Kiefermuskeln traten hervor. Mit einem Ruck wandte er sich an Alan. »Wie …« Er verstummte. Seine Brust hob und senkte sich. Endlich wies er mit einem Nicken auf das Schott zum Bereitschaftsraum. »Folgen Sie mir, Mister McBride!«


Er ließ Alan den Vortritt und blieb direkt jenseits des Schotts stehen, das sich hinter ihm mit einem Zischen schloss.

»Sie haben das Kommando übernommen? Wie kommen Sie dazu?« Mabutos Hände schlossen sich zu Fäusten.

»Lassen Sie mich erklären … Sir«, bat Alan.

»Ich höre.« Die Fäuste lockerten sich.

»Misses White, Mister Racek und der Commander waren tot, Sir. Und Sie haben sich nicht gemeldet …« Im gleichen Augenblick wünschte sich Alan, er könne seine Worte wieder rückgängig machen.

»Das geht Sie nichts an.«

»Nein, Sir. Ich wollte damit sagen, das Krail-on-Schiff drohte, uns in Stücke zu schießen. Ich hatte keine andere Wahl. Jemand musste etwas tun.« Schon wieder falsch, begriff Alan.

»Sie hätten sich nicht als Kommandant des Schiffes ausgeben müssen.«

»Sir, er hätte mir nicht einmal zugehört, wenn ich das nicht getan hätte.«

»Und warum haben Sie ihn dann zum Duell gefordert, anstatt ihn um einen Waffenstillstand zu bitten?« Mabutos Fäuste öffneten und schlossen sich wieder.

Gott im Himmel, wollte Alan ihm entgegen schreien, lesen Sie die Berichte! Weil er diesem Stark-Un dann genauso gut das Schiff hätte ausliefern können. So funktionierte das nicht bei den Krail-on. Das waren keine Menschen. Die richteten sich nicht nach den Bonhaven-Richtlinien.

»Weil es mir … sinnlos erschien, Sir.«

Mabuto kehrte ihm den Rücken zu. Es dauerte eine Weile, bis er sich Alan wieder zuwandte. »Und was wollen Sie tun, wenn der Hyperantrieb nicht rechtzeitig repariert werden kann? Haben Sie daran schon gedacht, Mister McBride?«

Mit einem Schlag wurde Alan eiskalt. Er dachte an seine Mutter. »Uns mehr Zeit erkaufen und das Duell annehmen, Sir. Ich bin bereit, die Konsequenzen meines Handelns zu tragen.«

Mabuto starrte ihn an. »Lassen Sie mich allein, Mister McBride!«

»Sir.« Alan deutete einen Gruß an und verließ den Raum.


Erst als er wieder vor seinem Monitor saß, begriff er, was er gesagt hatte.

»Was ist los?«, wisperte Dean ihm zu.

Alan schüttelte den Kopf. »Nichts.«

Wollte er das wirklich tun? Hinübergehen auf dieses fremde Schiff und sich mit einem Fremdwesen duellieren, von dessen Regeln und Kampfweise er keine Ahnung hatte? Ob ihm seine Erfahrungen in Aikido und Kendo dabei etwas nutzen würden, wusste er nicht. Woher sollte er wissen, wie solch ein Duell überhaupt aussah? Er war noch nie einem Krail-on gegenübergestanden.

Ein Hoffnungsschimmer durchzuckte ihn. Vielleicht gingen ihre Duelle gar nicht auf Leben und Tod.

Ohne nachzudenken, lud Alan Boldens Bericht auf seinen Monitor und überflog die Passagen, in denen der Exoethnologe den Ehrenkodex der Krail-on beschrieb. Seine Befürchtungen wurden bestätigt. Da stand, dass Duelle stets bis auf den Tod ausgefochten wurden, ein Detail, das Bolden fasziniert zu haben schien, da er sich wunderte, wie sie auf diese Weise eine funktionierende Gesellschaftsstruktur aufrechterhalten konnten. Er beschrieb auch den theoretischen Ablauf eines Duells, das in einem zehn Meter durchmessenden Kreis stattfand, dessen vorzeitiges Verlassen den Tod bedeutete. Die Waffe, die im Bericht abgebildet war, glich einer kurzen Ausgabe der japanischen Naginata. Die Waffe der Krail-on, Dakka genannt, besaß nur am unteren Ende eine Spitze anstatt eines Knaufs. Aber eine Naginata war etwas, womit Alan etwas anfangen konnte. Damit hatte er schon geübt.

Der Gedanke, jemanden damit töten zu müssen, lähmte ihn. Er versuchte, sich vorzustellen, wie es sich anfühlen würde, wenn die Klinge in seinen Körper eindrang.

»Heh, nun red schon«, drängte ihn Dean. Seine Hand legte sich auf Alans Arm.

»Was, wenn ich das Duell annehmen muss?«

»Du spinnst.«

»Ich hab’s Mabuto gerade eben angeboten.«

Dean stand der Mund offen. »Miss Apilanez schafft das schon«, meinte er dann.

