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KAPITEL 6

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Wegen seiner Größe und seines offensichtlich westlichen Aussehens war Dan nur wenige Schritte gegangen, bis ihn einer der Soldaten bemerkte und ansprach.

»Wer sind Sie?«

Dan hielt seine Hände in die Höhe, um den jüngeren Mann zu beruhigen, und ging dann langsam auf ihn zu. »Ich bin von der Eastern Commercial Insurance«, sagte er. »Zwei Personen, die für uns arbeiten, sind hier momentan untergebracht. Haben Sie die beiden gesehen? Was ist denn überhaupt hier los?«

Die Haltung des Soldaten entspannte sich daraufhin etwas, obwohl seine Gesichtszüge immer noch müde wirkten. Er deutete in Richtung seines befehlshabenden Offiziers, der gerade mit einem hochrangigen Polizisten sprach. »Darüber sollten Sie besser mit Captain Bassam reden«, antwortete er.

Dan dankte ihm und ging nun auf die leitenden Beamten zu. Dort wiederholte er seine Vita.

»Captain Amjad Bassam«, sagte der Armeeoffizier und schüttelte Dan die Hand, »und das ist Farid Galal von der Anti-Terroreinheit.«

»Was ist denn los?«, wiederholte Dan seine Frage. »Zwei unserer Mitarbeiter wohnen hier. Ich habe etwas von einem Angriff auf das Lager gehört. Stimmt das?«

»Mr. Taylor«, begann Galal, »ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass einer Ihrer Mitarbeiter, Benji van Wyk, bei dem Angriff getötet wurde. Es gab leider viele Opfer.« Er deutete auf die Reihe von Leichen, die darauf warteten, vom Gerichtsmediziner weggebracht zu werden. »Es tut mir sehr leid.«

»Was ist mit Anna Collins? Wo ist sie?«

Galal bewegte sich unbehaglich und warf Bassam einen mahnenden Blick zu.

»Wir wissen es nicht«, antwortete der Captain nach kurzem Schweigen. Er deutete mit dem Kopf auf seine Soldaten. »Wir haben das gesamte Gelände durchsucht, seit es als sicher erklärt worden ist, haben sie aber nicht gefunden.«

Dan schluckte. »Glauben Sie etwa, dass sie entführt worden ist?«

Bassam zuckte mit den Schultern. »Es ist noch zu früh, um etwas Genaueres dazu zu sagen.«

»Aber wenn sie nicht hier ist, dann könnte sie entführt worden sein, oder nicht?«

»Mr. Taylor«, erwidere Galal. »Wir stehen noch ganz am Anfang unserer Ermittlungen. Der Angriff ist erst vor wenigen Stunden geschehen. Wie Captain Bassam Ihnen schon mitgeteilt hat, können wir jetzt noch nichts dazu sagen.«

Dan atmete laut aus und ließ seinen Blick über die kleine Menge, die sich beim Empfangsgebäude des Lagers versammelt hatte, gleiten. Einige Arbeiter trugen noch immer ihre Signalkleidung und alle sahen vollkommen verzweifelt aus. Viele saßen in kleinen Gruppen zusammen, während zwei Frauen, die anscheinend zum Lagerpersonal gehörten, weinten, während ihre Kollegen sie zu trösten versuchten.

»Wer hat das getan?«

Galal blickte Bassam kurz an, bevor er sprach. »Es sieht wie das Werk einer sahrauischen Miliz aus«, begann er. Er zuckte mit den Schultern. »Was soll ich sagen? Das ist für uns ein großes Problem. Es gibt viele Einheimische, die nicht zu schätzen wissen, dass wir die Chancen für die Menschen in diesem Land erhöhen wollen, und daher jede Gelegenheit nutzen, um zu versuchen, das Gleichgewicht ins Kippen zu bringen.«

Dan nickte, behielt seine Gedanken aber für sich. Obwohl er mit der Politik des Landes nicht einverstanden war, erklärten die Worte des Polizisten zumindest ein Stück weit die Anwesenheit der Armee vor Ort.

»Dann war es also nicht Al-Qaida?«, fragte er.

