Читать книгу Marschall Bazaine Hochverrat - Rainer V. Schulz - Страница 6
FRANÇOIS-ACHILLE BAZAINE
Оглавление… Marschall von Frankreich, wurde 1811 in Versailles geboren. Von seinen Eltern zum Kaufmann bestimmt, fand er an diesem Beruf so wenig Behagen, dass er sich 1831 als gemeiner Soldat bei den Chasseurs d'Orléans anwerben ließ, mit denen er wenige Tage später nach Algier eingeschifft wurde. Er zeichnete sich vor Konstantine und bei anderen Gelegenheiten aus, avancierte bald zum Lieutenant, trat als Hauptmann zur Fremdenlegion über und kämpfte dann eine Zeit lang im Heer der Königin Maria Christina, Königin von Spanien, gegen die Karlisten. Im Jahre 1841 diente er abermals mit Auszeichnung in Algier unter dem Befehl des Herzogs von Aumale (der später sein Richter werden wird), verheiratete sich 1848 zum ersten Mal, wurde Oberst und Brigadegeneral, half Sewastopol erobern und kehrte als Divisionsgeneral zurück. Später begleitete er den unglücklichen Kaiser Maximilian nach Mexiko, wo er zum Marschall ernannt wurde, und, inzwischen Witwer geworden, eine reiche Kreolin heiratete. 1866 zog er sich, nach internationalen Protesten gegen die Fremdherrschaft, mit der französischen Armee aus Mexiko zurück. Ob aus eigener Entscheidung, oder ob er nur Napoleons Befehlen folgte, ist noch nicht aufgeklärt. In Frankreich hörte man seitdem nicht viel von ihm, doch war er, für den Fall eines Krieges von vornherein zu wichtigen Kommandos bestimmt.
Winfried Leipold skizziert den Marschall in seinem Der deutsch-französische Krieg von 1870/71 wenig vorteilhaft: „… Das Verhalten einiger der höheren Chargen der Generalität, gibt Anlass zu Zweifeln sowohl an der fachlichen Qualifikation als auch an ihrer moralischen Integrität. Als eklatantes Beispiel mag ein Blick auf die dubiose Karriere des Marschalls Bazaine dienen.
Marschall François Achille Bazaine, die schillernde Figur unter den französischen Generalen, schuf sich, zwischen einer gewissen Bonhomie und düsterer Rücksichtslosigkeit schwankend, zugleich Freunde wie Feinde. „Mais il a le goût de l’intrique.“ (Anm.: Aber er hat den Geschmack für Intrigen) In Algerien befehligte er zunächst die Fremdenlegion und tyrannisierte seine Untergebenen derartig, dass er dadurch eine Welle von Selbstmorden auslöste. Untersuchungen verliefen im Sand, Bazaine galt als Günstling Napoleons III. Nach den Kriegen auf der Krim und in Italien avancierte er zum Marschall.
Sein „Meisterstück“ lieferte er während der Expedition in Mexiko. Durch den Verkauf von mexikanischem Staatseigentum schuf er sich ein Vermögen.
Sein zwielichtiges Verhalten als Kommandant der belagerten Festung Metz gibt Rätsel auf: anstatt die durchaus vorhandene Möglichkeit zu nutzen, noch auszubrechen und die Armee zur Verteidigung von Paris einzusetzen, zögerte er, um dann nach Wochen des Hungerns kapitulieren zu müssen.“
Auch Paul d’Abrest beschreibt Bazaine in seinem bereits oben erwähnten Prozessbericht kritisch: „Bazaine ist der sprechende Beweis, dass jeder Troupier der französischen Armee den Marschallsstab in seinem Tornister trägt. Er wurde im nämlichen Versailles an einem schönen Frühlingstag des Jahres des Heils 1811 geboren. Sein Vater lebte damals in Russland, wohin er in der Eigenschaft eines Ingenieurs auf Napoleons Empfehlung berufen worden war. Alle Jahre jedoch pflegte der Vater einige Zeit in Frankreich zuzubringen, da seine Frau das russische Klima nicht recht zu vertragen vermochte. Während sein jüngerer Bruder, heute „Ingenier de ponts et chaussées“ (er wohnt jeder Sitzung des Prozesses von Anfang bis zu Ende bei), seine technischen Studien mit Eifer und Fleiß glänzend vollendete, blieb Achille (so nennt sich der Held von Metz mit Vornamen) stets zurück. Sein Charakter erschwerte ihm noch dazu das Verhältnis zu seinen Lehrern und Mitschülern; kurz, man wusste kaum, was mit ihm anzufangen.
Der künftige Marschall von Frankreich, Großcordon der Ehrenlegion, Senator etc., debütierte im aktiven Leben als Lehrling in einer Specereiwarenhandlung. Die Zuckerhüte und das Pfefferabwiegen wollten indessen dem jungen Bazaine nicht besser behagen, als die Schulbücher.
