Читать книгу Prinzessin wider Willen - Rachel Hauck, Rachel Hauck - Страница 15
SECHS
ОглавлениеAm Küchentisch las Daddy das offizielle Dokument, das König Nathaniel II. unterzeichnet hatte. Er war zu leise. Zu ruhig.
»Daddy?«
»Hmmm«, grunzte er. »Ich lese.«
»Du hast die letzten zehn Minuten nur gelesen.«
Reggie schaute ihre Stiefmutter an, die mit ernster Miene neben Daddy saß. Über ihrer Schulter sah sie den Fernseher in der Ecke der Wohnküche, auf dem eine Polizeiserie im Standbild eingefroren war, mitten in einer Actionszene.
Den Kopf noch voll mit den aufwühlenden Neuigkeiten hatte Reggie die Werkstatt mit Mr. Burkhardt verlassen und war geradewegs zu Daddy und Sadie nach Hause gefahren. Das Einzige, wonach sie sich mehr sehnte als nach einer Dusche, um sich das Motoröl aus dem Gesicht zu waschen, war die Wahrheit.
Sie hatte Überraschung oder Schock erwartet, als sie Daddy und Sadie mit Mr. Burkhardt im Schlepptau in ihrem gemütlichen Freitagabendprogramm überrumpelte und verkündete, dass Uroma eine Prinzessin gewesen war.
»Was Mama, Gott sei ihrer Seele gnädig, auch zu einer Prinzessin machte. Und nun mich.«
»Daddy«, Reggie tippte vor ihm mit den Fingern auf den Tisch, »wusstest du davon?«
Sadie schlug die Handfläche auf die Tischplatte und schob ihren Stuhl zurück. »Mir ist nach Backen zumute.« Sie sprang vom Tisch auf. »Wer möchte gern Kekse mit Schokostückchen?« Sie buk immer, wenn sich das Leben als schwierig erwies.
»Backen?« Reggie sah zuerst Daddy, dann Sadie streng an. »Daddy, was genau erzählst du mir gerade nicht?«
»Ich fahr dann mal eben zum Laden.« Sadie schnappte sich ihre Handtasche von dem kleinen Küchenschreibtisch. Jawohl, tagsüber mochte sie die Filialleiterin ihrer Bank sein, nachts jedoch war sie eine Stressbewältigungsbäckerin.
»Sadie«, sagte Daddy, und der Klang seiner Stimme ließ sie anhalten. »Ich brauche hier deine Hilfe.«
»Hilfe?« Reggie schaute zwischen ihrem Vater und Sadie hin und her. Am Tischende saß Mr. Burkhardt und sah und hörte aufmerksam zu. »Welche Hilfe?«
»Ich hab dir doch gesagt, dass das passieren würde, Noble.«
»Wir konnten das nicht sicher wissen.« Daddy legte den Brief des Königs auf den Tisch und sah Sadie an. »Aber als ich es ihr erzählen wollte, hast du dich mit mir angelegt, Sadie. Du sagtest, es würde ihr zu Kopf steigen, und sie würde wegrennen.«
»Zu Kopf steigen?«, echote Reggie. »Wann soll das gewesen sein?«
Mit einem Ächzen ließ Sadie ihre Handtasche auf die Arbeitsfläche fallen. »Oh, als du 17 warst und deine rebellische Phase hattest. Dein Vater wollte es dir damals erzählen, weil er meinte, du würdest dich dann besser, besonders fühlen, und das sollte dir dann helfen, mit dem ganzen Stress des Abschlussjahres fertig zu werden. Aber ich habe dafür plädiert zu warten, ehrlich, wir wussten doch nicht, ob da wirklich etwas Wahres dran war …«
»Welche rebellische Phase?«, wollte Reggie wissen. »Ich bin ein paar Mal später als verabredet nach Hause gekommen und wollte die zweite Hälfte des Schuljahrs im Ausland verbringen.«
»Wir«, Sadie wies auf Daddy, »fanden es besser zu warten.« Sie faltete ihre Hände vor der Taille. Ihr sonst so engelhaft-fülliges Gesicht schien ganz abgehärmt und nachdenklich.
Sadie war eine von Mamas besten Freundinnen gewesen. Eine Karrierefrau, keine Ehefrau oder Mutter. Aber als Mama starb, war Sadie zur Stelle gewesen und hatte sich aufopfernd um Daddy und Reggie gekümmert. Ein Jahr nach Mamas Beerdigung hatte Daddy ihr einen Heiratsantrag gemacht.
»Warten worauf?«, fragte Reggie.
»Ich sollte wirklich was backen.« Sadie begann, Küchenschränke aufzumachen. »Mr. Burkhardt, mögen Sie Zuckerkekse?«
Tanner stand auf, knöpfte seine Anzugjacke zu und zog sich hinter seine Fassade aus Anstand und Manieren zurück. »Ma’am, das ist doch nicht nötig …«
»Oh doch, das ist nötig. Und ein einfaches ›Aber ja, ich mag Zuckerkekse‹ reicht völlig aus.« Sadie zog die Mehldose aus dem Schrank.
