Читать книгу Eringus, der Drache vom Kinzigtal - Rainer Seuring - Страница 7

Lehrzeit

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Früh am Morgen wird Magda wach. Sie hat in der Höhle eine Mulde genutzt, darin Gras gesammelt und sich zur Ruhe gebettet. Die Nacht hat ihr gut getan und auch ihrem Kind, wie sie zu spüren glaubt. Auch die Sonne ist gerade aufgestanden, wie es scheint. Der große Baum in der Dorfmitte wirft noch einen langen Schatten nach Westen. Unten sieht sie die kleinen Menschen auf ihren Bänken fröhlich beim Frühstück sitzen und hört ihr Lachen und murmelnd die Gespräche, die sie führen. Dann vernimmt sie deutlicher die Stimme von Linda Malve, die offensichtlich wieder die Aufgaben neu verteilt. Kaum hat sie geendet klatscht sie in die Hände und alles geht auf die Felder oder durch die Hecke, um dem Tagwerk nachzugehen.

„Kann ich auch etwas zu essen haben?“, fragt Magda.

Eringus hebt den Kopf und blickt sie an. „Eine gute Frage, Mädchen. Eine sehr gute Frage.“

Magda nimmt das als Lob und freut sich: „Gell, ich bin nicht so dumm?“

„Nein, das bist du nicht.“ Was hätte der Drache auch sonst antworten sollen. Innerlich allerdings schüttelt er verzweifelt den Kopf. Das wird nie was, denkt er sich. Laut aber sagt er: „Darüber mache ich mir schon die ganze Nacht Gedanken. Sicher können dir die Halblinge für eine kurze Zeit Essen geben. Doch solltest du dafür auch etwas tun, um es dir zu verdienen. Nur frage ich mich, was? Im Dorf selbst kannst du nicht viel helfen. Du passt nicht in die Häuser. Das Vieh hüten bringt zu viel Unruhe. Die Tier sind keine Großen gewohnt. Sie würden scheuen, aus den Weiden ausbrechen und über die Felder fliehen. Auf den Feldern kannst du nicht helfen, weil du nicht mit den kleinen Hacken und Schaufeln arbeiten kannst. Mit deiner Kraft machst du das zarte Handwerkszeug kaputt. Eben diese Kraft kann man hier aber auch nicht nutzen. Vielleicht später bei der Ernte, wenn es gilt, Strohballen oder so in die Scheunen zu bringen. Ich werde also wohl mit Linda reden, damit du vor der Hecke bei den Waldarbeiten hilfst. Traust du dir das zu?“

„Sicher, Eringus. Ich bin es gewohnt, schwer auf dem Feld zu arbeiten. Sehr viel anders wird die Waldarbeit wohl auch nicht sein. Und wenn ich schon so viel stärker bin, als die Halben, werde ich sicher mehr leisten können als sie.“ Magda fühlt sich selbstsicher und überlegen. Sie nimmt die Halben nicht für voll.

„Hier gibt es aber kein Werkzeug oder ähnliches für dich. Du wirst alles mit bloßer Hand tun müssen; das ist dir klar?“

„Klar!“

„Gut. Dann geh hinunter zu Linda und frag nach Essen und auch nach Arbeit. Dazu brauchst du mich doch nicht. Dann kann ich weiter nachdenken. Linda wird sich freuen, dass du dich an der Gemeinschaft beteiligen willst. Ach ja, bevor ich es vergesse: Du kennst noch die Worte, um das Dorf wieder betreten zu können?“

Getreulich wiederholt Magda die beiden Sprüche, die Dank Eringus eindringlichem Vortrag in ihrem Kopf hängen geblieben sind. Dann geht sie zum Dorf.

„Jade?“, fragt Eringus einfach so ins Leere. Auch wenn er die Traumfee sehen kann, wenn sie in seiner Nähe schwebt, macht er sich nicht die Mühe, nach ihr zu suchen. Entweder ist sie da oder nicht. Jetzt ist sie da.

„Ist schon klar. Ich werde mich ganz unauffällig in ihrer Nähe aufhalten und schauen, dass ihr nichts passiert. Bin ich dann ein Schutzengel?“ Lachend folgt sie Magda, während Eringus den beiden nach sieht.

