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Оглавление7. „SONNEN“-WERTE FÜR UNTERNEHMEN
Sonnenwerte
Die Werte I. Ordnung führen wir im Bild der Sonne zusammen. Die Sonne ist unser Energiespender und unsere Quelle, damit Ressource des Lebens und allen irdischen Seins. Wenn wir im übertragenen Sinn ihre Strahlen in uns aufnehmen und sie lebendig werden lassen, bilden sie die Grundlage unserer Energie. Die Sonnenwerte haben Ewigkeitscharakter. Sie unterliegen kaum einem sich wandelnden Werteverständnis. Sie zeigen Größe in Bezug auf ihre Bedeutungsfülle und Dimensionen. Die Werte I. Ordnung sind die Basis für florierende Unternehmen und eher mittelbar in ihrer wertschöpfenden Wirkung. Sie sind Grundlage unseres gemeinsamen Zusammenlebens – und damit auch relevant für unser derzeitiges und zukünftiges Wirtschaften. Sie bilden den Rahmen für wirtschaftliches Werden und Wachsen. Die Energie der Sonne nutzen wir für unser unternehmerisches Schaffen. Das damit verbundene Wachstum und das daraus resultierende Vermögen ist einseitig verteilt. Leider auch auf Kosten unserer natürlichen Ressourcen. Wir haben es geschehen lassen und dem Wohlstand zuliebe in Kauf genommen. Wir realisieren allerdings, wenn auch viel zu langsam, dass es nicht so bleiben kann. Zu lernen, unsere Umwelt auch als Mitwelt zu begreifen und zu erleben, ist eine der größten Aufgaben unseres Jahrhunderts.
Es gibt keine Mehrzahl von Erde, Welt oder Globus. Wir wirtschaften allerdings so, als wären die Ressourcen unserer Erde unbegrenzt. Dieser irrigen Annahme müssen wir mit einer anderen Form des Wirtschaftens begegnen. In diesem Zusammenhang kommt der Messbarkeit von Werten und ihren Wirkungen eine zentrale Rolle zu. Erst dann, wenn Fakten und Vorgänge überprüfbar sind, können wir Erkenntnisse gewinnen, angemessen agieren und reagieren. So werden auch skeptische Unternehmer erkennen, dass nur ein neues Denken die Überlebensfähigkeit ihres Unternehmens à la longue sichern kann. Und sobald wir auf die Werte II. und III. Ordnung zu sprechen kommen, wird klarer, welchen Einfluss diese Werte auf Mitarbeitende, Unternehmen und Unternehmer haben.
WÜRDE
Würde hat drei Dimensionen: nach innen gerichtet, auf andere Menschen gerichtet sowie die Menschheit betreffend. Die Achtung vor der Natur, der Erde und dem Kosmos gehört zu einem würdevollen Umgang. Interessanterweise entstammt Würde aus der ‚wierde‘ im Mittelhochdeutschen und bedeutet werde und Wert. Wir können einen individuellen Kern in uns beobachten, der uns „Ich“ sagen lässt. Er ist der Ort der persönlichen Würde. Diese ist einzigartig. Denn jedes Individuum repräsentiert sich in seinem Ich. Niemand kann „Ich“ zu einem anderen Menschen sagen. Diese Einzigartigkeit bedarf des Schutzes, der Unabhängigkeit und der Achtung, so wie sie in den UN-Menschenrechten verfasst ist.
„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen. Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit ... in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.“
Menschenrechte sind universell. Sie bekräftigen die Würde und den Wert der menschlichen Persönlichkeit. War Cicero noch der Ansicht, dass man sich Würde durch sittliche Lebensführung erst erwerben müsse, ging Kant einen Schritt weiter und definierte die Würde als das Merkmal eines jeden Menschen. Dies sei unvergänglich, unveräußerlich und unbedingt. Zur Würde gehören auch Anmut, Freiheit, Respekt, Selbstachtung, Souveränität, Stolz und Unantastbarkeit. Artikel 1 unseres Grundgesetzes lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ .1 Schiller differenziert in seinen philosophischen Schriften: „Beherrschung der Triebe durch die moralische Kraft ist Geistesfreiheit, und Würde heißt ihr Ausdruck in der Erscheinung.“ 2 Heute stellt sich mehr denn je die Frage, ob wir Menschen die einzigen Lebewesen sind, die eine Würde haben. Der erste Artikel des Grundgesetzes sollte erweitert werden. „Die Würde des Menschen und der Natur ist unantastbar.“ Die Würde des Menschen ist nicht gegeben, sondern wird allein durch das menschliche Streben erreicht. Der Mensch kann die Würde auch verlieren, wenn er seiner eigenen individuellen Bestimmung nicht gerecht wird. Sprichwörtlich kann sie mit Füßen getreten werden. Würde lebt und entsteht, wenn Menschen an der Entfaltung ihrer einzigartigen, individuellen Fähigkeit nicht gehindert werden. Sie wächst auch durch wechselseitiges Geben und Nehmen. Wir empfinden eine Situation als unwürdig, wenn wir uns als Individuum in unseren Grundwerten oder in unserer Andersartigkeit nicht gesehen oder angemessen behandelt fühlen. Achtung vor der anderen Kreatur, damit fängt alle Würde an. Etymologisch ist Würde mit Werden und Werten verwandt.