»Und wenn nicht?«

Der Griff um Alans Arm verstärkte sich.

»Sir … Alan, stimmt etwas nicht?« Yaels Lockenmähne beugte sich Alan zu. Sie hatte mit Nguyen den Platz getauscht.

Alan schaffte es, sie anzulächeln. »Alles in Ordnung.«

Er dachte an die Fotos in seinem Quartier, an Katsuko, Racek, White und den Commander und die vielen anderen Toten, die sie auf ihrem Weg hinter sich gelassen hatten. Er würde nicht zulassen, dass sich Weitere dazugesellten. Und plötzlich wusste er, dass er gehen würde.


Zehn Minuten vor Ablauf der Frist kam eine Nachricht aus dem Maschinenraum.

»Maschinenraum an Brücke. Apilanez spricht. Es gibt Probleme. Es gab ’nen Kurzschluss, als wir ein Relais austauschen wollten. Ich muss ein paar verschmorte Verbindungsstellen überbrücken. Wird mindestens zwanzig Minuten dauern, eher ’ne halbe Stunde, Sir.«

Alans Eingeweide verknoteten sich.

Keiner auf der Brücke rührte sich.

Alan wollte sich gerade einmischen, als Yael das Wort ergriff. »Brücke an Maschinenraum. Hattab spricht. Der leitende Offizier Mister Mabuto befindet sich im Bereitschaftsraum. Ich stelle Sie durch.« Yaels Stimme schwankte.

»Oh, das wusste ich nicht. Apilanez Ende.«

Schweigen lastete auf der Brücke. Niemand hatte den roten Alarm aufgehoben. Noch immer war alles in rotes Licht getaucht.

Als das Schott zischte, stand Alan auf und ging darauf zu. »Übernehmen Sie das Steuer, Miss Skobzewa«, sagte er. Vor Mabuto blieb er stehen.

Einen Herzschlag lang sahen sie sich an, bis Mabutos Blick auf den Bereitschaftsraum wies. »Ich muss mit Ihnen sprechen, Mister McBride.«

Als sie allein im Besprechungsraum waren, standen sie sich noch immer gegenüber. Alan wartete.

Mabuto holte tief Luft und ging um den Tisch herum. Mit dem Rücken zu Alan blieb er stehen. »Ich weiß, dass der Commander Ihnen meinen Platz angeboten hat. Er hat mich darüber informiert. Die Frist, die er mir gab, lief heute ab. Wären die Krail-on nicht dazwischen gekommen, wären Sie jetzt wahrscheinlich Zweiter Offizier.« Mabuto drehte sich um und sank in den Stuhl. »Ich trage Ihnen nichts nach, Mister McBride. Ich … glaube nicht, dass Berechnung im Spiel war.«

»Nein, Sir«, würgte Alan hervor.

»Gut, dass das geklärt ist.« Mabuto presste die Lippen aufeinander. »Ich habe beschlossen, an Ihrer Stelle zu gehen.«

»Sir, mit Verlaub, aber entweder denken die Krail-on dann, ich schicke … äh … einen Untergebenen, was uns in ihren Augen automatisch unglaubwürdig erscheinen lässt. Oder sie erfahren auf diese Weise, dass ich geflunkert habe, was Sie wiederum in schlechtem Licht erscheinen lässt.«

Mabutos Fäuste schlossen sich wie im Krampf.

»Sir, ich habe vierzehn Jahre Aikido gemacht und zehn Jahre Training in Kendo hinter mir. Ich kenne die Art von Waffe, mit der die Krail-on kämpfen. Wenn Sie gehen, wäre das glatter Selbstmord.«

»Wir könnten um eine Verlängerung der Frist bitten.«

Alan schüttelte den Kopf. »Das käme einer Kapitulation gleich. Wenn wir Schwäche zeigen, greifen sie uns an. Und ich bezweifle, dass wir ihrem Beschuss lange standhalten können, Sir.«

Mabuto stützte die Stirn gegen seine ineinander gefalteten Hände. »Sie wollen wirklich für uns Ihr Leben riskieren, Mister McBride.«

»Aye, Sir.«

Mabuto sah auf. »Niemand weiß, ob die Krail-on Sie gehen lassen, wenn Sie gewinnen.«

»Wenn ich Doktor Boldens Bericht glauben darf, dann spricht alles dafür, dass sie uns bei … meinem Sieg unbehelligt ziehen lassen. Auch mich.«

»Sie kennen ihn besser als ich.« Mabutos Blick verlor sich. »Gut«, sagte er. »Ich rufe die Offiziere zusammen.«


Sie hatten sich umgruppiert, ohne sich abzusprechen. Hayes saß zu Mabutos Linken, der am Ende des Besprechungstisches vor der Kommandotafel stand. Neben ihr saß Nguyen. Zu Mabutos Rechten saß Alan mit Dean an seiner Seite. Der Raum wirkte seltsam leer.

War er nun sozusagen Mabutos Erster Offizier, wunderte sich Alan.

