Читать книгу Rockstar Love - Ein Song für Sloane - Poppy J. Anderson - Страница 9
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ОглавлениеAls Sloane wach wurde, war sie im ersten Moment orientierungslos und wusste nicht sofort, wo sie sich befand.
Sie wusste nur, dass sie unglaublich gut geschlafen hatte und in der vergangenen Nacht nicht ein einziges Mal im Schlaf hochgeschreckt war. Stattdessen hatte sie sich behütet und beschützt gefühlt – eingehüllt in einen warmen Kokon.
Während sie gegen das helle Tageslicht blinzelte, das durch die Fenster des Zimmers fiel, erinnerte sie sich, dass sie in Los Angeles war, dass sie in einem Hotelbett lag und dass der warme Kokon der letzten Nacht vermutlich der schwere Männerarm gewesen war, der sich im Schlaf um ihre Taille geschlungen hatte.
Lächelnd drehte sie sich auf den Rücken, rekelte sich wohlig und strich sich ein paar Strähnen ihres vermutlich völlig zerzausten Haares aus den Augen. Erschöpft und entspannt zugleich dachte sie an die letzte Nacht, in der sie nicht allzu viel Schlaf abbekommen hatte, weil sie die mit einem Mann verbracht hatte. Das warme Nachglühen und das stetige Prickeln, das in ihr aufstieg, sobald sie sich an seine Berührungen erinnerte, sagten ihr, wie gut der Sex gewesen war.
Er war sogar fantastisch gewesen – heiß, sinnlich und explosiv.
Sloane fühlte sich an einigen Stellen ihres Körpers angenehm wund an, und andere Stellen wiederum wirkten, als wären sie aus einem lange andauernden Winterschlaf erwacht. Und obwohl sie nicht sehr lange geschlafen haben dürfte, war sie ausgeruht, fit und völlig gelöst. Um ehrlich zu sein, fühlte sie sich wie neugeboren.
In den letzten Jahren war es nie vorgekommen, dass sie sich derart hatte entspannen und fallen lassen können, wenn sie mit einem Mann zusammen gewesen war. Für sie war es schwierig bis unmöglich gewesen, ihren Kopf auszuschalten, wenn es um Sex ging – jedenfalls in den letzten Jahren.
In dieser Zeit war es ohnehin nur selten vorgekommen, dass sie mit jemandem intim geworden war.
In den zwei Jahren vor ihrer Trennung von ihrem Exmann hatte sie kein einziges Mal mehr mit ihm geschlafen. Nach ihrer Trennung und der Scheidung im Jahr darauf hatte es nur zwei Männer gegeben, mit denen sie ausgegangen war und mit denen sie geschlafen hatte. Bei beiden Männern hatte sie sich wohlgefühlt, wenn sie gemeinsam in ein Restaurant gegangen waren und wenn sie sich über Gott und die Welt unterhalten hatten. Aber sobald es darum ging, miteinander Sex zu haben, war Sloane immer gehemmt gewesen und hatte es nie genießen können. Und vermutlich hatten auch die beiden Männer den Sex nicht genossen.
Die letzte Nacht war völlig anders gewesen.
Woran das lag, wusste sie nicht.
Vielleicht war es die Tatsache gewesen, dass sie mit den anderen beiden Männern dabei gewesen war, eine Beziehung zu führen, während die gestrige Nacht nur einen One-Night-Stand bedeutet hatte. Letzte Nacht war es um Anziehungskraft und um körperliche Chemie gegangen, die in sehr befriedigendem Sex geendet hatte. Darum sollte es bei einem guten One-Night-Stand gehen – nicht, dass Sloane auf diesem Gebiet viel Erfahrung besaß. Eigentlich besaß sie keinerlei Erfahrung hinsichtlich One-Night-Stands, wenn sie ihre Collegezeit außer Acht ließ. Und selbst damals war sie erst nach dem zweiten Date mit jemandem ins Bett gegangen.
Das hier war etwas anderes, denn sie hatte den Mann, mit dem sie die letzten Stunden verbracht hatte, nicht gekannt, und dass sie nun allein in ihrem Bett lag, ohne dass jener schwere Männerarm schützend um sie lag, bedeutete, dass er bereits gegangen war. Die vergangene Nacht war definitiv ein One-Night-Stand gewesen.
„Guten Morgen.“
Sloane hob den Kopf und zwinkerte verwirrt.
