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Kapitel 5

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Der 3D-Drucker summte, während er ein braunes Plastikteilchen modellierte. Jordan hatte die Zunge zwischen die Zähne geklemmt, trotz der Lupe an seinem Stirnband die Augen verengt und balancierte eine Pinzette zwischen Daumen und Zeigefinger. Das Stück Kunststoff zwischen den Zangen war kaum einen Zentimeter lang, hauchdünn und sanft gebogen, um die Wölbung eines Schiffsrumpfes nachzuahmen.

Unendlich behutsam ließ Jordan die Pinzette nach vorn gleiten, direkt auf die feuchte Stelle auf dem Unterbau zu. Langsam, ganz langsam senkte sich die vermeintliche Holzbohle an ihren Platz, saugte sich an die Konstruktion an – Jordan atmete zittrig aus, sein Zeigefinger zuckte – und rutschte ab. Quer über die bereits verarbeiteten Bauteile und eine Spur aus halb angetrocknetem Kleber hinterlassend.

»Scheiße!«, fluchte Jordan und ließ sich auf seinem Stuhl so heftig nach hinten fallen, dass die Rollen in Bewegung gerieten und ihn gegen die nahe Wand katapultierten. Prompt erbebten die Modelle auf den umliegenden Regalen und erinnerten ihn daran, dass kein Klebstoffrest und nicht einmal ein verdorbenes Modell es wert waren, seine Schätze zu ramponieren.

Er zwang sich zur Ruhe, entfernte hastig mit einem Q-tip und einem Tropfen Lösungsmittel das Malheur und brachte die nachgebildete Bohle auf einem Glastellerchen in Sicherheit. Erst dann riss er sich die Handschuhe herunter und raufte sich ausgiebig die Haare.

Der 3D-Drucker kam zum Stillstand, auf der Ausgabefläche ruhte ein winziger Teil eines der drei Masten des Linienschiffs Dunbar. Es war nicht das erste Mal, dass Jordan ein Segelschiff zusammensetzte. Hinter ihm auf den Regalen standen bereits Nachbauten der Santissima Trinidad, die in der Schlacht zu Trafalgar von den Briten erobert und einen Tag später gesunken war, ihrer Gegnerin, der HMS Victory, sowie einer historisch wenig korrekten Adler von Lübeck, einem Hansekriegsschiff.

Aber Jordan beschränkte sich nicht auf Schiffe. Schon unter seinen ersten Modellsätzen als Kind hatten sich sowohl U-Boote als auch Flugzeuge, sowohl Raumschiffe nach realen Vorbildern als auch solche aus Star Wars und Star Trek befunden. Es ging ihm nicht darum, sich eine museumswürdige Sammlung von dieser oder jener Art zuzulegen, auch wenn er selten eines seiner Modelle hergab. Er hatte Spaß am Entstehungsprozess. Je mehr winzige Teile er zusammenfügen konnte, desto glücklicher war er. Und seitdem er dank des 3D-Druckers und entsprechender Software seine Fantasie spielen lassen konnte, statt auf das Programm der Spielwarenhersteller beschränkt zu sein, war er seinem Hobby endgültig verfallen.

Es tat ihm gut. Es beruhigte ihn. Es entsprach am ehesten dem, was Katy flapsig als Meditation bezeichnet hatte.

Aber heute zeigte die Arbeit mit Pinzette und Wattestäbchen keine Wirkung. Er war immer noch genauso unleidlich und aus dem Takt wie bei seinem Aufbruch aus dem Club. Unfähig, nichts zu tun, weil er nicht müde war, und gleichzeitig nicht in der Lage, auf Katys Ratschläge zu pfeifen und sich an den Computer zu setzen, um zu arbeiten. Inzwischen fand er seine Stimmung genauso seltsam wie seine Freundin.

Er hatte nicht erwartet, dass ihn die Trennung von Henry so mitnehmen würde. Und es war wahrscheinlich ein mieser Zug von ihm, dass er nicht um den Mann trauerte, der nicht länger Teil seines Lebens war, sondern eher um die verpasste Gelegenheit, sich etwas Langfristiges mit ihm aufzubauen. Sollte Jordan in den letzten Tagen ab und zu einen Kloß im Hals oder feuchte Augen gehabt haben, dann aus Enttäuschung; nicht aus Liebeskummer.

