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NACHDENKEN – VORDENKEN

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Überraschend. Sehr überraschend war der Erfolg von Running wild. Die kleine Autobiografie eines Alkoholikers, der mit dem Laufen angefangen hat, schaffte es bis in die Amazon-Top-100 aller deutschen Buchveröffentlichungen und war wochenlang Bestseller in verschiedenen Kategorien zum Thema Laufen – bis hin zu den Sportlerbiografien. Vor allem wegen des Eintrags bei den Biografien fühlte ich mich geehrt. Ich hatte ein paar Wüstenläufe ordentlich gefinished, ging aber bis dato davon aus, dass das keinen Menschen bis auf drei Dutzend Extremläufer in Deutschland interessiert … Und das ist mein Ernst.

Der feine Herr Fuchsgruber saß auf einmal in der Talkshow bei Markus Lanz, unterhielt sich mit Judith Rakers in 3nach9 mit Betina Tietjen vom NDR. Die ZDF SPORTreportage begleitete mit einem zehnminütigen Film das 527 km lange Rennen im australischen Outback, und es gab Reportagen in SAT1 news und im RTL Nachtjournal. Wer allerdings vermutet, dass er diese Tatsache oder gar sich selbst besonders wichtig nimmt, liegt komplett daneben. Völlig.

ICH! HATTE! VIEL! SPASS! UND DAS WAR’S AUCH SCHON.

Ich weiß heute sehr genau, wo ich stehe. Mit zwei Beinen fest auf dem Boden. Das war nicht immer so. Für diejenigen, die mich noch nicht so gut kennen: Es gab eine lange Zeit in meinem Leben, da kroch ich ziemlich flach und fertig über den Boden. Ich war Alkoholiker, litt viele Jahre an Depressionen und lag im Alter von 41 Jahren mit Verdacht auf Herzinfarkt auf der Trage vorm Internisten. Ich stand quasi mit dem Rücken an der Wand. Ehrlich gesagt: Ich hockte schon am Boden vor dieser Wand. Eine Position, aus der schwer wieder hochzukommen ist. Ich habe Entschlüsse gefasst, ich habe mir Hilfe gesucht, und ich bin aus der Scheiße ’rausgekommen. Nicht einfach so. Und nebenbei. Nein! Es war extrem hart. Aber ich bin raus. Seit 14 Jahren trocken.

Vor einem Jahr kam unsere kleine Tochter Mara zu mir und sagte wortwörtlich: »Papa, kannst du ein neues Buch schreiben, ich kann mein altes nicht mehr finden.« Sie hatte zwei Jahre zuvor die allererste druckfrische Ausgabe von Running wild bekommen. Es wäre glattweg gelogen, Maras Bitte als Startpunkt für Passion Laufen zu benennen. Allerdings gab es mir schon den letzten emotionalen Kick, Gas zu geben.

Zu diesem Zeitpunkt gab es zwei Alternativen, über die ich mit Ralf Kerkeling nachgedacht habe – wie natürlich vieles andere, was zu dem Buch geführt hat, eine gemeinsame Sache von Ralf und mir ist. Eine Überlegung war, Running wild weiterzuschreiben. Eine andere Möglichkeit war, ein klassisches Hand- oder Trainingsbuch zum Laufen zu konzipieren.

»Running wild« wird seine Fortsetzung erfahren. Zwei Themen haben mich damals zum Ende des Buches sehr beschäftigt. Zum einen unsere Tochter Mara. Das letzte Kapitel endete damals in einer entsetzlich süßen Szene mit der Kleinen: Ich hatte sie mehrfach dafür gelobt, dass sie beim Schlittenfahren immer wieder tapfer und ohne Murren den Berg hochgestapft war, und sie sagte an diesem Silvesterabend zu mir: »Ach, so einen Papa wie dich habe ich mir schon immer gewünscht.« Obwohl schon im sechsten Lebensjahr, hatte sie einen sehr eigenen Umgang mit Sprache. Den Grund dafür sollten wir aber erst später herausfinden. Das andere Thema: Es stand nach einer Operation am Knie und einer fast halbjährigen Laufpause in den Sternen, ob ich wieder zum Laufen kommen würde. Fünf Monate, nachdem ich die letzten Zeilen zu Running wild geschrieben hatte, bin ich in Australien bei The Track gestartet – mit 527 km das längste Etappenrennen der Welt in Eigenversorgung. Das Knie hat gehalten. Die Geschichte dazu folgt hier später im Buch.

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