Mabuto sah ihn kurz an. Mit aufeinandergepressten Lippen hob er den Kopf. »Die Zeit drängt. Miss Apilanez wird es nicht schaffen, den Hyperantrieb rechtzeitig zu reparieren. Mister McBride und ich haben beschlossen, dass … Mister McBride auf die Duellforderung eingehen wird, um …«

»Wie bitte?« Hayes erhob sich halb aus ihrem Stuhl. »Sir, mit Verlaub. Aber das ist verrückt. Das … das können Sie doch nicht machen. Ich meine …« Sie breitete die Arme aus, ließ sie dann sinken, als wüsste sie nicht weiter. »… das ist tiefstes Mittelalter. Das …«

»… um uns mehr Zeit zu verschaffen.« Mabuto fixierte Hayes, bis diese mit einem Kopfschütteln in ihren Stuhl zurücksank.

»Sir?« Alan sah Mabuto fragend an. Als dieser nickte, erhob er sich. »Es war meine Entscheidung. Ich gehe aus freien Stücken. Ich denke, ich kenne mich etwas besser in dem … äh … Metier aus als Mister Mabuto.« Alan wunderte sich, dass Dean ihm nicht widersprach.

»Das ist Wahnsinn«, flüsterte Hayes.

»Ein Ersatz würde genauso wenig akzeptiert werden wie eine Verlängerung der Frist«, fuhr Alan fort. »Beides würde mit großer Sicherheit einen Angriff nach sich ziehen und einem Beschuss würden wir nicht mehr lange standhalten. Es ist unsere einzige Chance und ich bin mir des Risikos durchaus bewusst. Sir.« Alan nickte Mabuto zu und setzte sich wieder.

Mabuto rang nach Luft. »Sie … haben Mister McBride gehört. Ich kann dem nichts hinzufügen … außer meinen … unseren Dank. Sie können gehen.«

»Sir, einen Augenblick.« Hayes stützte die Hände auf den Tisch. »Es ist wichtig. Wenn Mister McBride … da rübergeht, sollte er meine Ergebnisse kennen.«

Mit gerunzelter Stirn setzte sich Mabuto wieder. »Sprechen Sie!«

Hayes kramte ihr Notepad hervor und scrollte in ihren Daten herum. »Wir haben bei der Obduktion ein Gift gefunden. Es scheint in einer Art Nanokapseln verborgen gewesen zu sein, die sich an die Darmwand hefteten, weswegen …«

»Kommen Sie zur Sache, Doktor Hayes! Ich glaube nicht, dass das für Mister McBride interessant sein dürfte.«

»Ich habe ein Gegengift gefunden.« Hayes sah Alan an. Ein paar Locken hatten sich aus ihrem Knoten gelöst und umrahmten ihr erhitztes Gesicht. »Nicht, dass es ein richtiges Gegengift wäre. Es handelt sich um den Abkömmling des Tetanustoxins, das sich mit dem Gift verbindet. Auf diese Weise kann das Gift sich nicht an die Rezeptorstellen der Acetylcholin-Bildungsstätte binden, wodurch dessen Bildung nicht gehemmt werden kann. Mehr weiß ich noch nicht. Meine Simulationen sind noch nicht beendet, aber es würde helfen – gesetzt den Fall …« Sie verstummte.

»Kann man es im Voraus verabreichen«, fragte Mabuto.

»Nein, Sir.« Hayes seufzte. »Das wäre tödlich. Man kann es erst einsetzen, wenn sich Symptome zeigen, wie Ausfall von Sinnesorganen und fortschreitende Lähmungen. Aber dann sollte es rasch verabreicht werden, ehe der Exitus durch Atemlähmung und Herzstillstand einsetzt. Die Dosierung wäre eigentlich abhängig von der Menge des Gifts, das verabreicht wurde. Ich würde daher in kleinen Dosen vorgehen, bis sich eine … chrm … Besserung zeigt.«

»Sie meinen also, es würde helfen?« Alan war flau.

Hayes nickte. »Ja. Davon bin ich überzeugt.«

»Gut, dann weisen Sie Mister Benton ein. Er soll Mister McBride begleiten.« Mabuto nickte Hayes zu. »Ich werde noch einen Crewman dazu beordern. Mister McBride?«

Mabuto wollte aufstehen, doch Dean kam ihm zuvor. »Sir, mit Verlaub. Ich möchte Mister McBride begleiten.«

Fassungslos sah Alan ihn an. »Nein.« Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit.

»Sir, mit Verlaub.« Dean war die Ruhe selbst. »Aber ich kenne Doktor Boldens Berichte. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Krail-on die Begleiter von Mister McBride nicht auf die Sydney zurückkehren lassen. Das Gesetz der Ehre würde es ihnen verbieten, so zu handeln.«

Dean hatte tatsächlich die Berichte gelesen, begriff Alan.

Mabutos Blick wanderte von Dean zu Alan und wieder zu Dean.

