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Kapitel 6

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Zu Hause angekommen ließ sie sich nur noch auf ihr Bett fallen, den einzigen Ort, der ihr Schutz gegeben hatte. Zu sehr hatten sie die Geschehnisse der letzten Tage mitgenommen. Sie mochte nichts mehr essen, konnte nicht lesen, nicht fernsehen und an Entspannung war nicht mehr zu denken. Enormer Zeitdruck nagte an ihr, gönnte ihr keine Ruhe und schenkte ihr keine Pause mehr. Erst am folgenden Donnerstagabend konnte sie Panev treffen und schon am Montag darauf, musste sie Putkin die Ware übergeben. So sehr sie sich vor Panev auch fürchtete, so sehr brauchte sie ihn.

Am Mittwochabend packte sie widerwillig den schwarzen Minirock, den sie sich zwei Jahre zuvor für die Geburttagsfeier einer Freundin gekauft hatte, in eine kleine Reisetasche. Kombiniert mit einem tief ausgeschnittenen, hellblauen Body, schwarzen Schuhen und Strümpfen, empfand sie ihr eigenes Spiegelbild als durchaus verführerisch. Einzig der Gedanke, sich Panev derart präsentieren zu müssen, verwandelte den Respekt an der eigenen Person in Abneigung. Zu hoffen, einem ihr widerwärtigen Menschen in den eigenen liebgewonnenen Kleidern gefallen zu müssen, löste Abscheu aus.

Zu ihrer eigenen Überraschung konnte sie in dieser Nacht besser schlafen, als in den vorangegangenen Nächten und ein seit Tagen ungewohnter Hunger, ließ am Morgen sogar ein kleines Frühstück zu. Auch den Arbeitstag bewältigte sie, dank eines halbstündigen Bandausfalls, leichter als von ihr angenommen. Die Koordination der Wiederinbetriebnahme des Bandes brachte ihr Ablenkung und Zeitgewinn. Erst am Nachmittag, als der Dienstschluss nahte, wurde sie zusehends nervöser.

Als sämtliche Mitarbeiter die Firma verlassen hatten, ging sie in ihr Büro, um sich umzuziehen. Nach einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel, rief sie Panev an und fragte mit zittriger Stimme, ob sie jetzt zu ihm kommen dürfe.

„Wenn Sie sich beeilen, ansonsten bin ich weg!“ Ohne auch nur einen Augenblick zu verlieren, eilte sie zu ihm. Sie klopfte an seiner Tür, öffnete aber erst nach Aufforderung. An diesem Abend trat sie nicht bis an den Schreibtisch heran, sondern wartete gleich hinter der Tür, bis er ihr einen Platz zuwies. „Da hinüber!“ befahl er und deutete auf den Platz, auf den er sie auch zwei Tage zuvor beordert hatte.

Er zog die oberste Schublade seines Schreibtisches auf und nahm ein halb gefülltes, oben verschlossenes Reagenzglas an sich. Selbstzufrieden betrachtete er es, als sei es ein Kunstobjekt oder eine Trophäe von besonderem Wert. Lächelnd schwenkte er es vor ihren Augen und fragte mit süffisanter Stimme: „Wissen Sie, was das ist?“ „Ich nehme an, der Stoff, den Sie für mich besorgt haben.“ „Richtig, es ist der Stoff – aber ich weiß noch nicht, ob ich ihn für Sie besorgt habe. Wir hatten eine Abmachung, mal sehen, ob auch Sie Ihren Teil erfüllt haben?“ Er musterte sie wortlos von oben bis unten und machte sich dabei die Zeit zum Verbündeten. Jede Sekunde des Angestarrtwerdens, schrumpft das eigene Selbstbewusstsein und macht einen ein Stück erbärmlicher.