Und Katy? Hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als zu versuchen, ihm einen Frischling aufs Auge zu drücken. Sie hatte es bestimmt gut gemeint, aber verdammt, ein erfahrener, vielseitiger Dom, der ihm half, zur Ruhe zu kommen, wäre ihm lieber gewesen.

Das war es, was ihm fehlte. Innere Ruhe. Seine Haut war zu eng, seine Hände zu ungeschickt, sein Kopf durcheinander. Deswegen war er neidisch auf Wayne gewesen, der sich Anthonys Händen ausliefern durfte. Es war nicht nur darum gegangen, dass Jordan nichts dagegen gehabt hätte, selbst die Berührung einer behandschuhten Hand auf den Hoden zu spüren. Es war die Losgelöstheit, um die er Wayne beneidet hatte. Die er brauchte.

Und zwar bald…

Jordan rollte auf dem Schreibtischstuhl zum Regal neben der Tür und nahm sein Smartphone vom Brett. Er rief die Raumbelegung fürs Wochenende auf und stieß bald auf eine Reservierung, die ihn aufmerken ließ. Duncan und Wayne. Raum 2. Dazu der kleine Hinweis: E.

Er schwankte zwischen Lachen und Aufstöhnen. Natürlich Wayne. Es war derzeit immer Wayne. Er wohnte praktisch im Club und nahm gefühlt an mehr Sessions teil als alle anderen zusammen, Belegschaft eingeschlossen. Jordan hatte nichts dagegen. Und gegen Duncan erst recht nicht. Er war noch jung, aber ein verlässlicher und aufmerksamer Spielgefährte. Und jemand, der Dreiern nicht abgeneigt war.

Jordan dachte an kribbelnde Haut, schnalzende Stiche, Blitzeinschläge in die Nervenzellen und die Befreiung, die damit einherging. Kurz entschlossen lud er Duncan und Wayne in eine WhatsApp-Gruppe ein, um sie zu fragen, ob sie bei ihrem kommenden Termin Lust auf einen dritten Mann hatten.

Sie antworteten zeitgleich und so schnell, dass sie sich unmöglich abgesprochen haben konnten. »Klar!« Dann schrieb Duncan: »Gefällt mir verdammt gut, die Idee. Ich weiß genau, was ich mit euch beiden mache. Stellt euch schon mal aufs Schreien ein.«

Ein schöneres Versprechen hätte er Jordan nicht geben können. Als Wayne auch noch vorschlug, die Türen für ausgewählte Gäste offen zu halten, ließ er zufrieden den Kopf gegen die Rückenlehne sinken und rieb durch den Stoff seiner Jeans seinen langsam anschwellenden Schwanz.

***

Phoenix war zurückgekehrt. Es hatte nur zwei Tage gedauert, bis sich das Wirrwarr aus Scham, Unsicherheit und Versuchung in seinem Bauch gelöst und die Neugier wieder die Oberhand gewonnen hatte.

Kaum, dass er an diesem Abend den Club betreten hatte, war er abgefangen worden. Im ersten Augenblick hatte er Katy nicht wiedererkannt. Erst, als ihn der gut aussehende Mann, in den sie sich verwandelt hatte, angesprochen hatte, war ihm klar geworden, wem er gegenüberstand. Er hatte die Überraschung kaum verwunden, als Katy oder Ben, wie er sich heute mit leisem Nachdruck vorgestellt hatte, ihn einlud, an einer Vorführung teilzunehmen.

Er hatte bisher nicht einmal gewusst, dass der Club auch eine Art Entertainment anbot. Aber nun stand er mit klopfendem Herzen und trockenem Mund in einem schwarz gefliesten Raum und konnte den Blick nicht von dem Schauspiel abwenden, das vor seinen Augen zelebriert wurde.

Sie waren zu dritt. Ein orangefarbener Scheinwerfer zeichnete einen Kreis aus weichem Licht um sie. Der Rest des Raums lag im Dunkeln, sodass sich alle Blicke unwillkürlich auf die Vorgänge im Zentrum richteten.

Zwei Männer lieferten sich einem dritten aus. Sie waren bis auf kurze schwarze Boxershorts nackt und lehnten jeweils an einer Stützvorrichtung, die an einen aufgerichteten OP-Tisch erinnerte. Sie schwitzten, ihre entblößten Bäuche hoben und senkten sich hastig, von Zeit zu Zeit stöhnte einer von ihnen auf oder zerrte an seinen Fesseln. Dabei berührte sie niemand und überhaupt geschah nicht viel.

