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KAPITEL 5
ОглавлениеLaâyoune, Westsahara
Dan sog zischend die Luft ein, als die Nachmittagssonne, die den Asphalt unter dem Flugzeug erwärmte, in seine Augen traf. Er nahm seine Sonnenbrille aus dem neuen Rucksack und stieg die Stufen der am Rumpf befestigten Gangway hinab.
Der Flug war ereignislos verlaufen, ein kurzer, einstündiger Hüpfer von Marokko in das besetzte Gebiet, der ihm aber wenigstens die Möglichkeit geboten hatte, das kurze Dossier durchzuarbeiten, das Mel ihm gegeben hatte.
Er hatte sich auf dem Flughafen in Essaouria mit neuer Kleidung eingedeckt und ein Paar leichte Trekkingstiefel, ein langärmeliges Hemd, ein schlichtes marineblaues Sweatshirt, saubere Unterwäsche und ein Paar Jeans gekauft.
Die angebotene Plastiktüte für seine Einkäufe hatte er abgelehnt und stattdessen, zur Verwirrung des Mädchens, das ihn bedient hatte, die Anhänger abgerissen und die Kleidung einfach achtlos in seinen Rucksack gestopft.
Auf dem Weg zum Gate hatte er einen Blick auf ein Juweliergeschäft geworfen und war versucht gewesen, eine neue Taucheruhr zu kaufen und der Kreditkarte Ihrer Majestät damit echten Schaden zuzufügen, hatte sich dann aber doch dagegen entschieden, denn wenn er sich zu viele Freiheiten herausnahm, würde Mel die Karte garantiert sperren lassen, und er wusste noch nicht, was ihm bevorstand oder was er vielleicht brauchen würde, um Anna Collins zu finden und sie in Sicherheit zu bringen.
Während er den anderen Passagieren über den Asphalt zum Zollgebäude folgte, begann er noch einmal im Kopf seine unmittelbaren Pläne durchzugehen.
Nachdem er die Zollformalitäten hinter sich gebracht hatte und sein neuer Reisepass eingehend geprüft worden war, wurde er durch die Absperrungen gewunken und betrat den Ankunftsbereich. Er entdeckte den Stand der Autovermietung ohne Probleme, denn es gab nur einen, doch die Warteschlange begann zu wachsen, als er seinen Platz in der Reihe einnahm.
Nach dreißig Minuten, in denen er nur Schritt für Schritt vorangekommen war, erreichte er endlich den Schreibtisch des gestressten Mitarbeiters der Vermietungsfirma und mietete einen brandneuen SUV. Dann wagte er sich durch die Vordertüren des Ankunftsbereichs nach draußen.
Als er sein vorbestelltes Fahrzeug gefunden hatte, hatte ihn die trockene Hitze bereits die Kehle ausgedörrt und er musste erst mal fünf Minuten mit voll aufgedrehter Klimaanlage auf dem Fahrersitz sitzen bleiben, bevor er die Wagentür schloss und sich mit den Bedienelementen vertraut machte.
Kurze Zeit später fuhr er vom Flughafen aus auf die Autobahn, die nach Süden zur Phosphat-Mine und zu dem Camp führte, wo Anna Collins zuletzt gesehen worden war.
Zehn Minuten später fand er einen Truck-Stop und bog auf den staubigen Parkplatz ab, verriegelte die Fahrzeugtür und betrat den kleinen Laden, wo er sich mit Snacks und einer großen Menge Trinkwasser eindeckte, bevor er seine Fahrt fortsetzte.
Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete, wenn er im Camp angekommen war, oder wann er und Anna es schaffen würden, einen Flug außer Landes zu bekommen … falls er sie überhaupt finden würde.
Er versuchte nicht an die beiden Alternativen zu denken; dass er zu spät sein oder dass sie spurlos verschwunden sein könnte.
Sobald er die Stadt verlassen hatte, führte die Schnellstraße in Richtung Süden und die Landschaft verwandelte sich wieder in felsiges, flaches Gelände. Dan erinnerte sich an ein arabisches Wort aus seiner Zeit im Mittleren Osten – hamada –, das die schroffe Erde und ihre kläglichen Versuche, das Leben zwischen den Steinen und Felsbrocken aufrechtzuerhalten, beschrieb.
Der SUV rumpelte über Schlaglöcher und Risse in der Straße, deren Asphalt durch eine Kombination aus den extremen Wüstentemperaturen und den Lastwagen, die unentwegt zwischen der neuen Mine und der Hauptstadt hin und her donnerten, um die schweren Baumaschinen zu transportieren, aufgebrochen worden war. Hier und da lagen auch tote Füchse und Kaninchen am Straßenrand, Opfer des erhöhten Verkehrsaufkommens.