„So wie Sie aussehen, können Sie sich als Sekretärin bewerben! Leider brauche ich keine! Und falls ich eine bräuchte, dann ganz gewiss nicht Sie! Sie sind schlicht und einfach zu dumm! Sie wollen, oder sagen wir besser, Sie brauchen etwas von mir, was nur ich Ihnen besorgen kann. Aber statt sich in einem angemessenen Outfit zu präsentieren, stellen Sie sich vor mich, wie eine x-beliebige Verkäuferin aus einem Ramschladen!“ Tatjana packte ihr letztes Häuflein an Selbstachtung und schaute ihn entschlossen an. „Sagen Sie mir, was ich anziehen und wie ich aussehen soll. Ich werde es tun, so wie Sie es wünschen, aber geben Sie mir bitte das Gläschen.“ Panev lachte verächtlich: „Sie fragen mich, wie Sie aussehen sollen? Ich werde Ihnen sagen, wie Sie aussehen sollen, - Sie sollen aussehen wie eine Nutte! Wie eine ordinäre billige Nutte, haben Sie das verdammt noch mal verstanden! Ansonsten können Sie sich Ihr Reagenzglas weiß Gott wohin schieben!“

Mit leiser Stimme versuchte sie ihn zu beruhigen. „Bitte geben Sie mir etwas Zeit. Ich gehe schnell in das Kaufhaus gegenüber und kaufe mir die Sachen, die Sie wünschen. In einer Stunde könnte ich wieder hier sein.“

„Ich habe heute keine Zeit mehr. Kommen Sie morgen Abend wieder.“ Er wusste, dies würde die letzte Möglichkeit für Tatjana sein, noch rechtzeitig an das Gewünschte zu kommen. Ganz gezielt setzte er seine Macht ein, um mit ihr zu spielen. Er hasste Frauen und hatte durch Tatjana endlich die Gelegenheit dazu, es einer von ihnen demonstrieren zu können.

Noch am gleichen Abend betrat sie einen in der Rotlichtszene einschlägig bekannten Dessousshop. Schon das Betreten des Ladens löste Unbehagen in ihr aus. Glücklicherweise war die einzige Verkäuferin in diesem Geschäft gerade mit einer anderen Kundin beschäftigt. So blieb es Tatjana wenigstens erspart, ihre Wünsche formulieren oder gar beschreiben zu müssen. Rasch nahm sie eine ihr von Plakatwänden gekannte Mindestausstattung vom Haken und suchte damit den schnellsten Weg zur Kasse. Anderweitige Lustutensilien übersah sie geflissentlich und war erleichtert, den Laden nach kürzester Zeit wieder verlassen zu können. Drei Geschäfte weiter kaufte sie noch ein paar Stiefel, deren Absatzhöhe zur normalen Fortbewegung äußerst ungeeignet war.

Als sie zu Hause die Wäsche mit den Stiefeln noch mal probiert hatte, merkte sie, wie sehr sie sich darin schämte.

Am nächsten Morgen, sie hatte erstaunlicherweise durchgeschlafen, fuhr sie mit ihrer neu gepackten Tasche in ihr Büro. An diesem Tag aber half ihr kein Bandausfall die Zeit zu verkürzen. Vielmehr musste sie Minute um Minute durchstehen. Aber jede Minute an diesem Freitag ließ sich länger Zeit, als an anderen Tagen. Sie kämpfte sich durch den Tag und es wurde ihr zunehmend unwohler.

Als der Abend dann endlich gekommen war, wechselte sie ihre Kleidung und war dabei fest entschlossen, Panev gegenüber keine Gefühlsregung mehr zu zeigen. Sie griff zum Hörer und fragte mit fester Stimme an, ob sie jetzt zu ihm kommen dürfe.

Seiner Aufforderung folgend ging sie zu seinem Büro, klopfte kurz an, öffnete die Tür und trat ein. „Ich nehme an, da ist mein Platz“, sagte sie zu ihm und stellte sich neben den Schreibtisch. Gefasst hielt sie seinen Blicken stand und ertrug seine Geringschätzung. „Ist das alles?“, fragte er mit gewohnt süffisantem Unterton. Tatjana fixierte seine Augen, knöpfte sich langsam ihre Bluse auf und ließ sie zu Boden fallen. „Schauen Sie auf den Boden!“, befahl er ihr. Noch einige Sekunden blieb sie standhaft, dann senkte sie ihren Blick und wusste, dass sie verloren hatte.