Gerade noch hatte sie damit gerechnet, allein in ihrem Zimmer zu sein. Doch genau ihr gegenüber stand Dean am Fenster, hielt eine Tasse Kaffee in den Händen und schaute aus den bodentiefen Fenstern nach draußen, bevor er den Kopf in ihre Richtung drehte. Und er war bereits angezogen – trug Jeans und ein T-Shirt und dunkle Boots. Er musste schon in seinem eigenen Hotelzimmer gewesen sein, um sich frische Kleidung zu besorgen, weil er gestern etwas anderes getragen hatte.
Sie dagegen war nackt unter der Bettdecke, die sie sich gegen die Brust presste, als sie sich langsam aufsetzte.
„Guten Morgen“, erwiderte sie und zog die Beine an. Währenddessen lächelte sie ihn an und nahm den intensiven Blick aus seinen dunkelblauen Augen wahr, den sie in den vergangenen Stunden sehr oft an ihm bemerkt hatte. Es war genau dieser Blick gewesen, der zu den letzten Stunden geführt hatte, die sie zusammen in ihrem Bett verbracht hatten.
Als sie seine Hand versorgt hatte, war es dieser Blick gewesen, der ihr eine Gänsehaut beschert hatte. Nach ihrem ersten Kuss war sie erschauert, weil er sie mit diesem Blick gemustert hatte. Und als er ihr das Top über den Kopf gezogen hatte, war es ebenfalls jener Blick gewesen, weswegen sie innerlich dahingeschmolzen war.
„Hast du gut geschlafen?“
„Sehr. Du auch?“
Er nickte und kreuzte seine Fußknöchel übereinander.
„Was macht deine Hand?“, wollte sie wissen und deutete auf seine rechte Hand, mit der er die Kaffeetasse festhielt.
Dean neigte den Kopf, als würde ihm erst jetzt wieder bewusst, dass er sich gestern die Hand verletzt hatte. Seine Stirn runzelte sich leicht, als er heiser brummte: „Der geht es sehr gut – dank deiner Wundversorgung.“
Eigentlich dachte Sloane kurz daran, einen lustigen Spruch von sich zu geben, dass sie ihn unter dem Vorwand, seine Hand versorgen zu wollen, in ihr Zimmer gelockt hatte, um ihn ins Bett zu kriegen, aber als Dean sie zurückhaltend anlächelte und ein wenig unsicher wirkte, vergaß sie ihre Idee augenblicklich.
Mit solchen Situationen hatte sie keine Erfahrung. Sie wusste nicht, wie man sich benahm, wenn man am Morgen danach mit dem Mann einen Plausch hielt, den man kaum kannte und der trotzdem jede Stelle des eigenen Körpers berührt hatte, bevor er sie im Arm gehalten und neben ihr geschlafen hatte. Obwohl es zwischen ihnen nur um Sex gegangen war, waren sie sich sehr nahe gewesen. So nahe, wie man einem Menschen kommen konnte, wenn der einem in die Augen sah, während man sich an ihn klammerte und zu sterben glaubte. Das zwischen ihnen hatte sich angefühlt, als würde Dean alle ihre Gedanken, Geheimnisse und Ängste kennen, während er sie berührte, was eigentlich beängstigend sein müsste.
Aber für Sloane war es befreiend gewesen.
„Es ist schön, dass du noch hier bist“, erklärte sie ihm ehrlich.
Seine dunklen Augenbrauen wanderten in die Höhe, als er mit seiner typisch heiseren Stimme wissen wollte: „Hast du erwartet, dass ich verschwunden wäre, wenn du wach wirst?“
Sie zuckte mit den Schultern und empfand es als völlig natürlich, nackt vor ihm zu sitzen und nur die dünne Decke gegen ihre Brust zu pressen. „Um ehrlich zu sein, ist das mein erster One-Night-Stand“, gab sie zu. „Von daher war ich mir nicht sicher, was ich zu erwarten hatte und was nicht.“
Falls Dean überrascht war, zeigte er es nicht. Stattdessen stellte er die Kaffeetasse auf den Schreibtisch und vergrub seine Hände anschließend in den Taschen seiner Jeans. Er sah trotz der langen Nacht fabelhaft aus, wirkte fit und agil und gab eine verdammt gute Figur in den Jeans ab, die seine langen Beine und seine schlanke Hüfte betonten. Das dunkle T-Shirt dagegen offenbarte, dass seine Brust breit war und dass seine Arme muskulös waren.
