Читать книгу Der uninterpretierbare Traum - Philip Hautmann - Страница 6

(Traumsequenz)

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Da habe ich mir ja was Schönes eingebrockt mit dieser letzten Stelle!15 Ich habe sie ganz unvermittelt dorthin gesetzt, obwohl es eigentlich so gar nicht geplant gewesen wäre. Geplant gewesen wäre eine weiter fortlaufende Erzählung der Geschichte von Rompf. Das hätte ich zwar veranlassen können, habe aber befunden, dass ich damit dann doch nicht das Richtige getan hätte, und zwar eben genau unter dem Vorzeichen, meine Geschichte von Rompf zu erzählen, so wie ich sie haben will. Jetzt habe ich zwei Wochen gebraucht, um einen Weg zu finden, wie´s weitergehen könnte. Habe ich hier möglicherweise einen Fehler gemacht, mir ein Versäumnis geleistet? Ich denke nicht, denn es ist sowieso wieder Zeit für eine Epiphanie; etwas anderes als eine Epiphanie wäre, wie ich ein paar Sätze vorher gesagt habe, nicht das Richtige gewesen, muss mich aber an dieser Stelle und im Rahmen des entsprechenden Verlaufs meiner Überlegungen sogar korrigieren, dass etwas anderes nicht bloß nicht das Richtige, sondern einfach nicht das Exakte gewesen wäre, um die Geschichte von Rompf weiterzuerzählen (so wie ich sie haben will (denn ich werde ja noch was haben wollen dürfen!)). Also: Mein Blick ruht in dem Moment auf einer weißen Fläche. Eigentlich keiner weißen Fläche, eher einem Kontinuum mit einer hart erscheinenden weißgrauen Oberfläche, wiederum der ortlose Ort, der allein dazu da ist, dass die Dinge auf ihm stattfinden, ansonsten verfügt er über keine reale Existenz. Schon aber zeichnet sich ein Raster unter ihm ab, ein Netz von Quadranten, das deutlicher wird, aufzusteigen scheint, tatsächlich aufsteigt. Jetzt dringt das Netz als Gitter durch die Fläche, es wird dabei dreidimensional, errichtet eine Struktur kubischer Zellen, wie wenn eine Eiswürfelform aus dem Kühlschrank durch ein Blatt Papier oder durch Wasser dringen würde. So trivial dieser Vergleich klingen mag, aber ich weiß, worum es sich handelt, was dieses Epiphanie mir bedeuten will: Es handelt sich um die Geburt der Formen! Das Eindringen der unterscheidenden Strukturen in die Welt! Soweit das Auge reicht und darüber hinaus dringen die Formen in die Welt, wird die Welt selbst zu einer in sich abgegrenzten Einrichtung unterscheidender Strukturen. Ein lautes knirschend-schreiendes metallisches Ächzen begleitet den Prozess, wird schließlich ohrenbetäubend. Es ist jenes knirschend-schreiende metallische Ächzen, welches ich in meinem Geist mit riesigen Schiffen, Flugzeugträgern oder Zerstörern, auf dem ansonsten lautlosen Ozean assoziierte, wenn die riesigen Metallplatten sich aneinander reiben, ein Laut, wie der Schrei eines Walfisches, aber technologischer. Konkret denke ich an einen Zerstörer der Zumwalt-Klasse, hergestellt von Northrop Grumman, ein Trumm mit einer Länge von 183 Metern und einer Verdrängung von 14.500 Bruttoregistertonnen, das ursprünglich die Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse hätte ablösen sollen, es aufgrund von astronomisch in die Höhe schellenden Entwicklungskosten dann aber doch nicht getan hat. Das knirschend-schreiende metallische Ächzen ist mir offenbar eine synästhetische Ergänzung meines Konzepts vom materialisiert-Erhabenen, das den lautlosen, indifferenten Raum teilt, und als aufschießende Masse einerseits einen monolithischen, vertrauten Block, der Sicherheit verheißt verkörpert, andererseits ein Potenzial der Zerstörung und der Kontaminierung von Reinheit. Die Kuben haben aufgehört zu wachsen, sie ragen jetzt in die Welt, haben sich in sich