»Sir, er ist mein Freund«, setzte Dean hinzu.

Alans Knie zitterten, als er aufstand, um Dean in die Augen sehen zu können. »Dean, ich bitte dich«, flüsterte er. Er wollte nicht, dass Dean auch starb. Hilfe suchend irrte Alans Blick zu Mabuto. »Sir!«

Mabutos Hände begannen, sich zu Fäusten zu schließen. Er presste die Lippen aufeinander und hob den Kopf. »Wenn das wirklich Mister Fiorentinos Wunsch ist, werde ich mich dem nicht entgegenstellen.«

»Danke, Sir«, lächelte Dean.

Alan hatte das Gefühl, jemand würde ihm den Boden unter den Füßen wegziehen. »Sir, das ergibt keinen Sinn.« Im nächsten Moment begriff er, dass er das Falsche gesagt hatte.

Mabutos dunkle Augen fixierten ihn. »Wenn Mister Fiorentino es wünscht, kann er Sie begleiten.«


Alan zog die Ausgehuniform aus dem Spind in seinem Quartier. Eine Weile betrachtete er die weiße Jacke mit den goldenen Knöpfen und den Rangabzeichen eines Junior Lieutenants. Eine Auszeichnung heftete an der linken Seite. Die Tapferkeitsmedaille in einfacher Ausfertigung für seinen Einsatz auf dem Mars, als er sich freiwillig dafür gemeldet hatte, die Crewmen von der Oberfläche zu evakuieren, bevor der Sandsturm sie erreichen konnte. Der Sandsturm hatte sie trotzdem eingeholt. Dass sie es heil an Bord des Schulungsschiffes geschafft hatten, hatten sie nur Alans Flugkünsten zu verdanken.

Damals war Dean auch dabei gewesen.

Als er Schritte hörte, die sich ihm von hinten näherten, wusste er sofort, wer es war. »Du solltest nicht mitgehen, Dean«, sagte er.

»Darfst nur du auf diesem Schiff den Helden spielen?«

»Verflucht!« Alan wirbelte zu ihm herum. »Ich tue das, um euer … um dein Leben zu schützen und nicht, um danach als Held dazustehen.«

»Ich weiß, Alan. Und ich gehe mit, um dein Leben zu schützen. Falls ich es kann. Akzeptiere es oder lass es bleiben! Du kannst meine Meinung nicht ändern.«

Abrupt kehrte Alan ihm wieder den Rücken zu. »Mister Mabuto dürfte nicht zulassen, dass du das tust. Es ist … unvernünftig.«

»Genauso unvernünftig ist es, dich gehen zu lassen.«

»Ich hab’s dir doch erklärt.« Schwer stützte sich Alan auf das Bett. »Wir haben keine andere Wahl. Ich muss gehen.«

»Ich auch.«

»Dean, wir haben schon drei Offiziere verloren. Wenn ich … Mit mir wären es vier. Wer soll denn dieses gottverdammte Schiff noch fliegen, wenn du auch dabei draufgehst?« Langsam drehte er sich wieder zu Dean um.

»Es war die Entscheidung des neuen Kommandanten. Du kannst nichts dagegen machen.«

Alan biss sich auf die Unterlippe. Hatte Mabuto etwa zugestimmt, weil er ihm zeigen wollte, wer das Kommando hat? Aber das war doch Irrsinn! Nein, sicherlich bildete er sich das nur ein, weil er Angst um Dean hatte.

»Heh! Wir hören uns an wie in einem schlechten Film. Lass uns damit aufhören!« Mit einer Grimasse bot Dean Alan die Handfläche an.

Nach kurzem Zögern schlug Alan ein und bot Dean die seine. »Ich will mich mit dir nicht streiten. Nicht heute.«

»Ich auch nicht.« Klatschend schlug Dean ein.

Gleichzeitig boxten sie die Fäuste aneinander. Mit einem Grinsen packte Dean Alan an den Schultern und zerzauste mit der Faust seine Haare.

Alan wehrte sich nicht.


Mabuto erwartete sie im Hangar mit Doktor Hayes und Benton. Der hünenhafte Pfleger trug eine Tasche über der Schulter.

Mit einem traurigen Lächeln gab Hayes Alan die Hand. »Viel Glück«, flüsterte sie.

»Ich lasse Sie informieren, sobald Miss Apilanez die Reparatur beendet hat. Falls Sie einen Weg sehen, das Duell noch zu umgehen, dann tun Sie es. Schießen Sie sich notfalls den Weg frei.« Mabuto legte die Finger an die Stirn zum Gruß. »Wir sind in Gedanken bei Ihnen.«

Alan nickte nur. Er fühlte sich wie in einem Traum. Dass er tatsächlich auf dem Weg war, um ein Duell auf Leben und Tod auszufechten, kam ihm völlig surreal vor. Er fühlte sich, als befände er sich hinter Glas. Als beobachte er jemand anderen auf seinem Weg zum Shuttle. Doch er ahnte, dass hinter den Mauern aus Glas die Angst lauerte und er wagte nicht, sich ihr zu stellen.