Was das T-Shirt jedoch verbarg, war, dass seine Bauchmuskeln ausgeprägt waren und dass sich eine verlockende Spur dunklen Haares von seiner Brust über seinen Bauch hinweg zog. Sloane hatte ihre Fingerspitzen nur zu gerne über seinen Oberkörper wandern lassen, um die festen Hügel und Täler seiner Muskeln zu erforschen und um das seidige Haar zu spüren, das sie fasziniert hatte. Auch von seinen starken Armen hatte sie nicht genug bekommen können.
Dean war durch und durch ein Mann und hatte mit den weichgespülten Models, die für Haarpflegeprodukte oder teure Anzüge Werbung machten, nichts gemeinsam. Er wirkte rau, mit Ecken und Kanten und schien seinen kräftigen Körper keinen Trainingseinheiten im Fitnessstudio zu verdanken zu haben, sondern körperlicher Arbeit, durch die er seine Muskeln bekommen hatte.
Er war ursprünglich und echt und niemand, der anderen etwas vormachte.
„Um ehrlich zu sein, war das mein erster One-Night-Stand nach einer ganzen Weile“, kommentierte er mit einem schiefen Lächeln, das ihn beinahe liebenswert aussehen ließ.
Sloane konnte sich denken, dass Dean bei vielen Menschen einen einschüchternden Eindruck hinterließ, aber die wussten nicht, wie zurückhaltend, ruhig und regelrecht umsichtig er sein konnte. In der vergangenen Nacht hatte es nicht eine Situation gegeben, in der sich Sloane von ihm eingeschüchtert gefühlt hätte. Das genaue Gegenteil war der Fall, denn er hatte sich fürsorglich und sehr lieb benommen.
Sein schiefes Lächeln behielt er bei, als er fortfuhr: „Deshalb war ich mir nicht mehr sicher, was von mir erwartet wurde und was nicht. Ich bin ein wenig aus der Übung.“
„Komisch“, entgegnete Sloane augenzwinkernd. „Ich hatte ganz und gar nicht den Eindruck, dass du aus der Übung warst.“
Seine Antwort bestand aus einem funkelnden Blick.
Sehr viel ernster als zuvor gab Sloane zu: „Die Nacht war sehr schön.“
Auch Deans Miene wurde ernster, als er langsam nickte. „Du hast recht. Die Nacht war wirklich sehr schön.“
Sloane atmete tief auf. „Ich hatte viel Spaß.“
„Ich auch.“
Beide schwiegen anschließend. Was gab es zwischen ihnen noch zu sagen? Sie hatten ihren Spaß gehabt und eine gemeinsame Nacht miteinander verbracht, die sehr schön und sehr erfreulich verlaufen war. Aber jetzt am nächsten Morgen war jene Nacht nun einmal zu Ende.
Auch Dean musste ähnlich denken, weil er sich von der Wand abstieß und einen zögernden Schritt in Richtung Bett machte. „Es ist bereits nach zehn Uhr, und ich habe heute einen wichtigen Termin, für den ich eigentlich schon etwas spät dran bin, aber ich wollte nicht verschwinden, ohne dich gesehen und gesprochen zu haben, Sloane.“
„Das ist sehr nett von dir.“
Er schnitt eine Grimasse und blieb dicht vor dem Bett stehen, dessen Laken hoffnungslos zerwühlt waren. Sloane konnte sich täuschen, aber auf seinen Wangen machte sich verlegene Röte breit, als er unsicher erklärte: „Also ... Danke für die letzte Nacht ... Ich hatte wirklich viel Spaß.“
Wenn sie jetzt gelacht hätte, wäre er vermutlich beleidigt gewesen. „Nun“, entgegnete sie leichthin. „Ebenfalls vielen Dank für die letzte Nacht. Es war schön mit dir.“
„Mh.“ Er zog die Schultern in die Höhe und nickte ihr zu. „Dann werde ich mich mal auf den Weg machen.“
„Viel Erfolg.“
„Danke.“ Dean räusperte sich. „Pass auf dich auf, Sloane aus Boston.“
Bevor sie noch etwas hätte sagen können, war er schon verschwunden.
Als Dean aus der Lobby des Hotels stolperte, kam er sich wie ein Volltrottel vor.
Für einen Mann, der schon als Teenager mehr nackte Frauen zu Gesicht bekommen hatte als so mancher Rausschmeißer in einem Stripclub, hatte er sich wie ein absoluter Anfänger benommen, als er sich gerade von Sloane verabschiedet hatte. Was in ihn gefahren war, wusste er nicht. Irgendwie war er nicht in der Lage gewesen, sich wie ein abgeklärter Mann zu benehmen, der eine großartige Nacht hinter sich hatte und am nächsten Morgen seines Weges ging.