abgeschlossen – fertig! Jetzt ist alles in meinem Blickfeld dreidimensional geworden, zuerst eine blitzende – eine im Inneren blitzende! – dreidimensionale Struktur, der wir uns nähern, und dann eine lange, eine unendlich scheinende Architektur von dunklen Gängen mit Türen an den Seiten. Der Techniker geht durch den Gang, er macht eine der Türen auf und sieht, wie ein Blitz vorbeizieht. Er schließt die Tür wieder und geht weiter den Gang entlang, der, wie die gesamte Architektur, beinahe schwarz ist. Der Techniker weiß, dass es rings um ihn eine nicht abzählbare, riesige Anzahl von Gängen gibt, in denen er noch nie gewesen ist und in die er nie kommen wird, er hat aber eine ungefähre Vorstellung des Ganzen; jetzt sieht er in seinem Geist viele Etagen weiter oben und dann zwei Gänge rechts einen anderen Blitz vorbeiziehen. Als er fast am Ende seines Ganges ankommt, öffnet er wieder eine der Türen, und abermals zieht der Blitz vorbei. Alles in Ordnung, denkt sich der Techniker und kommt endlich zum Ausgang, wo die große hübsche, allerdings ein bisschen zu dünne Frau mit der kastanienbraunen schulterlangen Dauerwelle hinter dem Schalter sitzt. Die Frau überragt den Techniker um zwei Köpfe, so wie alle die Frauen an den Ausgängen. Na, Feierabend? fragt ihn die große Dürre; Ja. Und was machen wir heute? fragt der Techniker zurück und knöpft sich seinen weißen Technikerkittel auf. Wir hängen ihm eine depressive Psychose an! Wir entkoppeln seinen emotionalen Regelkreis von den anderen Regelkreisen, so dass der gleichzeitig isoliert wird wie Überhand nimmt über alle anderen Prozesse; dann wird er nicht mehr fähig sein, Gefühls- und Gedankeninhalte sinnvoll miteinander zu verknüpfen, sodass er die Kontrolle über sein Selbstbild verliert; dann wird er keine kohärente Erzählung mehr über sich zustande bringen, beziehungsweise keine Erzählung, mit der er abstrahieren kann von seinem momentanen Gefühlszustand; dann wird er in einen Zustand größter Unruhe und Agitiertheit verfallen, er wird sich grundlos einbilden, schlecht zu sein, enorme Schuldgefühle und Verarmungsängste entwickeln, er wird sich einbilden, aufgrund seiner Schlechtigkeit vom Erdboden vertilgt werden zu müssen, Selbstmordimpulse entwickeln, sich dann wieder für eine Zeit beruhigen, dann an dieser Beruhigtheit verzweifeln, was neue Selbstmordimpulse bei ihm auslösen wird; er wird sich nicht entscheiden können, ob er sich umbringen soll oder nicht; dann wird er sich denken, er sei ein Mensch, der nie Gefühle gehabt habe, eben weil er sich nicht entscheiden kann, was ihn noch tiefer verunsichern wird; dann wird er sich denken, er wäre einer der größten Verbrecher der Menschheit; dann, er wäre überhaupt die generalisierte Leere, die keine lebenswerte Substanz enthalte, zwischen verschiedenen konkreten Selbstmordabsichten wird er herumpendeln, ein paar akustische Halluzinationen wird er auch entwickeln – ja, die Liebe!, bemerkt die große Dauerwellenhübsche, die Liebe ist ein seltsames Spiel. – Ich habe gehört, wenn wir ihm einen Glioblastom-Tumor anhängen, der in den Hypothalamus wuchert und auf den Mandelkern drückt, könnte ihn das dazu bringen, gegen seinen Willen Amok zu laufen und andere Menschen zu töten; bei einem großen Tumor im Orbifrontallappen könnte er plötzlich pädophil werden, so der Techniker zu der Dauerwellenhübschen, während er seinen Technikerkittel auszieht und ihn den Spind hängt. Ja, wie auch immer, so die Dauerwellenhübsche, Techniker: Du weißt, dass wir jetzt wieder das ritualisierte Frage-Antwort-Spiel spielen müssen, damit ich dich rauslassen kann, also:

Die Frage lautet: Wer hat hier das Kommando?