Die Würde schlägt eine Brücke zur Gleichheit und Gemeinschaft. Der Mensch kann sich unwürdig sich selbst gegenüber verhalten. Die Würde beinhaltet ebenso das Verhältnis von Menschen zur Gesellschaft oder Gemeinschaft. Den gleichen Wortstamm verbindet Würden, von Amt und Würden, mit der Würde. Nur wer sich als würdig zeigt, sollte in einer Gesellschaft Verantwortung für andere übernehmen dürfen. Die Würde spielt in jedem Unternehmen bewusst oder unbewusst eine zentrale Rolle. Der Mensch und Mitarbeitende haben eine Würde. Im Unternehmen bildet sie sich darin ab, dass die Mitarbeitenden in menschenwürdigen Verhältnissen arbeiten können. In der Würde kommt auch die Haltung zur Geltung, die in einem Unternehmen gelebt wird. Die Würde ist gelebte Form, sich in Freiheit mit eigenen und fremden Grenzen, innen und außen, zu arrangieren. Die Entwicklung von Mitarbeitenden oder den Gesundheits- und Arbeitsschutz zu fördern, zählt zu den ehrwürdigen Errungenschaften moderner Unternehmen.
Indikatoren Würde: Achtung, Einzigartigkeit, Unabhängigkeit, Brüderlichkeit, Freiheit, Entlohnung, Sicherheit, Gemeinschaft, Haltung, Güte, Anmut, Haltung, Respekt, Selbstachtung, Souveränität, Stolz, Unantastbarkeit, Andersartigkeit, Entwicklung von Mitarbeitenden, Schutzmaßnahmen
FREIHEIT
Freiheit gehört zu den höchsten Idealen einer zivilisierten Gesellschaft. Autonomie wie Selbstbestimmung sind Errungenschaften einer freiheitlichen Grund- und Werteordnung. Sich über Grenzen hinweg bewegen zu können, verlangt von Staaten eine freiheitliche und grenzüberschreitende Auffassung derselben, sich ohne Zwang zwischen Alternativen entscheiden zu können oder die Meinung Andersdenkender zu tolerieren. Freiheit hat ein starkes individuelles Gepräge und einen geistigen Ursprung. Freiheit ohne Grenzen ist ein Idealzustand. Grenzen nahezu ohne Freiheit finden wir im Gefängnis. Der Quell der Freiheit liegt im Denken. Darum hat der Mensch ein Bewusstsein davon, dass er zunächst im Denken ein freies Wesen ist.3 Eigenständigkeit bedarf der Freiheit. Eigenverantwortlichkeit entwickeln zu können, benötigt Freiräume.
Sich für die Freiheit anderer einzusetzen, bedarf eines starken Willens und Einsatzes Einzelner. Zusammen mit der Gleichheit und der Brüderlichkeit gehörte die Freiheit bereits 1789 zur Losung der Französischen Revolution.4 Die Errungenschaften unserer demokratischen Gesellschaft ermöglichen freies Wirtschaften. Freiheit im unternehmerischen Kontext wird dort wirksam, wo Mitarbeitende zusammenfinden, die sich mit Motivation und Begeisterung für ihre Arbeit und das Unternehmen einsetzen. Überall dort, wo Arbeit kein Selbstzweck ist, sondern für andere geschieht, blühen Unternehmen auf. Der Grad an Freiheit nimmt ab in dem Maß, in dem Schranken, die dem unternehmerischen Willen und den Mitarbeitenden den Weg verwehren, errichtet werden. Dies können beispielsweise übergebührliche staatliche Reglementierungen oder Einschränkungen in der Ausübung des Handels sein. Schrumpft das Vermögen oder die Liquidität, wird es ebenfalls eng. Freiheit entsteht in Folge von Unternehmenserfolg. Wachstum ist Ausdruck und Folge der Freiheit. Zu großes Wachstum fordert einen unangemessen hohen Einsatz von Ressourcen und hat die Zerstörung oder Verwachsungen eines unternehmerischen Organismus zur Folge. Freiheit hat auch eine individuelle äußere Entsprechung: die Privatsphäre. In Zeiten der Digitalisierung und der Datenpiraterie hat das Thema an Bedeutung gewonnen. Wir spüren Grenzkonflikte, ohne sie wirklich lokalisieren zu können.