Großartige Nächte mit tollem, befriedigendem Sex hatte er schon häufig gehabt, auch wenn sich die One-Night-Stands der letzten Zeit merkwürdig schal angefühlt hatten. Irgendetwas hatte ihm gefehlt.
Das konnte er von dem Sex mit Sloane nicht behaupten.
Dean war völlig überrumpelt gewesen, wie intensiv und überwältigend es gewesen war, mit ihr zu schlafen. Schon beim ersten Kuss, der von ihr ausgegangen und für ihn unerwartet gekommen war, war er völlig aus dem Konzept gebracht worden. In seinem Kopf hatte absolute Leere geherrscht. Stattdessen hatte er sich von seinen Gefühlen mitreißen lassen. Zwischen ihnen war nichts anderes als Lust, Begehren und auch Nähe gewesen – Nähe, die für ihn völlig ungewohnt war.
Die letzte Nacht war dermaßen außergewöhnlich und mitreißend gewesen, dass er sogar neben ihr eingeschlafen war. Und dass er heute Morgen nicht nur minutenlang liegen geblieben war, um sie beim Schlafen zu beobachten, sondern dass er sich auch ihren Hotelzimmerschlüssel geschnappt hatte und zurückgekommen war, um sich von ihr zu verabschieden, war nicht alltäglich gewesen. Normalerweise tat man so etwas nicht nach einem One-Night-Stand.
One-Night-Stands liefen anders ab.
Man verbrachte eine vergnügliche Nacht miteinander und verschwand, sobald der Sex ein Ende gefunden hatte. Manchmal frühstückte man noch gemeinsam, aber das waren seltene Ausnahmen, die viel eher dazu dienten, ein schlechtes Gewissen zu beruhigen, wenn es einem nur ums Vögeln ging, aber man das nicht so offen und ehrlich sagen wollte.
Letzte Nacht war mehr als nur eine simple Vögelei gewesen, auch wenn Dean nicht in Worte fassen konnte, was es genau gewesen war. Nachdem er in den letzten Monaten – wenn nicht sogar in den letzten Jahren – sextechnisch ziemlich auf dem Trockenen gehockt hatte, konnte er nach allem, was zwischen ihm und Sloane passiert war, und nach dem regelrechten Feuerwerk in jenem Hotelbett darauf hoffen, dass seine Flaute endlich ein Ende gefunden hatte. Vielleicht hatte er diese Nacht gebraucht, um wieder auf die Spur zu kommen und ein annähernd normales Leben zu führen, in dem Sex wieder eine Rolle spielte.
Verwundert schüttelte er seinen Kopf, während er einem Hotelangestellten auswich, der gerade einen Kofferwagen ins Hotel schieben wollte, und zog sich gleichzeitig seine Lederjacke über. Beinahe wäre er in jenen Kofferwagen hineingerannt, weil er so sehr in Gedanken verloren war und an die Nacht mit Sloane denken musste – an die Nacht mit Sloane aus Boston, die er höchstwahrscheinlich nie wiedersehen würde, wenn er nicht ein weiteres Mal vor ihrem Zimmer an der Eismaschine herumlungerte und auf ein Zusammentreffen hoffte.
Natürlich könnte er auch jemanden an der Rezeption bestechen, um sich ihren Namen geben zu lassen und irgendwann ...
Dean unterbrach sich selbst in seinen Gedanken.
Er durfte nicht den Fehler machen und mehr in einen One-Night-Stand mit einer Frau hineininterpretieren, die er nicht kannte, nur weil er zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder guten Sex gehabt hatte.
Insbesondere durfte er nicht den Fehler machen, sich von dem heutigen Auftritt ablenken zu lassen, der für das Comeback von SpringBreak entscheidend war. Das, was sie heute auf der Bühne abliefern würden, war ausschlaggebend für den Verlauf ihres Revivals. Als Band mussten sie alles geben, damit der heutige Abend ein Erfolg wurde. Dean konnte es sich nicht leisten, dass er abgelenkt sein und damit alles ruinieren würde, was in den vergangenen Monaten auf die Beine gestellt wurde, damit SpringBreak eine zweite Chance erhielt.