Die Antwort lautet: Niemand hat hier das Kommando,

entgegnet der Techniker und tritt durch die sich öffnende Tür auf Charing Cross, wo gerade der Bus wegfahren will; der Techniker nimmt die Beine in die Hand und, siehe da, erwischt ihn noch rechtzeitig. Während der Bus von Charing Cross über Latimer Road über Pudding Mill Lane über Mile End und Old Street nach Burnt Oak fährt, sinniert der Techniker, wie sinnlos das Frage-Antwort-Spiel aufgrund der ewig gleichen Losung doch eigentlich sei. Doch so seien halt Institutionen. Der Techniker schaut auf die Uhr und sieht, wie spät es ist: 15 Uhr 28! Das werde sehr knapp werden, wenn er den Bus nach Leonding noch erwischen wolle. Immer dieses Zeitgedränge! Bei Burnt Oak steht er schließlich an der Verbindungshaltestelle Spillheide, wo der 192er über den Schießplatz und das Zaubertal zu Turm 13 fährt. Eine Anhöhe, eine Straße und eine uralte Bushaltestelle, von der die Busse alle vierzig Minuten weg fahren, wobei sich das Zeitgefüge ständig verschiebt, einmal hat man den Bus gerade verpasst, obwohl man ihn hätte erwischen sollen, dann wartet man nicht vierzig Minuten, sondern eine unbegrenzte Verspätung noch dazu; wenn man in den Bus einsteigt, so nur um festzustellen, dass man den in die falsche Richtung genommen hat. Der Techniker ärgert sich, dass es ihm unmöglich ist, seinen Termin einzuhalten, weiß dabei aber, dass der Termin völlig unwichtig ist. Also offen gesagt, ich drehte mich da ganz einfach um und zog in die Spillheide. Da nicht weit weg ein ganzes Bündel von Zen-Mönchen beim Freiluftessen saß, dachte ich mir, geselle ich mich halt dazu.

Scheiß mit Reis!

Erdbeeren mit Scheiß!

Iiiiieeh! Erdbeeren!

Keine Erdbeeren, nur Scheiß!

Und was ist in diesen Gläsern da wohl?

Urinproben!

HA! Hahahahahahaha! lachten da alle bis auf die beiden Meister, Ming Li Foo hat das Zeug zum Klassenkasperl!

Solcherart war die Unterhaltung, dabei fraßen die Zen-Mönche wie die Schweine, rülpsten übertrieben und ließen alle Tischmanieren außer Acht, so wie Mao Tse Tung es ihnen beigebracht hatte. Ich fand das beschämend. Ihr Sucher des Dao, donnerte Meister Li da endlich, das Denken erstreckt sich in alle zehn Himmelsrichtungen, der Sinne habt ihr fünf, doch was nutzen sie euch, wenn ihr nicht versteht mit den Ohren zu sehen, den Augen zu hören? Möget ihr also wissen, dass das Dao nicht Ausdehnung noch Form hat, dass das Dao keine Lampe ist noch der Buchstabe E, sondern gleichzusetzen ist mit dem reinen Geist, doch was nutzen euch alle eure angelernten Kenntnisse, wenn ihr nicht versteht, die Leere zu ergreifen? Mösen konnte Leonardo nur groteske zeichnen, Rosetten aber sehr wohl. Wenn das Denken in den Kategorien von Selbst und Nicht-Selbst, Richtig und Falsch, Bejahung und Verneinung auch nur den zehntausendsten Teil ausmacht, wie sollt ihr lernen, was es heißt, zu empfangen? Transzendentes Wissen lässt solche Dichotomien hinter sich, Pimmel und Möse vereinigen sich zum Arsch. Meine Wohnung ist so klein, dass sie mir die Dusche ins Klo montiert haben. Als der Welt-Geehrte das der zehntausendköpfigen Menge dargetan hatte, war sie fassungslos, nur der ehrwürdige Kashyapa erwiderte die Geste des Welt-Geehrten mit einem Lächeln. Warum tat er das? Sprecht schnell, sprecht schnell! Zen-Meister Pi sprang auf den Tisch, hockte sich hin und versprühte eine ganze Menge von Scheiße, die die Mönche zuerst mit Entsetzen, dann unter belustigtem, eingeweihtem Lachen versuchten mit beiden Händen aufzufangen. Der Scheißestrom war nicht endenwollend, umso komischer fanden das die Mönche. Herrschaftzeiten, dachte ich mir, Zen-Mönch-Trottel, die sich an Paradoxien und an nonkonformistischem Verhalten ergötzen und denken, das wäre die Essenz des Ganzen! Angewidert machte ich mich fort und verließ schließlich bald die Spillheide, kam durch die Ebene der blauen Bäume, dann durch das Tal der roten Sträucher und den Berg der depperten Edelweiß, zählte die Sterne entlang der Milchstraße und wanderte schließlich unter dem Kreuz des Südens. In der Gegend der suspendierten Animation lief vom Horizont her ein Löwe auf mich zu. Das machte mir eine gewisse Angst, doch als mich der Löwe erreicht hatte, drehte sich nur ein paar Mal um mich und hob dann an um zu sprechen:

