Читать книгу Tunichtgut und Sorglos - Petra Lukoschek - Страница 11
ОглавлениеDunkelland war das Land unter den Wäldern. Ein Land, in dem die dunklen Gefühle regierten, die den Menschen Leid brachten, Neid und schlechte Laune, Rastlosigkeit und Eifersucht. Ein Land, in dem es verpönt war zu lachen, fröhlich und glücklich zu sein. Hier herrschte Karambuli, seinerseits mächtiger Zauberer und Beschützer seiner dunklen Ländereien und seiner Zwelfen, kleine, schattige Wesen der Unterwelt.
Bei genauem Hinsehen waren sie wie unsere Elfenfreunde, zarte Personen, emsig und ihrem Volke treu. Ihre Aufgabe war es, den Menschen die Schattenseiten ihres Daseins zu schenken. „Warum?“ magst du dich fragen. Wie hätte man in unserem Dorf die Freude erkennen können, wenn man das Leid nicht kannte? Was wäre ein lachendes Auge ohne ein Weinendes? So fand auch das Dunkelland seinen Sinn in der Welt.
Davon allerdings wussten unsere beiden Elfen Tunichtgut und Sorglos nicht viel. Sie hatten, schon als sie noch in den Kelchen der Narzisse geschaukelt wurden, gelernt, dass man das Dunkelland zu meiden hatte. Dort sollten grausame Monster ihr Unwesen treiben und Neidhammel und Miesepeter auf den Weiden genährt werden.
Einst hatte ein Streit die Brüder Krambimbuli und Karambuli entzweit. Es war ein Streit - na, um was wohlum ein schönes Mädchen, welches damals in den Wäldern lebte, in denen noch heute die alten Geister zu uns sprechen, wenn wir ihnen Gehör schenken.
Die Zauberer kämpften erbittert um die Gunst der holden Maid. Sie scheuten nicht Gewalt und nicht dunkle Magie, so sehr sehnten sich ihre Herzen.
Doch, so wie alle Liebesgeschichten dieser Art, nahm auch die ihre kein gutes Ende. Das Mädchen verschwand für immer im Moor und ward nicht mehr gesehen. Was passiert war, weiß nur das Moor allein.
Karambuli zerbrach es und führte ihn in die Welt unter den Wäldern, wo er sein Schattenreich gründete.
Krambimbuli zauberte und herrschte weiterhin im Land der Elfen, jedoch auch sein Herz erkaltete in Einsamkeit.
Tunichtgut und Sorglos wussten nichts vom Bruderzwist, nichts von verschwundenen Mädchen und auch nichts von gebrochenen Herzen. Was sie in der Tat wussten war, dass sie nicht sein sollten, wo sie gerade waren.
Sorglos räusperte sich und entgegnete den zwei Zwelfen aus Dunkelland: „Wenn wir nicht pünktlich zurück zur Feier sind, dann, ja wohl, dann sucht uns Krambimbuli persönlich. Ja, so ist es nämlich.“
Die beiden dunklen Gestalten, die immer noch sehr vorsichtig waren, schüttelten die Köpfe. „Haha“, entgegnete Magdichnicht, „das wird er nicht und nimmer nicht. So wichtig ist keine Elfe, dass er sie persönlich sucht. Gibt doch genug von euch. Und außerdem haben wir euch schon eine ganze Weile beobachtet. Ihr wolltet nämlich abhauen und fleißig wart ihr auch nie.“
Magdichnicht konnte nicht wissen, wen sie sich da eingefangen hatten. Er konnte nicht ahnen, dass die kleine, zarte Träumerin mit den winzigen, zauberhaft schimmernden Flügeln die einzige Tochter der Elfenkönigin war.
Magdichnicht wusste nicht, dass Regina 493. schon unruhig auf ihrem goldenen Stuhl, geflochten aus den Blättern der sogenannten Goldprinzessinnen Pflanze, herumrutschte. Sie konnte ihre tu nicht gute Tochter nirgends erblicken, auch nicht deren sorglosen Freund. Das war normalerweise nicht ungewöhnlich, doch ein ungutes Gefühl schlich sich in Reginas Elfenherz. Das Fest hatte seinen Höhepunkt, das Wunschpusten, überschritten und nun tanzte und feierte man ausgelassen. Krambimbuli war bester Laune, denn trotz seiner Anreiseschwierigkeiten hatte doch noch alles reibungslos geklappt. Er würde sich in Kürze auf den Weg zurück ins Schloss machen.
Tunichtgut ließ Sorglos Hand los und schritt auf die beiden Entführer zu. Sorglos abwehrende Geste ignorierte sie.
„Wir sind Tunichtgut und Sorglos aus der Elfensiedlung am Bach.“ Ihre Stimme klang fest und bestimmt. „Wir führen nichts Böses im Sinn. Wir wollen wieder heim gehen und das schnell. Niemand erfährt, was passiert ist, wenn ihr uns hier heraushelft.“ Ein „Bitte“ würgte sie noch hastig herunter. Es sollte schließlich nicht zu verzweifelt klingen.
Magdichnicht umkreiste nun die beiden Elfen, während Keinezeit vor sich hinmurmelte. „Mmmmmh, bleibt keine Zeit für Keinezeit in keiner Zeit. Keiner hat keine Zeit für Keinezeit…“ Es klang unheimlich, aber auch Mitleid erregend.
Magdichnicht deutete nun den Gefangenen sich zu setzen. Sie folgten seiner Aufforderung. Man setzte sich im Kreis zusammen.
„Lasst uns nachdenken, wie wir vorgehen werden“, lamentierte er. „Ihr wolltet also mit den Wünschen zusammen davon flattern.“ Tunichtgut und Sorglos antworteten nicht. „Ihr wolltet wohl zum Nordpol?“ Tunichtgut nickte fast unmerklich. „Nun, das wollen wir auch. Leider ist unser Plan dahin, weil ihr euch so dumm angestellt habt und die Wunschschirmchen nicht eingefangen habt.“ Er versuchte ein grimmiges, überlegenes Gesicht zu machen, was ihm nur halbwegs gelang. Auf seinen Wangen bildeten sich tiefe Grübchen, die seine Liebenswürdigkeit preisgaben.
„Ihr bringt uns zum Nordpol, danach könnt ihr eurer Wege ziehen. SO! Das ist der neue Plan.“ Keinezeit applaudierte heftig und kugelte sich vor Stolz auf seinen klugen Zwelfenfreund.
„Aber, aber…das ist unmöglich!“ Tunichtgut war empört. „Wie sollen wir das machen ohne die Schirmchen? Unsere Flügel schaffen so eine weite Reise nicht. Den Weg kennen wir auch nicht.“
Sorglos ergriff das Wort: „Es gibt eine Möglichkeit. Allerdings ist das etwas Strenggeheimes. Es ist so geheim, dass die Worte sich in Luft auflösen, bevor sie gehört werden können. Ein verzaubertes Geheimnis, welches uns den Weg zum Nordpol weist.“ „Ach ja, Herr Schlaumeier, und du kennst das Geheimnis?“ fragte Keinezeit. „Nöhö, nicht direkt! Aber ich kenne jemanden, der es kennt.“