Aber da war der Mann, der mit dem Rücken zu den Gästen zwischen ihnen stand und sie nicht aus den Augen ließ. Seine Hände lagen an zwei Geräten, die Phoenix nicht genau erkennen konnte, die aber zweifelsohne mit den Elektroden und Klammern an den Körpern der Subs verbunden waren. Manchmal fragte er leise etwas. Wenn die Antwort nicht schnell genug kam, tat er irgendetwas, das ein neuerliches Keuchen auslöste.

»Sie machen sich gut, was?«

Phoenix fuhr zusammen, als Ben ihn von der Seite ansprach. Beinahe hätte er sein Bier verschüttet. »Ja. Ich denke schon. Ich meine…«

Er konnte nicht umschreiben, was die Szene im Lichtkreis mit ihm anstellte. Natürlich, da waren zwei halb nackte Männer, deren Ständer ihre dünnen Shorts ausbeulten. Die erregt waren. Phoenix konnte gar nicht anders, als darauf zu reagieren; besonders, da beide in sich versunken wirkten und sich überhaupt nicht dafür zu interessieren schienen, dass sie nicht allein waren. Aber da waren auch die Kabel und die aufgeklebten Kontakte und die groben Metallklammern und…

»Tut er ihnen weh?« entfuhr es ihm und prompt kam er sich dumm vor. War Schmerz nicht einer der Stützpfeiler von allem, wonach er Ausschau hielt?

»Kommt drauf an.« Bens Blick klebte an den beiden Subs. Er lächelte martialisch.

»Worauf?«, wagte Phoenix nachzuhaken, während der Dom der Session sich an seinen Gerätschaften zu schaffen machte und anschließend zu den Gefesselten ging. Unendlich langsam zog er einem nach dem anderen den schwarzen Stoff über die Beine, entblößte ihre dunkelroten Erektionen und trat dann zur Seite, um dem Publikum freie Sicht zu gönnen. Der Anblick fesselte Phoenix so sehr, dass er Bens Antwort beinahe überhörte.

»Auf ihre Vorlieben. Wayne…« Ben deutete mit diskreter Geste auf den rechten Sub. »… liebt Schmerzen. Er geht in ihnen auf, braucht sie und bettelt wunderschön darum, wenn man sie ihm vorenthält. Jordan ist anders gestrickt. Für ihn geht es ums Hinhalten, den Kontrollverlust und darum, nicht zu wissen, was als Nächstes kommt. Duncan weiß das und passt die Spannung ihren Bedürfnissen an.«

Phoenix nickte mechanisch. Es faszinierte ihn, wie viel Rücksicht und Überlegung hinter etwas steckte, das brutal, wenn nicht sogar verwerflich wirkte. Und atemberaubend.

Beide Männer gaben ein wundervolles Bild ab – und auch der knackige Hintern des Doms war nicht von schlechten Eltern. Dennoch richtete sich Phoenix' Aufmerksamkeit zunehmend auf Jordan. Auf den Mann, der ihm vielleicht die Tür in eine neue Welt aufstoßen würde.

Phoenix fühlte sich von seinem Anblick merkwürdig überfordert; gleichzeitig angezogen und zur Flucht verleitet. Es lag nicht an Jordans Äußerem. Er war zweifelsohne gut aussehend und machte in seinen Fesseln eine ansprechende Figur. Doch darüber hinaus hatte er etwas an sich, das sich schlecht in Worte fassen ließ. Einen Ausdruck, der nichts mit Schönheitsidealen zu tun hatte. Vielleicht war es Hingabe. Leidenschaft. Sogar Zufriedenheit. Wie man es auch nennen wollte, es war berührend und beneidenswert. Und doch auch ein wenig beängstigend.

»Woher weiß er, wie weit er gehen kann?« Neben Phoenix' Faszination und Erregung nahm auch seine Neugier zu, als er beobachtete, wie Duncan einige der selbstklebenden Elektroden löste und neu anbrachte; allesamt dicht um den Schritt seiner Spielgefährten gruppiert.