Meine Lage, meine Erde. Nicht geboren. Verfaultes Obst, in der Neunten, Ach, oh. Die Schwere der Zeit, unnütz für immer. Wäre ich doch eine Spur meiner Ausscheidungen: Ausdrucksformen, Kompositionsprinzip. Ich lasse sie hinter mir liegen in der ab der Fünften Sinfonie. Erde, wo alles schießt, doch in der endlosen Modulation. Besiegend, eine Geschichte über sich selbst. Zu erzählen, es aufzuspüren, endlos zu modulieren und einzufangen, es zu machen, wie diese selbst und dann vervollkommnet, schließlich zersetzt. Besser ist`s. Zur Erde wie eine Spur, keine Gebundenheit. Sobald etwas meinem Gehirn entfleucht, dann fallen sie. Unter sich ihre Schwere, kein Prinzip nach dem wonach alles in mir strebt, das ist es. Ach doch, Mahlers Wörter warten plötzlich schon in der Luft, die Kuben von konventionellen Ausdrucksformen ziehe ich so hinter mir. Und sich wie die werden zu sein sich also auch. Ist frei, wird frei, immer für als das der wo es gibt die lässt, verlässt.

Wenn ein Löwe sprechen könnte, wir würden ihn nicht verstehen, philosophierte Wittgenstein einst, erinnerte ich mich. Da traf den Löwen ein Pfeil und er verschwand. Amazonen-Lilli, auch Lilli F-65 genannt, stand hinter mir auf einer Anhöhe, den Bogen locker um sich geschwungen, sie grenzte sich majestätisch gegen das Abendrot ab.

Ach, oh wäre ich doch in der Lage, meine Wörter, meine Ausdrucksformen endlos zu modulieren, nach dem Kompositionsprinzip Mahlers ab der Fünften Sinfonie und dann vervollkommnet in der Neunten, kein Prinzip als das der endlosen Modulation, wo es keine Gebundenheit gibt, wo alles schießt, die Erde verlässt, ihre Schwere unter sich lässt, frei ist, frei wird, für immer, also auch die Schwere der Zeit besiegend: Das ist es, wonach alles in mir strebt, doch ach, sobald etwas meinem Gehirn entfleucht, sich eine Geschichte über sich selbst zu erzählen, warten plötzlich schon die Kuben in der Luft, es aufzuspüren und einzufangen, es zu machen, wie diese selbst. Dann fallen sie zur Erde wie verfaultes Obst, unnütz für immer. Ich lasse sie hinter mir liegen, und so ziehe ich eine Spur von konventionellen Ausdrucksformen hinter mir, wie eine Spur meiner Ausscheidungen, die schließlich zersetzt werden. Besser ist`s nicht geboren zu sein, war Amazonen-Lilli so lässig mir zu übersetzen.

