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Die Zelte der Cevennen

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I.

Neville wuchtete sein Gepäck aus dem Zug, der im winzigen Bergbahn-Bahnhof haltmachte; er rechnete damit, der einzige Passagier zu sein, der hier den Zug verließ.

Sein Kumpel Lester sollte heute dabei sein, hatte sich aber dann drei Tage vor der Abreise beim Sprung aus dem Bus das Bein gebrochen. Er aber ließ sich nicht abhalten und machte sich allein auf die lange geplante Cevennentour.

Beim Absetzen des Rucksacks auf dem Bahnsteig nahm er aus dem Augenwinkel am anderen Ende des Zuges eine Bewegung wahr.

Zwei weitere Passagiere rollten und schoben ihr Gepäck ins Freie.

Als die beiden sich Neville näherten, konnte er einen Blick auf vier wundervolle Frauenbeine werfen, die aus kurzen Leinenhosen mit verführerischen Rundungen herausschauten.

„Hey“, begrüßte er sie, „sagt bloß, ihr wollt die Cevennen unsicher machen. Die schmalen Passagen sind ja hier nicht ohne; da hat frau aber einiges dran zu knabbern!“

Hanna und Jeanette, die beiden Alpinen aus Deutschland, gruben ihm gleich das Oberwasser ab.

„Wenn du dich alleine nicht traust, darfst du bei uns Sherpa spielen“, gab ihm die blonde Hanna Zunder, während die dunkle Jeanette sich gnädiger zeigte.

„Drei gegen die Cevennen schaffen das besser als nur zwei.“

II.

So waren sie sich schnell einig, den Weg durch Wald und Fels gemeinsam anzugehen und verbrachten einen sonnigen und fröhlichen Tag bei einem geruhsamen Anstieg.

Das eine oder andere Mal kam Bedauern in ihm auf, Bedauern für Lester, der sich so gut darauf verstand, das lebhafte Interesse attraktiver Frauen auf sich zu ziehen. Auf der anderen Seite genoss es Neville aber auch über alle Maßen, so die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner beiden liebenswerten Begleiterinnen zu erhalten, die mit zunehmender Hitze und Anstrengung nach und nach auf Teile ihrer Kleidung verzichteten.

In der Nacht jedoch ließen sie ihn allein in seinem Zelt, wo die Bilder des Tages ihn noch lange nicht zur Ruhe kommen ließen. Die weich schwingenden Hüften Hannas vor Augen und in frischer Erinnerung der Blick zurück auf Jeanettes Oberkörper, den ein Bikini-Oberteil nahezu rein symbolisch verhüllte.

Am Vormittag des folgenden Tages querten sie einen Geröllhang, dessen Tücken alles veränderte.

Neville verlor für kurze Zeit den festen Stand, seine Packtasche mit Zelt und Schlafsack glitt ihm von der Schulter und rutschte weiter unten in einen tiefen Spalt, - ohne Chance, ihn dort wieder herauszuangeln.

Schon in der Nacht zuvor waren sie sich einig gewesen, dass selbst jetzt im Hochsommer es am Berg doch zu kühl war, um im Freien zu übernachten.

Neville war jetzt auf die Großzügigkeit von Hanna und Jeanette angewiesen.

„Das hatte ich mir schon etwas komfortabler vorgestellt!“ verkündete Jeanette. „Aber was hilft es? Du kommst mit in unser Zelt!“ gab sie ihren Entschluss bekannt.

Hanna schien die Sache noch viel lockerer anzugehen.

„Den klemmen wir zwischen unsere beiden Schlafsäcke ein; dann kann uns nichts passieren, nicht wahr, Neville? Wirst schon nicht erfrieren. Und dann schauen wir weiter.“

Doch nach drei Stunden, in denen er wegen der Kühle kein Auge zu bekommen und den Schlaf aller unmöglich gemacht hatte, musste auf die Schnelle eine Lösung her.

Hanna fackelte nicht lange und machte dem Gezappele ein Ende.

„Wir sind beide ziemlich schlank, Neville. Du passt mit in meinen Schlafsack, aber versprich mir… na, du weißt schon!“

Einen Moment lang war er versucht, seine Wohltäterin zu ärgern.

„Ich kann dir da überhaupt nichts versprechen“, lag ihm auf der Zunge.