»Bei den Subs? Durch Rückfragen, Instinkt und eine sehr gute, geschulte Beobachtungsgabe.«

Phoenix schüttelte den Kopf. »Das meinte ich nicht. Oder schon. Aber… was ich eigentlich wissen will: Ist das nicht gefährlich? Es heißt doch immer, dass nichts so wichtig ist, wie safe and sane zu spielen…«

Ben grinste ihn von der Seite an. In seinen Augen blitzte es zufrieden. »Ich sehe schon. Zumindest ein bisschen hast du dich schon mit der Materie beschäftigt.«

Phoenix merkte zu seiner Verlegenheit, dass er errötete. Das war ihm – in Bezug auf Sex – zum letzten Mal als Teenager passiert. Und irgendwie ähnelten diese Schritte in eine neue Welt tatsächlich seinem ersten, von Nervosität überschatteten Besuch in einer Schwulenbar. »Na ja, das ist ja wohl das Mindeste«, murmelte er in erster Linie, um keine Antwort schuldig zu bleiben.

Umso überraschter war er, als Ben vehement den Kopf schüttelte. »Das denkst auch nur du. Du ahnst nicht, mit was für Vorstellungen manche Leute hier auftauchen. Bei einigen weiß man nicht, ob man sie sofort vor die Tür setzen oder ihnen erst mal gründlich den Kopf waschen soll. Leute, die nicht ansatzweise begriffen haben, wie viel Verantwortung man als Dom schultert – und wie viel Vertrauen einem entgegengebracht wird. Aber um auf deine Frage zurückzukommen…« Ben sah drein, als würde er sich nur mit Mühe davon abhalten, Phoenix mit Beispielen über die unmöglichen Ideen seiner Kunden zu überschütten. »Ja, beim Electroplay muss man Vorsicht walten lassen. Das gilt für die meisten Spielarten. Und ich würde nie erlauben, dass sich in meinem Club jemand verkabeln lässt, der Probleme mit dem Herzkreislaufsystem hat. Deswegen geben wir unsere E-Stim-Sets auch nur an Leute aus, die wir sehr gut kennen, statt sie wie die Räume einfach zu vermieten, wenn sie angefragt werden. Und natürlich sind diese Sets auch für eben diesen Zweck gedacht und von verschiedenen offiziellen und inoffiziellen Stellen getestet worden.« Ben verzog den Mund. »Wir können die Leute schließlich nicht einfach an irgendetwas anschließen, das wir aus einer Autobatterie zusammengezimmert haben. «

Phoenix schauderte bei dem Gedanken an frankenstein-würdige Eigenkreationen, die Strom durch hilflose Menschen jagten. »Ich sehe schon, mit der Sicherheit nehmt ihr es ziemlich genau.«

Bens Grinsen bekam etwas Raubtierhaftes. »Tja, zum einen das und zum anderen wäre es ziemlich geschäftsschädigend, wenn es hier zu irgendwelchen Zwischenfällen käme, oder? Stell dir vor, wir müssten alle naselang den Notruf wählen. Die würden uns den Schuppen schneller dichtmachen, als ich Eigenverantwortung brüllen kann.«

Phoenix lächelte pflichtschuldig, aber er wurde mehr und mehr von den Lustlauten der Gefesselten abgelenkt. Was immer der Dom mit ihnen anstellte, er verstand sein Handwerk. Inzwischen lief beiden Männern der Schweiß über die Brust. Selbst von seinem Platz aus erkannte Phoenix die Schauder, die sie erfassten, und auch das Zucken in ihren Arm- und Oberschenkelmuskeln. Ihre Brustkörbe hoben und senkten sich immer schneller, ihre Lippen waren weit geöffnet, während sie um Atem rangen. Dem, den Ben Wayne genannt hatte, rannen Tränen aus den Augenwinkeln, aber er lächelte selig.

Und zwischen ihren Beinen…

Phoenix leckte sich die Lippen. Er hatte keine Ahnung, woher Duncan die Selbstbeherrschung nahm, nicht die Hände um die hoch aufgerichteten Schwänze zu schließen. Er sehnte sich beinahe nach den Schreien, die Jordan und Wayne ausstoßen würden, wenn sie endlich etwas fanden, in das sie hineinstoßen konnten. Und dass sie danach hungerten, war nicht zu übersehen.

Zuckende Becken, der Kampf gegen die Fesseln, immer wieder Tropfen, die sich von ihren Eicheln lösten und zu Boden fielen. Phoenix war versucht, nach vorn zu eilen, sich vor einen der beiden zu knien und ihn selbst ein wenig zu quälen, indem er die Lippen kaum spürbar um den geschwollenen Schaft schloss. Nur ein Hauch von Zunge, ganz behutsame, feuchte Berührungen. Er wollte sie betteln hören.