Dans Finger umschlossen das Lenkrad etwas fester, und er zwang sich, sich auf die vor ihm liegende Straße zu konzentrieren. Er durfte es nicht riskieren, am Steuer einzuschlafen und vor einen der Lastwagen zu geraten, die ihm auf der Gegenfahrbahn entgegenkommen könnten.
Nach zwanzig Minuten machte die Straße einen Bogen nach links und die untergehende Sonne leuchtete jetzt über Dans Schulter auf eine lange Stahlkonstruktion, die sich so weit erstreckte, wie er sehen konnte.
Er stellte fest, dass es das Förderband war, dass das Phosphat-Erz von der bereits vorhandenen Bou Craa Mine bis zum Hafen von Laâyoune transportierte. Laut dem von Mel zusammengestellten Informationsmaterial, hofften die neuen Minenbesitzer, dieses Förderband gegen eine Bezahlung auch zum Transport ihres eigenen Erzes nutzen zu können.
Die Straße machte eine lang gezogene Kurve und folgte dann dem Förderband in südöstlicher Richtung. Die stählernen Türme der Strommasten wechselten von einer Straßenseite zur anderen und lieferten die nötige Energie, um das Förderband Tag und Nacht in Betrieb halten zu können.
Als die Scheinwerfer der Gerüste, die über die Bou Craa Mine hinausragten, am Horizont auftauchten, war die Sonne bereits verschwunden und Dunkelheit umhüllte den SUV von allen Seiten.
Dan hatte komplett vergessen, wie abrupt in der Wüste die Nacht hereinbrach. Es gab keine Dämmerung und kein sanftes Hinübergleiten in die Dunkelheit. Er griff nach vorn und schaltete die Klimaanlage aus, anschließend ließ er die Scheibe hinunter, denn bereits jetzt war die Temperatur draußen deutlich gesunken, und er ahnte, dass er für das Sweatshirt, das er am Flughafen gekauft hatte, noch dankbar sein würde.
Als er sich einer Straßenkreuzung näherte, wurde er langsamer und entdeckte einen Wegweiser, der ihn darauf hinwies, dass die neue Mine sechs Meilen entfernt war. Dan betätigte den Blinker, bog nach links ab und holperte dann mit dem Wagen über die nicht asphaltierte Straße, die die Hauptlast der Baufahrzeuge ertragen musste.
Er blinzelte erschrocken, als hinter einer Kurve plötzlich Scheinwerfer auftauchten und ein anderes Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit genau auf ihn zuraste.
»Was zum Teufel?«
Dan lenkte seinen Wagen zur Seite und fuhr an den Straßenrand, um das andere Auto passieren zu lassen.
Während er das tat, bemerkte er, dass es sich dabei um ein Polizeifahrzeug handelte, dessen beschriftete Wagenseite blitzschnell an seinem Fenster vorbeischoss. Ein zweites Fahrzeug folgte direkt danach, und im Licht der Rückleuchten des vorderen Wagens konnte er das Gesicht des Fahrers sehen … eine Maske der Konzentration.
Dan fluchte, als er erkannte, dass das andere Fahrzeug dem örtlichen Gerichtsmediziner gehörte.
Er lenkte seinen Wagen wieder auf die Straße zurück und drückte dann das Gaspedal durch, woraufhin der SUV förmlich die felsige Oberfläche entlang schoss.
Dan musste kämpfen, um zu verhindern, dass das Fahrzeug auf den losen Steinen und auf dem Schotter ins Rutschen geriet und legte die Entfernung bis zum Lager in nur wenigen Minuten zurück.
Beim Anblick all der blinkenden blauen Lichter auf dem Parkplatz der Unterkunft wurde ihm sofort schwer ums Herz und er atmete heftig, als er den SUV zum Stehen brachte.
Zwei Militärfahrzeuge waren an der Seite geparkt worden und Soldaten lungerten Zigaretten rauchend mit müden Gesichtern herum.
Zu ihrer Linken lagen sechs Gestalten unter weißen Laken, während sich gerade das Fahrzeug eines zweiten Gerichtsmediziners vom Parkplatz entfernte und in Richtung Schnellstraße fuhr.
Dan schaltete die Scheinwerfer aus und beobachtete die Situation einen Moment lang, damit er die Rangordnung unter den Beamten herausfand, die auf dem Grundstück herumliefen, dann zog er die Schlüssel aus der Zündung und legte seine Finger auf den Türöffner.
»Wird schon schiefgehen«, murmelte er und trat in die Nacht hinaus.