Indikatoren Freiheit: Eigenständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Autonomie, Selbstbestimmung, Gleichheit, Brüderlichkeit, Motivation, Begeisterung, Unternehmenserfolg, Wachstum
GLEICHHEIT
Bekanntlich sind nicht alle Menschen gleich. Jedoch räumen wir in demokratischen Verfassungen allen Bürgern die gleichen Rechte ein. Zunächst klingt dies wie ein Widerspruch in sich. Identität, die exakte Übereinstimmung aller Merkmale, ist Kern einer jeden Person und macht sie zum Individuum. Gleichheit der Einzelnen setzt Gerechtigkeit voraus. Im Rechtsleben ist das grundlegende Gerechtigkeitsideal die Gleichheit vor dem Gesetz.
„Wesentlich Gleiches ist gleich und wesentlich Ungleiches ist ungleich zu behandeln“, betont Aristoteles bereits in seiner Nikomachischen Ethik. Zwischen Gleichberechtigung und Gleichstellung ist zu unterscheiden. Sie darf nicht willkürlich erfolgen und sollte vor allem nachvollziehbar sein. Wurde ein zulässiges Differenzierungskriterium zu Grunde gelegt, mit anderen Worten, darf die Ungleichbehandlung an dieser Unterscheidung festgemacht werden, ist Gerechtigkeit manifest. In Deutschland sind in Artikel 3 des Grundgesetzes Differenzierungen durch Attribute wie Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben, religiöse und politische Anschauungen nicht rechtens. Wegen einer Behinderung darf niemand benachteiligt werden. Im Begriff der Gleichberechtigung treffen Gleichheit und Recht zusammen. Wir entwickeln ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl, sobald wir die Gleichheit oder Äquivalenz von Vorgängen oder Status in einem Unternehmen beobachten und beurteilen. Die hart erkämpften Rechte der Arbeiter, vornehmlich durch die Gewerkschaften im vergangenen Jahrhundert, sind ein gutes Beispiel dafür. „Das Gleiche lässt uns in Ruhe, aber der Widerspruch ist es, der uns produktiv macht.“ 5 Im Umkehrschluss führt die Bemühung, Gleichberechtigung in einem Unternehmen zu etablieren, zu einem guten Betriebsklima. Zu den schwierigen Übungen zählen Arbeitsteilung, Einkommensverteilung, Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Gesundheit der Mitarbeitenden. Freude, Motivation und Kreativität hängen ganz maßgeblich von den Bedingungen ab, die um eine Herstellung von Gleichheit ringen. Dies kann nicht bedeuten, dass um jeden Preis alle bei allem gleichbehandelt werden.
Indikatoren für Gleichheit: Identität, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Gleichstellung, Freiheit, Brüderlichkeit, Äquivalenz, Betriebsklima, Freude, Motivation, Kreativität
HUMANITÄT
Zur Menschlichkeit zählen Güte, Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und Mitgefühl. Würde ist eine Grundvoraussetzung der Humanität. Sie ist ein reichhaltiger Wert. Die UN-Charta der Menschenrechte und die UN-Nachhaltigkeitsziele haben viel zur Anreicherung des Wertes Humanität beigetragen. Mit der Humanität ist ebenfalls die Andersartigkeit verbunden. Völkerverständigung gelingt nicht ohne das Versprechen für die Menschlichkeit. Dies ist sowohl Seins-Zustand und Handlungsmaxime als auch mit der Schwäche zu Verfehlungen verbunden. Die Moralvorstellungen über das Wesen der Humanität gehen in den verschiedenen Ländern der Welt weit auseinander.