Er warf einen fragenden Blick auf Reggie. »Sie haben sie gehört. Sagen Sie einfach Ja«, sagte sie.
»Ja, Ma’am, ich mag Zuckerkekse.«
»Prächtig.« Sadie fuhr mit der Inventur ihrer Schränke fort. »Oh, schaut mal, ich habe bunte Streusel gefunden, die vom Vierten Juli übriggeblieben sind.«
Einen Moment lang war nur das Geklapper zu hören, das Sadie veranstaltete, während sie sich die Sachen fürs Keksebacken zurechtlegte. Dann griff Reggie nach dem Brief.
»Also ist das alles wahr?« Sie las laut vor: »Prinz Franz beabsichtigte, dass zum Ablauf des hundertjährigen Abkommens sein Erbe oder seine Erbin, wer auch immer das sein möge, nach Hessenberg zurückkommen und die Monarchie wiederherstellen soll …«
Sie las mit der Absicht, die Bedeutung jedes einzelnen Wortes aufzunehmen, aber dass sie die Erbin des Thrones des Hauses Augustin-Sachsen sein sollte, erschien ihr ebenso wenig möglich, wie einfach mal so auf den Mond zu fliegen.
Uroma war eine Prinzessin? Alice von Hessenberg? Es fühlte sich mehr danach an, als sei sie Alice im Wunderland. Reggies Herz konnte nicht verstehen, was ihr Kopf schon kaum fassen konnte.
»Ich habe alles hier, was ich brauche, um Zuckerkekse zu backen. Also doch keine Einkaufstour. Was sagst du dazu, Noble?«
»Überrascht mich kein bisschen, Sadie-Schatz.« Daddys tiefe Stimme füllte die Küche. »Und, ja, Reg, ich glaube wohl, dass das wahr ist.«
»Mr. Beswick«, fing Mr. Burkhardt an, »hat Ihnen Ihre Frau vielleicht einen Hinweis gegeben? Oder vielleicht hat Prinzessin Alice Ihnen die Geschichte Hessenbergs und des Abkommens über das Erblehen erzählt?«
»Also, erst einmal hat mir Reggies Mama etwas zugeflüstert, kurz bevor sie gestorben ist, etwas über Uromas Geheimnis. Aber da war sie mal mehr, mal weniger anwesend. Als ich sie um eine Antwort bat, wusste sie offenbar nicht, wonach ich sie gefragt hatte. Ich dachte, sie könnte auch einfach daran gedacht haben, wie Uroma mit Reggie Prinzessin spielte, wissen Sie.« Er schüttelte den Kopf. »Ungefähr eine Stunde später starb sie, und, naja, dann hatte ich andere Sachen im Kopf als dieses Gemurmel über eine Prinzessin.«
»Es tut mir natürlich alles sehr leid, Mr. Beswick.«
»Ihnen braucht das nicht leidzutun. Sie waren nicht der Vollidiot, der über die rote Ampel und meiner Frau mit voller Wucht in die Seite raste.« In den 17 Jahren seit ihrem Tod hatte der allgegenwärtige Schmerz stets einen dunklen Schatten auf Daddy geworfen, wenn er über Mamas Unfall sprach. Und in diesen Momenten brach auch aus Reggies Herz immer eine neue Welle aus Trauer und Verlustgefühlen hervor.
»Also, dann hast du Uroma gefragt?« Wie hätte er sonst auf die Idee kommen können, sie in ihrer »rebellischen Phase« einzuweihen?
Reggie warf einen Blick auf Sadie, die geschäftig in der Küche herumwühlte. Rebellion … Worüber redete sie eigentlich? Reggie hatte ebenso häufig rebelliert wie Sadie Beswick eine weihnachtliche Backsaison verpasste. Nämlich nie.
»Ich bin tatsächlich irgendwann einmal dazu gekommen, ja. Ein paar Monate später.« Daddys Stimme fesselte Reggies Aufmerksamkeit und packte ihr Herz. »Als ich eines Abends nach dem Essen noch an ihrem Bett saß und, also weißt du«, Daddy gluckste, als schien ihm das alles ein bisschen zu albern, »da sagte ich dann also: ›Uroma, bevor Bettin starb, sagte sie etwas darüber, dass sie eine Prinzessin sei.‹«
»Was hat sie gesagt?« Reggie legte ihre Hand auf Daddys Arm.