Magda zieht es vor, an der Hecke entlang zum Dorf zu gehen, wo der Weg auch für sie breit genug ist. Nun steht sie vor der Brücke. Bedenklich blickt sie auf das wohl zierliche Bauwerk. Natürlich ist die Brücke breit genug, damit fünf Mann nebeneinander darüber gehen können. Allerdings nur für die kleinen Männer gerechnet. Zum Sprung ist der Graben ein wenig zu breit, auch wenn es nur knapp vier Fuß sind. Doch zum nächst gelegenen Haus ist es auch nicht viel weiter. Springt sie falsch, fällt sie vielleicht auf das Haus drauf. Das wäre ein sehr schlechter Anfang. Es bleibt nur der Weg über die Brücke. Vorsichtig setzt Magda einen Fuß darauf und belastet diesen ganz langsam. Dabei lauscht sie, ob eventuell ein verdächtiges Knacken zu hören wäre. Doch die Brücke hält auch ihr Gewicht aus. Die Halben leisten gute Arbeit und Magdas Respekt vor ihnen wächst. Auf ihrem Weg zu den Bänken hat sie Gelegenheit, sich die Häuschen aus der Nähe anzusehen. Diese Bauweise ist ihr neu. Sie kennt nur die Lehmhütten der Bauern und das feste Haus des Grafen. Hier scheint es auch Lehm mit Stroh zu sein, doch den hat man zwischen ein sonderbar verschachteltes Gerüst aus Holzbalken geschmiert. Dadurch bekommt jede Hauswand ein anderes Aussehen. Auch wurde wohl dem Lehm noch irgendetwas bei gemischt, denn es gibt braune, rötliche und auch helle Häuser. Kleine Fensterchen lassen Licht ins Innere, wenn die Läden offen sind. Die Dächer sind gleich. Jedes dick mit Stroh abgedeckt und so weit an den Seiten herunter gezogen, dass es fast den Boden berührt. Nur über Türen und Fenstern wurde in schwungvollem Bogen das Stroh ausgeschnitten. Vorn und hinten ist je eine Tür.

Nun steht Magda vor den Bänken und hat das nächste Problem. Wo ist Linda zuhause? Die Malve als Blume kennt sie nicht (wobei diese auch im Dorf nicht gepflanzt ist) und ein besonderes Haus, wie es vielleicht einem Dorfmeister zustehen würde, sieht sie auch nicht. „Frau Malve!?“ Etwas anderes als zu rufen, fällt ihr nicht ein. Vermutlich hätte sie auch gar nicht an der Tür klopfen können. Bei einem Häuschen, das nur bis etwa zu den Hüften Magdas reicht, muss man sich ordentlich bücken und es besteht durchaus die Gefahr, dass die Tür eingeschlagen wird. Rufen war einfach das Sicherste.

„Ja, mein Kind? Was möchtest du?“ Linda steht hinter ihr. Sie war eben in der Bäckerei, damit die Brote für das Abendessen ausreichend und gut vorhanden waren. Die Dorfvorsteherin kümmert sich immer um alles und jeden. Alle Werk- und Arbeitsstätten, wie Schneiderei, Schlachterei, Holz- und Sägewerk oder auch eben die Bäckerei, liegen außerhalb des Dorfes auf der anderen Seite des Grabens. Magda passierte sie auf ihrem Weg zur Brücke.

Die Frühstücksfladen waren ein wenig hart geraten und zu wenig. Darum hielt Linda es für ihre Aufgabe, mit den Bäckern ein ernstes Wörtchen zu reden. Als sie heraus kam, stand Magda gerade vor dem Übergang. Linda hatte Magda zugesehen, wie sie vorsichtig über die Brücke ging und sich gefreut, dass das große Mädchen doch mit soviel Vorsicht ans Werk ging.

„Oh, da sind sie ja. Eringus schickt mich. Ich habe Hunger und ich soll nach Arbeit fragen. Er meint, ich könnte bei den Waldarbeiten helfen und mir damit mein Essen verdienen.“

Linda macht dabei kein sehr glückliches Gesicht. Natürlich hat sie so etwas erwartet. „Kind, wie sollen wir dich satt bekommen? Wie heißt du eigentlich?“

„Verzeiht, ich bin Magda.“

„Gut, Magda. Dann zunächst erst einmal einen guten Morgen zu wünschen.“

Magda wird rot vor Scham, weil sie Linda nicht gegrüßt hat.

„Tja, mit Essen ist das so eine Sache.“, fährt Linda ungerührt fort. „Wir können leicht uns selbst versorgen. Doch du wirst bestimmt deutlich mehr essen, als vier von uns. Das geht auf die Dauer nicht. Auch wenn du für unser Dorf arbeitest und uns hilfst, wird das Essen dadurch nicht mehr. Was mach ich nur mit dir?“ Hilfe suchend blickt sich Linda um, sieht aber nur Ob, der am Graben sitzt und angelt. „Nein, das geht nicht.“, meinte sie leise zu sich selbst. „Wenn du schon arbeitest, soll deine Arbeit auch für dein Essen sorgen. Leider ist jetzt keiner da, also werde ich dir zeigen, was du tun kannst. Aber zunächst mal: Gerania!“ Den Namen hat Linda sehr laut gerufen und aus der Bäckerei heraus tritt eine Frau und blickt sich um, woher wer ihren Namen gerufen habe.

„Ja, Linda?“, ruft sie zurück.