In den Wirren der Französischen Revolution waren Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Parolen der Anführer der Revolution. Heute bezeichnen wir die Brüderlichkeit als Geschwisterlichkeit oder Mitmenschlichkeit. Johann Gottfried Herder darf mit Recht durch seine „Briefe zur Beförderung der Humanität“ als Kämpfer für die Menschlichkeit angesehen werden. Zu seiner Zeit wandte er sich gegen den feudalen Soldatenhandel und die Sklaverei in Amerika. Ethisch formuliert, ist die Nächstenliebe die Grundlage der Mitmenschlichkeit. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen sich zueinander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ 6
So wurde es nach den Erfahrungen zweier Weltkriege im ersten Artikel der UNCharta festgeschrieben. Geschwisterlichkeit beginnt mit einer damit verbundenen
Haltung und führt im besten Falle zu angemessenen sozialen Taten. Die Brüderlichkeit taucht ebenfalls in der dritten Strophe des Liedes der Deutschen als deutsche Nationalhymne 7 auf. Geschwisterlichkeit übt der Mensch im Teilen und Wirtschaften. Das Allgemeinwohl der Menschen beginnt mit der Bereitschaft, für den anderen zu arbeiten. Je mehr er sich einsetzt, desto größer wird das Wohl der Gemeinschaft und Gesellschaft. Das Ideal der sozialen Marktwirtschaft ist auf diesem Fundament gebaut. In der Wertebilanz stellt sich Humanität zum Beispiel in Aufwendungen für Unternehmensklima, Diversität, Einsatz für Entwicklungshilfe, Arbeitsschutz, Flüchtlingsintegration und vielem anderen dar. Hier entstehen in der Regel eher Aufwände. Interessant ist es allerdings, diese Ziele in der GuV im Kontenrahmen abzubilden und differenziert darzustellen.
Indikatoren Humanität: Gleichheit, Güte, Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Mitgefühl, Geschwisterlichkeit, Mitmenschlichkeit, Andersartigkeit, Freiheit, Allgemeinwohl, Teilen
WEISHEIT
Die Weisheit oder Sophia, aus dem Griechischen stammend, hat viele Facetten: Irdische und kosmische Weisheit oder die Liebe. Neben die universale, kosmische Weisheit stellt sich die Lebensweisheit. Das Streben nach ihr ist für den sich entwickelnden Menschen von großem Wert. Weisheit beschränkt den Menschen nicht auf die rein physischen Verhältnisse. Die geistige Welt oder das Geistige wird als Bestandteil der Wirklichkeit gesehen. Das menschliche Denken ist das Bindeglied und Erkenntnisorgan. So fasst die Weisheit auch Erfahrung, Praxis und Wissen in sich zusammen. Weisheit und Wissen sind ein starkes Paar, jedoch qualitativ unterschiedlich. Sie stehen in einer sich wechselseitig bedingenden Beziehung. Weisheit hat Ewigkeitscharakter, Wissen ist an die Zeit gebunden. Ernst Friedrich Schuhmacher beschreibt zwei Formen: Das instrumentelle sowie das verstehende Wissen. Ersteres ist Resultat unserer Wissenschaftsgesellschaft mit naturwissenschaftlichem Einfluss. Das verstehende Wissen gereicht zur Weisheit des Menschen. Das Erkennen oder Einsehen von Weisheit schützt mehr vor Missbrauch, als es das andere Wissen vermag. Wer erkennen will, der erkennt. Instrumentelles Wissen ist mathematisierbar und materialisiert sich rasch. Daher weckt es Begehrlichkeiten.8 Die Liebe zur Weisheit ist die Philosophie. Weisheit in unternehmerischen Entscheidungen benötigt Weitsicht, Klugheit und Besonnenheit. Entwicklungen finden auf der Grundlage von gewonnenen Erkenntnissen statt, vor allem die geistige Entwicklung des Menschen. Menschliche Ressourcen werden maßgeblich von den Früchten der Weisheit und des Wissens gebildet: Bildung oder besser Menschenbildung, Wissenschaft und Wissen. Revolution und Evolution stehen einander gegenüber, sie bilden zwei Seiten einer Medaille.