Es brauchte jedoch weder seinen Einsatz, noch dauerte es lange, bis ihm sein Wunsch erfüllt wurde.

»Sir, bitte«, entfuhr es Jordan plötzlich flehentlich. »Bitte… ich…«

»Shh. Nicht doch«, hörte Phoenix den Dom wispern. »Du kannst noch etwas mehr ertragen. Da bin ich mir sicher. Und du willst doch mehr, oder etwa nicht?«

Jordan stöhnte jämmerlich. »Ja… Mehr.«

Das brachte ihm eine Belohnung ein. Mit einem Finger fuhr Duncan die Krümmung von Jordans zum Bauch gebogenen Glied nach. Anschließend leckte er sich den Finger ab und verstellte mit der anderen Hand etwas an seinem Kontrollgerät.

Jordan verdrehte keuchend die Augen, zitterte und stieß eine Reihe bekräftigender Laute aus. »Hmm… Ja. Oh oh… Fuck…«

Augenblicklich verlegte sein Mitleidender sich auf dieselbe Taktik. »Sir, bitte, ich auch… Ich kann mehr als… Gib mir… Ich brauche…« Er wimmerte fast.

Aber in seinem Fall schien Duncan andere Pläne zu verfolgen. Während Jordan bei jedem Ausatmen leise stöhnte, trat Duncan neben Wayne, packte ihn an den Haaren und riss seinen Kopf nach hinten. »Ich mache die Regeln. Nicht du. Und damit du das nicht vergisst…« Er kehrte an seinen Platz zwischen den Männern zurück und drehte einen Regler.

Waynes Reaktion bestand daraus, klagend aufzuschreien. »Nein… neinneinnein… Das ist zu wenig.«

Offenbar hatte Duncan ihm das genommen, was er liebte: den Schmerz. Eine merkwürdige Vorstellung, aber Phoenix bewunderte den Dom dafür, wie genau er wusste, wie er seine Gespielen anzufassen hatte. Auch ohne Bens Ausführungen hätte Phoenix inzwischen bemerkt, dass sie unterschiedlich reagierten. Während Wayne dreinsah, als würde er jeden Moment endgültig in Tränen ausbrechen, war Jordans Lächeln breiter geworden. Man hätte glauben können, dass er ausgestreckt auf einer gemütlichen Liege lag, während ihm kundige Hände den Rücken durchwalkten.

Entspannt, ging es Phoenix durch den Kopf. Er ist zu hundert Prozent entspannt. Und glücklich.

Dem folgte eine zweite Erkenntnis, die mit solcher Endgültigkeit über ihm zusammenbrach, dass ihm im besten Sinne die Knie weich wurden: Ich möchte das auch. Ich möchte auch jemandem helfen, sich so gut zu fühlen.

Ohne sich dessen bewusst zu sein, hatte Phoenix sich von seinem Platz an der Wand gelöst und ein paar Schritte nach links gemacht, dann nach vorn. Er war immer noch ein gutes Stück von dem Dreigespann entfernt, konnte jedoch besser sehen und hören. Geräusche, die bisher durch die Entfernung und vom Flüstern anderer Gäste verschluckt worden waren, erreichten sein Ohr und prickelten ihm über die Haut wie vergossener Sekt.

Ein ganz leises Summen, das Geräusch, mit dem sich Haut an Metall rieb, das Knarren der Fesseln. Seufzen.

Duncan verstellte ihm den Blick auf Wayne, sodass Phoenix sich endgültig auf Jordan konzentrierte. Die pochende Vene auf der Stirn, die Brustwarzen, die in Klemmen steckten. Die flatternde Bauchdecke. Der rasierte Unterleib.

Phoenix wollte ihn küssen. Er wollte die Lippen auf jenen Bereich pressen, an dem sich normalerweise die Schambehaarung gezeigt hätte. Ein Kuss nach dem anderen, fest und saugend, damit er rote Flecken hinterließ. Dann über den Übergang zwischen Bein und Oberkörper lecken, ganz langsam, von außen nach innen. Im letzten Moment, wenn sich Jordans Körper bereits anspannte und sich ihm entgegenhob, aufhören… und über die Eichel pusten. Ein langer, zarter Luftstrom, der nicht genug sein konnte.