Als er hinter den Kontrollen des Shuttles Platz nahm, kehrte ein Stück Gelassenheit zurück. Die Vertrautheit der Umgebung half ihm, nicht im letzten Augenblick einen Rückzieher zu machen.

»Systeme gecheckt«, sagte Dean.

Plötzlich war Alan froh, dass Dean bei ihm war. Seine Finger zitterten, als er sie auf die Kontrollen legte. Unter dem Gefühl der Schalter und Tasten unter seinen Fingerkuppen entspannte er sich. Die Angst hinter den Glasmauern schwand. Mit einem tiefen Atemzug öffnete Alan einen Kanal zur Brücke. »Shuttle eins an Brücke. Erbitte Starterlaubnis.«

»Starterlaubnis erteilt.« Es war Yaels Stimme. »Viel Glück, Sir«, setzte sie hinzu.

In diesem Moment begriff Alan, was er auf sich genommen hatte. Und aus dem Dunkel der Angst formte sich eine Idee, wie er ihren Weg durch den Krail-on-Raum sichern könnte. Es war einen Versuch wert.


Nach kurzer Zeit landete das Shuttle in der fremden Hangarhalle. Im roten Zwielicht konnte Alan am gegenüberliegenden Ende der Halle fünf Krail-on und die Frau in Weiß ausmachen, die sie erwarteten. Der mittlere der Männer trug eine Schärpe über der Jacke. Gold glitzerte in seinen dunklen Haaren. Stark.

Bevor die Angst ihn überwältigen konnte, stand Alan auf und stellte den Translator an, der mit einer Spange über seinem rechten Ohr befestigt war. Dean und Benton folgten seinem Beispiel. Als Alan die Tür öffnete und hinaustrat, registrierte er mit Erleichterung, dass die Schwerkraft auf dem Krail-on-Schiff in etwa dem der Sydney entsprach. Mit Dean zu seiner Rechten und Benton zur Linken marschierte er auf die Krail-on zu. Wenige Schritte vor ihnen blieben sie stehen.

Die Krail-on musterten sie. Alan hatte sich zwar schon daran gewöhnt, dass viele Männer auf der Sydney größer waren als er. Doch selbst Benton wurde von dreien der Krail-on überragt und wirkte trotz der Muskelpakete, die seinen Körper überzogen, im Vergleich mit den Krail-on wie ein Kalb neben einem Zuchtstier. Alan kam sich vor, als sei er unter Riesen geraten.

»Ich grüße Euch, Kass-Un Stark!«

Alan glaubte, Spott in den gelben Augen Starks zu lesen. »Ich grüße Euch … Kass-Un McBride. Eure Verspätung ließ mich schon in dem Irrglauben, Ihr hättet den Mut verloren.«

Alan ignorierte die Anspielung. »Es ist Zeit, über den Preis zu sprechen.«

Die Augen des Krail-on verfinsterten sich. Seine Hand zuckte zu seinem Gürtel. Einen Moment lang zögerte er, bevor seine Haltung sich wieder entspannte. »Meinen Preis kennt Ihr. Es ist der Übliche: Euer Name, Euer Schiff und Euer Herd gehen in meinen Besitz über. Ich bin nicht bereit, darüber zu verhandeln.«

Alan neigte den Kopf. »Das war nicht meine Absicht. Mein Preis soll ein anderer sein: Freie Durchquerung des gesamten Krail-on-Raums für mich, mein Schiff und meine Angehörigen. Nicht mehr und nicht weniger. Akzeptiert Ihr das?«

Der Krail-on blickte kurz zu Sorai-an. Als diese den Kopf nach hinten warf, verdüsterte sich Starks Blick. »Ich akzeptiere.«

»Das freut mich.«

Unverhofft schlich sich ein Lächeln auf Alans Gesicht. Stark hatte sich eben verraten. Diese Sorai-an war hier diejenige, die das Sagen hatte. Oder eine andere Person, die über ihr stand. Blieb nur zu hoffen, dass die Krail-on tatsächlich so ehrenhaft waren, wie Bolden das behauptete. Dann hatten sie vielleicht eine Chance.

»Folgt mir!«

Als Alan, Dean und Benton Starks Aufforderung folgen wollten, mischte sich Sorai-an ein. Sie zeigte auf Bentons Tasche und schnitt mit der Hand durch die Luft.

»Was ist?«, fragte Alan.

»Die Tasche bleibt hier«, schnappte Stark.

Alan gab Benton einen Wink und der Pfleger verstaute die Tasche im Shuttle direkt neben der Eingangstür. Dean sah Alan zweifelnd an, aber Alan schüttelte den Kopf. Diese Kröte war er zu schlucken gewillt.


Stark ging voraus, Sorai-an an seiner linken Seite. Zwei der vier Krail-on folgten ihm dichtauf, während die anderen beiden warteten, bis Alan, Dean und Benton sich Stark anschlossen und die Nachhut bildeten. Die Marschordnung erweckte in Alan das Gefühl, ein Gefangener zu sein. Er presste die Lippen aufeinander, und einem Impuls folgend überholte er die beiden vorausgehenden Krail-on und schritt an Starks rechter Seite.