Disruptive oder organische Veränderungen der Technik, Wissenschaft oder Kunst haben Fortschritt zur Folge. Wissen ist ein edler Schatz und ebenso das Feld für Potenzialsteigerung. Grob unterscheiden lässt es sich in explizites Wissen, ohne Bindung an den Menschen, und implizit, an den Menschen gebundenes Wissen. Es kann an Personen gebunden sein. Dann ist es eingeschränkt. Wird es allerdings kollektiviert, kann es der Weiterentwicklung der Menschheit oder Unternehmen von großem Nutzen sein. Speicherung von Wissen in Büchern oder
anderen Medien schafft und erhält Kultur. Wir können in Wissensarten unterscheiden und auch die Haltbarkeit des Wissens feststellen. Es gibt komplexes und weniger komplexes, wanderndes und verankertes Wissen. „Das UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) 9 fördert Dialogfähigkeit und Orientierungswissen, kreatives und kritisches Denken sowie ein ganzheitliches Lernen unter Berücksichtigung religiöser Orientierung und kultureller Werte. Sie zielt auf die Bereitschaft, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen, mit Unsicherheiten und Widersprüchen umzugehen, Probleme zu lösen und an der Gestaltung einer demokratischen und kulturell vielfältigen Gesellschaft mitzuwirken.“ Wissen kann interner oder externer Natur, fragmentiert oder integriert sein. Je mehr Menschen Wissen erlangt haben und zu eigenen Erfahrungen haben werden lassen, desto mehr herrscht Gewissheit oder Validität über dieses Wissen. Dies gilt allerdings unter Vorbehalt.
Wissen hat seine Zeit und wenn diese abgelaufen ist, verliert es an Substanz und Wert. Prozedurales Wissen ist von der Fertigkeit, dem Können der Menschen abhängig und gebunden an Prozesse. Dies spielt im unternehmerischen Kontext eine bedeutende Rolle. Automatisierung und Robotik gäbe es ohne diese Wissensart nicht. Künstliche Intelligenz (KI) bemüht sich unter anderem mittels semantischer Netze, Wissen zu modellieren. Einmal erkannte Muster oder Prozesse werden zu intelligenten Einheiten. So wird explizites Wissen in Maschinenkraft oder digitale Macht verwandelt. Mittels Quantencomputern und KI gelang es bereits, Schach- und Go-Weltmeister zu schlagen. Der Weg zur Industrie 4.0 wird ganz maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, die Wertschöpfung und Vorgänge im Unternehmen so aufzuarbeiten, dass kodifiziertes Wissen daraus generiert werden kann. Explizites Wissen lässt sich einfacher bewerten als implizites. Dass Daten, Analysen und KI neue Werte entstehen lassen, ist heute nicht mehr von der Hand zu weisen.10
Hierzu werden wir im weiteren Verlauf noch intensiver auf den Wert der Daten eingehen. Wie diese in die Buchhaltung gelangen, ist bisher ungeklärt. Die Verantwortung dafür haben die Unternehmen in der Hand. So wie der Staat, der Ausgleiche zu schaffen hat. Hochleistungs-IT und KI werden große Verschiebungen der Arbeitswelt zur Folge haben. Arbeitsplätze werden wegrationalisiert. Der Mensch wird immer weniger die ihm bekannte Arbeit zu leisten haben, wenn KI ihm diese abnimmt. Dafür wird es vielleicht und hoffentlich andere und neuartige Tätigkeiten geben.
Indikatoren Weisheit: Erfahrung, Praxis, Wissen, Liebe, Menschenbildung,
Wissenschaft, Technik, Kunst, Fortschritt, Kultur, Haltbarkeit, nachhaltige Entwicklung, Dialogfähigkeit, Orientierungswissen, ganzheitliches Lernen, Verantwortung, Gestaltung, Diversität, Gewissheit, Validität, Fertigkeit, Können, Verantwortung, Künstliche Intelligenz
MUT
Mut und Tapferkeit würdigen wir als den derzeitigen Favoriten. Zusammen mit der Mäßigung waren beide bereits den Griechen als Kardinaltugenden wohlbekannt. Heute sind sie mehr denn je von großer und existenzieller Bedeutung: Wer Mut oder Wagemut zeigt, traut sich in Gefahrenzonen, in unkalkulierbare Situationen oder aus der zivilisatorischen Komfortzone. Mut ist nicht angeboren, sondern erlernbar. Tapferkeit und Mut werden gerne in Zusammenhang gebracht. Tapferkeit oder Heldenmut ist eine der vier platonischen Kardinaltugenden und erklärt sich mit Standhaftigkeit, sich dem Furchtbaren trotz Furcht entgegenzustellen um des guten Willens wegen.