Eines schönen Tages (1831) ließ Bazaine den Laden im Stich und stellte sich dem Werbeoffizier des soeben errichteten Regiments der Jäger von Orleans vor (der älteste Sohn Louis Philippe's war Oberst dieses Regimentes, das später den populären Namen „Chasseurs de Vincennes“ erhielt). Acht Tage später wurde der junge Bazaine in Marseille auf einem Transportschiff mit seinen elfhundert Kameraden zusammengepfercht und fünf Tage später lagen sie unter dem Zelte auf den Festungswällen von Algier.
Es war ein raues Leben, das die französische Expeditionsarmee führte, und die Kugeln des überall auflauernden Feindes trafen viel regelmäßiger ein, als die Brot- und Weinrationen. War aber das Handwerk ein hartes, so ging es mit dem Avancement umso leichter.
Ein Temperament wie dasjenige des jungen Jägers vom Regiment Orleans musste ihn wegen beharrlicher, eigensinniger Insubordination in die Strafcompagnie oder wegen tollkühner Tapferkeit zu den höchsten militärischen Würden bringen. Sein Stern wählte die zweite Alternative.
Bazaine nahm mit Auszeichnung an den verschiedenen Expeditionen gegen Constantine im Atlasgebirge und in der Wüste teil. Bei einem derartigen Feldzug war persönlicher Mut und Todesverachtung die höchste Tugend. Weder das eine noch das andere fehlte Bazaine, er brachte es bald zum Lieutenant und zum Hauptmann. Als solcher trat er in die Fremdenlegion über, weil die abenteuerliche Verwendung dieser aus den buntscheckigsten Elementen aller Länder zusammengewürfelten Legion am besten seinen Wünschen und Hoffnungen entsprach.
Die Tatsachen gaben ihm bald Recht; kaum diente er einige Monate in dem von ihm neugewählten Truppencorps, als er die Weisung erhielt, sich nach Spanien einzuschiffen. Statt auf die Beduinen sollte Bazaine auf die Carlisten Jagd machen.
In Spanien erwarb sich Bazaine einen stattlichen Bündel Orden und die Kenntnis der Landessprache, welche Erfahrung ihm später in Mexico vortrefflich zustattenkam. Der Aufenthalt in Spanien dauerte ungefähr vier Jahre.
Gegen 1841 kehrte Bazaine nach Frankreich zurück, hielt aber nur kurze Rast, denn die Dinge in Algier nahmen eine noch schlimmere Wendung; die Marokkaner waren ihren Glaubensgenossen zu Hilfe geeilt. Alle „Lascars“ der Fremdenlegion mussten von Neuem nach dem französischen Afrika übersetzen.
Bazaine diente nun fast unmittelbar unter den Befehlen des nämlichen Herzogs von Aumale, der heute über ihn zu Gericht sitzt. Auf Aumales Vorschlag avancierte er immerhin bis zum Obersten.
Erst als der Krimkrieg die Reduktion des algerischen Heeres notwendig machte, schiffte sich der inzwischen zum Brigadegeneral avancierte Bazaine ein. Er nahm einen hervorragenden Anteil an den mörderischen Operationen des Feldzugs. Bei der Einnahme von Sewastopol half er mit und wurde nach der Besetzung der Stadt durch die alliierten Truppen zum Platzkommandanten ernannt. Bei dem Friedensschluss erhielt er das Offizierskreuz der Ehrenlegion und den Titel eines Divisionsgenerals.
Wie er sich zehn Jahre später den Marschallstab in Mexico holte, ist so ziemlich bekannt; allein über sein Gebaren im Lande der Inkas, die Art und Weise, wie er seinen Schutzbefohlenen, den unglücklichen Maximilian, bis an den Rand des Hinrichtungsgrabens vor Queretaro drängte, weht wohl noch ein Schleier. Dass er den Erzherzog aller Mittel zu einer ferneren Abwehr beraubte, dass er weder Mannschaften noch Munition hinterließ, sondern erstere bis auf den letzten Mann wegnahm und die Letzteren sogar den Feinden des neuen Kaisers verkaufte: das alles ist Tatsache, die Beweggründe aber bleiben ein Geheimnis. Führte Bazaine getreu die Befehle aus, die ihm vom Tuilerienhof zukamen, oder vollzog er an Maximilian einen Act der Rache?
Wie dem auch sein mag, die mexikanische Angelegenheit wirft auf die Person Bazaine's den nämlichen Schatten, wie auf alle Urheber dieses militärisch-finanziellen Humbugs, den Napoleon den „größten Gedanken seiner Regierung“ nannte.