Dann passierte etwas. Phoenix war zu abgelenkt gewesen, aber Duncan musste etwas gesagt haben. Das Aufstöhnen, das durch den Raum ging, stammte nicht nur von Jordan und Wayne.

»Fuck, das ist heiß«, murmelte jemand in seiner Nähe. »Das muss ich mit meinen Männern auch ausprobieren.« Zustimmendes Raunen.

Nacheinander löste Duncan Klammern und Elektroden. Jedes Mal, wenn er eine harte, wütend rote Brustwarze freilegte, sog er sie in den Mund. Jordans Reaktion bestand aus einem heiseren Auflachen, gefolgt von einem wohligen Grollen. Wayne hingegen schrie spitz auf und warf den Kopf von einer Seite auf die andere. »Nimm sie zwischen die Zähne. Beiß mich.«

Ob Duncan ihm den Gefallen tat oder nicht, er ließ bald von Wayne ab und gab zwei in der Nähe stehenden Männern ein Zeichen. Sie traten zu ihm und richteten die Stützkonstruktionen auf, bis sie senkrecht standen. Dann lösten sie die Bremsen der Rollen, die Phoenix bisher nicht einmal aufgefallen waren, und drehten die Metallliegen mit ihrer Last um neunzig Grad nach innen.

»Meine Arbeit ist getan«, verkündete Duncan und sah sich zwinkernd zu den Gästen um. »Den Rest werdet ihr selbst erledigen müssen. Ihr dürft kommen. Aber wie ihr das schafft, ist eure Angelegenheit.« Damit verließ er den Lichtkreis.

Wayne und Jordan blieben allein zurück. Sie hatten die Augen aufgerissen, sahen ihrem Dom nach. Ihre Mienen erzählten Geschichten. Phoenix entdeckte Kapitel über Lust, Verwirrung, Verletzlichkeit, Not und unerträglichen Hunger.

Phoenix hörte Duncan ganz in seiner Nähe etwas raunen. »Jetzt, Jungs. Nur ein paar Zentimeter.«

Die Stützkonstruktionen wurden nach vorn geschoben, aufeinander zu. Endlich bekam Phoenix eine Vorstellung davon, was Duncan geplant hatte. Er erwischte sich dabei, dass er zittrig ausatmete, und legte nach kurzem Zögern die Hand auf seinen Schritt, um unauffällig über die Ausbuchtung in seiner Jeans zu streichen. Er hatte keine Ahnung, ob das in Ordnung ging oder von den anderen Gästen oder Betreibern des Clubs als unangemessen angesehen werden würde. Aber es ging ihm nicht anders als den Subs: Er brauchte es. Er hatte keine Wahl. Zu sehen, dass anderen die Möglichkeit, sich ihrer selbst anzunehmen, verwehrt blieb, dass sie sich wanden und aufeinander zustrebten, mit ruckartigen Bewegungen versuchten, die Fesseln zu lockern oder die Konstruktionen nach vorn zu rücken, überforderte Phoenix beinahe. Er hatte nicht gewusst, dass man so sehr von Leidenschaft gebeutelt werden konnte, dass man kurz davor war, einen Raum voller Menschen zu vergessen.

Er wollte nach vorn gehen, sich hinter einem der Gefesselten positionieren und ihm behutsam über die Brust und den Bauch streichen. Er wollte das Aufschluchzen hören, das seine Berührung auslöste, und erst recht den geflüsterten Dank, wenn er müde gewordene Arme massierte, beruhigende Kreise auf einen Bauch zeichnete, der schon zu lange unter Spannung stand, und dann…

Er würde es langsam angehen lassen. Träge und unaufgeregte Bewegungen, aber mit angemessenem Druck. Vielleicht würde er etwas sagen: zum Beispiel, dass es Zeit für die Belohnung war. Dass er es nicht erwarten konnte, seinen Sub kommen zu sehen. Dass er ihn in seiner Lust unbeschreiblich fand.

Dann, wenn er merkte, dass der Körper unter seinen Händen sich verkrampfte, würde er fest die freie Hand um die Hoden schließen und sie nach vorn ziehen. Bis aus schwerem Atem ein Hecheln wurde und aus einem flüsternden Betteln ein erlöster Schrei.