Yorick, nichts fällt dem Menschen so schwer wie angestrengtes Nachdenken! Hier in dieser Gegend, die einst blühend war, haben sie den asiatischen Marienkäfer eingeführt, unter der Überlegung, dass der gegenüber den eingesessenen Arten ein Vielfaches an Blattläusen vertilgt. Der asiatische Marienkäfer jedoch hat alles vertilgt, nur die Löwen sind übrig geblieben, die ihre eigenen Jungen fressen, um überleben zu können, hier in dieser Gegend, die jetzt eine Einöde ist. Solche Fehler begeht der Mensch immer wieder. Die Kosten für die Bekämpfung neu eingeführter Arten in bestehende Ökosysteme und für die Begradigung der Flurschäden belaufen sich weltweit jährlich auf über fünfhundert Milliarden Dollar. Zwei Fehler des menschlichen Denkens möchte ich dir heute herausheben und zum Nachdenken aufgeben: Das Beharren auf ursprünglichen Hypothesen und die Pfadabhängigkeit des Denkens von seinen eigenen Regelmäßigkeiten und Mustern . Und allgemein, wie ich immer wieder daran erinnere, die Unterschätzung von Komplexität .

Eins!

Der Welt-Gong erschallt!

Nie traf zuvor sein Eisen

Mächtigerer Schlag!

Sonne erzittert

Erde hemmt ihren Lauf

Pallas-Athene ward geboren.

Zwei!

Dort unten am Strand

Rieseln nieder

In tosendem Schwall

Myriadengleich Splitter

Des Spiegels der Welt.

Zerspalten, zerlegt

In kleinste Teile,

Und kleinste Teile von diesen,

Das, was eben noch ganz sich zeigte!

Jetzt ein Atömchen

Um Atömchen

Um Atömchen! –

Laufen die Menschlein herbei.

Sammeln auf die Splitter,

Sammeln auf die Atömchen,

Setzen sie sich wie die Krone ins Haupt!

Ein bisschen Widerschein,

Ein bisschen Licht, das reflektiert wird von diesen

Das nennen sie nun

Ihren menschlichen Verstand!

Hochzufrieden ziehen sie von dannen!

Ein jeder wähnt sich im Besitz der Wahrheit!

Doch keinem gehört sie,

Was im Anfang nicht ganz war,

Kann niemandem je ganz gehören.

Gleich schon fangen sie an sich zu streiten.

Schon streiten sie sich, und es nimmt kein Ende.

Vier, Fünf, ach was, Acht!

Wenn schon dann Acht!

Das Ganze werden sie nie erschauen!

Unmöglich für dich, es zu sehen, zu erkennen.

Der Welt-Gong, da schweigt er! - doch was tut`s?

Was tut`s, denn der Kosmos

In dem sie sich drängen,

In dem sie geschaffen werden und sterben

Und in dem dazwischen sie sich wundern,

(Ein bisschen)

Ist unendlich tölpelhafter als sie,

Weiß hilflos von nichts.

Drei!

Bei der Gelegenheit empfehle ich dir auch das Cascades-Album von Abbadon Incarnate. Hab´s neulich gehört, und wumm! Hör dir mal insbesondere „Stilborn Hatred“ und „Altar of Scum“ an. Wir sehen uns dann wieder beim Nuclear War Now! Festival in Berlin. Proclamation spielen dort, Bestial Raids auch und Rotting Christ. Hell yeah. Dafür liebe ich dich Yorick, weil du nicht so einen Arschloch-Musikgeschmack hast wie die anderen.