„Ist noch Brot von heute Morgen übrig?“

„Ja, Linda. Bestimmt noch zwanzig Stücke, die ich mit in den Brei für heute Abend geben wollte.“

„Dann nimm nur die Hälfte und bring die anderen zehn für Magda, hier. Das Mädchen muss endlich mal etwas Vernünftiges zu essen haben. Dann wird der Brei heute halt mal ein wenig dünner ausfallen.“ Sie dreht sich wieder zu Magda hin. „Es wird wohl schon eine Weile her sein, dass du etwas gegessen hast, stimmt´s? Und neue Kleider brauchst du bestimmt auch. Ich sah kein Bündel bei dir, als du mit Eringus gekommen bist. Das kriegen wir alles hin. Wer arbeitet, verdient sich seinen Lohn. Wer nicht arbeitet, verdient sich keinen Lohn.“

Das war Lindas Lieblingsspruch. Auch wenn Halblinge im Grunde ein sehr fleißiges Völkchen sind, gibt es doch auch hier den einen oder anderen, der es gerne ein wenig gemütlicher angehen lassen will. Den lässt Linda dann auch schon mal hungern. Als Oberste des Dorfes hat man ihr die Macht dazu gegeben und alle fügen sich. Vielleicht werde ich später noch ein wenig mehr zur Machtverteilung bei den Halben erzählen.

Jetzt aber kommt erst einmal Gerania mit den Broten. Ungläubig blickt Magda auf den Korb, den die Frau mit beiden Händen heran trägt. Im Grunde gibt es an dem Korb nichts auszusetzen, außer seiner Größe. In Magdas Augen (und Händen) ist das ein besseres Blumenkörbchen für kleine Kinder. Dementsprechend sind dann auch die zehn Brote anzusehen. Keksgroß oder wohl eher als Keksklein muss man sie bezeichnen. Oh ja, denkt sich Magda, das wird schwer, sich daran zu gewöhnen. Für die Halben bin ich ja ein Riese. Brav bedankt sie sich bei Gerania und nimmt mit Fingerspitzen die Kekse, Verzeihung, die Brote vorsichtig aus dem Korb. Sie schmecken lecker und ein Klecks Honig dazu wäre toll. Doch den Gedanken lässt Magda schnell wieder fallen. Sie will sich nicht die Größe des Honigtopfes vorstellen. Sie muss sich mit den Broten vorerst begnügen.

Geduldig hat Linda gewartet, bis Magda gegessen hat. Das war nicht sehr lange, denn vor lauter Hunger sind die Brote ganz schnell weg. Zu schnell, wie ein Rülpser von Magda beweist. „Wie es scheint, bist du satt. Ihr Großen müsst aber viel arbeiten, um euch das Essen zu verdienen. Das war eben das Brot, das bei uns eine große Familie verbraucht.“ Wie Magda ihre Probleme mit dem Kleinen hat, so hat Linda ihre Probleme mit der Größe. Manches ist unvorstellbar. „Nun zu deiner Arbeit, Mädchen. Dort hinten, unter der Hecke, haben sich Kaninchen ihren Bau gegraben. Leider kann unsere Hecke nur unwillkommene Menschen abhalten. Bei Tieren, die darunter durch wollen, funktioniert der Zauber nicht. Die müssen dort weg und der Bau muss verschlossen werden. Gelingt es dir, sie zu vertreiben, hast du gute Arbeit geleistet. Kannst du sie erlegen, hast du sogar etwas zu essen. Und kannst du viele erlegen, kannst du dir sogar Kleidung und Brot verdienen, darüber können wir verhandeln.“

Au weh. Schon wieder eine ganz neue Erfahrung für Magda. Mit Arbeit kann man sich Kleidung und Brot verdienen!?! Handeln ??? Bisher bekam sie das Nötigste von ihrem Onkel. Ob dies der Arbeit entsprach, hat nie jemand Magda erklärt. Und dann war da noch etwas: Sie hatte noch nie gejagt, geschweige denn, ein Tier getötet. Fliegen oder Spinnen ausgenommen. Käfer wurden nicht getötet, die wurden gebissen und geschluckt. Aber ein Kaninchen, mit Augen, die dich ansehen, töten? Oh oh. „Muss das sein?“

„Natürlich nicht. Du kannst auch Netze von mir bekommen. Damit gehst du an den Fluss und fängst Fische. Die nimmst du dann aus. Dann kannst du sie braten.“, stellt Linda als ebenso fürchterliche Wahl in Aussicht.

Magdas furchtsame Blicke bessern sich bei dieser Vorstellung nicht. Fisch ist zudem glibberig. Igitt. „Und was könnte ich sonst noch tun, um mein Essen zu verdienen?“

„Bei den Mengen, die du benötigst, leider nichts.“, ist Lindas ernüchternde Antwort. Aber sie erkennt, was in Magda vor sich geht. „Du hast noch nie getötet, um zu essen. Richtig?“ Sie wartet die Antwort nicht ab, die sie schon kennt. „Wer nur von Früchten, Getreide und Gemüse leben will, muss manchmal länger hungern können, als ein Jäger. Wild ist öfter zu bekommen, als ein Bündel Ähren oder ein Körbchen Beeren. Das Leben da draußen ist hart und gefährlich. Schon morgen kannst du die Mahlzeit eines Bären oder eines Rudels Wölfe sein. Fressen oder gefressen werden. So hat es die Natur vorgesehen, ob es dir gefällt oder nicht.“

Die Darlegung ist wenig ermutigend und Magda schweigt lange. Sie hört in sich hinein, doch da herrscht im Moment Ruhe. Der Magen ist beschäftigt. Doch das kann schon bald wieder anders sein. Der Hunger der Tage zuvor ist nicht vergessen. Sie muss sich überwinden, auch schon für ihr ungeborenes Kind. „Gut, ich werde es versuchen. Wo sind die Kaninchen?“