Bassam schüttelte den Kopf. »Nicht in diesem Gebiet«, antwortete er. »Sie operieren viel weiter nördlich von hier, näher bei den Flüchtlingslagern. Dort kann man leichter rekrutieren.«

»Kann ich bitte Ms. Collins' Unterkunft sehen«, fragte Dan, »wenn es Ihnen nichts ausmacht?«

»Wir haben ihr Zimmer bereits mehrmals durchsucht«, erklärte Bassam. »Sie ist nicht zurückgekommen.«

»Ich weiß das zu schätzen«, meinte Dan. »Aber es gibt potenziell vertrauliche Unternehmensdokumente, die gerade offen herumliegen könnten. Ich möchte nur dafür sorgen, dass alles, was zu Eastern Commercial gehört, auf sichere und korrekte Weise geborgen und dokumentiert wird.«

Er wusste, wie pompös und gefühllos das klang, aber er musste sich Annas Zimmer unbedingt allein ansehen, denn er musste sicher sein, dass sie sich nicht mehr im Lager befand, und wenn sie entführt worden war, wollte er überprüfen, ob sie es nicht irgendwie geschafft hatte, Hinweise auf ihren aktuellen Aufenthaltsort zurückzulassen.

Galal seufzte. »Ich werde mit Ihnen gehen«, sagte er. »Obwohl ich Ihnen versichern kann, dass Sie nichts finden werden.«

»Vielen Dank.«

Dan schüttelte Bassams Hand zum Abschied und folgte Galal dann über den Parkplatz zum Empfangsgebäude.

Er spürte die Blicke der Minen-Mitarbeiter, während er sich seinen Weg durch die kleine Menge bahnte, und konzentrierte sich deshalb auf den Rücken des Polizisten, als sie auf einen schmalen Weg abbogen.

Auf seiner gesamten Länge waren Scheinwerfer angebracht worden, und mehrere Blutflecke, die auf den Weg und die Betonwand des Empfangsgebäudes gespritzt waren, erregten Dans Aufmerksamkeit.

Er schluckte schwer. Es war schon einige Jahre her, dass er so ein Blutbad gesehen hatte, und er hatte es geschafft, die meisten dieser Erinnerungen tief in sich zu vergraben. Er ballte seine Fäuste und konzentrierte sich auf seine Atmung.

Der Weg endete und die dahinter liegende Fläche öffnete sich zu einer Gruppe von provisorischen Bungalows, die durch eine gut durchdachte Landschaftsgestaltung etwas abseits lagen. Das gab der Unterkunft einen fast resort-ähnlichen Charakter.

»Hier wohnen die Gäste der Mine«, erklärte Galal. »Das Camp der Minenarbeiter befindet sich in der anderen Richtung. Es ist etwas einfacher, aber dafür …« Er zuckte mit den Schultern.

»Kostengünstiger?«, schlug Dan vor.

»Genau.«

»Wie viele Gäste haben hier übernachtet?«

»Nur Mr. van Wyk und Ms. Collins«, antwortete der Polizist. »Sie kamen vor drei Wochen an.« Er zeigte auf einen Bungalow auf halber Strecke. »Das war die Unterkunft von Mr. van Wyk.«

Dan ging auf das Gebäude zu, ohne darauf zu warten, eingeladen zu werden.

»Mr. Taylor, bitte«, rief Galal und beeilte sich, ihn einzuholen. »Das ist wirklich nicht nötig. Ich glaube nicht, dass Sie sich das ansehen sollten.«

Dan erreichte den Absatz der Treppe, die zum Bungalow hinaufführte und blickte über seine Schulter. »Ist schon in Ordnung. Ich denke, das sollte ich schon, denn mein Unternehmen erwartet einen vollständigen Bericht von mir.«

Er schenkte dem Polizisten ein entschuldigendes Lächeln und richtete seine Aufmerksamkeit, als er die kurze Treppe zur hölzernen, überdachten Terrasse hinaufging, wieder auf das kleine Gebäude.

Ein forensisches Team arbeitete gerade im Licht einer Reihe von hellen Strahlern, die auf einem mobilen Gestell befestigt waren. Ihre Stimmen klangen gedämpft, während sie alle Beweise sorgfältig protokollierten.

Dan verschränkte die Arme vor der Brust, hielt sich von van Wyks Leiche fern und zwang sich zur Konzentration.

Ein Blutfleck bedeckte den größten Teil der Bodenfläche und hatte sich auf den nackten Holzbrettern und auf einer Schilfmatte, die sich neben der Haustür befand, verteilt. Die Kleidung lag verstreut auf dem Boden herum und das Badezimmer war ganz offensichtlich durchwühlt worden.