Schwere bildete sich in Phoenix' Unterleib. Er unterdrückte ein Keuchen und verschränkte die Arme vor der Brust, vergrub die Hände in den Ellbogen, um sich zu bremsen. Dass ihm plötzlich auffiel, dass sich neben ihm zwei Männer hemmungslos küssten, erschwerte es ihm, sich zu beherrschen.

»Jordan…«

Irgendwie war es den Gefesselten gelungen, sich einander zu nähern. Vielleicht hatte man von hinten nachgeholfen. Dennoch mussten sie sich nach vorn wölben und die Fesseln bis zur Belastungsgrenze anspannen, um sich aneinanderdrängen zu können. Als sich ihre dunkel angelaufenen Schwänze zum ersten Mal berührten, ging ein vielstimmiges Seufzen durch den Raum. Es wiederholte sich, als Jordan auf schier unmögliche Weise den Kopf nach vorn schob. Er konnte Waynes Mund kaum erreichen, aber ihre Zungen trafen sich und glitten übereinander hinweg.

Dann waren auf einmal ihre Unterleiber aneinander. Dieses Mal war Phoenix überzeugt, dass man aus den Schatten nachgeholfen hatte. Aber es war nicht wichtig, wie die Nähe zustande gekommen war. Es zählten nur die erleichterten Geräusche, das Aufeinandertreffen von Haut auf Haut, das Rucken ihrer Becken, bis sie so zueinander gefunden hatten, dass sie sich Bauch an Bauch und Schwanz an Schwanz aneinander reiben konnten.

Es war immer noch kein bequemes Miteinander, aber offenbar alles, was sie brauchten. Sie küssten sich, rollten mit den Hüften, atmeten immer schwerer. Wayne zitterte am ganzen Körper und wimmerte jedes Mal, wenn sein Schwanz verrutschte und nicht mehr so perfekt an Jordans Unterleib anlag, wie er es sich wünschte.

Phoenix wurde selbst zunehmend kurzatmig und fieberte mit ihnen mit. Er gönnte ihnen ihre Erleichterung so sehr, als wäre es seine eigene, und als sie endlich kurz nacheinander den Kopf nach hinten gegen das Metall lehnten und den Mund aufrissen, fühlte er mit ihnen.

Duncan kehrte zu ihnen zurück, schob die Hand zwischen sie und brachte sie feucht glänzend wieder zum Vorschein. Er leckte sich genüsslich die Finger ab, dann bot er sie Wayne und Jordan nacheinander an. Sie zögerten nicht und mit diesem Bild für die Gäste erlosch das Licht.

Für Phoenix war es, als würde er nach einem erotischen Traum aufwachen und sich in seinem dunklen und sehr leeren Schlafzimmer wiederfinden. Er konnte seinen Puls an seinem Hals und in seinen Handgelenken spüren, von seinem jagenden Herzen ganz zu schweigen. Sein Schwanz, seine Hoden, sein ganzer Unterleib waren warm und berührungsempfindlich und sandten ein lustvolles Schaudern durch seinen Körper.

Er fühlte sich beschenkt und wusste gleichzeitig, dass es nicht genug war. Bereits jetzt überlegte er, was er an Duncans Stelle anders gemacht hätte. Nicht, um ihn zu korrigieren oder weil er der Meinung war, dass Duncan seiner Aufgabe nicht nachgekommen wäre, sondern weil er seine eigenen Ideen einfließen lassen wollte. So hätte er die beiden Jungs nicht allein kommen lassen. Er wäre zwischen sie getreten, hätte ihre Schwänze umfasst und durch seine Finger gleiten lassen. Er wäre bis zum Schluss bei ihnen geblieben.

Sein Glied zuckte. Der Drang, sich in die Hand zu nehmen, wurde unerträglich. Phoenix musste etwas unternehmen. Sonst würde er sich vor aller Augen blamieren. Es sei denn, es war üblich, sich nach einer solchen Vorführung gemeinsam abzureagieren. Doch bisher sah es nicht danach aus, als würden die Gäste in einem Pulk aus sich windenden Körpern zu Boden gehen, um übereinander herzufallen.

Er biss die Zähne zusammen und verließ den Raum, strebte schnurstracks auf die Toiletten zu und verbarrikadierte sich in einer der Kabinen. Keine Minute später tanzten Flecken vor seinen Augen und seine Hand war feucht.

Take me down under: Melbourne im Blut

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