Читать книгу Rockstar Love - Ein Song für Sloane - Poppy J. Anderson - Страница 6
Prolog
Оглавление„Meine Stiefmutter wird mich umbringen, wenn sie das hier jemals zu Gesicht bekommt.“
Dean betrachtete Taylors gequälte Miene, während der auf der Pritsche lag, eine Hand gegen seine Stirn presste und die andere zu einer Faust ballte. Das beständige Surren einer Tätowiernadel erfüllte den kleinen Raum. Aus den benachbarten Räumen des Studios waren ähnliche Geräusche sowie ab und zu ein Fluch zu hören. Jedes Mal, wenn einer seiner Bandkollegen einen solchen Fluch ausstieß, musste Dean grinsen, zumal er die Prozedur bereits hinter sich hatte. Er war der Erste gewesen, der sich heute Abend das Logo ihrer Band auf die Brust hatte stechen lassen, und jetzt sah er entspannt zu, wie die anderen tätowiert wurden, während er einen Schluck aus seiner Wodkaflasche nahm.
Entweder war er bereits leicht angetrunken oder dank seiner vorherigen Tattoos, die seinen gesamten rechten Arm zierten, schon so abgehärtet, dass er den leichten Schmerz der frischen Tätowierung kaum spürte.
Taylor dagegen schien alles zu spüren, weil er lauthals jammerte: „Verdammt! Das tut scheiße weh!“
Schmunzelnd streckte Dean seine Beine von sich und nahm einen weiteren Schluck.
Sein Kumpel war schwerer zu überzeugen gewesen als die anderen drei und wirkte noch immer wenig begeistert, dass von nun an eine Tätowierung seine linke Brust zieren würde. Taylor konnte ab und zu ziemlich konservativ und verklemmt sein. Dean dagegen war experimentierfreudiger und neugieriger. Im Gegensatz zu Taylor, der alles abwägte und lang und breit über Konsequenzen nachdachte, lautete Deans Motto, dass man nur einmal lebte und alles mitnehmen sollte, was einem das Leben bot. Gutmütig riet er seinem Freund: „Hab dich nicht so. Es ist ja gleich vorbei.“
Taylor schnaubte und starrte an die Zimmerdecke, während Stanley, der wohl beste Tattookünstler aus ganz Seattle, seelenruhig weitermachte, ohne sich durch ihr Gespräch stören zu lassen. „Nichts ist vorbei. Wenn Bess erfährt, dass ich mich habe tätowieren lassen, kann ich mir gleich mein eigenes Grab schaufeln.“
Dean lachte fröhlich auf, denn er hatte Taylors Stiefmutter bereits kennengelernt und fand sie keinesfalls so einschüchternd, dass sich ein erwachsener Mann ihretwegen in die Hosen machen musste vor Angst. „Das ist nicht dein Ernst! Du hast Angst vor deiner Stiefmutter?“
„Die solltest du auch haben, schließlich war dieses Tattoo deine Idee, Dean“, prophezeite Taylor und schaute ihn grimmig an, während er mit nacktem Oberkörper auf der mit Schutzfolie ausgelegten Pritsche lag und jedes Mal zusammenzuckte, sobald Stanley die Nadel an seiner Haut ansetzte. „Sie wird dir die Hölle heißmachen, weil du mich dazu überredet hast.“
Dean lachte leise auf und ließ die Wodkaflasche in seiner Hand kreisen. „Dann solltest du dich vermutlich vor deiner Stiefmutter niemals entblättern, damit sie nicht miterleben muss, dass sich ihr Goldjunge ein Tattoo auf die linke Brust hat stechen lassen. Oder ziehst du öfter vor ihr blank?“
Taylors grimmige Miene sagte genug. Vielleicht hatte diese Grimmigkeit auch etwas mit dem Schweiß auf seiner Stirn zu tun. Keine Frage – es gab angenehmere Dinge als ein Tattoo. Und diese Erfahrung machte Taylor gerade.
Dean hatte sich sein erstes Tattoo bereits mit fünfzehn stechen lassen – ein ziemlich hässliches Tribal an seinem rechten Oberarm, das mittlerweile von einem anderen Motiv überdeckt wurde. Damals hatte er sich ohne das Wissen seiner Grandma das Tattoo in einem Hinterhofstudio machen lassen, weil jeder halbwegs gute Tätowierer einen Minderjährigen ohne die Erlaubnis eines Erziehungsberechtigten abgewiesen hätte. Das Ergebnis war jenes grottenhässliche Tattoo gewesen. Tatsächlich war seine Grandma dezent ausgeflippt, als er mit dem frischen Tattoo nach Hause gekommen war.