Ihr altes Plattenlabel Gooseberry stand in den Startlöchern, um den brandneuen Song zu promoten, und das neue Album war beinahe fertiggestellt. Bei einem Erfolg ihrer Single könnten sie schon bald ins Aufnahmestudio, würden Musikvideos drehen und eine Promotour veranstalten, bevor sie wieder Konzerte geben könnten. Aber das war alles noch Zukunftsmusik, weil die Zukunft der Band von dem heutigen Abend abhing.
Und da Dean die Schuld an dem Aus der Band vor dreizehn Jahren trug, durfte er unter keinen Umständen dafür verantwortlich sein, wenn es heute nicht klappte. Von daher sollte er schleunigst damit aufhören, über die letzte Nacht und über Sloane nachzudenken.
Gerade als er sich der Stelle der Hotelauffahrt näherte, an der Taxis standen und auf Gäste warteten, sah er Zac, der dort bereits stand und sich von seiner Frau verabschiedete. Sie balancierte auf ihren Zehenspitzen, hatte die Arme um seinen Nacken geschlungen und küsste ihn. Und Zac erwiderte den Kuss, während er ordentlich zur Sache ging und beide Hände auf dem Allerwertesten seiner Frau liegen hatte.
Vor der Familie, die gerade in ihrem Minivan ankam und gemessen an der Anzahl an Koffern anscheinend Urlaub in Los Angeles machen wollte, zogen die beiden eine ziemliche Show ab, und wenn die Dinge zwischen Dean und seinem Bandkollegen anders gelegen hätten, wäre er sogar auf den Gedanken gekommen, die beiden anzufeuern.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als zu beobachten, wie Zac den Hintern seiner Frau zärtlich tätschelte, den Kopf ein wenig zurücklehnte und sie träge anlächelte, während er irgendetwas sagte, was wohl nur für sie bestimmt war.
Es war offensichtlich, dass ihm die Ehe bekam und dass er verrückt nach seiner rothaarigen, zierlichen Frau war, die auf den ersten Blick nicht zu einem Kerl passte, der ein Augenbrauenpiercing trug, lange Haare besaß und wie ein waschechter Rockstar gekleidet war. Seine Frau dagegen wirkte eher wie eine behütete, unschuldige Prinzessin.
Den Blicken nach zu urteilen, die Zac seiner Angebeteten schenkte, war zwischen den beiden nichts unschuldig.
Dean wartete so lange, bis sich das Ehepaar endlich voneinander löste und Zacs Frau im Hotel verschwand, bis er sich ein Herz nahm und zu seinem Bandkollegen schlenderte.
Vielleicht war Zac zugänglicher, wenn sie beide allein waren, ohne dass die restlichen drei von ihnen zuhören und verfolgen konnten, was sie miteinander besprachen. Außerdem schien er dank seiner entzückenden Frau bester Laune zu sein, was ebenfalls hilfreich sein könnte, wenn Dean das Gespräch mit ihm suchte.
Er blieb neben ihm stehen und konnte aus dem Augenwinkel sehen, dass Zac ihn bemerkt hatte. Dass er sich weder versteifte noch ihn einfach stehen ließ, wertete Dean als gutes Zeichen.
„Gut, dass ich nicht der Einzige bin, der auf den letzten Drücker zum Studio fährt“, erklärte er möglichst gelassen. „So wie ich Taylor kenne, wird er bereits kurz vor einem Amoklauf stehen, und da bin ich froh, wenn nicht nur ich seinen geballten Zorn zu spüren bekomme.“
Zac antwortete ausgesucht höflich, sah ihn dabei jedoch nicht an. „Seit dreizehn Jahren sprichst du das erste Mal wieder mit mir und versuchst es da mit Small Talk?“
Natürlich hatte er recht. Gleichzeitig fragte sich Dean, was Zac von ihm erwartete. „Ich dachte, Small Talk wäre besser als peinliches Schweigen.“
„Ich komme mit peinlichem Schweigen gut klar.“ Sehr gelassen entfernte er einen imaginären Fussel von seiner Jacke. „Gib dir keine Mühe und lasse den Small Talk lieber sein.“
In Deans Ohren klang das nicht unbedingt ermutigend, aber er war nicht der Typ, der die Flinte gleich ins Korn warf und ein Nein akzeptierte. Außerdem bevorzugte er klare Verhältnisse. „Wie du schon richtig gesagt hast: Es ist dreizehn Jahre her.“
Zac schnaubte verächtlich. „Wenn du geglaubt hast, dass ich bereits an Demenz leide und vergessen habe, was vor dreizehn Jahren mit Tonya passiert ist, muss ich dich leider enttäuschen. Ich kann mich noch immer an alles erinnern.“
Schwermut machte sich in ihm breit. Irgendwie war Dean nämlich davon ausgegangen, dass Zac die alte Geschichte mittlerweile wirklich überwunden hatte. Obwohl er unversöhnlich geklungen hatte, schlug er ihm vor: „Wenn das so ist, sollten wir vermutlich darüber reden.“
„Jetzt willst du darüber reden?“ Zac klang ungläubig und abfällig zugleich. „Das ist nicht dein Ernst! Findest du nicht, dass es dafür ein bisschen spät ist?“
„Wir haben nie darüber geredet“, erinnerte er ihn. „Vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt dafür.“
„Brennt es dir etwa auf der Seele?“ Auch das klang verdammt verächtlich.