Der zuckte mit den Schultern. »Sie sagte, jetzt, wo Bettin gestorben ist, sei Regina die Prinzessin.« Daddy kratzte sich am Kopf und sah zu Mr. Burkhardt hinüber. »Uroma nannte Reggie stets bei ihrem vollen Namen. Egal, ich fragte sie jedenfalls, was sie meinte, und ihre Augen wurden irgendwie trübe. Dann murmelte sie etwas von wegen, Reg sei ›meine Prinzessin‹, und ich dachte, ›na, schönen Dank auch, jetzt ist sie wohl in ihrem Wolkenkuckucksheim angekommen und denkt daran, wie sie früher mit Reg Verkleiden gespielt hat. Genau wie Bettin.‹ Oder vielleicht wollte sie mir auch sagen, dass Reg meine Prinzessin sei.« Daddy klopfte sich auf die Brust. »Mein Mädchen, behandle sie wie eine Prinzessin.«
»Ihr Wolkenkuckucksheim?« Mr. Burkhardt beugte sich zu Daddy.
»Hier.« Daddy tippte sich gegen die Schläfe. »Diese Momente, wenn sie – wie wir glaubten – nicht mehr ganz bei sich war. Je älter sie wurde, desto mehr redete sie von ihrer Vergangenheit. Ihrer Kindheit in Hessenberg, von einem alten Stall und jemandem namens Reinhart.« Daddy fuhr sich mit der Hand übers Kinn. »Von ihrer Mama, ihrem Onkel. Ihrer Schwester Esmé. Von Leuten, die ich nie getroffen habe. Die waren alle schon von ihr gegangen, übern Jordan.
Wir konnten uns keinen Reim darauf machen. Ich nehme an, wir hätten sie ernster nehmen sollen. Aber sie hatte so viel Kummer erlebt … eine Witwe, die erst ihre Tochter und dann ihre Enkeltochter verlor. Nachdem Bettin gestorben war, schien Uroma ziemlich viel Zeit im Wolkenkuckucksheim zu verbringen. Sadie und ich nahmen an, dass es ihr etwas Frieden brachte, sich in ihre Kindheit zu flüchten, dass es ihr beim Trauern half. Himmel, alle ihre Blutsverwandten waren tot, bis auf Reg. Wenn man hundert Jahre alt wird, überlebt man die meisten seiner Leute. Deshalb ließen wir Uroma einfach machen. Es hätte doch nichts genutzt, sie zu korrigieren.«
»Wie wär’s, wenn ihr mir davon erzählt hättet?«, forderte Reggie. »Es hätte vielleicht etwas genutzt, mir davon zu erzählen.«
»Um ehrlich zu sein, ergab das alles für mich einfach keinen Sinn. Eine Prinzessin? Echt jetzt? Als du 17 warst, habe ich darüber nachgedacht, dir davon zu erzählen, wie Sadie schon sagte. Aber wir sprachen dann darüber, und, nun ja, es klang einfach irgendwie albern. Vielleicht, weil wir keine Beweise hatten, weil wir es einfach nicht richtig wissen konnten.« Daddy schüttelte den Kopf, schob sich vom Tisch weg und ging ins Wohnzimmer, um ein paar Minzbonbons zu holen.
Als er zurückkam, bot er Mr. Burkhardt eines davon an, der mit einem freundlichen »Nein, danke« ablehnte.
»Sie hat dir an dem Tag damals noch etwas anderes gesagt, stimmt’s, Noble?« Sadie stand bei ihnen mit einer Schüssel im Arm, in der sie mit einem großen silbernen Löffel einen Teig rührte.
»Was? Was hat sie gesagt?« Der Wunsch, es zu erfahren, es zu verstehen, ließ Reggie beinahe verrückt werden.
»Mehr von der gleichen Sorte.« Daddy warf sich ein Bonbon in den Mund und griff nach einem weiteren. Er war schlank und drahtig, weil er sein Leben lang harte körperliche Arbeit geleistet hatte. Sein dunkles Haar war dick und schwarz mit nur einem leichten grauen Hauch. Und wenn er lachte, sprühten seine blauen Augen Funken. »Sie war eine gute Frau, deine Uroma.« Seine Augen glänzten. »Ich vermisse sie. Egal, jedenfalls sagte sie etwas, als ich an dem Abend gerade das Zimmer verlassen wollte. Sie sagte, ›Noble, lass sie gehen, wenn die Zeit gekommen ist, hörst du mich? Sie wird das Herzogtum wieder aufrichten.‹ Dann murmelte sie wieder etwas darüber, dass du ihre Prinzessin seist.«
»Das Herzogtum wieder aufrichten?« Reggies Stimme hob sich voller Verwunderung. »Was hat das zu bedeuten?«
»Genau. Ich habe es abgetan«, sagte Daddy. »Ich dachte, vielleicht zitierte sie auch aus Der Krieg der Sterne oder so. Wir hatten gerade einen Filmmarathon mit Sadies Neffen hinter uns.« Er sah seine Frau an. »Weißt du das noch, Sadie?«
»Daddy, hast du dir die Sache nicht wenigstens einmal angeschaut?« Reggie strich sich mit den Fingern durchs Haar. Sie wollte wirklich gerne duschen, sich warmes Wasser übers Gesicht laufen lassen und die Reste der Schmiere abwaschen. Und die Reste dieses Gesprächs. Sie musste nachdenken.