„Komm mit, ich bring dich hin. Ich werde auch sehr langsam gehen.“

Magda folgt Linda. Dabei fällt ihr der absonderliche Gang der kleinen Frau auf. Durch die deutlich größeren Füße hüpft Linda mehr als dass sie läuft. Die Spanne zwischen Ferse und Fußspitze ist länger, als bei den Großen, wodurch der Körper mehr gehoben wird, rollt der Fuß über die Spitze ab. Laufen die Kleinen schnell, so erfolgt das mehr auf der Fußspitze und das Gangbild ist gleichmäßiger. Und die Halben können wirklich schnell laufen. Magda gelingt es nur mit Mühe, Schritt zu halten.

Nach einiger Zeit erreichen die beiden die Hecke. Auf dieser Seite ist eine Vielzahl von Löchern im Boden zu sehen. Die Kaninchen, die man schon von weitem hoppeln sehen konnte, haben sich längst in die Sicherheit des Baus begeben.

„Auf der anderen Seite der Hecke sieht es nicht besser aus.“, erklärt ihr Linda. „Lass dir etwas einfallen, wie du der Kaninchen Herr wirst. Sicher gibt es viele Wege. Doch achte besonders darauf, dass die wilden Allesfresser nicht auf dieser Seite der Hecke ihr Unwesen treiben. Die fressen das weg, das auch du sicher gerne Essen möchtest.“ Das war noch mal der eindringliche Hinweis auf ihren Vortrag von vorhin. Damit lässt sie Magda stehen und geht ins Dorf zurück.

Magda beginnt zu überlegen und bedenkt, was Linda ihr erklärt hat. Das wird schwer. Falls es ihr gelingt, ein Kaninchen zu fangen, muss sie es töten, damit es etwas zu essen gibt. Das ist noch klar. Fängt sie zwei Kaninchen, kann sie mehr essen. Oder sie gibt s Linda und bekommt dafür vielleicht Brot oder Honig oder Gemüse. Mehr Fleisch essen oder Kleider. Ist eigentlich ganz einleuchtend und einfach. Sie gab ihrer Freundin ihrer Freundin einst den Stofflumpen, der ihre Puppe war, und bekam dafür die ihre. Tauschen. Klar doch. Hab ich viel, kann ich viel tauschen und kann viel dafür bekommen. Toll. Auf zum nächsten Problem: Wie krieg ich die Kaninchen? Inzwischen waren die wieder aus ihren Löchern gekommen. Magda hat bis jetzt ganz still gesessen und damit die Tiere nicht erschreckt. Nun steht sie auf und flugs sind die Kerlchen wieder weg. Vertrieben sind sie. Dafür gibt es aber nichts zu essen. Sie versucht, durch die Hecke zu blicken, doch als sie sich nähert, machen die Büsche sofort Platz. Es möchte ja sein, dass Magda hindurch wolle. Das will sie erst einmal nicht, aber sie sieht, wie auf der anderen Seite nun auch die Kaninchen in den Löchern verschwinden. Sie schaut auf die Löcher auf der Dorfseite und sieht hier und da einen kleinen neugierigen Kopf erscheinen, der sich bei ihrem Anblick aber sofort wieder zurück zieht. Aha, so ist das, merkt sich Magda. Die Löcher gehören zusammen. Vielleicht alle zusammen zusammen. Sie setzt sich wieder hin; noch mehr denken. Lass die Fresser nicht auf diese Seite, hat sie Lindas Ermahnung im Ohr. Jagt sie hier drüben, rennen die Kerlchen draußen fort. Jagt sie draußen, sind alle drinnen. Sehr schlecht. Dann schimpft Linda. Sie muss verhindern, dass die Kaninchen innerhalb der Hecke heraus können. Wie? Magda blickt sich suchend um. Hier auf der Wiese findet sie nichts, aber dort drüben, am Rande des Feldes ist ein großer Haufen von Steinen. Tatsächlich findet sie auch eine ganze Reihe von Brocken, die groß genug sind, die Löcher abzudecken. Leider hat die Schlepperei sehr lange gedauert und die Sonne sinkt schon wieder hinter den Bäumen nieder. Erschöpft, aber zufrieden, betrachtet sich Magda ihr Werk. Heute hat sie noch nichts gefangen. Trotzdem will sie Linda von ihrer Arbeit erzählen; vielleicht bekommt sie so noch mal etwas zu essen.

* * * * *

Ja, sie hat etwas bekommen. Mit vielen Keksen in einem größeren Körbchen wandert Magda wieder zu den Kaninchen. Gleich morgen früh will sie weiter machen. Sie muss draußen noch die Löcher verschließen. Nur eines will sie auflassen und sich dort auf die Lauer legen und wenn eines raus schaut, ganz schnell danach greifen. Sie legt sich einfach ins Gras zum schlafen, damit sie nicht den weiten Weg von der Höhle her machen muss.