Ehrlich antwortete Dean: „Ja, das tut es.“
„Fein“, erwiderte Zac stoisch. „Komm damit klar.“
Obwohl sein Bandkollege rigoros geklungen hatte, bat Dean ihn so ruhig wie möglich: „Dann lasse es mich wenigstens erklären.“
„Was gibt es denn da zu erklären?“ Zac runzelte die Stirn und drehte den Kopf in seine Richtung, um ihn ansehen zu können. „Du hast die Frau gevögelt, von der du wusstest, dass ich so verliebt in sie war, dass ich sie heiraten wollte. Es tut nichts zur Sache, dass sie ein Miststück war und dass ich froh sein konnte, ihr keinen Ring über den Finger geschoben zu haben. Du hast mich hintergangen. Mehr gibt es da nicht zu sagen.“
Natürlich hätte Dean ihm jetzt sagen können, dass er damals nicht er selbst gewesen war und dass er von Drogen und Alkohol wie benebelt gewesen war, aber er wollte keine Ausreden benutzen, um seine Fehltritte zu entschuldigen. Zac wusste zudem, dass Dean zu jener Zeit ziemlich fertig von all dem Scheiß gewesen war, den er sich reingezogen hatte. Offenbar waren weder der Alkohol noch die Drogen in seinen Augen eine Entschuldigung. Und für ihn, Dean, war seine Sucht ebenfalls nie eine Entschuldigung oder Legitimation dafür gewesen, dass er Mist gebaut hatte.
Anstatt seinem früheren Freund also zu versichern, dass er nur deshalb ein solches Arschloch gewesen war, weil er unter dem Einfluss von Drogen gestanden hatte, senkte er die Stimme zu einem tiefen Brummen. „Was wird aus dem Comeback, wenn du dich weigerst, mit mir zu reden? Wir werden gemeinsam auf einer Bühne stehen und können uns in einer Band nicht aus dem Weg gehen.“
„Machst du dir darum wirklich Sorgen?“ Zac runzelte die Stirn.
„Ja, das tue ich“, stieß Dean hervor. „Wie soll das zwischen uns laufen, wenn wir uns aus dem Weg gehen und nicht miteinander reden? Glaubst du nicht, dass es auffallen wird, wenn sich zwei von fünf Bandmitgliedern nichts zu sagen haben?“
Er schaute in Zacs Gesicht und bemerkte, dass dessen hellgraue Augen steinhart wirkten, als er seinen Blick erwiderte. Aus dem Milchbubi von damals mit dem leicht pausbäckigen Gesicht war ein knallharter Kerl geworden, der sich nichts vormachen ließ.
„Ich sag dir, wie es laufen wird“, erklärte Zac freundlich. Diese Freundlichkeit kaufte Dean ihm keine Sekunde lang ab, denn in der Stimme seines Bandkollegen und ehemaligen Freundes klang eine schneidende Schärfe mit, deren Bedeutung sogar ein Taubstummer kapiert hätte. „Sollte es so weit kommen, dass wir dieses Comeback durchziehen und dass die Plattenfirma uns auf eine Promotour schickt, dann werden wir beide kameradschaftlich nebeneinander auf Talkshowsofas sitzen, Scherze miteinander machen und so tun, als wären wir die besten Freunde. Sobald weder eine Kamera noch ein Mikrofon in unserer Nähe ist, gehst du mir aus dem Weg und sprichst mich am besten auch nicht an. Kapiert?“
Obwohl er – warum auch immer – einen Kloß in der Kehle hatte, brummte Dean düster: „Kapiert.“
Als ein Taxi vor ihnen hielt, nickte Zac dem Fahrer zu und erklärte an Dean gewandt, ohne ihn anzusehen: „Du kannst dir ein anderes Taxi nehmen.“