Uroma … Hessenberg … Die Sache mit dem Abkommen.
»Nein, Reg, tut mir leid. Das habe ich nicht. Uroma und dich mit einem europäischen Königshof in Verbindung zu bringen war ungefähr so, als würde man eine Leiter zu den Sternen bauen wollen. Unmöglich. Ich kannte Alice Edmunds 15 Jahre lang, und sie hat über das, was ich dir gerade erzählt habe hinaus, nie angedeutet, adlig zu sein oder so etwas. Und deine Mama ebenso wenig.«
»Die Wahrheit ist nun aber, dass Alice Edmunds adlig war.« Mr. Burkhardt studierte Reggies Gesicht. »Und Ihre Tochter ist ihre Erbin. Alice hatte Recht. Ihre Tochter ist diejenige, die Hessenberg zu seinem souveränen Status zurückverhelfen kann. Uns unser Herzogtum zurückgeben, wenn man so will.«
Daddy konzentrierte sich schweigend darauf, sein nächstes Minzbonbon auszupacken. »Und Sie wollen mir nun sagen, dass die Zeit dafür jetzt gekommen ist, Mr. Burkhardt?«
»Ja, ganz genau.« Mr. Burkhardt wies auf die Dokumente, die auf dem Tisch lagen. »Wir haben alles hier. Die Vereinbarung zwischen Brighton und Hessenberg endet am 22. Oktober um Mitternacht. Wenn es keinen Erben auf dem Thron Hessenbergs gibt, wird Hessenberg vollständig zu einer Provinz von Brighton. Ungefähr so, wie die Normandie eine Provinz von Frankreich ist oder die Toskana eine Provinz von Italien. Es wird seinen Status als souveräne Nation verlieren. Für immer. Es sei denn, Hessenberg wäre bereit, den Krieg zu erklären und sich die Unabhängigkeit unter Blutvergießen zurückzuerobern. Und das ist zu diesem Zeitpunkt keine Option.«
Reggie stand auf und begann, um den Tisch herumzutigern. »Das hoffe ich doch sehr, dass das keine Option ist, Mr. Burkhardt.« Sie war es leid, ihn so förmlich anzureden, aber solange er sie Miss Beswick nannte, würde sie ihn Mr. Burkhardt nennen. »Warum können Sie das Abkommen nicht einfach für nichtig erklären? Die Männer, die die Vereinbarung getroffen haben, sind doch alle tot.«
»Das ist keine Übereinkunft, die ein paar Jungs auf dem Schulhof getroffen haben. Handschlag, draufgespuckt, fertig. Es ist ein bindendes Abkommen. Mit allen Rechten und Einschränkungen, anerkannt durch die europäischen Gerichte. Wir können das Abkommen nicht einfach für nichtig erklären. Die USA haben Ihre Verfassung ja auch nicht für nichtig erklärt, nur weil die Männer, die sie unterzeichnet haben, alle tot sind.«
»Ich verstehe nicht, warum das so wichtig ist. Sie sind hundert Jahre lang von Brighton regiert worden. Wäre es da so schlimm, wenn Hessenberg dauerhaft ein Teil Brightons würde?«
»Wenn es Ihnen recht ist«, Mr. Burkhardts Miene wurde eisern, »dann würden wir gerne eine selbstständige Nation bleiben. Unser eigenes Schicksal bestimmen. Die Menschen von Hessenberg sind ein patriotisches und stolzes Volk. Auf einer praktisch greifbareren Ebene verschmelzen außerdem zwei Volkswirtschaften ineinander. Es ist der Wunsch beider Länder, dass Hessenberg mit dem Ende des Abkommens wieder zu einer vollwertigen, unabhängigen und souveränen Nation wird.«
»In Ordnung, und wo kommt da nun meine Reg ins Spiel?« Daddy warf das Bonbonpapier in den Mülleimer. Als er den Eimer verfehlte, warf Sadie einen entsprechenden Kommentar hinterher. »Und mal ehrlich, woher wissen wir denn, dass Sie echt sind? Woher wissen wir, dass diese amtlich aussehenden Papiere nicht gefälscht sind?«
»Das sind gute, vernünftige Fragen.« Mr. Burkhardt überflog die Dokumente, die auf dem Tisch lagen und suchte eins aus, das er Daddy vorlegte. »Sehen Sie mal hier, das hier ist das Monogramm des Königs, und hier ist sein Siegel.«
Reggie hörte mit halbem Ohr zu und nutzte den Augenblick, um den Besucher aus Hessenberg mit ihren Herzensaugen zu studieren. Welchen Anteil hatte er an dem Ganzen? War das einfach nur ein Auftrag von vielen für ihn? Folgte er nur einer Anweisung des Königs? Aber wenn Hessenberg sich von Brighton lossagen würde, wäre dieser nicht mehr Mr. Burkhardts König.