Stattdessen spielte er das Unschuldslamm.

„Aber, Hanna, ich bin ja schon deswegen garantiert brav, weil ich total übermüdet bin.“

Tatsächlich schlief er sofort ein; aber als er aufwachte und den warmen Körper der jungen Frau, ihren Rücken und ihre Schenkel spürte, stellte er fest, dass er sie von hinten umarmt hielt, eine Hand auf ihrem Bauch, die andere auf ihren Brüsten.

Vorsichtig zog er seine Hände zurück und bemerkte dabei, dass sie längst wach lag, ohne sich zu rühren und ohne sich zu empören.

„Ich wollte das nicht, Hanna“, gestand er kleinlaut, „warum hast du mich nicht geweckt?“

„Warum denn?“ murmelte sie, „ich fand es so ganz schön.“

Er bedauerte, ihr Gesicht dabei nicht sehen zu können. Der Klang ihrer Stimme unterstrich, dass sie seine Hände an ihrem Körper genossen hatte.

Von der anderen Seite her mischte sich jetzt Jeanette ein.

„Was ist schön, Hanna?“, fragte sie voller Neugier.

„Nicht so wichtig“, behauptete Hanna, „ich erzähl es dir später.“

III.

Neville hatte während des ganzen Tages keine Gelegenheit herauszubekommen, ob Hanna ihrer Freundin deutlich gemacht hatte, was denn so schön gewesen sei, dass sie dies ihm, Neville, unbedingt mitteilen musste.

Als sich der Abend näherte und sie einen Schlafplatz für die Nacht gefunden hatten, führte jedoch nichts an einer gemeinsamen Beratung darüber vorbei, wie Neville die Nacht verbringen könne, ohne durch heftiges Zittern die Nachtruhe der beiden Freundinnen zu stören.

Hanna rückte zögernd mit der Wahrheit der letzten Nacht heraus; Jeanette wirkte zunächst pikiert, da sie draußen vorgeblieben war.

Neville beteuerte in einer Tour, dass er die ganze Zeit über in Hannas Schlafsack wie ein Stein geschlafen habe, keusch und unschuldig.

Er stellte mit großem Erstaunen fest, wie leicht Jeanette bereit war, seinen Beteuerungen Glauben zu schenken, zu Hannas Erleichterung.

Aber sowohl sie als auch Neville wunderten sich doch dann sehr, als Jeanette den Vorschlag unterbreitete, Neville möge, aus Gründen der Gerechtigkeit, in der kommenden Nacht Gast in ihrem Schlafsack sein.

Er sah gewisse Komplikationen auf sich zukommen, da er während der ersten beiden Tage bei sich eine zunehmende Unruhe festgestellt hatte, wenn ihm Jeanette sehr nahe kam oder zeitweise mit ihm allein war.

Gleiches war ihm bisher mit Hanna noch nicht passiert, selbst wenn sie, -er war sich dessen sicher-, bewusst seine Nähe suchte oder ihn berührte.

In der vorigen Nacht war er ja aus den bekannten Gründen nicht ansprechbar; in einer der folgenden Nächte würde Hanna die Gelegenheit nicht so einfach verstreichen lassen, wenn er gut ausgeruht zu ihr in den Schlafsack kriechen würde.

Zunächst jedoch sah Neville der kommenden Nacht mit großer Unsicherheit entgegen. Allein schon weil die weiblichen Formen Jeanettes viel ausgeprägter waren, würde die größere Enge im Schlafsack seine heimlichen Wünsche wachsen lassen. Und Hanna würde gewiss ein wachsames Auge auf das Geschehen im Schlafsack nebenan haben.

IV.

Wie schon am vorigen Abend wechselte er seine Kleider für die Nacht im Zelt, die Frauen absolvierten den Wechsel diesmal dahinter.

Nacheinander schlüpften die beiden wieder ins Zelt; im schummrigen Licht sah er kaum etwas, wusste aber, dass ihre Pyjamas die gleichen blauen Streifen aufwiesen.

„Komm“, hörte er Jeanettes Stimme zu seiner Linken, „ich bin schon drinnen.“

Er schob seine Hand tastend vor, bis er auf ihre Schulter traf und erwischte mit der anderen Hand den Reißverschluss.

So glitt er ohne große Schwierigkeiten an ihre Seite.