Und obwohl seine Grandma in der Kirche aktiv war, das wohl gepflegteste Haus der ganzen Stadt besaß und in allen Dingen eher altmodisch eingestellt war, hatte sie mit ihm Nachsicht gezeigt. Dean hatte mit dem schlimmsten Donnerwetter seines Lebens gerechnet, und seine Grandma war wirklich außer sich gewesen, aber sie war vor allem deshalb so wütend gewesen, weil das Ergebnis so scheußlich geworden war. Zu seiner großen Überraschung war sie mit ihm in ein richtiges Studio gegangen und hatte darauf bestanden, dass das hässliche Motiv von einem anständigen Tattoo überdeckt wurde. Anschließend hatte sie Dean das Versprechen abgenommen, solche Aktionen nicht mehr hinter ihrem Rücken zu machen, sondern sie vorher einzuweihen.
Ich erlaube es dir lieber und achte darauf, dass es richtig gemacht wird, als dass du zu einem Stümper gehst und es heimlich machst. Dann kommt nämlich so etwas dabei raus und du fängst dir noch eine Blutvergiftung ein.
Diese Einstellung hatte seine Grandma beibehalten, auch als es darum ging, dass Dean sich einer Band anschließen wollte, um Musiker zu werden. Er wusste, dass es seine Grandma lieber gesehen hätte, wenn er in der Kleinstadt in Michigan geblieben wäre, in der er aufgewachsen war, und wenn er einen ordentlichen Job gehabt hätte. Dass er gleich nach seinem Highschoolabschluss losgezogen war und einen Vertrag mit einer Plattenfirma unterschrieben hatte, hatte ihr nicht gefallen, aber sie war einverstanden gewesen.
Dean konnte seine Grandma verstehen, und er wusste, dass sie nur deshalb nicht protestiert hatte, weil sie denselben Fehler nicht zweimal machen wollte. Jedenfalls hatte sie das ihrem Pfarrer gegenüber erklärt, als sie nicht gewusst hatte, dass Dean ganz in der Nähe stand und das Gespräch mitverfolgen konnte. Auch wenn sie nicht erklärt hätte, was sie damit meinte, hätte Dean gewusst, wovon sie sprach.
Seine Grandma hatte von ihrer Tochter gesprochen.
Mit ihr war sie sehr viel rigoroser und strenger gewesen, als diese in Deans Alter gewesen war. Ihr hätte sie niemals ein Tattoo erlaubt und ihr hätte sie vermutlich auch niemals Konzertkarten für Blink-182 zu Weihnachten geschenkt. Und ihr hätte sie mit siebzehn Jahren niemals gestattet, Musiker und Mitglied einer Band mit vier anderen Jungs zu werden.
Ihre Tochter hatte gegen ihre Mom rebelliert, indem sie die Highschool geschmissen hatte, abgehauen war und ein paar Jahre später mit einem Baby aufgetaucht war, das sie ihrer Mom übergeben hatte, bevor sie wieder verschwunden war.
Dean war jenes Baby gewesen, das bei seiner Grandma aufgewachsen war und seine Mom nie kennengelernt hatte. Und er war auch derjenige, der allem Anschein nach mehr Freiheiten genossen hatte als seine Mutter, weil seine Grandma glaubte, bei ihrer Tochter Fehler gemacht zu haben.
Dazu konnte er nichts sagen, weil er seine Mutter nur von Fotos und von Geschichten kannte, die er ab und zu aufgeschnappt hatte, wenn er die Freundinnen seiner Großmutter belauscht hatte. Keine dieser Geschichten war besonders schmeichelhaft gewesen. Seine Mutter schien gegen alles und gegen jeden aufbegehrt und seine Grandma an den Rand der Verzweiflung gebracht zu haben, bevor sie nachts aus dem Fenster geklettert und verschwunden war.
Als Junge hatte er sich immer gefragt, ob er glauben sollte, dass seine Mutter so verantwortungslos, egoistisch und undankbar gewesen war, wie es sich die Leute erzählten. Seine Grandma hatte ihm nie viel über seine Mutter erzählt. Aber dass sie ihn kein einziges Mal besucht hatte, dass sie ihre eigene Mom nie angerufen hatte, um sich nach ihm zu erkundigen, und dass sie sich nicht für ihn interessiert hatte, sagte ihm alles, was er wissen musste.