* * * * *

Geduldig hat Jade Magdas Treiben beobachtet und eilt nun, Eringus Bericht zu erstatten. Als sie endete umspielt ein leichtes Lächeln seinen Mund, was diesmal auch gar nicht gefährlich aussieht.

* * * * *

Der Wille, früh auf den Beinen zu sein, lässt Magda unruhig schlafen. Dauernd wird sie wach und stellt enttäuscht fest, dass es immer noch dunkel ist. Endlich dämmert es und Magda will sich gerade auf den Weg machen, vor der Hecke die anderen Löcher zu verschließen, als sie die Bescherung sieht: Einige der Löcher haben keinen Stein mehr darauf. Dort, wo die Steine in die Löcher gerutscht waren, haben die Kaninchen neue Gänge gegraben, um an dem Hindernis vorbei zu kommen. Tiefe Enttäuschung steigt in Magda hoch und sie ist den Tränen nahe. Soviel Mühe mit den schweren Steinen und alles umsonst. Sie hat gestern zu langsam gearbeitet. Sicher sitzen diese Mistviecher vor der Hecke und knabbern fröhlich am Löwenzahn. Dazu fällt ihr im Moment des Gedankens eine neue Idee ein. Kaninchen – Löwenzahn fressen – mit Futter anlocken – mit Stock erschlagen – genau.

Sofort rennt sie los und sucht zuerst nach einem dicken langen Stock. Den findet sie vor der Hecke, die sie inzwischen problemlos passieren kann, alles reine Übungssache. Natürlich sind die Kaninchen bei ihrem Erscheinen sofort wieder in ihrem Bau verschwunden. Egal, ihr kommt wieder raus, denkt sich Magda, und dann gibt’s auf die Ohren. Dann pflückt sie noch schnell eine größere Menge Löwenzahn und legt diesen vor eines der Kaninchenlöcher. In Reichweite des Stockes setzt sie sich gegenüber dem Löwenzahn auf der anderen Seite des Loches nieder und wartet geduldig.

Ihre Geduld wird auf eine harte Probe gestellt, denn natürlich können die Kaninchen sie immer noch riechen. Und so steht die Sonne schon recht hoch, als dann doch endlich an dem bewachten Loch eine neugierige kleine Schnauze vorsichtig heraus schaut. Ganz langsam greift Magda nach dem Knüppel, den sie nach einiger Zeit neben sich gelegt hatte. Er ist recht schwer. Das Kaninchen dreht die Ohren, schnuppert, und hoppelt ein wenig heraus. Magda bringt es fertig, ganz langsam die Arme mit dem Stock hinter dem Rücken zu erheben, um das Tierchen nicht zu verscheuchen. Lauernd blickt das Kaninchen zu Magda, Magda lauert zurück. Dann spannt sie ihren Körper, um ganz schnell und mit voller Wucht das Tier zu treffen. Sie schlägt zu.

Und vorbei. So schnell ist sie nicht, stellt sie, heute schon zum zweiten Mal, enttäuscht fest. Wie ihr Magen ihr klar macht, muss sie sich etwas Besseres einfallen lassen. Just in diesem Moment strebt ein Halbling an ihr vorbei zur Hecke. „Was machst du hier, Große?“

„Ich versuche, Kaninchen zu jagen.“ In Magdas Stimme schwingt Traurigkeit mit.

„Schade, dass ich dir nicht helfen kann. Von der Jagd verstehe ich nichts. Ich bin ein Fischer, wir arbeiten mit Netzen, nicht mit Keulen.“, sprach´s und geht seines Weges. Dabei hängt ihm ein Netz für die Fische auf dem mit Lederdecke geschützten Rücken, das bei jedem Schritt hin und her baumelt. Magda blickt versonnen hinterdrein.

In Jade keimen so langsam Bedenken, dass Magda dieses Problem wohl lösen würde. Von ihrem Beobachtungsplatz in der Hecke hat sie alles verfolgt und die oft lange Leere in den Gedanken der jungen Frau bewundert. Dass man so lange nicht denken kann …

Umso überraschter ist sie von dem leuchtenden Gedankenblitz, der Magda nun förmlich vom Boden hoch reißt und zum Dorf rennen lässt. „Linda!“, ruft Magda, kaum dass sie den Dorfrand erreicht hat, weiß man doch nicht, wo die Dorfmeisterin steckt. „Linda, ich meine Frau Malve!“

Diesmal blickt Linda Malve aus der Mühle heraus. „Ich bin hier! Was gibt es!“

Magda biegt in der Dorfmitte rechts ab und eilt zur Mühle am Dorfgraben hin. Etwas außer Atem sagt sie: „Ich brauche Netze, Frau Malve. Mindestens sechs.“

„Wozu brauchst du Netze? Willst du nun doch zu den Fischern?“

„Nein, mit den Netzen will ich Kaninchen fangen. Zum Erschlagen sind sie zu schnell für mich. Aber wenn ich die mit dem Netz fange, können die mir nicht mehr weg rennen.“

„Na gut, versuch es. Geh rüber, auf die andere Dorfseite. Das Haus am nächsten zum Bach, dort sind die Sachen verwahrt, die die Fischer brauchen. Frag, was man dir geben kann.“ Damit geht Linda wieder zurück in die Mühle. Aus dem Dunkel heraus blickt sie Magda hinterher und lächelt. Sie macht sich, denkt sie.