Nachdem Amazonen-Lilli mit zwei Sätzen verschwunden war, wanderte ich eine Weile weiter, und gelangte schließlich ans Ende der Welt: Bevor der Horizont anfängt, doch immer unerreichbar, eine dunkelblaue Erstreckung, links aufschießend eine braune Masse, nahe entlang der Masse die Bahn eines Strahls, der sich hinter der Wahrnehmungsgrenze verliert, rechts eine schwarzblaue Wölbung, die das gesamte Perzept trägt, auf der Linie des Fluchtpunktes entwickelt sich auf halber Länge eine negativ gekrümmte Totalität. Ich drehte mich um und beschloss, mein mitgebrachtes Brot zu essen. Mein Gott, ein mitgebrachtes Brot! Ich kam mir dabei so herzig vor, wie ein Schulkind. Doch am Ende der Welt, wo ich mich befand, überkam mich eine tiefe Trauer, zu weinen fing ich an und meiner heißen Tränen Strom floss. Oh Löwe, rief ich aus, oh Löwe! Dein Leiden habe ich durchschaut! Was können wir nicht sein Brüder und Schwestern der Unendlichkeit? Was verbietet uns, die Tür aufzustoßen zum offenen Raum? Was spannt uns vor den Karren der Trägheit der Materie? Was hindert uns daran, im ewigen Augenblick zu ruhen und den Lauf des Universums zu überblicken? Die Wörter-Welt, die Wörter-Welt... Von Furcht und Ekel erfasst, rannte ich an mir vorbei, rannte durch die grüne Gegend, die blaue Gegend, die rote Gegend und die braune Gegend. Das Fersengeld, das ich gegeben habe, will ich bezahlen, wenn die Kirschen wieder blühen, meine Süße. Nach vierzehntägiger Flucht gelangte ich endlich in eine Höhle, wo ich auf eine Figur traf, von der ich sah, dass es Nietzsche war. Nietzsche saß an seinem Frühstückstisch vor leckeren Gaben und versuchte gerade ein Ei aufzubecken, dabei murmelte er etwas, was ich nicht verstand. Als er meiner ansichtig wurde, hob Nietzsche den Kopf in die Höhe, blickte mir fest in die Augen und eröffnete mir in majestätischer Manier: In dieser Situation verbinden sich die Erinnerungsbilder nicht zu einem nützlichen Ganzen, höchstens dass dabei gewisse verworrene Erinnerungen, ohne Beziehung zur gegenwärtigen Lage, den Kern der nützlichen Bilder umspielen, ihn mit einem Saum von minderer Helligkeit umgeben, der sich in das unendliche Dunkel verliert ... diese Bedingung ist ohne Zweifel gegeben, wenn wir im Schlafe träumen... Als ich das gehört hatte, konnte ich nicht anders als mich schadenfroh auf dem Absatz rundum zu drehen und mit dem Finger auf ihn zeigend ihm entgegenschleudern: Das ist nicht von dir, nicht von dir, Nietzsche, das hast du von Bergson, von Bergson!! um anschließend in schallendes, nicht enden wollendes Gelächter auszubrechen. Nietzsche hatte mich eine Weile mit seinem traurigen Dackelblick angeschaut, endlich aber erhob er sich von seinem Frühstückstisch und brüllte seinerseits: Du! Du!! Du!!! ... alles was du mir nachzumachen imstande bist, ist doch gerade mal ein Pferd zu umarmen! Du! Du Böser! Du bist böse weil du blöd bist! um anschließend krawutisch in der Höhle auf und ab zu laufen. Zur gleichen Zeit begann sich unter die Figur des Nietzsche die des König Ludwigs des Zweiten von Bayern zu schieben, wobei der Nietzsche-Ludwig unaufhörlich in der Höhle auf und ab laufend mit in die Höhe gerissenen Armen brüllte: Hinfort von hier oder ich lasse dir die Hoden abschneiden! Wache, hinfort mit ihm, und man lasse ihm die Hoden abschneiden1 – Ha! schleuderte ich ihm abermals entgegen, wenn mir die Hoden abgeschnitten werden, werde ich durch Agent 008 ersetzt! Das war gelogen, tolldreist kam ich mir vor, Nietzsche-Ludwigs Gang jedoch wurde immer komischer und sein Gebrülle unverständlicher, bis dass sich unter die Figur des Nietzsche-Ludwig die einer Ente schob, die Nietzsche-Ludwig-Ente-Figur immer kleiner wurde und unartikuliertes Zeug brabbelte usw. So sterben, wie ich mich einst sterben sah, siegend, vernichtend... Ich schaue auf die Uhr und sehe, wie spät es ist. Sieben Uhr früh.

Der uninterpretierbare Traum

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