Die gelben Augen zuckten in Alans Richtung und verengten sich zu Schlitzen, bevor Stark den Kopf wieder abwandte. Keiner der Krail-on protestierte. Alan wusste nicht, wie Dean und Benton auf seine Herausforderung reagiert hatten. Doch er wagte nicht, sich umzusehen, aus Angst, sich eine Blöße zu geben. So hoffte er einfach, dass sie das Richtige getan hatten. Das Schweigen der Krail-on schien dies zu bestätigen.

Durch dunkle, nackte Gänge, an deren Wänden eine Wellenlinie entlang lief, erreichten sie bald eine zweiflügelige Tür, auf der ein mannshoher Kreis abgebildet war.

Davor stellte sich Sorai-an ihnen in den Weg. Die Krail-as legte die Handflächen aneinander und neigte den Kopf. »Seid Ihr bereit, Euch den Regeln zu unterwerfen?«

»Ich bin es«, antwortete Stark.

Alan befeuchtete seine Lippen. »Ich bin es.«

Sorai-an verneigte sich vor ihnen und trat beiseite. Sie packte die Türgriffe, lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht zurück, um die Türflügel zu öffnen, und machte ihnen so den Blick frei auf eine Halle, deren Wände von Krail-on gesäumt waren.

Alan stockte der Atem. Er hatte nicht geahnt, dass es so viele Zuschauer geben würde. Aus dieser Menge zu fliehen, falls Mabuto ihnen das Zeichen geben sollte, war unmöglich. Er war gefangen. Der Blick Starks brachte ihn wieder zur Besinnung. Um Haltung bemüht, folgte er dem Krail-on in die Mitte der Halle, wo ein etwa zehn Schritte durchmessender Kreis aus einem goldglänzenden Metall in den Boden eingelassen war. So wie Bolden es beschrieben hatte.

»Kass-Un!«, rief einer der umstehenden Krail-on. »Kass-Un!«, antworteten ihm viele Kehlen. »Kass-Un!« Die Stimmen brandeten über Alan zusammen wie eine Woge und nahmen ihm den Atem. Ihm schwindelte.

Als Stark den Arm in die Höhe reckte, verstummte die Menge wie auf Kommando. »Die Waffen!«, rief er.

Zwei Krail-on traten aus der Menge und brachten zwei der Waffen, die Alan in Boldens Bericht gesehen hatte. Er hoffte, dass die Balance dem einer Naginata glich. Dann hatte er eine Chance.

Einer der beiden Krail-on ging zu Starks Begleiter und hielt ihm die Waffe entgegen. Der andere marschierte zu Dean und Benton und tat dort das Gleiche. Alan beobachtete, wie Starks Begleiter die Waffe in die Hand nahm und ihre Balance überprüfte. Dean gab sich Mühe, es ihm gleich zu tun, doch jeder Kämpfer konnte sehen, dass er noch nie eine Waffe in der Hand gehalten hatte. Dann wanderten die Waffen zurück in die Hände der beiden Krail-on und wurden dem jeweils anderen Sekundanten überbracht. So wurden die Waffen ein zweites Mal geprüft. Danach verließen die beiden Waffenüberbringer die Mitte und gesellten sich wieder zu den Zuschauern.

Mit Blick auf Alan legte Stark die Schärpe ab und zog seine Jacke aus. Der zweite Begleiter nahm seine Kleidung entgegen, während Stark seinen Körper zur Schau stellte. Muskeln wölbten sich unter dichtem, dunklem Haar, das im Zwielicht rötlich schimmerte. Alan glaubte, Spott in Starks Augen zu erkennen, als er seinem Beispiel nicht sofort folgte.

Ergeben in sein Schicksal gab Alan nach, zog seine Uniformjacke aus und legte sie Benton über den Arm. Der Hüne blickte ihn fragend an. Doch Alan schüttelte den Kopf. Das graue Shirt behielt er an. Egal, was Stark deswegen denken mochte.

»Seid Ihr bereit?«, fragte Sorai-an, die zwischen die beiden Kontrahenten getreten war.

»Ich bin es«, antwortete Stark.

»Ich bin es«, nickte Alan.

»So soll es sein«, sagte Sorai-an und verbeugte sich.

»So sei es.«

Bei Starks Worten verließ Sorai-an den Kreis und gab den Sekundanten das Zeichen, den Kontrahenten die Waffen zu überbringen.

»Viel Glück«, raunte Dean ihm zu, während er Alan die Waffe in die Hand legte.

Es war so weit.

Alan befeuchtete seine Lippen und studierte Starks Stand. Die Waffe lag unerwartet gut in Alans Händen, gab ihm fast das Gefühl, ein Shinai in den Fingern zu halten. Er atmete tief durch und wartete.

