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[7]1 Allgemeines zur Thematik der Realbrandausbildung

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Einsätze wie der Großbrand einer Lagerhalle in Hilden vom 14.09.2014 mit drei schwer- bis schwerstverletzten Feuerwehrangehörigen (vgl. RP-online, 2018) oder dem Gebäudegroßbrand in Leverkusen vom 05.01.2015 (vgl. Feuerwehr Leverkusen, 2015) mit acht zum Teil schwer verletzten Einsatzkräften zeigen immer wieder, wie gefährlich und anspruchsvoll die Tätigkeit einer Einsatzkraft im Brandeinsatz sein kann. Zwar mögen diese Einsätze Extrembeispiele sein, aber passieren kann schlichtweg immer etwas.

Die Aufgabe einer Feuerwehr insgesamt, aber auch jeder einzelnen Einsatzkraft, sollte daher darin bestehen, sich stetig fortzubilden und mit den möglichen Gefahren im Einsatz auseinanderzusetzen. Fakt ist, dass es eine hundertprozentige Sicherheit niemals geben wird, auch nicht wenn Sie die beste Persönliche Schutzausrüstung oder Ausbildung besitzen. Genau an dieser Stelle möchte ich in die Thematik der Realbrandausbildung einsteigen. Auch wenn die hundertprozentige Sicherheit nicht erreicht werden kann, können die Einsatzkräfte dahingehend trainiert werden, dass sie dem Wohnungs-, Zimmer- oder Gewerbebrand sicherer gegenüberstehen als noch vor zehn oder 30 Jahren. Doch was heißt »Training« wissenschaftlich betrachtet? Das Training ist die planmäßige Durchführung eines Programms von vielfältigen Übungen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Kurzgefasst sind es Prozesse, die eine verändernde Entwicklung hervorrufen.

[8]Im Rahmen der Realbrandausbildung können wir also festhalten, dass es Prozesse gibt, die dem Anwender oder Trainierenden dazu verhelfen, sich positiv zu verändern. Zum Beispiel Situationen zu erkennen und darauf zu reagieren. Ein wichtiges Einsatzbeispiel sollte an dieser Stelle nicht fehlen. In der Stadt Dorsten, einer kreisangehörigen Gemeinde, die über eine Freiwillige Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften verfügt, ereignete sich am 28.07.2017 ein Großeinsatz. Insgesamt kamen dort über 100 Kräfte zum Einsatz. Bei dem Brand wurde damals das gesamte Gebäude (Fitnessstudio mit Sport- und Praxisräumen) komplett zerstört (Welt, 2017). Lediglich eine angrenzende Turnhalle konnte, mit großem Kraftaufwand, vor den Flammen gerettet werden. Die ersten Einsatzkräfte vor Ort starteten zunächst mit einem Innenangriff, um das Feuer gezielt bekämpfen zu können. Dazu kam es aber nicht mehr. Als der vorgehende Angriffstrupp gerade sein Hohlstrahlrohr entlüften wollte, wurde das Stadium des Vollbrandes des gesamten Gebäudes final erreicht. Hier muss von einem glücklichen Umstand gesprochen werden, denn bei einem bereits gestarteten Innenangriff, wäre es mit großer Sicherheit zu einer schweren körperlichen Schädigung der Einsatzkräfte gekommen. Auch hätten, bei dieser massiven Brandausbreitung, tödliche Verletzungen nicht ausgeschlossen werden können. In Bild 1 ist deutlich sichtbar, welche Energie freigesetzt wurde. Dieses Einsatzbeispiel zeigt, dass ein Training im Rahmen der Realbrandausbreitung wichtig ist, um Fehlentscheidungen mit ggf. tödlichem Ausgang zu vermeiden. Im konkreten Einsatzbeispiel wäre von einer Innenbrandbekämpfung abzusehen.

Bild 1: Vollbrand des Fitnessstudios mit Sport- und Praxisräumen (Quelle: M. Terwellen/Feuerwehr Dorsten)

Bild 1 (Seitenansicht des Gebäudes) entstand ca. 30 Minuten, nachdem die ersten Einsatzkräfte die Einsatzstelle erreicht hatten und mit der Brandbekämpfung beginnen wollten. Bei der Ankunft waren Fenster und Dachkonstruktion von dichtem Rauch umhüllt. Willkürliche Öffnungen wurden nicht geschaffen, Leben von Menschen und Tieren waren nicht in Gefahr. Die Einsatzkräfte vor Ort wurden förmlich vom Feuer überrannt. Das Gebäude stand nach wenigen Minuten im Vollbrand und wurde völlig zerstört.