Erhoffte Mr. Burkhardt sich eine Beförderung, wollte er eine bestimmte Position erlangen, oder war er einfach nur ein loyaler Diener? Da traf Reggie eine Erkenntnis mitten ins Herz …
»Wenn ich das mache, bin ich dann Ihre Chefin?«
Er sah zu ihr hinüber, sein Ausdruck, die klare Linie seines markanten Kinns zeigten keinerlei Hinweis auf seine Gefühle. Nichts jenseits der Oberfläche. Er sah gut aus, hatte den Körper eines Athleten mit dem Auftreten eines weltgewandten Anzugträgers.
»Sie werden meine Regentin sein, ja.«
»Und damit kämen Sie zurecht? Mit mir? Eine Autoliebhaberin, die sich über ihr Wahlrecht hinaus wenig aus Politik macht, soll Ihnen sagen, was Sie zu tun und zu lassen haben?«
Er richtete sich auf. »Wenn ich Ja sage, kommen Sie dann mit nach Hessenberg?« Tiefe Stimme, ganz sachlich, außerordentlich ernst.
»Lächeln Sie eigentlich überhaupt mal?«, fragte Reggie.
Ein sehr weiches, schwaches Lächeln huschte über seine Lippen. »Wenn ich Ja sage, kommen Sie dann mit?«
»Kommt darauf an.« Sie verschränkte die Arme. »Sie haben heute Abend doch die Corvette auf dem Hof gesehen, oder?«
»Welche Corvette?«, fragte Daddy.
»Oh, Daddy.« Aufregung sprudelte in ihrer Brust. »Hast du Urban Jessup mal getroffen? Er ist einer von Marks Freunden.«
»Dieser Überflieger-Anwalt aus dem Serienmörder-Prozess?«
»Ja, den meine ich. Egal, der jedenfalls hat einen 53er Vet gekauft. Einen von den Originalen.«
»Ho, ho, ho, Reg.« Ein Funkeln leuchtete in Daddys Augen. »Eines deiner Traumautos. Gott lächelt dich an!«
»Ich konnte es nicht glauben, als er damit auf den Hof fuhr. Und stell dir vor, er wollte ihn selbst restaurieren.«
»Und du hast ihn davon abgebracht.«
»Jawoll, das habe ich!« Daddy gab Reggie ein High Five.
»Miss Beswick.« Mr. Burkhardt atmete aus, und es klang stark danach, als wäre das beinahe sein letzter Atemzug. »Wir brauchen Sie umgehend in Hessenberg.« Nicht eine Spur war übriggeblieben von dem Versuch eines Lächelns.
»Für wie lange? Was muss ich tun?« Reggie wandte sich ihm wieder zu. Al und die Jungs würden schon einmal mit dem Vet anfangen können. Sie würde Urban nur ungern warten lassen. Und für die spaßigen Sachen wäre sie ja längst wieder zurück.
Außerdem wäre es schon irgendwie cool, Uromas Geburtsort zu besuchen und ein bisschen ihre eigenen Wurzeln und ihr, na ja, Erbe, kennenzulernen.
»Sie werden …« Mr. Burkhardt blätterte durch die Papiere und zeigte erste Anzeichen eines feinen Risses in seiner stählernen Fassade. »Das ist jetzt ein bisschen heikel.«
»Eben war es doch noch nicht heikel.«
Er erwiderte ihren Blick, und sein Selbstvertrauen kehrte zurück. »Das wird sich in Ihren Ohren als Amerikanerin jetzt ungewöhnlich anhören, aber Sie werden sich darauf vorbereiten, den Eid auf die Krone zu schwören. Dann werden Sie Ihren Platz als Staatsoberhaupt einnehmen, und es wird eine vollumfängliche Krönung stattfinden.«
»Eid? Staatsoberhaupt?« In ihrer Überraschung wiederholten Reggie, Daddy und Sadie die Worte in schönster Harmonie.
»Wenn Sie den Eid einmal geleistet haben, werden Sie auch offiziell die Erbin und damit rechtlich befugt sein, das Ende des Abkommens zu unterzeichnen. Dadurch werden Sie auch, wenn Sie das denn wollen, das Großherzogtum erben und es zu seinem Status als vollwertige Nation zurückführen. Dadurch werden Sie unser Oberhaupt, unter dem sich unsere Regierung formieren kann.« Mr. Burkhardt bot ihr ein Dokument an. »Wir haben einen Überblick der Dinge zusammengestellt, die stattfinden müssen.«
Reggie zögerte und griff dann nach dem Papier. Sie überflog die aufgelisteten Punkte. Nach Hessenberg zurückkehren. Sich mit der Hauptstadt, Strauberg, und dem Palast, Meadowbluff, vertraut machen. Sich auf den Throneid vorbereiten. Die Führungskräfte des Parlaments treffen.
