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6. April, Brescello, Dorfplatz

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Brescello, einst Filmkulisse, jetzt unscheinbares Dörfchen am Po. Vieles hier erinnert immer noch an den kommunistischen Bürgermeister Peppone und den kämpferischen Dorfpfarrer Don Camillo. Zwei, die es fertig gebracht haben, die Tragödien dieser Welt zu einem Lustspiel zu machen.

Am Dorfplatz steht die kleine Kirche, in der über dem Seitenaltar noch das Filmkreuz hängt, von dem Jesus mit Don Camillo gesprochen hat. Ich kann einfach nicht hinsehen. Als Artefakt würde es mich vielleicht schon interessieren, ich will nur vorsichtshalber nichts herausfordern, denn seit gestern fürchte ich überraschende spirituelle Erlebnisse. Ja, ich bin diesbezüglich heute etwas ängstlich, das muss man ganz klar so sagen.

Don Camillo musste hier über seinem himmlischen Mysterium brüten, und ich martere meinen Kopf mit der Suche nach einer Erklärung dafür, was es mit diesem„Yes, you can“ auf sich haben könnte. Der konkrete Mitteilungsgehalt dieser Aussage ist, gegenüber der überwältigenden Begegnung mit der überirdischen Daseinsform ihres Überbringers, enttäuschend banal. Seit wann sprechen Engel Englisch und benutzen Werbesprüche, die ihr Verfallsdatum längst überschritten haben? Selbstbewusst muss ich wohl mal klarstellen: Ich kann wenn ich will, und bin, normalerweise, weder ängstlich noch schüchtern, gebe nur mein eigenes Geld aus und fühle mich auch alleine komplett. Das ist mein Ernst, also … was sollte dieses „Yes, you can“? Leider verstehe ich die Welt mal wieder nicht. Und noch immer wechseln sich tiefe Verunsicherung und euphorische Begeisterung über die Begegnung mit dem Engel im Sekundenrhythmus ab. Sicher ist nur, ich bin seit gestern sehr aufgewühlt. Man kann sich halt vieles nicht vorstellen, bis es mit einem geschieht, das macht es leider weder besser noch leichter verdaulich.

Gegen Abend „Passeggiata“. Eine typisch italienische Freizeitbeschäftigung zum Sehen und Gesehen werden. In eine Bar einkehrend, gönne ich mir, zum Glück gerade mal relativ entspannt, einen Prosecco, dazu ein paar von den servierten Häppchen: Käse, Mortadella und eine Handvoll Nüsse. Trivial aber köstlich, ach … ich liebe Italien!

Weiterschlendernd erregt die Auslage vor einem Antiquariat meine Aufmerksamkeit. Zwischen all den Büchern fällt mein Blick direkt auf einen Einband mit betenden Händen, daneben einer mit Engeln. Begeistert greife ich zu, ist das ein Zeichen? Will dieses Buch zu mir? Bietet es Erklärungen oder Antworten auf das mir begegnete Mysterium?

Tja, auch wenn es so sein sollte, ich bin mit komplexen Inhalten in italienischer Sprache leider total überfordert. Schade eigentlich. Aber Suchen macht ja bekanntlich anfällig für Hoffnung. Kein Wunder, denn es gibt wohl kaum einen Tag in meinem Leben, der gestern gleicht und an dem ich auch nur annähernd so verstört war. Zum Glück bin ich als reifere Frau halbwegs geübt darin, souverän mit allem umzugehen. Sogar mit Engeln? Ich hoffe doch.

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