Erst als er begann den Reißverschluss hinaufzuziehen, wurde es enger.

Ihre Hüften stießen aneinander und er wusste nicht so recht, wohin er mit seinen Händen sollte.

Zuletzt ließ er es einfach darauf ankommen, wie Jeanette darauf reagieren würde. Auf der Seite liegend, Jeanettes Rücken vor sich, legte er vorsichtig seine Hand auf ihrer Hüfte ab und wartete verhalten atmend ab.

Schon glaubte er, sie hätte seine Hand deshalb nicht bemerkt, weil sie sehr schnell Schlaf gefunden hatte. Doch dann legte sich ihre Hand streichelnd auf seine, zog ihn näher, sodass er mit seinem Körper folgte.

Der stärker werdende Duft ihrer Haare zeigte ihm an, dass er sich ihren Schultern und ihrem Nacken näherte.

Seine Hand an ihrem Körper, spürte er, dass sie begann, die Lage ihres Körpers zu verändern; sie wendete sich ihm zu.

Als Neville den warmen Hauch ihres Atems an seinem Hals spürte, ließ ihr Griff an seiner Hand los und wurde gleich darauf an seinem Rücken spürbar, denn sie schmiegte ihren Körper fest an ihn.

Ihre Lippen berührten seine Brust; der Druck ihrer Brüste fachte seine Erregung an und schließlich schob sie ein Knie zwischen seine Beine.

In dieser Weise umarmt, ganz und gar aufgeputscht, war er zur Passivität verurteilt.

Kein Gedanke daran, mit Armen und Mund auf Erkundung zu gehen, seine Bewegung den ihren entgegenzusetzen; denn nebenan wäre Hanna mit solch einer hörbaren und spürbaren Entwicklung nicht einverstanden gewesen.

Neville hielt still, genoss zwar die zärtlichen Berührungen, litt aber auch fast in gleichem Maße.

Während Jeanettes gleichmäßige Atemzüge verkündeten, dass sie in Nevilles Umarmung Schlaf gefunden hatte, erlaubte ihm seine Erregung kaum mehr als ein paar kurze Phasen der Nachtruhe.

V.

Gegen Morgen schien er jedoch längeren Schlaf gefunden zu haben, denn er erwachte im Schlafsack, auf dem Rücken liegend und allein. Zunächst erhoben sich bei ihm Zweifel, ob die vorige Nacht wirklich so verlaufen war, wie er sich erinnerte. Also, alles nur ein Traum?

Flüsternde Stimmen, die von draußen an sein Ohr drangen, machten ihn neugierig, aber Hannas und Jeanettes Worte waren hier drinnen nicht zu verstehen. Als er an die frische Luft kroch, verstummten sie.

Sein Blick wanderte zwischen beiden hin und her.

„Na gut, ich gebe auf“, gestand er den beiden, „ich nehme den unteren Weg nach Flammeron, das schaff' ich bis heute Abend. Und ihr habt euren Frieden!“

Jeanette und Hanna wechselten einen schnellen Blick.

„Hast du gehört, Jeanette“, sagte Hanna, „er will sich aus dem Staub machen!“

„Ja“, echote Jeanette, „kaum wird es etwas kompliziert, hat er schon genug von uns.“

„Und dabei hat es doch gerade erst angefangen, Spaß zu machen“, bemerkte Hanna halblaut.

„Soll ich es ihm erzählen“, fragte Jeanette, „soll ich sagen, was er in der kommenden Nacht alles verpassen könnte?“

Jeanette bewegte sich tänzelnd auf Neville zu, blieb sehr knapp vor ihm stehen.

Über die Schulter rief sie Hanna zu:

„Ich glaube, ein klein wenig erinnert er sich wieder an die letzte Nacht.“

„Und wo er seine Hände hatte, als er am Morgen davor wach wurde!“, ergänzte Hanna mit Nachdruck.

„Es gibt keine Probleme mehr“, verkündete Jeanette fröhlich.

„Die Reißverschlüsse unserer beiden Schlafsäcke lassen sich miteinander verbinden; dann gibt es ganz leicht Platz für drei Personen.“

Sie schaute Neville jetzt mit glitzernden Augen an.

„Für drei Männer oder drei Frauen oder… na ja, du weißt schon!“

Jeanette und Hanna lachten hell auf.

VI.