Der Marschallrang, den er sich dort erworben, die kostbaren Kleinodien und Kuriositäten, die er mitgebracht, ja sogar die reiche Heirat (er war inzwischen Witwer geworden). Alles schien anrüchig.
So kam es vielleicht, dass, nachdem er den Becher der kaiserlichen Gnade bis auf die Neige geleert, nachdem er mit allen Titeln und Orden bedacht worden, er in einen Zustand halber Ungnade fiel.
Damals, ungefähr gegen 1867, verkehrte er zum ersten Mal mit Thiers und anderen Persönlichkeiten der Opposition, die nämlichen, welche ihn später nach den Niederlagen im Elsaß als den Würdigsten bezeichneten, die Fahnen Frankreichs zur augenblicklichen Revanche zu führen. (…)“
Wohlwollender beschreibt Theodor Fontane in seinem 1873 im „Verlag der königlichen geheimen Ober-Hofbuchdruckerei“ erschienenen umfangreichen Werk „Der Krieg gegen Frankreich“ den Marschall. Zunächst zu seiner umstrittenen Rolle in Mexiko: „Bazaine in Mexiko war noch um vieles nichtschuldiger als Bazaine in Metz. Über diesen ist je nach Parteienstandpunkt immerhin zu streiten, über jenen nicht. Die künstlich gemachte Maximilians-Glorie bedurfte eines dunklen Hintergrundes und man nahm ohne weiteres Bazaine. Ich fürchte sehr, dass die Charakterschilderung die General Castelnau von Kaiser Maximilian gibt, in allem Wesentlichen zutreffend ist. Alles in dieser Schilderung trägt den Stempel der Wahrheit, und es ergibt sich aus ihr, dass dem Kaiser einfach nicht zu helfen war. (…) Dem Marschall Bazaine ist aus dem blutigen Akt, der dies Trauerspiel abschloss, kein Vorwurf zu machen. Am allerwenigsten kann von einer Mitschuld die Rede sein. Mitte Februar 1867 fragte der Marschall an, ob die Absichten des Kaisers Maximilian infolge der Niederlage des Generals Miramon keine Abänderung erfahren hätten; noch könne er ihm die Hand reichen, um Sr. Majestät bei seinem Rückzug behilflich zu sein, in wenigen Tagen würde ihm dies unmöglich werden. Nirgends begegnet man einer mala fides (Anm.: bösen Absicht), Bazaines gegen den Kaiser Maximilian, andrerseits nirgends einen Verdacht (…) gegen den Marschall und etwaige ehrgeizige Pläne dieses. Konnte auch nicht der Fall sein. Denn die ganze Armee, auf die sich doch diese ehrgeizigen Pläne hätten stützen müssen, war nur von einem Gefühl erfüllt: heraus aus diesem unglückseligen Lande und wieder heim nach Frankreich, je eher je lieber.“
Zu Bazaines Ernennung zum Generalissimus schreibt er: „Alle alten Troupiers waren seines (Bazaines) Lobes voll. Der rechte Mann schien an den rechten Platz gestellt. Die allgemeine Stimme war für ihn, nur seine eigene nicht. (…) Er misstraute sich und seinem Werkzeug, der Armee. Allerhöchster Gaben entbehrend, war seine Beanlagung doch gerade superior genug, um zu erkennen, was ihm und der Gesamtheit fehlte. (…)
Am 12. ernannt, übernahm er tags darauf den Oberbefehl. Es fiel auf, dass er, ganz gegen alles Herkommen, keine Proklamation erließ, keine Revue abnahm, vielmehr der Armee wie dem Personal seines Stabes gegenüber eine sehr reservierte Haltung einnahm. Doch war diese kühle Haltung zunächst nur dazu angetan, den zutrauensvollen Respekt vor ihm zu steigern. Bedeutende Menschen sind über die bloße Liebenswürdigkeit nicht nur erhaben, sie ziehen sogar gesteigertes Ansehen aus der Abwesenheit derselben. Gleich die nächsten Tage (…) stellten seine Begabung auf eine harte Probe, vielleicht auf eine härtere, als sie jemals einem Feldherrn, noch dazu unmittelbar nach seiner Ernennung, angesichts eines übermächtigen und bereits siegreichen Feindes gestellt worden ist. Mit dem Resultat am 14. schien man etwas überraschender Weise auf französischer Seite zufrieden. Der Kaiser gratulierte dem Marschall zu dem vorgeblichen bei Colombey-Rouilly errungenen Erfolge und fügte hinzu: der Zauber ist gebrochen. (…)
Er (Bazaine) verlor das Spiel aus keinem andern Grunde, als weil seine höhere Begabung doch keine höchste war. Er ist nicht nur zu feiern, aber er ist noch weniger zu tadeln; er war doch der beste General Frankreichs und seinem Rivalen Mac Mahon unendlich überlegen.“