Im unternehmerischen Zusammenhang benötigt es neben Initiative und Können auch Stärke und den Raum und die Möglichkeit, diese zu zeigen und jenes zu erwirken. Mut im Unternehmen zu entwickeln, bedarf der Beharrungskraft und eines inneren Kompasses. Sich für das Richtige zur passenden Zeit einsetzen heißt die Devise. Tatkraft ist eine Doppelung: die Fähigkeit zu handeln, gepaart mit Energie. Wagemut trägt Hoffnung und Zuversicht in sich, die Zukunft in eine sinnvolle Richtung wenden zu können. Zentraler Aspekt ist der freie Wille. Wille, der zu mutigen Handlungen und Eigenwilligkeit führt. Dieser ist ungebunden und entspringt dem individuellen Kern des Menschen. Die vielfältigen Probleme unserer Zeit sind sicherlich nur durch großen Mut zu lösen. Wegducken, Ignorieren und das Zuweisen von Schuld sind klassische mutlose Verhaltensweisen. Es erfordert einen gewissen Wagemut, bestehende Prozesse im Unternehmen zu verändern. Oder jene Wege zu verlassen, die in die Irre führten. Dazu gehört zum Beispiel das Festhalten an Traditionen, die u. U. nicht mehr zeitgemäß sind. Mut bedeutet auch, sich neuen Themen zu stellen. Wie kann Verantwortung neu begriffen werden im Umgang mit den natürlichen, menschlichen und sozialen Ressourcen?
Mut wird zumeist mit bevorstehender Gefahr in Verbindung gebracht. Bedrohungen und Gefahren wurden seit der Antike durch mutige Taten überwunden oder abgewendet. Wir sehen uns derzeit durch viele Gefahren bedroht: Wir rechnen mit Klimakatastrophen, Kriegen und einer weiteren Weltwirtschaftskrise. Bringen wir Mut mit Klugheit und den zu gewinnenden Erkenntnissen zusammen, statt mit dem Rücken an der Wand stehen zu bleiben. Damit ist der Schulterschluss zur Mäßigung geschaffen. Nur wer Maß und Mitte wahrt, handelt in Weisheit 11. Sinngemäß sagte dies Konfuzius bereits vor etwa 2.500 Jahren. Ein guter Haushaltsplan operiert mit Augenmaß und Verhältnismäßigkeit. Dazu gehören Für- und Vorsorge für das Unternehmen, die Mitarbeitenden und die Natur. Ressourcen verlangen den richtigen Umgang mit ihnen. Die Natur ist auf Fülle ausgelegt. Den Mangel erzeugen wir Menschen und damit auch die Gewinnmaximierung für die Befriedigung der Gier von Wenigen. Die Polarität von Übermaß und Mangel führt zu sozialen Verwerfungen. Stünde es nicht an, mit mehr Genügsamkeit zu wirtschaften? Aber auch die Konsumierenden tragen Verantwortung. Schon Aristoteles brachte die individuelle Note der Nachhaltigkeit in der Nikomachischen Ethik 12 auf den Punkt: „Um die Mitte (mesotes) zu verstehen und nachzuvollziehen, sollte man das irrationale und triebhafte Treiben der menschlichen Seele erlebt haben.“
Indikatoren für Mut: Tapferkeit, Standhaftigkeit, Initiative, Können, Stärke, Beharrungskraft, Tatkraft, Hoffnung, Zuversicht, Eigenwilligkeit, Weisheit, Für- und Vorsorge, Gewinnmaximierung, Übermaß, Verhältnismäßigkeit
MÄßIGUNG
Die Mäßigung beinhaltet bereits im Wort das Maß. Maßhalten und Haushalten mit seinen notwendigen seelischen Kräften gilt auch für den Konsum des Einzelnen. Eine innere Waage in sich zu entwickeln, welche die ‚Mitte finden‘ aufzeigt, ist hilfreich. Weder das Zuwenig noch das Zuviel erlangen zu wollen ist ratsam. Nachhaltigkeit und Maßhalten zeugen und erzeugen Gesundheit. Das Gefühl für das Maß der Dinge scheinen die Menschen weitestgehend verloren zu haben. Sich zu mäßigen oder sich besonnen zu verhalten, erfordert einen Wesenskern, eine Instanz im Menschen, der die Realität der Außenwelt mit der Innenwelt in Beziehung zu setzen weiß.