Derweil eilt Magda zum Fischerhaus. Die Tür ist zu. Den Namen desjenigen, der hier wohnt, kennt sie nicht. Magda traut sich und klopft ganz zart an die Tür. „Jemand zu Hause?“

„Oh! Guten Tag, große junge Frau. Was wünschst du?“, fragt der kleine alte Mann und lächelt sie freundlich an.

„Verzeiht!“, sagt Magda. „Frau Malve schickt mich. Ich brauche große Netze; bestimmt sechs Stück.“

„Das tut mir aber leid. Die Fischer sind mit allen Netzen am Fluss. Zurzeit habe ich nur die kaputten hier, die ich flicken will.“

„Dann gebt mir doch bitte davon. Ich werde sie sowieso zusammen knüpfen müssen. Da kann ich sie auch gleich reparieren.“ Magda ist besessen von ihrer Idee und hat es eilig. Was für Fische fangen die Halben eigentlich mit solch kleinen Netzen? Eine Forelle passt da aber nicht hinein, stellt Magda fest. Kaum hat sie die Netze und Flickzeug in Händen, flitzt sie schon wieder zu den Kaninchen. Diese hatten inzwischen ihre Abwesenheit genutzt und ein kleines Mahl innerhalb der Hecke genossen. Mit Magdas Erscheinen sind sie sofort wieder im Bau verschwunden. Jetzt gilt es, den neuen Plan umzusetzen. Magda besieht sich die Schäden der kleinen Fischernetze und beginnt mit der Reparatur. Eine ganz schlimme Fummelarbeit, denn die Stricke, die die Halblinge verwenden sind für Magda feine Fäden. Trotzdem sind die Netze an sich sehr haltbar. Schließlich hat sie es geschafft und hält nun ein Netz in der Hand, das die benötigte Größe besitzt. Mit Mühe bricht sie sich dann heimlich eine lange Weidenrute, hat zum Glück keiner der Halben gesehen, und knüpft die Netze an die Rute, welche ihrerseits im Kreis gebogen an einen stabilen langen Stock gebunden ist.

Nun durchquert sie die Hecke. Absichtlich ein gutes Stück von den Kaninchenlöchern entfernt, damit die Tierchen nicht gleich wieder verschwunden sind. Dicht an die Hecke gedrückt schleicht sie zum Kaninchenbau, auch dicht an Jade vorbei, die sie aber nicht bemerkt, und kommt so von hinten, damit sie den Fluchtweg in den Bau versperrt. Als die Kaninchen die Gefahr bemerken, rennen sie hakenschlagend los. Magda mit erhobenem Netz hinterher. Sie schlägt zu …

Und wieder nichts. Das Netz hat das Problem der Geschwindigkeit natürlich nicht behoben. Kaninchen sind fix. Der Schlag ins Leere aber hat eines davon veranlasst, einen Haken zu schlagen. In die falsche Richtung. Aus vollem Lauf rennt es an einen Baum am Waldrand und bleibt liegen.

„Ach du armes Kerlchen. Was hab ich getan?“ Von der Jagd völlig außer Atem eilt Magda, das Tier aufzuheben. Sie ist erschüttert, dass sie einem Lebewesen Leid zugefügt hat. Sie hebt es auf, nimmt es auf den Arm und streichelt es. Da beginnt das kleine Kerlchen, das nur bewusstlos war, zu zappeln, springt ihr aus den Händen und verschwindet im Wald.

„Du kleines Miststück! Na warte, wenn ich dich kriege.“ Magda schimpft in Gedanken mit sich selbst. Wenn ich dich kriege. Wie dumm von mir.

Als Magda mit dem Netz hinter den Kaninchen her jagte, schrie sie laut. Erstaunt war eine Gruppe Halblinge stehen geblieben und hatte dem Treiben verwundert zugesehen. Nachdem die Jagd erfolglos zu Ende war, waren sie laut lachend weiter zum Abendessen gegangen und hinter der Hecke verschwunden.

Die Aufgabe, selbst für ihr Essen zu sorgen und das Problem mit eigenen Ideen zu lösen, lässt Magda geistig reifen. Und es weckt auch ihren Stolz und ihre Scham. Nein, heute will sie nicht zu Linda betteln gehen, um Essen zu bekommen. Den kleinen Keksfressern wird sie es noch zeigen, beschließt sie trotzig. Hungrig geht nun auch sie wieder in den Schutz hinter der Hecke. Sie lässt sich auf der Wiese nieder. Sehnsüchtig lauscht sie zum Dorf hin, wo die kleinen Leute den Abend und das vollbrachte Tagwerk fröhlich feiern. Der Wunsch nach Zugehörigkeit wird stark. Es muss doch irgendwie gelingen, diese kleinen Nager zu erwischen. Mit diesem Gedanken schläft Magda im Sitzen ein.