All das, um einem kleinem Großherzogtum zu seinem Status als ordentliche Nation zurückzuverhelfen? In ihrem Herzen läuteten die Alarmglocken immer lauter. Das Papier bebte in ihren kalten, zitternden Händen. Eine Sekunde später konnte sie sich nicht mehr genug konzentrieren, um zu lesen.
»Mr. Burkhardt«, sie ließ das Papier auf den Tisch sinken. »Ich … ich verstehe das nicht. Wie ist es möglich, dass ich überhaupt eines dieser Dinge tun kann?«
»Weil Sie die Urgroßenkelin von Prinzessin Alice sind.« Er zeigte ihr eine Zeile auf der Zusammenfassung. »Sie ist der direkte Abkömmling eines gewissen Oscar Augustinus, der das Großherzogtum 1702 von der Regierungshoheit Preußens befreite. Er erklärte sich zum Großherzog von Hessenberg, einem Juwel auf der Schatztruhe voller Eisenerz, die die Nordsee darstellt. Die Menschen waren anfangs Leibeigene, aber er teilte das Land in Bauernhöfe und Minen auf und etablierte eine Verfassung und ein Parlament. Das Volk gedieh. Aber am Ende gehörte Hessenberg dem Hause Augustin-Sachsen. Als der Großherzog Prinz Franz, der Onkel Ihrer Urgroßmutter, Hessenberg dem Königtum Brighton überließ, dankte er von seinem Thron ab und gab seinen rechtmäßigen Besitz des Landes für die Dauer von hundert Jahren auf.«
Das Bild wurde langsam deutlicher. »Dann steht das Haus Augustin-Sachsen also kurz vor einem sensationellen Comeback.«
»Wenn denn der rechtmäßige Erbe gefunden wird.«
»Und dieser rechtmäßige Erbe wäre dann also ich.«
»Ja, Miss, das sind Sie.«
»Okay, dann mal bis später.« Reggie ging ohne einen Gruß, eine Entschuldigung oder auch nur ein »Sie-können-mich-mal« zur Haustür.
In der Küche veranstaltete Sadie ein gewaltiges Getöse, als sie ihre Backbleche aus dem untersten Fach des Küchenschrankes zerrte. Reggie verstand einfach nicht, wie die gute Frau es schaffte, ausgerechnet die Backwerkzeuge, die sie am häufigsten verwendete, zuunterst zu begraben. Aber so war sie nun einmal, ihre Stiefmama.
»Reg?«, rief Daddy.
»Miss Beswick, bitte warten Sie.« Mr. Burkhardt eilte ihr nach.
Reggie bewegte sich schneller. Wie ein Hund mit seinem Knochen, der Typ. »Ich muss gehen.«
Eine Prinzessin? Ein Eid? Eine Krönung? Lächerlich. Wenn Mr. Burkhardt nicht so verdammt ernst täte, hätte sie schwören können, dass jemand sie an der Nase herumführen wollte.
Keine Frau, die Reggie kannte, hatte jenseits ihres zwölften Geburtstags davon geträumt, eine Prinzessin zu sein. Gut, mal abgesehen von Mable Torres, die Miss Frühjahrs-Tallahassee sein wollte. Und Christi Selby, die zur Miss Florida gekrönt worden war. Aber das waren Prinzessinnen auf Zeit, ohne jegliche Autorität. Burkhardt verlangte von ihr, eine Nation zu gründen.
Eine Nation!
Nachdem sie die Stufen der Veranda hinter sich gelassen hatte, ging Reggie schnurstracks auf ihren alten 78er Datsun zu und tastete nach den Schlüsseln.
»Es ist überwältigend, nicht wahr?« Ein bisschen Freundlichkeit und Einfühlungsvermögen wärmten Mr. Burkhardts Worte.
»Sehen Sie, Mr. Burkhardt …«, Reggie warf ihre Tasche auf den Beifahrersitz. »Und, bitte, können wir uns duzen? Darf ich dich Tanner nennen?«
»Sicher.« Er hielt neben ihr an, die Hände hinter dem Rücken verschränkt
»Ich hätte nicht die geringste Ahnung, was ich mit deinem Land anfangen sollte.« Sie betrachtete ihn im hellen weißen Licht der Hoflampen in Daddys Einfahrt.