Seine Mutter hatte ihn schlichtweg nicht gewollt und stattdessen bei ihrer Mutter abgeladen, damit sie sich um ihn kümmerte.
Vermutlich hätte ihm nichts Besseres passieren können, denn seine Grandma war warmherzig und liebevoll, und sie hatte ihn mit allem versorgt, was er brauchte. Dean hatte eine schöne Kindheit gehabt und konnte sich nicht daran erinnern, sich von seiner Grandma jemals ungeliebt gefühlt zu haben. Sie war immer für ihn da gewesen und hatte alles für ihn getan. Das rechnete er ihr hoch an. Und außerdem liebte er sie abgöttisch. Wenn er nach Hause kam, um sie zu besuchen, war es für ihn selbstverständlich, mit ihr sonntags in die Kirche zu gehen und sich abends mit ihr die neueste Folge Columbo oder eine der unzähligen Wiederholungen von Matlock anzusehen. Und wenn er unterwegs war, schickte er ihr aus jeder Stadt, in die er kam, eine Postkarte, um ihr zu zeigen, dass er an sie dachte und dass es ihm gut ging.
Und vielleicht wollte er ihr auf diese Weise auch zeigen, dass er nicht wie seine Mutter war – dass er nicht verantwortungslos und undankbar war.
Während er über seine Grandma und seine Mutter sinnierte, betrachtete er Taylor und dessen schmerzverzerrte Miene.
Auch sein Kumpel war ein gebranntes Kind, was seine Mutter, seine richtige Mutter, betraf, die das Weite gesucht und ihr Kind zurückgelassen hatte. In einem schwachen Moment vor ein paar Monaten hatte Taylor ihm davon im Vertrauen erzählt, als sie gemeinsam an einem Song gearbeitet hatten. Dean glaubte nicht, dass Cole, Zac oder Jesse die Geschichte kannten. Normalerweise redete Taylor nicht gerne über seine Mutter, und Dean konnte es gut verstehen, schließlich ging auch er nicht mit der Tatsache hausieren, dass seine Mutter ihn nicht hatte haben wollen.
Und obwohl Taylor und Dean diese Gemeinsamkeit besaßen, gab es einen entscheidenden Unterschied zwischen ihnen, denn Taylors Mutter hatte sich aus dem Staub gemacht, als er fünf Jahre alt gewesen war, und sie hatte ihn bei seinem Dad gelassen, der ein zweites Mal geheiratet und seinem Sohn die beste Stiefmutter geschenkt hatte, die ein Junge haben konnte.
Dean kannte Taylors Stiefmutter Bess, die für Taylor alles getan hätte und ihn liebte wie einen eigenen Sohn.
So eine Erfahrung fehlte Dean, denn er kannte weder seine Mom noch seinen Dad.
Ganz automatisch trank er einen Schluck aus der Wodkaflasche und sagte sich, dass es okay war, seine Eltern nicht zu kennen. Wenn sie ihn nicht hatten haben wollen, dann wollte er sie auch nicht. Warum sollte er sich also darüber den Kopf zerbrechen?
Familie war sowieso nicht immer das Wahre.
Sein Kumpel Cole war das beste Beispiel. Er gehörte zu einer wahren Bilderbuchfamilie und hatte Eltern, die noch immer verheiratet waren, sowie einen älteren Bruder und eine ältere Schwester. Eigentlich könnte sein Familienleben perfekt sein, aber sie alle interessierten sich einen Scheißdreck für ihn. Obwohl Cole zusammen mit seiner Band schon zum dritten Mal infolge auf Platz eins der US-Charts stand und als heißer Anwärter für den Grammy gehandelt wurde, hatte seine Familie noch nicht ein einziges Konzert besucht. Cole spielte zwar den Lässigen, aber als sie vor ein paar Wochen ganz in der Nähe seiner Heimatstadt aufgetreten waren und sich niemand aus seiner Familie dort hatte blicken lassen, war er verdammt geknickt gewesen. Sie alle hatten es bemerkt. Es hatte Dean tierisch leidgetan, seinen Kumpel niedergeschlagen zu erleben, weil seine Familie nicht den geringsten Funken Stolz zeigte, was ihn betraf.
