Читать книгу Rudi und der Taschendrache - R. Seybold - Страница 5
Dicke Luft um Hupfi
ОглавлениеRudi reitet auf seinem Pferd durch den Wilden Westen. Seine feuerroten Haare wirbeln durcheinander. „Juhu! Jaaa! Wir schnappen die Bösewichter! Lauf’ schneller, Hupfi!“ Der vierjährige Junge tätschelt den Kopf seines Pferdes. Natürlich ist es kein echtes Pferd. Klar. Wo gibt es schon ein gelbes Pferd mit blauen Punkten und einem grünen Kopf? Hupfi ist aus Gummi, und Papa hat ihn mit einem Blasebalg aufgepumpt, bevor er zur Arbeit musste. „Kann ich mitspielen?“ Rudi dreht sich um und blickt mit der finster aufgesetzten Miene eines Cowboys zu seinem Freund, dem Taschendrachen. „Nö, ich spiel’ alleine“, ruft er und hüpft wild in seinem Zimmer herum. „Ach, lass’ mich doch mitspielen.“ Rudi möchte den Drachen nicht reiten lassen, auch wenn dieser scheinbar trotzig die Arme hinter dem Rücken verschränkt und von einem Bein auf das andere tippelt. Nein. Das ist sein Pferd und er reitet. Jetzt. Und nachher auch!
Nei-en. Du bist viel zu klein“, antwortet der Junge garstig und sieht, wie sich das Gesicht des Drachens von grün in rosa verfärbt. „Wenn du mich nicht mitspielen lässt, dann bin ich nicht mehr dein Freund.“ Das Rosa wird nun puterrot. „Püh, ist mir doch egal. Dann spiel ich eben mit meinem Hupfi.“ Immer höher und weiter hüpft Rudi. Doch plötzlich – bumm – zerplatzt das Pferd unter dem Jungen. Er landet unsanft auf seinem Popo. Erschreckt blickt sich Rudi um. Hinter ihm steht der Taschendrache und hält sich die Nase zu. Aus den winzigen Nasenlöchern schlängeln sich dunkle Rauchwölkchen. „Das hast du mit Absicht gemacht! Blöder Drache!
Ich will dich nie mehr sehen!“, schreit Rudi und weint über sein zerplatztes Pferd. „Aber, das wollte ich nicht“, entschuldigt sich der Taschendrache bei ihm. „Das ist mir egal. Geh’ weg!“ Rudi sieht den kleinen, grünen Freund mit hängendem Kopf und still weinend zur Zimmertüre gehen. Eine dicke Drachenträne läuft über seine Wange und tropft mit einem Pitsch auf den Boden. Das macht Rudi noch trauriger. Er erinnert sich daran, wie er noch vor wenigen Wochen ganz alleine war, weil Mami keine Zeit zum Spielen hatte. Und eines Tages tauchte plötzlich der Drache in einer Tüte Gummibärchen auf. Er war einfach da und Rudi zunächst ziemlich erschrocken. Seitdem haben sie viel erlebt und oft gelacht. Es wäre schade, wenn der kleine Drache jetzt einfach gehen würde. Rudi steht auf und rennt zu seinem Freund. „Entschuldige bitte, bleib da. Wir sind doch Kumpels, oder?“ Der Taschendrache dreht sich um und fliegt mit seinen kleinen Flügelchen auf Rudis Schulter. „Ich hab’ dein Pferd nicht mit Absicht kaputt gemacht. Ich hatte mich doch nur so geärgert, weil ich nicht mitspielen durfte und da …“ Der Drache stockte.
„Da ist mir mein Feuer einfach rausgerutscht. Es tut mir so Leid.“ Die beiden umarmen und drücken sich. Über Rudis sommersprossige Wange rutscht eine kleine Träne. „Mir tut es Leid, dass ich dich nicht mitspielen lassen und so geärgert hab’.“ Sie schauen sich tief in die Augen. „Jetzt können wir wohl das Kriegsbeil begraben.“ „Aber eine Friedenspfeife wollen wir nicht rauchen. Für heute hatten wir genug Feuer“, lacht ihn der Taschendrache an. An diesem Abend schlafen beide friedlich ein. Rudi in seinem Hochbett und der Taschendrache, wie immer, auf der Fensterbank – und Hupfis Pelle liegt als Tischtuch auf dem Kindertisch.