* * * * *

Jade hat getreulich alles Eringus berichtet. „Meinst du nicht, man müsse ihr helfen?“

„Nein, auf keinen Fall.“, lehnt Eringus ab. „Sie entwickelt sich. Sie denkt und handelt selbständig. Sie wird stolz, wie du berichtetest. Linda und ich sind uns einig, dass Magda lernen muss, sich zu behaupten. Nur wer sich selbst vorstehen kann, wird nicht vor anderen kriechen. Wir können niemanden zu den Menschen schicken, der abhängig ist und zu allem ja sagt. Sie muss aus Überzeugung unseren Wunsch vertreten. Nur so kann das Werk gelingen. Du brauchst um Magda keine Angst zu haben. Sie wird nicht verhungern und sie wird ihren Weg gehen. Ich bin mir sicher.“

* * * * *

Magda sitzt neben einem großen Kasten, dessen Seiten aus Netzen bestehen. Diesen schiebt sie mit der offenen Unterseite über das einzig verbliebene, unverschlossene Kaninchenloch. Dann schlägt sie mit einem Stock neben den anderen Löchern auf den Boden und macht auch sonst einen Höllenlärm. Aufgeschreckt flüchten die Nager aus dem offenen Loch und fangen sich in den Netzen. Stolz macht sich Magda daran, den Kasten zur Seite zu schieben, damit kein Tier mehr in den Bau zurück huschen kann. Nun will sie die obenliegende Klappe öffnen, um das Erste zu töten.

„Du willst meine Kinder fressen?“

Erschrocken dreht sich Magda um und erblickt ein Kaninchen, das größer ist als sie, ganz dicht hinter ihr. Die großen Nagezähne hängen bedrohlich über ihr. Laut schreiend rennt Magda davon. Das große Kaninchen ihr hinterher. Beide schlagen wilde Haken, wobei das große Tier immer näher kommt. Plötzlich fällt Magda ins Bodenlose. Sie ist in das immer noch offene Kaninchenloch gestürzt. Als sie auf dem Grund des Kaninchenbaus landet und nach oben blickt, sieht sie noch ein Auge des Riesennagers. Plötzlich raschelt es hinter ihr und Magda dreht sich um. Sie sieht sich zwanzig kleinen Kaninchen gegenüber. Alle mit einem großen Schlachtermesser bewaffnet. „Hilfe!“, ruft sie.

Und dann erwacht sie. Welch ein übler Traum. Noch ganz aufgeregt schlägt ihr Herz heftig und es dauert eine Weile, bis sie sich beruhigt hat. Aber die Idee war gut. So könnte es gelingen. Gleich morgen, wenn es wieder hell wird, wird sie zum Sägewerk gehen und sich passendes Holz besorgen. Vielleicht würde man ihr auch gleich so eine Kiste bauen. Sie würde das erste gefangene Kaninchen dafür bieten. Vielleicht ginge man ja auf den Handel ein. Damit legt sich Magda wieder hin und schläft weiter.

Tatsächlich hat man Magda gerne die Kiste gebaut, die sie sich erbeten hat. Und natürlich hat man dankend das Kaninchen abgelehnt. Für solchen Handel war Linda zuständig. Mit vielen Glückwünschen versehen strebt Magda nun wieder der Kaninchenwiese zu. Schnell hat sie die Netze um das Gestänge geknüpft. Wohl vorbereitet, Magda war schon vor Sonnenaufgang auf den Beinen, fallen nun viele Steine auf und in die Kaninchenlöcher. Magda stört sich nicht an den kopfschüttelnden Halben, die an der Wiese vorbei gehen. Sie schreit und führt sich auf, als würde sie einen Götzentanz aufführen.

Ob es nun tatsächlich ihr Krach war oder einfach nur der einzige offene Weg aus dem Bau nach draußen, gleichwohl springt ein Kaninchen aus dem Loch und landet in Magdas Kiste. Schnell die Kiste zur Seite, grad wie im Traum, und dann den größten Stein, den sie zuvor finden konnte, darüber. Stolz öffnet Magda den Deckel, greift sich fest das Kaninchen im Genick und blickt es lange an. Dem Drang hinter sich nach dem Riesenkarnickel zu schauen, widersteht sie. Das Kaninchen blickt ängstlich zurück.

„Mein Onkel hat immer gesagt, alle stehen für die Schuld und Dummheit des Einzelnen. Und dein Kumpel hat mich gestern geärgert und den toten Mann gespielt. Tut mir leid, ich habe Hunger.“

Ein schnelles Knacken im Genick krönt Magdas Jagderfolg. Nun sitzt sie auf der Wiese, mit dem toten Kaninchen auf dem Schoß und weiß nicht, ob sie sich freuen oder ob sie weinen soll. Die Anspannung der letzten Tage ist von ihr abgefallen. Sie fühlt sich müde, glücklich und traurig. Es ist ein schönes Gefühl, fast wie ein Spiel, zu jagen, doch es ist unbeschreiblich, am Ende den Spielverlierer zu töten, um ihn zu verspeisen. Wohl dem, der ohne Verstand ist, der macht sich darüber keine Gedanken.