»Sie werden nicht allein sein, Miss Beswick.«
»Bitte. Reggie. Nenn mich Reggie.«
»Es gibt Berater. Wir haben jahrhundertelang als konstitutionelle Monarchie funktioniert, und das können wir auch wieder tun. Eigenständig. Wir haben einen Kern aus wahnsinnig guten Führungskräften, die Sie unterstützen werden. König Nathaniel II. und sein Premierminister beraten und unterstützen Sie in jeder Hinsicht. Und unser eigener Gouverneur ebenso.«
Papas dunkle Silhouette erschien auf der Veranda. Beobachtete sie. Wartete. Wahrscheinlich betete er auch. »Nach dem Eid, was dann?«
»Dann unterzeichnen Sie das Ende des Abkommens.«
»Was dann?«
Er zögerte. »Das wäre an Ihnen, Miss Beswick. Entweder Sie bleiben als amtierende Repräsentantin des Königshauses, verhelfen dem Hause Augustin-Sachsen zu neuem Glanz und unterstützen uns dabei, unsere neue Regierung zu bilden. Oder Sie danken ab und kehren nach Hause zurück. In dem Fall werden wir zum ersten Mal in unserer Geschichte unseren Weg ohne die Unterstützung eines Königshauses suchen und, da bin ich mir sicher, auch finden. In beiden Fällen werden wir aber wieder unabhängig und Ihnen sehr dankbar sein.«
»Abdanken? Du meinst, aufhören? Du heuerst mich für die Rolle der Prinzessin an und schickst mich dann nach Hause, um mein altes Leben weiterzuführen, so als wäre nichts gewesen?« Sie riss die Autotür auf, und die rostigen Scharniere knarrten und stöhnten. Ja, genauso fühlte sie sich auch.
»Wenn Sie nur …«
»Schauen Sie, Mr. Burkhardt – Tanner –, das hier, das bin ich.« Sie breitete ihre Arme aus und drehte einen kleinen Kreis. »Ein Mädchen aus Tallahassee. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich liebe meinen Job, sehen Sie – siehst du – das nicht? Ich liebe mein Leben. Bis auf einen gewissen Mark Harper, der zu viel erwartet, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Ich habe meine Freiheit, meine Freunde und meine Familie, meinen Glauben.«
Sie hatte gerade ihre Argumente für eine handfeste Absage vorgebracht. »Ich kann nicht.« Sie wandte sich wieder dem Auto zu. »Und ich werde nicht. Das ist verrückt. Ich kann nicht einmal ganz verstehen, was du mir da alles erzählt hast. Und, offen gesagt, will ich es auch nicht verstehen.«
»Werden Sie das nehmen? All das sorgfältig lesen?« Tanner hatte sich mit dem Diplomatenkoffer in der Hand genähert. Sein feiner Geruch reinigte die Luft zwischen ihnen. »Nehmen Sie das. Überprüfen Sie die Papiere. Sie werden sehen, dass Sie die einzige und wahre Erbin sind.« Als sie nicht nach der Akte griff, trat er einen weiteren Schritt auf sie zu. »Bitte. Es steht etwas darin, das Sie auf jeden Fall werden lesen wollen.«
»Was denn?«
»Lesen Sie einfach …« Er bot ihr das Dossier noch einmal an. »Ich habe eine Unterkunft in der Innenstadt von Duval. Meine Karte mit meiner Handynummer ist in der Seitentasche. Rufen Sie mich an. Bitte. Falls Sie irgendwelche Fragen haben.«
»Atmen, Blümchen«, rief Daddy von der Veranda herunter. »Nimm die Papiere. Lies sie. Denk darüber nach. Bete. Kann ja nicht schaden.«
Reggie ging um Tanner herum zur Veranda. »Daddy, auf wessen Seite bist du eigentlich? Willst du, dass ich wegziehe? Weit weg?« Sie wandte sich an Tanner. »Wie viele Meilen sind es bis Hessenberg?«
»Viertausendzweihundertzwölf Meilen.«
»Viertausend – heiliger Strohsack. Daddy, willst du, dass ich viertausend Meilen weit weg ziehe?«
»Du weißt, dass ich das nicht will.« Er ging einen Schritt nach unten, dann zwei. »Aber ich will auch nicht, dass du zu diesem Prinzessinending nein sagst, ohne die Sachlage zu überdenken und deine Möglichkeiten abzuwägen.«
»Du meinst, so wie du wolltest, dass ich für das Wirtschafts-Studium an die FSU gehe, weil es eine nette, sichere Karriere bot?«
»Hatte ich denn Unrecht?«
»Aber ich habe es gehasst.« Sie kniff die Augen zusammen, schirmte sie mit der Hand ab und versuchte, Daddy durch die Hintergrundbeleuchtung der Verandalampen zu sehen. »Ich glaube, du hast erst mit der Zeit angefangen, es zu hassen. Du warst rastlos, bist es immer noch, nehme ich an. Aber diese Wirtschaftsprüferstelle war der beste Weg, um schlussendlich das zu tun, was du wolltest, Reg. Du hättest deine Firma nicht ohne das Geld gründen können, das du angespart hattest, indem du die Konten anderer Leute in Ordnung gebracht hast. Das Gleiche ist hier der Fall. Es könnte ja sein, dass es dir ganz gut gefällt, eine Prinzessin zu sein.«
Sie stöhnte. »Als wäre das Restaurieren von Autos eine Abkürzung auf dem Weg, eine Prinzessin zu werden …«
»Kann sein.«
Ha! »Daddy, mein Leben ist kein Disney-Film.« Sie winkte ab und wandte sich wieder zum Auto. Wenn sie nicht genau gewusst hätte, dass er Abstinenzler war, hätte sie schwören können, dass er am Koch-Sherry genippt hatte.