Die Sekunden verstrichen. Je länger, desto besser. Mit all seinen Sinnen beobachtete Alan seinen Gegner, suchte seine Reaktion vorauszuahnen. Starks Angriff kam nicht unerwartet. Ein Zucken der Augen verriet den Krail-on.

Als Starks Waffe vorzuckte, war Alan schon nicht mehr an der Stelle. Er wirbelte herum und schlug aus der Drehung zu. Den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Blut spritzte, nässte den Boden. Stark keuchte auf. Durch die Menge ging ein Raunen. Der Schlag hätte die Entscheidung bringen können.

Der Kerl würde ihn umbringen, begriff Alan. Wenn er Stark nicht tötete, war er tot. Er konnte es sich nicht leisten zu zögern.

Mit langen Schritten begann Stark, Alan zu umkreisen. Seine gelben Augen lauerten auf einen Fehler. Behutsam nahm Alan den Kreis auf.

Endlich griff Stark erneut an. Alan wich aus, ließ den Hieb an seiner Waffe abgleiten und setzte nach. Doch Stark fing Alans Angriff auf, setzte Stärke gegen Geschicklichkeit. Auge in Auge standen sie sich gegenüber. Alan beendete das Kräftemessen, indem er nachgab. Doch die Energie, die dabei frei wurde, war größer, als er geglaubt hatte. Alan verlor das Gleichgewicht, taumelte.

Im letzten Augenblick fing er sich wieder, sah den Hieb, der ihm galt und wich zurück. Nicht schnell genug, um ihm ganz zu entgehen. Schmerz durchzuckte seine Finger, als der Schaft der Waffe sie traf. Alan keuchte auf. Seine Waffe segelte über den Boden und blieb außerhalb des Kreises liegen.

Stark warf den Kopf in den Nacken. Ein Schrei stieg aus seiner Kehle, ehe er sich Alan wieder zuwandte und ihn mit der Waffe durch den Kreis jagte.

Alans Herz raste. Alles, was er noch wahrnahm, war Stark. Seine Welt bestand nur noch aus Starks Waffe und dessen Augen. Die Zeit schrumpfte zu dem Augenblick, der die Entscheidung bringen würde.

Plötzlich schnellte Starks Klinge auf Alan zu. Dies war der Moment, auf den Alan gewartet hatte. Er wich aus und machte einen Schritt auf Stark zu. Er fühlte, wie die Klinge seine Seite streifte, wie Stahl in seine Haut biss und Blut sein Shirt nässte. Sah die Verwirrung in Starks Blick und griff nach dessen Waffe, hebelte sie ihm aus der Hand mit einer kleinen Drehung seines Körpers. Nutzte die Energie, die Stark in seinen Angriff gelegt hatte, um ihn ins Leere taumeln zu lassen.

Blut tropfte auf den Boden der Halle. Stark riss die Augen auf und starrte auf einen Schnitt in seiner Handfläche. Sein Blick irrte zu Alan, blieb an ihm hängen, wurde groß und leer. Ein Zucken lief durch den Körper des Krail-on. Seine Beine gaben unter ihm nach.

Alan hatte das Gefühl, Stark wolle auf ihn zugehen, doch da wankte dieser wie ein Baum, der gefällt wird, und stürzte zu Boden. Mit starrem Blick blieb er liegen. Ein Röcheln drang aus seinem Mund. Dann herrschte Stille.

Stark war tot.


Gift.

Alans Blick fiel auf die Waffe in seinen Händen, deren Klinge gerötet war von Blut – Starks und das seine.

Ungebeten drängte sich die Erinnerung an Whites Tod in sein Bewusstsein. Er dachte an das Entsetzen in ihrem Blick, das selbst der Tod nicht auszulöschen vermochte.

Nein, war alles, was er denken konnte.

Voll Abscheu warf er die Waffe von sich, den umstehenden Krail-on vor die Füße. Sie sprangen beiseite, aus Furcht, mit ihr in Berührung zu kommen.

Alan spuckte aus. »Betrüger«, keuchte er. »Elende, verlogene Bastarde!«

Mit einem Ruck drehte er sich um und schritt auf den Ausgang der Halle zu, blind für das, was um ihn herum geschah. Ohne an Benton und Dean zu denken, die er in der Menge verloren hatte. Niemand wagte, sich ihm in den Weg zu stellen. Mit geballter Wut stieß er die zweiflügelige Tür auf, sodass die Stahltüren gegen die Wand krachten, und stürmte aus der Halle.

Das Shuttle, durchschoss es ihn. Er musste zurück zum Shuttle …

Da packte ihn jemand am Arm und hielt ihn fest. »Alan! Ist alles in Ordnung?« Dean.

»Gift«, keuchte Alan und riss sich los, »das Shuttle …«

Aus Deans Gesicht wich alles Blut. »Komm«, sagte er.

