Читать книгу Ein Sechserpack im Kuhstallfieber - Petra Gürtler - Страница 7

Wir übernachten im Heu!

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Luisas Mutter wollte zum Abendessen noch schnell Pfannkuchen machen, darum bat sie die Mädchen, frische Eier aus dem Hühnerhaus zu holen: „Heute Nachmittag habe ich die Letzten für einen Probekuchen verwendet. Das Rezept habe ich für euer Kuchenbüffet ausprobiert, also seid so nett und seht, ob die Hühner noch welche gelegt haben, ja?“ Bea und Luisa eilten hinüber zum Kuhstall. Die Vorbereitungen für das Nachtlager hatten sie bereits getroffen und jetzt freuten sie sich auf leckere Pfannkuchen und eine der tollsten Nächte im Jahr. „Nur Weihnachten ist besser, wenn überhaupt! Vielleicht wenn Geburtstag und Weihnachten auf einen Tag fallen würden, dann könnte man das mit Sicherheit sagen, aber so? Kuhstallübernachtung ist einfach schwer zu übertreffen!“, schwärmte Luisa von dem bevorstehenden Ereignis, während sie erst einmal bei Leopolds Box haltmachten. Aus einer Kiste holte sie drei Karotten und drückte sie Bea in die Hand. „Wenn sie Karotten von dir bekommen, ist das schon die halbe Miete! Morgen musst du sie alle mal aus der Nähe betrachten und Freundschaft schließen. Zurzeit haben wir aber auch wirklich viel zu tun.“, stellte Luisa fest, während sie ihre Freundin mit einem Kopfnicken ermunterte, die erste Karotte in Richtung Leopold zu halten. Der beäugte erst seine Besitzerin und entschied dann, dass das fremde Mädchen wohl keine Gefahr bedeuten würde. Vorsichtig holte er sich das Gemüse und zermalmte es genüsslich zwischen den Zähnen. Bea streichelte dabei auf Geheiß von Luisa die Stelle am Kopf zwischen seinen Ohren. Es schien ihm zu gefallen. Die nächste Karotte bekam Isidor. Der schnappte sich den Leckerbissen sofort, trat dann aber gleich den Rückzug an. Bea lachte. „Bei ihm wird es wohl etwas länger dauern, bis er entschieden hat, ob ich ihm sympathisch bin“, vermutete sie. Nun war Grummel an der Reihe. Der stand bereits mit den Vorderbeinen in seinem Futtertrog, so war er größer und konnte über den Rand der Boxentür schauen. Dass Karotten unterwegs waren, hatte er längst gerochen. Mit einem zufriedenen Meckern nahm er auch anstandslos seine von Bea in Empfang. Die wollte ihn auch noch unterm Bart kraulen, weil er das doch so liebte. Doch Luisa drängte sie zur Eile: „Mama wartet auf die Eier! Außerdem sollten wir die Ersten auf dem Heuboden sein. Wer zuerst kommt, kriegt den besten Platz!“ So betraten sie durch eine Brettertür das Hühnerhaus. Pick saß bereits halb schlafend auf einer Stange in etwa zwei Metern Höhe und blickte vorwurfsvoll auf die Eindringlinge herunter. Pack war in eine Ecke am Boden geflüchtet und Peck erhob sich eben von einem Legenest aus Heu. Drei Eier befanden sich darin. Überwältigt vom ersten Hühnerei, das vor ihren Augen gelegt worden war, eilte Bea ans Nest und bückte sich, um die Eier aufzuheben. Genau in diesem Moment näherte sich von hinten Pack, sie war neugierig geworden und pickte zur Begrüßung an Beas Ferse. Die Folge dieser Hühnerzärtlichkeit war ein lauter Schreckensschrei, den Bea ausstieß, weil sie einfach nicht damit gerechnet hatte, von einem der Hühner berührt zu werden. Der Schrei hatte wiederum zur Folge, dass Pick aus dem Halbschlaf gerissen wurde, hoch flatterte und panisch vor Schreck währenddessen ein Ei legte. Direkt in die Luft! Leider hatte Bea exakt unter Pick gestanden und das Ei landete auf deren Kopf. Luisa krümmte sich vor Lachen, es war alles so schnell gegangen. Nun hatte sie es mit drei total konfusen Hühnern und einer Großstädterin mit Eigelb im Haar zu tun. Rasch zog sie Bea aus dem Hühnerhaus, damit wenigstens die Hühner wieder ihre Ruhe hatten. Endlich hatte Bea sich wieder gefasst und als sie zurück zum Haus gingen, lachten sie schon um die Wette.