»Du hast doch so gerne mit Uroma Prinzessin gespielt!«, rief er. Stur war er, ihr Daddy. Bei ihm passte das Bild von einem Hund mit seinem Knochen noch viel besser als bei Mr. Burkhardt.
»Ich war sechs. Und sie bastelte die allerschönsten Papierkrönchen.«
»Miss Beswick, ich …«
»Reggie. Um Himmels willen, nenn mich Reggie.« Sie stand mit dem Rücken zur Wand. Müde, frustriert und verwirrt. Irgendwie kam sie so nicht vorwärts, sondern steuerte mitten in einen großen Tümpel aus ekliger Gereiztheit hinein.
»Nehmen Sie – nimm das.« Er griff nach ihrer Hand und legte das Dossier auf ihre Handfläche. »Du wirst es lesen wollen, das verspreche ich.«
»Gut.« Sie drückte die Mappe an ihre Brust, während in ihrem Kopf die wildesten Gedanken durcheinandergingen. Lies die Dokumente. Nein, tu es nicht! Lies sie. Nein! »Ich werde mir die Papiere durchlesen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nie mit dir in einem Flugzeug nach Hessenberg sitzen werde.«
»Na, das ist doch mein Mädchen«, sagte Daddy. »Immer hübsch aufgeschlossen.«
»Miss Beswick. Regina«, sagte Tanner mit einer leichten Verbeugung, »Danke. Hessenberg bedankt sich bei dir.«
Sie veränderte ihre Haltung. »Was passiert, wenn ich nein sage?«
»Ganz einfach«, sagte er und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Hessenberg, das Geburtsland deiner Urgroßmutter, verschwindet vom Antlitz der Erde. Es wird aus den Weltkarten entfernt. Eine Nation, deren Geschichte bis ins alte Rom zurückreicht, wird nicht mehr sein.«
Der letzte Strohhalm lag auf dem Tisch, und Reggie fühlte sich, als würde sie gleich zerbrechen. »Und das alles fällt auf mich zurück? Es ist verrückt.« Mit leerem Blick starrte sie über die Straße hinweg auf die Lichtstrahlen, die durch die Bäume und Sträucher der benachbarten Gärten hindurchschienen.
»Es ist auch wahr …«
Reggie wirbelte zu Mr. Burkhardt herum. »Bist du immer so selbstsicher? Das ist ein bisschen zermürbend.« Sie legte die Akte auf den Beifahrersitz. »Bis wann muss ich mich entscheiden?«
»Technisch gesehen, bevor das Abkommen endet. Das wäre Mitternacht, am 22. Oktober. Aber Tatsache ist, dass wir Zeit brauchen werden, um dich und die Menschen vorzubereiten. Ein paar Wochen bestimmt.«
»Der 22. Oktober? Das ist gerade mal noch einen Monat hin. Also, im Grunde müssten wir … jetzt abreisen.«
»Wenn möglich. In ein paar Tagen, ja.«
»Ihr hattet hundert Jahre Zeit, um euch einen Überblick über die königlichen Erben von diesem Hause Augustin-Schlagmichtot zu verschaffen, aber ihr habt die Sippe komplett aus den Augen verloren. Und jetzt kommst du angeschlichen und gibst mir ein paar Tage Zeit, mich zu entscheiden. Das ist doch wohl nicht fair?«
»Ist es nicht, da stimme ich zu. Aber dein Onkel, Prinz Franz, dankte ab und zerstreute die Familie mit voller Absicht in alle Himmelsrichtungen. Zum einen, um sie in Sicherheit zu bringen. Und um seinen Anteil an dem Abkommen mit dem Königreich Brighton zu ehren. Hätten wir über dich Bescheid gewusst, wären wir früher vorbeigekommen. Aber leider war deine Urgroßmutter schwer aufzuspüren.«
Diese Zusammenfassung der Geschehnisse verwandelte die Verwirrung in Reggies Brust zu einem handfesten Zorn. Der Atem in ihre Lunge brannte. »Ich muss gehen.«
Reggie kletterte in den Datsun und ließ den vierzig Jahre alten Motor aufheulen, der rasselte, klopfte und abzusaufen drohte. Reggie gab vorsichtig Gas und ließ den Vergaser etwas arbeiten, bevor sie den Rückwärtsgang einlegte.
Tanner lehnte seinen Arm an die Tür und sah sie durch das offene Fenster an. »Früher ist besser als später, Regina.«
»Und wann gehst du wieder?« Zentimeter für Zentimeter setzte sie das Auto in der Einfahrt zurück.
»Wenn du dich damit einverstanden erklärst, mit mir zu gehen.« Er atmete aus und trat zurück. »Oder wenn das Großherzogtum Hessenberg aufhört, eine Nation zu sein.«