Den größten Teil des Tages hatten sie sich heute durch wellige Talgründe bewegt; die Sonne entfaltete ihre volle Kraft und Neville bewegte sich die ganze Zeit über im Schlepptau der beiden besonders aufgekratzt wirkenden Zeltbesitzerinnen.

Nach einem Blick über die Schulter zu Neville wandte sich Hanna an ihre Freundin.

„Heute Nacht wird es draußen wohl sehr warm bleiben. Vielleicht braucht Neville dann weder Schlafsack noch Zelt.“

Und Jeanette konnte ein Prusten kaum unterdrücken, als sie noch eins drauf sattelte.

„Vielleicht braucht er ja nicht einmal seinen Pyjama.“

Da rief Neville schlagfertig dazwischen:

„Ich vergaß: mein Pyjama ist vorhin in einen Bodenspalt gefallen. Auf den werde ich heute Nacht verzichten müssen!“

Hanna und Jeanette flüsterten darauf hektisch miteinander, kicherten laut, bevor Jeanette hinüberrief:

„Armer Neville! Wir erklären uns mit dir solidarisch!“

Das Nachdenken über diese schräge Bemerkung beschäftigte ihn bis zum Abend.

VII.

Nachdem das Zelt aufgebaut war, sortierte Neville sein restliches Gepäck unter einem Baum am Rand der Wiese. Er hob den Kopf, lauschte und hörte …nichts. Von seinen beiden lebhaften Reisegefährtinnen war nichts zu hören.

Und als er um sich blickte, wurde ihm klar, dass sie weit und breit auch nicht zu sehen waren.

Dies hielt er für eine gute Gelegenheit, das Zelt zu inspizieren; die Geschichte mit den beiden Schlafsäcken, die zu koppeln waren, interessierte ihn.

Außerdem gab es noch ein wenig Helligkeit, um sich alles genau anzusehen.

Als er die Plane zurückschlagen wollte, schallte ihm hell und laut entgegen:

„So kommst du nicht herein!“

Vom Eingang her erspähte er Jeanettes dunkle Locken und Hannas blonde Strähnen. Der Rest steckte im großen Schlafsack.

Er zögerte noch, ob er beleidigt abdrehen sollte, als Jeanette mit sanfter Stimme

fortfuhr.

„Jedenfalls nicht so und auch nicht im Pyjama! Lass dir was einfallen!“

Ihm schwirrte der Kopf.

Was machten die beiden so früh schon im Schlafsack? Hatten sie ihn schlitzohrig beim Wort genommen, als er ihnen von seinem Pyjama etwas vorschwindelte? Und solidarisch wollten sie mit ihm sein!

Der Gedanke ließ ihn nicht los, dass die beiden ihn dort im großen Schlafsack gemeinsam erwarteten, -oder quälten ihn bereits Halluzinationen?

„Egal“, entschloss er sich, „ich wage es einfach.“

Neville begann sich vor dem Zelteingang zu entkleiden; kurz darauf stand er nackt und voller Erwartung im Licht der Dämmerung, holte einmal heftig Luft und schlug ein zweites Mal die Plane zurück.

VIII.

Diesmal war von Hanna und Jeanette, die im Restlicht der Dämmerung sehr wohl erkennen konnten, dass Neville selbst auf seinen Pyjama verzichtet hatte, kein Wort zu hören.

Er ließ sich auf die Knie nieder und tastete sich wie ein Blinder heran, als sähe er nicht die Gesichter der beiden vor sich. Hanna zu seiner Linken, Jeanette zu seiner Rechten, und dazwischen eine Lücke, gerade so breit, dass sie für ihn Platz bot. Dort entdeckte er auch den durchgehenden Reißverschluss.

„Ich hab mir was einfallen lassen! Ihr müsst nur sagen, wenn es euch nicht gefällt.“

Als er in den Schlafsack hineingeschlüpft war, brauchte er nicht allzu lange auf eine Antwort zu warten, auch wenn weiterhin nicht ein Wort gesprochen wurde.

Auf beiden Seiten gab es schwache raschelnde Geräusche.

Erst an der Hüfte, dann unterhalb seiner Achseln und an seiner Brust spürte er weiche Haut, streichelnde Hände und wärmenden Atem.

Hanna und Jeanette deckten je eine Hälfte seines Körpers zu.

Der lange und der kurze Weg

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