Zac wiederum war anders gestrickt als Cole und gab einen Scheiß auf seine Eltern. Er musste nicht einmal den Lässigen spielen, weil es ihn wirklich nicht interessierte, ob seine Eltern stolz auf ihn waren oder nicht. Er hatte sich von seinen Eltern, die schon seit Jahren geschieden waren und ihn das machen ließen, was er wollte, längst abgekapselt. Als er vor zwei Jahren mit gerade einmal sechzehn zu SpringBreak gekommen war, hatte sich weder seine Mom noch sein Dad darum gekümmert, ob es ihm gut ging oder ob er als Teenager mit der Belastung eines Musikers im Rampenlicht überhaupt klarkam. Dean war Zeuge gewesen, wie sie lediglich ihre Einwilligung gegeben und sich gleich darauf wieder um sich selbst gekümmert hatten. Von einem engen Verhältnis zwischen Zac und seinen Eltern konnte niemand sprechen.
Einzig Jesses Familie zeigte Interesse an dem, was er tat, und besuchte ihn, wenn SpringBreak auf Tour waren. Mit seinem älteren Bruder waren sie alle zusammen essen gegangen, als er nach Florida gekommen war, wo sie ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Und zum fünfzigsten Geburtstag seines Dads war die ganze Band eingeladen worden. Unter ihnen fünf war Jesse tatsächlich der Einzige mit einer normalen, interessierten Familie.
Einer von fünf.
Die Statistik sah demnach ziemlich bescheiden aus.
Während Dean die Flasche in seiner Hand hielt und verfolgte, wie Taylor irgendetwas an Stanley gewandt raunte, was er nicht verstand, überlegte er, wie seltsam es war, mit neunzehn Jahren zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie eine Familie zu haben. Für ihn waren Taylor, Cole, Zac und Jesse nicht nur seine Bandkollegen und Kumpels, sondern sie waren seine Brüder geworden. Das mochte verdammt kitschig und rührselig klingen, aber tatsächlich fühlte er sich den anderen vier so eng verbunden, als würde er sie schon ewig kennen.
Seit zwei Jahren waren sie ununterbrochen zusammen, bewohnten ein gemeinsames Haus, tourten miteinander und verbrachten ihre gesamte Zeit zusammen. Es war ein Wunder, dass noch keiner von ihnen Amok gelaufen war, weil es eigentlich eine absolute Zerreißprobe war, ständig aufeinander zu hocken. Aber die viele gemeinsame Zeit hatte sie nur stärker zusammengeschweißt.
Auf der Highschool hatte Dean einige Freunde und Kumpels gehabt, aber keinem von ihnen hatte er sich jemals so verbunden gefühlt. Für seine Bandkollegen würde er glatt durchs Feuer laufen, und er wusste, dass es ihnen nicht anders ging.
Als dieser schmierige Fernsehmoderator aus Frankreich Witze über Cole gerissen hatte, nachdem der bei einem Radiointerview in London einen peinlichen Spruch gebracht und demonstriert hatte, dass er keine Ahnung von Geografie besaß, hatten sie die Aufzeichnung der Sendung abgebrochen und dem Moderator zu verstehen gegeben, was sie von ihm hielten.
Als Zac Schwierigkeiten mit dem Freund eines Groupies bekommen hatte, nachdem er dem Groupie ein Autogramm auf dessen nackte Brüste gegeben hatte, war Dean zur Stelle gewesen, um den erzürnten Freund in seine Schranken zu weisen.
Und als Jesse völlig neben der Spur gewesen war, als er erfahren hatte, dass seine Katze gestorben war, während er durch Europa getourt war, hatten sie versucht, ihn aufzumuntern und ihn abzulenken.
Die Jungs waren für Dean Familie. Er vertraute ihnen rückhaltlos und konnte in ihrer Gegenwart er selbst sein. Deshalb war er auch auf die Idee gekommen, dass sie sich alle das Logo ihrer Band stechen lassen sollten. Für ihn bedeutete es Zugehörigkeit – etwas, was er zuvor nie richtig kennengelernt hatte.
„Gib mir einen Schluck“, bat Taylor ihn und riss ihn somit aus seinen Gedanken heraus.
Dean hob den Kopf und begutachtete das Werk des Tätowierers. Es fehlte nicht mehr viel und das Logo wäre abgeschlossen. „Alkohol und Tattoos vertragen sich nicht“, wies er Taylor zurecht und grinste breit. „Alkohol kann das Blut verdünnen.“ Demonstrativ ließ er die Flasche kreisen.