Mit einer intensiv durchgeführten Realbrandausbildung kann der Teilnehmer dahingehend sensibilisiert werden, dass er Maßnahmen in der Brandbekämpfung besser abschätzen [10]und sich in der Konsequenz aus bestimmten Gefahrenbereichen frühzeitig zurückziehen kann. In den folgenden Kapiteln werden dem Leser mehrere Methoden aufgezeigt, Einsatzkräfte auf solche Situationen optimal vorzubereiten bzw. diese im Rahmen von Wachunterrichten oder Übungsabenden zu schulen. Das absolute »know how« ist und bleibt sicherlich die Brandsimulationsanlage. Dennoch kann auch eine kleine Feuerwehr, mit einfachen und günstigen Methoden, Einsatzkräfte und Führungskräfte praxisnah und real schulen.

Was kann eine Realbrandausbildung beinhalten?

Das nachfolgende Verbrennungsdreieck (Bild 2) zeigt die Grundvoraussetzungen für ein Feuer auf. Anhand dieser Bedingungen können Lerninhalte abgeleitet werden, die für eine Realbrandausbildung wichtig sind.

Natürlich muss sich der Anwender oder der Übungsleiter immer die Frage stellen, welcher dieser Punkte trainiert werden muss und wer an der Übung teilnimmt (Ausbildungsniveau, Einsatzerfahrung der Teilnehmer). Fakt ist, dass alle Punkte im Rahmen der Ausbildung vom Truppmann bis hin zum Truppführer durchlaufen und ggf. vertieft werden müssen. Eine Realbrandausbildung dient zwar in erster Linie einer realistischen Ausbildung in der Brandbekämpfung, ein Basiswissen muss hier allerdings zwingend vorhanden sein und besitzt absolute Notwendigkeit. Nur wenn der Feuerwehrangehörige über die notwendigen Grundkenntnisse verfügt, macht der praktische Teil auch Sinn. Hierzu ein Beispiel:

[11]Beispiel: Falsche Brandbekämpfung

Ein Trupp im Innenangriff bekämpft das Feuer mit abwechselnden Sprühimpulsen. Ganz nach dem Motto »so wenig Wasser wie möglich« Ergebnis: Das Feuer geht nicht aus, der sich bildende Wasserdampf wirkt sich negativ auf die Persönliche Schutzausrüstung der Träger aus. Der Trupp muss sich zurückziehen, die Brandbekämpfung verzögert sich um mehrere Minuten.

Welche »Defizite« lassen sich feststellen?

1 Trupp wendet falsche(s) Löschtechnik (Hohlstrahlrohr-Handling) an.

2 Der Trupp verfügt über keine Praxiserfahrung in der direkten und indirekten Brandbekämpfung.

3 Der Trupp hat ein Defizit in der Löschlehre (so wenig Wasser wie möglich, passt nicht zum Ereignis (hier direkte Brandbekämpfung)).

Direkte und indirekte Brandbekämpfung direkte Brandbekämpfung: impulsartiger Vollstrahleinsatz in Glutschicht. indirekte Brandbekämpfung: Impulskühlverfahren mit 60° Sprühbild im 45° Anwendungswinkel zum Boden.

Abgeleitet Lerninhalte anhand des Verbrennungsdreiecks

Welche Lerninhalte in der Realbrandausbildung vermittelt werden sollen, lassen sich anhand des Branddreiecks ermitteln (vgl. Bild 2).

Bild 2: Branddreieck nach Emmons

Brandphänomene nach DIN 14011: Rauchdurchzündung: Durchzündung entzündbarer Pyrolyseprodukte/Schwelgase, die sich als Rauchschicht in einem Raum ansammeln. Raumdurchzündung: Schlagartige Ausbreitung eines Brandes auf alle thermisch aufbereiteten Oberflächen brennbarer Stoffe in einem Raum Rauchexplosion: Explosion der Pyrolyseprodukte und Schwelgase in einem Brandraum mit unzureichender Sauerstoffkonzentration nach Vermischung mit plötzlich zugetretener Luft.
Merke: Verbrennungsregime: Ventilationskontrollierte Brände und brennstoffkontrollierte Brände.
[13]Hinweis: Die abgeleiteten Lerninhalte können in einer Realbrandausbildung geschult werden, sind aber dem Ausbildungsstand des Teilnehmers anzupassen.
Methoden der Realbrandausbildung

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