* * * * *

Unterdessen ist Jade fluchs zu Eringus geeilt, um ihm die freudige Botschaft des Erfolges zu überbringen. Leider gewinnt Eringus aus ihrer Erzählung den Eindruck, Jade habe da wohl doch etwas nachgeholfen; entgegen der Abmachung. Zwar beteuert Jade, es sei Magdas eigene Idee im Traum gewesen und sie habe nur danach für beruhigenden Schlaf gesorgt, doch das überzeugt den Drachen nicht sehr. Empört und zutiefst verletzt ist Jade davon geflogen. Es wird wohl einige Tage dauern, bis sie sich wieder beruhigt hat.

* * * * *

Das Kaninchen wird noch einige Male hin und her gewendet, während Magda versucht, sich ihrer Gefühle klar zu werden. Dann enden ihre Überlegungen praktisch: Das ist das Essen. Nun braucht sie noch Kleider. Es bleibt nichts anderes übrig, als weiter zu jagen. Mit einer Schnur aus dem Flickzeug für die Netze hängt sie ihre Beute an einen Baum auf der Grenze zwischen der Wiese und einem Acker. Sie stellt die Kiste wieder auf das Loch und kontrolliert, dass die anderen Ausgänge nach wie vor verschlossen sind. Dabei klopft sie auch gleich mal mit ihrem Stock auf den Boden, um eventuell dahinter lauernde Nager in die gewünschte Richtung zu treiben. So verbringt sie den Tag mal vor, mal hinter der Hecke und gegen Abend haben sich wirklich noch drei weitere Karnickel erbeuten lassen. Beim Halsumdrehen stellt Magda an sich den Anflug einer Gewohnheit fest. Man stumpft ab.

Jetzt sinkt die Sonne im Westen und Magda wandert mit den Kaninchen zur Dorfmitte. Sie will Linda ihre Beute zeigen und bereden, wie es nun weiter gehen soll. Kochen hat sie noch nicht recht gelernt. Ihre Arbeitskraft auf dem Feld und beim Vieh hüten war wichtiger gewesen, für den Onkel. Doch schon als sie den Fuß auf die Brücke setzt, brandet ihr großer Jubel von den Bänken her zu.

„Hurra! Bravo! Hoch die junge Jägerin!“, und was alles gerufen wird. Überrascht bleibt Magda stehen.

Eine strahlend lächelnde Linda kommt ihr entgegen. „Ich gratuliere, Magda. Mit so schnellem Erfolg habe ich nicht gerechnet. Komm, bück dich herab und lass dich drücken.“ Und kaum, dass sich Magda hingekniet hat, versucht die Frau des Dorfmeister, mit ihren kleinen kurzen Armen Magdas Hals zu umfassen. Es misslingt leicht, weswegen sie sich mit einem möglichst heftigen Schulterklopfen begnügt. Natürlich will auch Adalbert Eichenlaub dem nicht nachstehen und klopft seinerseits ganz heftigst auf die andere Schulter.

„Lass uns deinen Erfolg feiern, Magda.“, spricht er. „Hier neben uns am Baum ist Platz für dich.“ Und laut und unbestimmt in die Runde der kleinen Menschen ruft er: „Bringt Magda etwas zu trinken und bereitet die Kaninchen zum Braten vor. Heute ist ein Festtag und unsere große Freundin soll diesen Tag nie vergessen.“

Dafür bekommt er allerdings einen ordentlichen Rippenstoß von seiner Frau. Ist dies doch eigentlich ihre Sache, solches zu verkünden. Doch das breite Lächeln über alle Pausbacken Lindas zeigt, dass es diesmal nicht so ernst zu nehmen ist.

Was folgt, ist die erste Feier Magdas bei den Halblingen und tatsächlich hat sie diesen Tag auch nie vergessen.

Obwohl Midsommar erst vierzehn Tage vorbei ist dunkelt es schon, als Magda zu Eringus Höhle steigt. „Ich möchte dir auch gratulieren, Menschenkind Magda. Du hast die Prüfung bestanden. Sicher willst du dich jetzt ein wenig ausruhen, nach der Anstrengung.“

„Ich danke dir, Eringus und ganz im Gegenteil. Ich habe Gefallen gefunden am Lernen. Auch wenn ich dir eigentlich böse sein müsste, weil du mich so allein gelassen hast. Es macht Spaß Neues kennen zu lernen. Ich habe mich auch schon mit Linda besprochen, ich darf sie jetzt Linda nennen“, bekundet Magda voll stolz, „und bereits morgen werde ich bei den Fischern helfen und lernen. Und dann beim Kochen, Schneidern und alles was es gibt. Man muss viel können, um zu leben. Und bei den Bauern werde ich dann bestimmt auch verstehen wie das funktioniert, mit dieser Wirtschaft auf drei Feldern. Du kannst das nicht so gut erklären. Gute Nacht!“ Damit geht sie in die Höhle, kuschelt sich in ihre Grasmulde und schläft mehr als zufrieden ein.

Zurück bleibt ein erstaunter Drache, der im Geiste nur den Kopf schütteln kann. Solch eine Wendung der Ereignisse konnte auch er nicht erwarten.

Eringus, der Drache vom Kinzigtal

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