Sein Freund schnaubte abfällig. „Und was hältst du gerade in der Hand?“
„Einen ziemlich guten Wodka.“
„Irre ich mich oder wurdest du nicht auch gerade tätowiert?“
Dean zuckte mit den Schultern und stellte die Flasche auf dem Boden ab. „Ich bin schon Profi und vertrage sowieso mehr als du.“
Daraufhin sagte Taylor nichts, aber Dean konnte sich denken, was im Kopf seines Kumpels vor sich ging. Taylor war schließlich unter ihnen fünf dafür berüchtigt, den Vernünftigen zu spielen und sie alle darauf hinzuweisen, nicht zu viel zu trinken, vor Auftritten keinen zu heben und sich auf Aftershow-Partys nicht besinnungslos zu besaufen. Zwar wurde von Musikern erwartet, ab und zu über die Stränge zu schlagen, aber sie lebten in den Vereinigten Staaten, in denen man erst mit einundzwanzig Alkohol trinken durfte. Und keiner von ihnen war bereits einundzwanzig.
Die Plattenfirma wollte keine schlechte Presse mit ihrer Vorzeigeband haben. Das wurde Taylor nicht müde zu betonen.
Erst vor zwei Wochen waren sie heftig aneinandergeraten, als Dean mit einem monströsen Kater zu einer Autogrammstunde erschienen war, bei der auch Journalisten und Fotografen dabei gewesen waren. Vermutlich hatte man ihm angesehen, dass er sich hatte volllaufen lassen. Und bestimmt hatte man es auch gerochen. Taylor war ziemlich angepisst gewesen.
Normalerweise hätte Dean ihm sogar zugestimmt, dass es eine verdammt blöde Idee gewesen war, sich so sehr zu betrinken, dass er einen kompletten Filmriss riskiert und am nächsten Morgen das Hotelzimmer vollgekotzt hatte, bevor er zu jener Autogrammstunde aufgebrochen war.
Normalerweise ...
Aber Dean hasste es, wenn ihm jemand Vorschriften machte, der nicht seine Grandma war. Zurück im Hotel und noch während der Fahrt hatten sie sich so sehr angebrüllt, dass die anderen drei eingeschritten waren. Die Wände hatten gewackelt, bis Dean zähneknirschend versprochen hatte, sich alkoholtechnisch zurückzuhalten und maßvoll zu trinken.
In den letzten zwei Wochen hatte er kaum einen Tropfen angerührt. Das hatte er nicht etwa getan, weil er keine schlechte Presse riskieren wollte, sondern um Taylor zu beweisen, dass er kein Problem damit hatte, auf Alkohol zu verzichten. Der hatte während ihres Streits nämlich so getan, als hätte Dean ein Alkoholproblem, was absolut lächerlich war. Natürlich hatte er kein Alkoholproblem! Er trank einfach gerne einen Schluck, um zu feiern, um lockerer zu werden und um sich zu entspannen.
Das Leben als Musiker konnte dann und wann ziemlich anstrengend sein. Was war also falsch daran, sich abends gemütlich ein Bier oder ein paar Kurze zu genehmigen, um mit dem Stress klarzukommen? Und wenn es etwas zu feiern gab, dann sprach nichts dagegen, eine Flasche Champagner zu köpfen oder eine Wodkaflasche umherzugeben – so wie heute! Heute hatten sie nämlich erfahren, dass ihr aktuelles Album das bislang am häufigsten verkaufte Album des Jahres war. Wenn das kein Grund zum Feiern war, dann wusste er auch nicht weiter!
Abgesehen davon hatte Zac den Wodka besorgt. Und der war sogar noch ein Jahr jünger als Dean.
Daran erinnerte Dean seinen Kumpel jedoch nicht, während der zwischen ihm und der Wodkaflasche hin und her sah. Stattdessen reichte Dean sie ihm, auch wenn Taylor noch immer tätowiert wurde. Er wollte sich schließlich nicht nachsagen lassen, dass er auf dem besten Weg war, Alkoholiker zu werden, der seinen Stoff nicht teilen wollte.
Es mochte Menschen geben, die sich nicht im Griff hatten und süchtig wurden, aber er – Dean Prescott – gehörte ganz sicher nicht zu ihnen. Er war kein Schwächling.