Das forensische Team hatte mehrere Markierungen auf dem Boden angebracht, vor denen einer der Männer jetzt hockte, um die ausgeworfenen Patronenhülsen sorgfältig in Plastiktüten zu verstauen.

»Das Ganze ist eine schreckliche Tragödie«, murmelte Galal. »Ihr Verlust tut mir sehr leid.«

»Wo sind seine Sachen?«, fragte Dan.

»Welche Sachen?«

»Er war geschäftlich hier. Sein Handy, sein Laptop. Solche Sachen halt.«

Der Polizist sprach daraufhin auf Arabisch mit einem der Forensiker, der den Kopf schüttelte.

»Es ist nichts davon da«, erklärte Galal. »Vielleicht hat er sie im Büro der Minengesellschaft gelassen?«

»Vielleicht«, entgegnete Dan. Er ging die Treppe hinunter und ließ seinen Blick über den Wohnbereich schweifen. »Welcher Bungalow ist der von Ms. Collins?«

»Hier entlang.«

Zwei weitere Scheinwerfer erhellten den Bereich zwischen den Bungalows, und Dan bemerkte, dass Galals Männer, die in der Umgebung patrouillierten, ihre Waffen offen zeigten.

»Wie viele Männer haben Sie momentan hier im Einsatz?«

»Insgesamt acht«, antwortete Galal. Er zuckte mit den Schultern. »Das ist leider alles, was meine Abteilung entbehren kann.« Er seufzte. »Deshalb brauchen wir diese neue Mine so dringend«, fügte er hinzu. »Wir brauchen unbedingt mehr finanzielle Mittel, um zu verhindern, dass solche Terroranschläge weiterhin in unserem Land passieren.«

Dan biss sich auf die Zunge. Es hatte keinen Sinn, mit diesem Mann einen Streit darüber anzufangen, dass sie selbst eine Besatzungsmacht waren. Nicht, solange er ihn auf seiner Seite brauchte und bis er herausgefunden hatte, was mit Anna passiert war.

Stattdessen wurde er langsamer, als der Mann am Ende der Reihe auf einen Bungalow zeigte, der etwas abseits von den anderen stand.

»Ich denke, Ms. Collins war ihre Privatsphäre wichtig«, meinte Galal. »Das ist ihrer, möglichst weit von allen anderen entfernt.« Er deutete auf die leeren Gebäude daneben. »Im Moment wohnt niemand sonst hier.«

So, wie es am Ende der Scheinwerferreihe stand, wirkte das kleine Gebäude vollkommen verlassen, und als Dan in den Schatten hineintrat und die kurze Treppe zur Tür hinaufging, fröstelte er unwillkürlich.

Das Licht im Raum war immer noch eingeschaltet und zeigte die Schäden, die im Gebäude entstanden waren, im vollen Umfang.

Das Bett war umgeworfen worden, jemand hatte einen Koffer ausgeleert, und die Kleidung lag auf dem Boden verstreut herum.

Dan trat über die Schwelle und ging auf eine Tür auf der Rückseite des Raumes zu, dann zog er an einer Schnur auf seiner rechten Seite und blinzelte, als ein helles Licht in dem kleinen Badezimmer aufflammte.

Nackte Regale säumten die Wand unter einem zerschlagenen Spiegel. Die Glassplitter waren in das darunter liegende Waschbecken gefallen.

Dan machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder zu Galal zurück, der wartend in der Tür stehen geblieben war.

»Ich würde gern meine Leute anrufen«, sagte er und zog sein Handy hervor. »Haben Sie etwas dagegen?«

»Natürlich nicht«, antwortete Galal, »das müssen Sie ja tun.«

»Kann ich mich anschließend noch kurz hier umsehen? Das würde mir bei meinem Bericht helfen«, meinte Dan. »Ich werde Ihren Leuten auch bestimmt nicht in die Quere kommen.«

Der Polizist sah einen Moment lang besorgt aus, schien dann aber einzusehen, dass der schnellste Weg, den Engländer wieder loszuwerden, der war, einfach einzuwilligen.

»Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen«, sagte er schließlich. »Ich sage meinen Männern Bescheid, dass sie Sie unterstützen sollen, falls Sie irgendwelche Fragen haben.«

»Vielen Dank«, antwortete Dan und schüttelte ihm die Hand. »Ich werde auch nicht viel Zeit brauchen.«

»Ich muss jetzt los«, sagte Galal. »Das wird eine lange Nacht werden.« Er nickte kurz und ging dann in Richtung seiner Männer, die vor der Unterkunft gegenüber von Annas Bungalow patrouillierten.

Dan prägte sich ganz genau ein, wo sich die zweite Polizeistreife befand, und begab sich anschließend in den Schatten, um Mels Nummer zu wählen.

»Ich bin’s«, begann er mit lauter Stimme, weil er wusste, dass sich Galal immer noch in Hörweite befand. »Ich bin jetzt im Minencamp. Es ist einfach schrecklich. Benji van Wyk ist tot, und niemand weiß, wo sich Anna Collins momentan aufhält. Du holst mir besser sofort Ludlow ans Telefon, denn ich habe keine Ahnung, was ich machen soll.« Er strich sich mit der Hand über die kurz geschorenen Haare und stellte sicher, dass sein Gesichtsausdruck besorgt genug war, als Galal noch einen verstohlenen Blick in seine Richtung warf.

»Hast du sie gefunden?«

»Negativ«, antwortete Dan, wobei er seine Stimme senkte und Galal im Auge behielt, der gerade seine Männer von den Bungalows weg in Richtung des Rezeptionsbereichs zurückführte. »Hier treiben sich jede Menge Polizei und Mitglieder der Armee herum, aber niemand davon hat sie gesehen.«

»Verdammt. Meinst du, dass sie wirklich entführt wurde?«

»Das Zimmer wurde zwar verwüstet, aber es sieht so aus, als wäre das eher aus Wut geschehen. Das einzige Zeichen für einen Kampf ist ein zerbrochener Spiegel im Badezimmer. Ich würde mehr Schäden vermuten, wenn sie gewaltsam hier herausgeholt worden wäre.«

»Das klingt alles irgendwie eigenartig.«

»Wie ist die derzeitige Situation?«, fragte David und schnitt damit Mels nächste Frage ab.

»Im Moment untersucht ein Forensik-Team van Wyks Zimmer«, antwortete Dan. »Sieht ganz so aus, als würden sie Annas vorerst links liegen lassen. Sie scheint irgendwie keine Priorität für sie zu haben. Draußen vor dem Camp liegen noch sechs weitere Leichen und drei Krankenwagen haben den Tatort bereits verlassen, sodass ich mir vorstellen kann, dass es im Krankenhaus von Laâyoune auch mehrere Verletzte gibt, mit denen wir uns ebenfalls beschäftigen sollten.«

»Wie ist dein Plan?«

»Ich werde mich jetzt erst mal weiter umsehen. Hier stimmt irgendetwas nicht, aber ich kann noch nicht genau sagen, was.«

»Glaubst du, die Angreifer sind noch immer in der Gegend?«, fragte David.

»Vielleicht. Im Moment patrouilliert die Polizei in diesem Teil des Lagers, aber du weißt ja so gut wie ich, dass Terroristen die Angewohnheit haben, sich gern länger in der Umgebung ihrer Anschläge herumzudrücken, für den Fall, dass sie noch mehr Schaden anrichten können.«

»Apropos falscher Ort zur falschen Zeit«, warf Mel ein. »Alles, was Anna tun sollte, war, die Lieferanten der Minengesellschaft zu überprüfen.«

»Davon bin ich ehrlich gesagt nicht überzeugt«, entgegnete Dan. »Van Wyks Sachen wurden durchsucht. Er war geschäftlich hier, oder? Also sollte es einen Laptop und ein Handy geben, aber nichts davon ist da. Die Vertreter von Polizei und Armee konnten mir nicht sagen, warum. In Annas Zimmer ist es das gleiche … keine Spur von einem Computer. Welche Sorte Terrorist stiehlt einen Laptop?«

»Woran denkst du?«, fragte Mel.

»Das war kein Fall von falschem Ort oder falscher Zeit«, erklärte Dan. »Alle anderen wurden nur erschossen, um es wie einen zufälligen Terrorakt aussehen zu lassen. Das war ein gezielter Angriff. Sie haben in Wirklichkeit nur nach Anna und Benji gesucht.«

GLÜHENDER SAND

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