Natürlich hatte sich das Backen der Pfannkuchen wegen der Eiergeschichte etwas in die Länge gezogen. Deshalb hatten die Buben vom Müllerhof bereits ihre Plätze auf dem Heuboden besetzt, als Luisa und Bea eintrafen. „Wir Männer auf der einen Seite und ihr Frauen da drüben!“, verkündete Juli und zeigte auf die freien Plätze unter der Dachschräge. Was blieb den Damen übrig? „Pass bloß nachts auf, wenn du dich hinsetzt, sonst stößt du dir den Kopf.“, warnte Luisa ihren Gast, der ja zum ersten Mal im Hotel Kuhstall schlafen sollte. Soeben schwang Sissi ihre Sachen über den Rand des Heubodens und murrte auch schon, als sie sah, wo sie schlafen würde müssen. „Seid ihr mal wieder schneller gewesen! Von Ladies first habt ihr wohl auch noch nie gehört?“ Berti grinste herausfordernd und meinte: „First ist, wer zuerst kommt! Aber du kannst ja Juli fragen, ob du mit in seinen Schlafsack darfst, Sissi. Der hat nämlich beschlossen heute groß zu werden und seinen Schlafhasen zuhause gelassen. Vielleicht ist er gar nicht böse, wenn du stattdessen bei ihm schläfst!“ Juli sah etwas unsicher von einem zum anderen. Luisa und Sissi riefen gleichzeitig: „Das ist ja super, Juli!“ Und Bea fügte noch hinzu: „Wer braucht schon einen Kuschelhasen, wenn er mindestens wie fünf aussieht!“ Juli strahlte! Als schließlich alle ihr Plätzchen im Heu gerichtet hatten, begann es draußen bereits dunkel zu werden. Im Kuhstall, der nur wenige und zudem sehr kleine Fenster hatte, dunkelte es noch schneller. Berti holte seine neueste Errungenschaft aus seinem Rucksack. „Eine Solarlampe!“, erklärte er triumphierend. Einige Stunden hatte er sie im Tageslicht aufgeladen, da aber heute ein etwas düsterer Tag mit Regenwolken gewesen war, konnte die Brennzeit vielleicht etwas kürzer ausfallen. „Lasst uns schon mal mit dem Essen beginnen, wer weiß, wie lange sie brennen wird, “ mutmaßte er. Wahrscheinlich auch deshalb, um möglichst schnell an den Proviant zu gelangen, der traditionell in die Mitte wanderte und brüderlich-schwesterlich geteilt wurde. Einige Minuten herrschte Stille, da alle mit Kauen und Schlucken beschäftigt waren. Manchmal ertönte ein „ Mhmm!“ und auch Schmatzgeräusche ließen sich vernehmen. Von unten hörte man hin und wieder etwas von den Tieren, die an die Wand stießen oder am Boden scharrten. Im Hühnerhaus schüttelte eine der drei Eierproduzentinnen mächtig ihre Federn. Da plötzlich fingen Bea und Luisa wie auf Kommando zu prusten an. Die Eiergeschichte hatten sie den anderen noch nicht erzählt, was aber sogleich nachgeholt wurde. Vor allem die Jungs konnten sich fast schief lachen. Wolle feixte schadenfroh: „Das war eine regelrechte Kuhstalltaufe, Bea. So ist es eben, wenn man zur Kuhstallbande gehören will.“ Berti wischte sich eine Lachträne aus dem Auge und protestierte: „Zur Kuhstallbande gehört sie deshalb noch lange nicht! Wer zu einem derart fantastischen Club gehören will, muss schon eine besondere Aufnahmeprüfung bestehen, da reicht es nicht, wenn man zufällig unter einem Huhn steht, das gerade ein Ei legt.“ „Was denn für eine Aufnahmeprüfung?“, Bea fragte das mit mulmigem Gefühl in der Magengegend. Sicher war es etwas Gemeines, was ein Stadtkind wie sie niemals zustande bringen würde. „Vielleicht ohne Leiter auf mein Baumhaus klettern?“, schlug Wolle vor. Juli fand das viel zu leicht: „Das kann doch jeder.“, meinte er. Bea schluckte! Sissi musste erneut anfangen zu lachen und verlangte dabei: „Bea muss morgen das Hühnerhaus ausmisten und Pick, Peck und Pack füttern!“ Wieder lachten alle, doch Luisa hatte Angst um ihre Hühner und wandte ein: „Bloß nicht! Anschließend brauchen die drei einen Tierpsychologen oder schlimmer noch, womöglich legen sie dann Eier mit blauem Dotter!“ Allmählich wurde es Bea zu bunt! „Nun hört endlich auf mit der Hühnergeschichte. Aber lasst euch was einfallen, ich würde wirklich schrecklich gern Mitglied im Kuhstall werden!“ Da hatte Juli eine zündende Idee:

„Bea muss auf Isidor einmal rund um die Koppel reiten!“ Erst war es still, doch dann stimmten die anderen zu. Bea gab zu bedenken: „Ich kann aber doch gar nicht reiten!“ Berti machte ihr Mut: „Keine Angst, er ist ja nur ein Esel, da fällt man nicht so weit! Außerdem, glaubst du Jesus hatte Reitstunden, bevor er in Jerusalem einzog?“ Die Aufnahmeprüfung war beschlossene Sache und auf den morgigen Tag angesetzt. Nun wurde es aber Zeit, für die Gruselgeschichte.

Durch eine halbgeöffnete Dachluke konnte man bereits den Mond sehen, gerade schoben sich zwei Wölkchen, wahrscheinlich ein Rest der Regenwolken vom Nachmittag davor. Während Luisa nach dem Buch mit Gruselgeschichten kramte, selbstverständlich war Vorlesen ihre Aufgabe, löschte Berti bedeutungsvoll seine Solarlampe. Die einzige Lichtquelle, die den Stall erhellte, war nun Luisas Taschenlampe. Gespenstisches Licht verbreitet eine gespenstische Stimmung! Luisas Mutter hatte daran erinnert, dass Juli vielleicht Angst bekommen könnte. „Wenn ihr also eine ruhige Nacht verbringen wollt, such lieber eine lustige Gruselgeschichte aus!“, hatte sie ihrer Tochter empfohlen. Luisa las mit geheimnisvoller Stimme, da die Geschichte wirklich nicht allzu gruselig war, wenigstens die anderen sollten sich doch gruseln, wenn auch nicht Juli! Als zum Schluss ein Mann in einem Zugabteil geisterhaft weiß im Gesicht wurde und plötzlich rotleuchtende Augen hatte, erschrak nicht nur dessen Gegenüber im Abteil, sondern die gesamte Kuhstallbande! Nur nicht Juli, der war bereits nach den ersten Zeilen selig in seinem Schlafsack eingeschlummert.

Ein Sechserpack im Kuhstallfieber

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