Der Egoismus, Neid und die Gier dürfen als Antipode oder Entgleisung zur Mäßigung angesehen werden. Ungezügelte Begierden und Leidenschaften verführen uns zu übermäßigen und unkontrollierten Taten; ohne oder mit wenig Rücksicht auf Verluste. Die Mäßigung oder das Maßhalten hängt mit der Fähigkeit zusammen, zwischen Polaritäten des Zuviels und des Zuwenigs eine Verortung vornehmen zu können. Dazu benötigen wir Werte und die Fähigkeit des Messens und Bewertens derselben. Die Besonnenheit steht in Konjunktion zur Mäßigung. Nur durch ein gesundes Denken erlangen wir die Entschlusskraft. Dem Gewinn ein Maß zu setzen tut not.13 Kosten bürden wir nur allzu oft den Armen oder der Natur auf. Diese Kosten werden bei der Preiskalkulation nicht herangezogen. Sie sind externalisiert, sollten jedoch internalisiert werden, d.h. in die Verantwortung der Unternehmen und der Wertschöpfungskette geführt werden. Nur hier sind sie auch erfass- und messbar. Mäßigung und Besonnenheit sollten nicht als Beharrungsvermögen in Traditionen verstanden werden. Eher als aus innerer Ruhe und Gelassenheit entstandene Erkenntnis, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun; das Zu-früh oder Zu-spät im Bewusstsein zu haben, und zwar unter Einbeziehung aller Fakten und einer größtmöglichen Perspektive für eine sinnvolle Entscheidung, für eine angemessene Tat. So können sich Mut und Besonnenheit die Hand reichen. Die Mäßigung verdient einen besonderen Platz in der Wertebilanz. Nachhaltiges Wirtschaften ist ein Synonym dafür. Haushalten und Nachhalten zeigen eine Wortverwandtschaft, die wir beim Bilanzieren und der Buchführung nicht außer Acht lassen dürfen. Welche Indikatoren hierfür wissenschaftlich und unternehmerisch maßgeblich sind, haben wir bereits erarbeitet. Sustainability Reporting Standards (GRI 14, <IR> 15 etc.) existieren. Viele der dort maßgeblichen Faktoren können entweder direkt in der GuV abgebildet oder mittels Wirkungsbuchungen im Vermögen der Bilanz verankert werden. So entstehen monetarisierbare Erfahrungswerte. Diese können dann als Benchmarks in der Bilanz hinterlegt werden. Wir können die natürlichen Ressourcen nicht weiterhin als Waren oder Dinge in unseren Bilanzen behandeln. Jede Ressource verdient eine ihr gemäße Behandlung und Wertschätzung. Diese können wir zum Ausdruck bringen, indem wir den schonenden Umgang auch in unsere Bilanzen tragen.
Indikatoren für Mäßigung: Haushalten, Nachhalten, Entschlusskraft, Beharrungsvermögen, Ruhe, Gelassenheit, Besonnenheit, Ressourcen, Wertschätzung
1 http://www.bpb.de/politik/grundfragen/politik-einfach-fuer-alle/236724/die-wuerde-des-menschen-ist-unantastbar
2 Schiller, F.: Über Anmut und Würde, Artemis & Winkler, 1997
3 Steiner, R.: Vortrag 1924, http://fvn-archiv.net/PDF/GA/GA235.pdf# page=54&view=Fit
4 http://www.bpb.de/izpb/274837/franzoesische-revolution
5 Eckermann, J. P.: Gespräche mit Goethe, Leipzig, Band 1 und 2: 1836
6 UN-Charta https://www.un.org/en/sections/un-charter/chapter-i/index.html
7 https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Lied_der_Deutschen
8 Schumacher, E. F.: Rat den Ratlosen, rororo, 1977
9 https://www.bne-portal.de
10 https://www.sap.com/germany/cmp/oth/de-give-data-purpose-cio/index.html?url_id=text-de-givedarapurpose_cio_whitepaper_landingpage-newscenter:CRM-DE19-PDM-HEA_CIONCP
11 https://www.reclam.de/detail/978-3-15-019248-1/Konfuzius/Das_Buch_von_Mass_und_Mitte
12 Aristoteles: Nikomachische Ethik, Artemis & Winkler, Düsseldorf, 2001
13 Rüdiger, H.: Pindar in „Griechische Lyriker“, http://d-nb.info/456802304
14 https://www.globalreporting.org
15 https://integratedreporting.org