Читать книгу Tunichtgut und Sorglos - Petra Lukoschek - Страница 6

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Der Löwenzahn ist keine gewöhnliche Pflanze. Jede Elfe wusste das. Und auch die Menschen wussten das in jener Zeit.

Wenn der Mai zu Ende geht, dann schickt er seine Samen auf die Reise. An kleinen Schirmchen hängen sie und fliegen zappelnd durch die Lüfte. Doch nicht nur der Same wird hinfort getragen. Jedes Schirmchen trägt auch einen Herzenswunsch mit sich davon.

Die Menschen damals sammelten ihre Wünsche, um sie mit den Samen auf den Weg zu schicken, in der Hoffnung, ihnen eines Tages, in Erfüllung gegangen, wieder zu begegnen. Wenn der Mai gekommen war, schauten sie entrückt von der Arbeit auf, wann immer sie ein Schirmchen mit dem Wind tanzen sahen.

Für die Elfen war der Tag des Windwunschpustens ein Feiertag. Die Elfenstaubproduktion stand still an diesem Tag.

Dieser Tag war der einzige im Jahreskalender, an dem ER die Elfenkololonie aufsuchte. Er, der mächtige Zauberer Krambimbuli. Er herrschte über alle Wälder unserer bergigen Region. Alle Elfenvölker, Zwerge, Kobolde und Irrlichter waren ihm untertan.

Krambimbuli reiste stets in seiner goldenen Wolkenkutsche, gezogen von sechs weißen, geflügelten Pferden durch sein Land und wann immer er sich näherte, erstarrten die Wesen der Wälder in Ehrfurcht.

Er war gütig und gerecht und ein Beschützer seiner Völker, doch verärgerte man ihn und machte ihn zornig, dann wirbelte er seinen Zauberstab - der einem Pinsel glich, was Tunichtgut und Sorglos schon so manches Mal ein glucksend unterdrücktes Lachen entlockt hatte- und er brüllte so laut, dass die Erde bebte.

Man erzählte sich, in seinem goldenen Zauberschloss gäbe es ein Verlies so tief, dass man den glühenden Mittelpunkt der Erde brodeln hören konnte. Ein Verlies, in dem es dunkler war als in dunkelster, mondloser Nacht. Wer immer den Zorn des mächtigen Krambimbuli erweckte, wurde auf direktem Weg vom Zauberpinsel ins Verlies geschleudert und ward nie mehr gesehen. So jedenfalls erzählte man es sich. Jeder kannte einen, der einen kannte, der einen kannte, der ins ewige Verlies geschleudert worden war. Aber natürlich, sah man genauer hin, kannte niemand jemanden, der für immer vom Schloss verschluckt worden war.

Der Zauberer kam in jedem Jahr an diesem besonderen Feiertag zur Elfenkolonie. Immerhin war er der Hauptakteur dieser Feier. Man bündelte in einem festlichen Akt die eingesammelten Wunschsamenschirmchen, nach Wünschen geordnet, und tauchte die Samenkörnchen in die dafür vorgesehen Farbeimer. Jeder Wunsch hatte nämlich eine besondere Farbe. Die Spielzeugwünsche waren rot, der Wunsch nach ein paar Talern Gold im Säckchen war gelb, die Sehnsucht nach Liebe war blau und so fort. Alles hatte seine Farbe.

Wenn die Wünsche am Ziel ihrer Reise endlich im Wünschehaus ankamen, konnten sich die kleinen Zwerge dort direkt an die Arbeit machen und sie in Erfüllung gehen lassen, ohne sie noch sortieren zu müssen.

So griff ein Zahnrad in das nächste und alles funktionierte reibungslos.

Die Wunschbündelung ging einher mit fröhlicher Musik, Tanz und Lachen.

Zauberer Krambimbuli saß auf einem goldenen Sessel und schaute den Elfen bei ihrem Treiben zu.

Wenn die Dämmerung der Dunkelheit gewichen war, erhob er gebieterisch seinen Zauberstab, na ja, seinen Zauberpinsel, deutete drei Kreise und rief mit donnernder Stimme: „Oh, Sturm zieh auf wohl mit Gebraus! Wehe die Wünsche ins Wünschehaus! Dies befiehlt dir Krambimbuli, Herrscher jeglicher Kolonie!“

Und schon zog ein gewaltiger Sturm auf und wehte die kleinen, bunten Schirmchen davon, gen Norden, Richtung Nordpol. Dorthin, wo der Mensch wohl alle Wunscherfüllungen vermutet!

Anschließend wurden die Irrlichter auf das Wasser des Baches gesetzt und es wurde bis zum Morgen wunderbar gefeiert.

„Tunichtgut, wenn wir bis zur Abenddämmerung alles vorbereitet haben wollen, dann

müssen wir uns beeilen. Sonst müssen wir es wieder um ein Jahr verschieben.“

Das war ein grausiger Gedanke für unseren sorglosen Sorglos. Lange schon feilten sie an ihrem eigenen, kleinen Wunschpusteplan, der allerdings für den, der unsere beiden Schelme kannte, nichts Gutes verhieß.


Tunichtgut und Sorglos

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