Seite an Seite rannten sie im Laufschritt zurück durch die düsteren Gänge, Benton auf ihren Fersen. Die Wunde an Alans Seite pochte. Er tastete danach, suchte nach der Nässe, die sein Shirt tränkte, aber da war nichts. Seine Finger fühlten nur Leere. Alan strauchelte vor Entsetzen.

Dean packte ihn am Arm und zog ihn wieder in die Höhe. »Komm«, sagte er. Ohne Alans Antwort abzuwarten, legte er sich dessen Arm über die Schulter und stützte ihn. Wortlos zerrte er ihn weiter, das Gesicht zu einer Maske erstarrt.

Der Boden unter Alans Füßen schwand. Übelkeit würgte in seiner Kehle. Er wusste nicht mehr, ob er noch lief oder schwebte. Merkte nur, dass der Boden ihm mit einem Mal entgegenkam. Deans Gesicht näherte sich ihm. Jemand schlug ihm ins Gesicht. Den Schmerz zu fühlen, brachte ihn zur Besinnung.

»Alan, steh auf!«

Mit Deans Hilfe stemmte er sich wieder auf die Füße. Er lehnte sich gegen ihn, sah, dass sich Dean seinen Arm wieder um die Schultern legte und ihn um die Taille fasste, aber er fühlte seine Hände nicht. Die Luft wurde ihm knapp.

»Die Tasche, Mister Benton«, schrie Dean den Pfleger an. »Laufen Sie!«

Alan hörte nur sich entfernende Schritte. Endlich merkte er, dass Dean ihn weiter zog. Die Wände des Ganges wurden zu einem Tunnel aus Schwärze, in der ihre Schritte widerhallten. Aus der Schwärze schälte sich eine weiße Gestalt, die ihnen den Weg versperrte.

»Kass-Un«, sprach sie Alan an.

Er starrte sie an, das herzförmige Gesicht mit den dunklen Mandelaugen wurde von Spinnweben aus schwarzer Seide umrahmt.

»Katsuko«, flüsterte er. Zitternd streckte er die Hand nach ihr aus, wollte fühlen, ob das, was er sah, wirklich der Realität entsprach oder nur einem Traum entsprungen war.

»Lassen Sie uns vorbei«, schrie Dean.

Alan hatte nur Augen für die Frau, die aussah wie Katsuko. Diese blickte auf seine Hand. Ihr Mund öffnete sich. Sie griff nach seinen Fingern und sank vor ihm auf die Knie.

Alan sah es, aber seine Hand fühlte nur Leere. Träumte er etwa? Oder war sie ein Geist?

Katsuko führte seine Hand an ihre Stirn, bis seine Fingerspitzen sie berührten. »Dersach«, hauchte sie und sah ihn an.

Aber Dean stieß sie beiseite, zerrte Alan mit sich, dass dieser stolperte.

»Nein«, keuchte Alan. Mit einer Drehung entwand er sich Deans Griff. Die Welt um ihn kippte. Keuchend fand er sich am Boden wieder.

»Katsuko …«

Sein Blick suchte sie. Er wollte sich aufrichten, aber seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht mehr. Watte füllte seine Ohren. Jeder Atemzug verlangte inzwischen seine ganze Kraft. Bald würde sie nicht mehr ausreichen.

Da dröhnten Schritte in Alans Kopf. Etwas knallte neben ihm auf den Boden. Deans Gesicht füllte sein Sichtfeld aus, versperrte ihm den Blick auf die helle Gestalt.

»Still«, keuchte Dean, »still. Es ist gleich vorbei …« Seine Stimme schaffte es kaum noch, das Rauschen in Alans Kopf zu übertönen. Deans Hand strich über Alans Stirn.

Alan fühlte die Berührung nicht. »Katsuko«, ächzte er. Er versuchte, weiter den Atem durch seine Kehle zu zwingen, aber seine Kraft reichte nicht mehr aus. Etwas tropfte auf sein Gesicht.

»Nun machen Sie doch schon«, hörte er Dean rufen.

Ein Fauchen ertönte neben Alans Ohr. Etwas biss in seinen Hals. Er stöhnte auf, riss sich aus Deans Griff. »Ka…tsu…ko«, stöhnte er.

»Sie ist hier«, schrie Dean durch das Rauschen. »Sie ist hier. Alan, hörst du mich?«

Ein heller Fleck tauchte über dem dunklen auf. Eine Stimme flüsterte etwas in einer Sprache, die er nicht verstand. Da übertönte das Rauschen alle anderen Geräusche, und es wurde still um Alan. Erstickt wollte er nach Atem ringen, doch sein Brustkorb bewegte sich nicht mehr. Der rasende Schlag seines Herzens verlangsamte sich, stolperte.

Er riss die Augen auf, suchte die Konturen seiner Umgebung auszumachen, doch sie verwischten immer mehr. Das Letzte, was er sah, waren Katsukos Mandelaugen. Dann lösten die Flecken sich auf, wurden zu Grau, das ihn überschwemmte und allein zurückließ. Endlich erreichte das Grau sein Denken und löschte es aus.

FREMDE HEIMAT

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