„Na, was für einen interessanten BH Sie sich gekauft haben, - lila und dann diese Polster. Ich nehme an, das ist ein Pushup! Den haben Sie auch dringend nötig, sonst würde man gar nicht erkennen, ob Sie überhaupt Titten haben!“ Panev lachte laut, so als amüsierte ihn sein billiger Witz. „Auf was warten Sie, ziehen Sie ihn aus!“ Tatjana blieb regungslos stehen, nahm ihren Blick wieder nach oben und starrte ihn an. „Was ist, ziehen Sie ihn aus oder muss ich den Sicherheitsdienst holen? Ich lasse Sie einsperren, Sie Flittchen!“ Er griff nach dem Telefon. Noch ehe er die Nummer zu Ende gewählt hatte, wurde er von Tatjana unterbrochen. „Ich ziehe ihn aus.“ „Wie klug von Ihnen!“ Er lehnte sich genüsslich zurück und starrte sie an. „Wenn ich bitten darf!“ Tatjana hakte ihren BH auf und ließ ihn auf ihre Bluse fallen. Ihre Hände behielt sie schützend vor ihrer Brust verschränkt.

„Das gefällt mir. Ich nehme an, Sie wollen die Spannung steigern. Aber jetzt nehmen Sie ihre Hände nach unten!“ Tatjana tat, was er ihr befahl. „Sieh mal einer an. So ein großes Mundwerk, aber nur so kleine Titten. Habe ich nicht Recht, sind es nicht kleine Titten?“ „Ja“ „Sie sollen nicht JA sagen, ich will einen ganzen Satz hören, oder können Sie das auch nicht!“ „Ja, ich habe kleine Titten.“ Sieh mal einer an, die Kleine kann sprechen. Dann wird sie mir jetzt sicher sagen, was sie als nächstes ausziehen will!“ Längst hatte sie ihre Fassung verloren. Tränen verwischten Wimperntusche und Stolz. „Den Rock.“ „Aber, aber, haben wir nicht ausgemacht, Sie sollen nur ganze Sätze sprechen?“ „Ich will als nächstes meinen Rock ausziehen.“ Panev lachte höhnisch. „Worauf warten Sie, - runter damit!“ Sie öffnete Haken und Reisverschluss und ließ auch ihren Rock auf den Boden fallen. Jetzt stand sie vor ihm und war nur noch mit Slip, den dunklen Strümpfen und ihren hohen Stiefeln bekleidet. Panev nickte ihr anerkennend zu. „Sehen Sie, jetzt sehen Sie aus, wie eine richtige Nutte! Was Frauen nicht alles tun, um zu bekommen was sie wollen! Gefällt Ihnen dieses Reagenzglas hier? Möchten Sie es haben?“ „Ja“ „Na, dann werden Sie mich jetzt sicher höflich darum bitten und mir sagen, was Sie noch dafür tun wollen!“

Tatjana tat sich sichtlich schwer, noch normal zu sprechen. „Ja, ich möchte das Reagenzglas bitte und ich will mich dafür ganz ausziehen.“ „Sie sind sehr lernfähig, eine wirklich gute Schülerin Frau Dr. Smirnow – ich warte!“ Seine Blicke durchbohrten sie. Sie stieg aus ihren Stiefeln und rollte die Strümpfe nach unten. Dann richtete sie sich auf und lieferte sich hilflos seinen Blicken aus. Lange musterte er ihren nackten Körper, streifte ihre Beine und Brüste, ehe sein Starren fordernd an ihrem Slip hängen blieb. Tatjana wusste was sie zu tun hatte. „Ich will meinen Slip jetzt ausziehen.“ „Das hoffe ich doch, wollen Sie noch lange damit warten?“

Sie schob beide Daumen hinter den oberen Sliprand, streifte ihn nach unten und stieg einen Schritt heraus. Völlig nackt stand sie vor ihm. Dann wurde ihr kleines schwarzes Dreieck Ziel seines Spotts. „Wie niedlich! Fast sehen Sie aus, wie ein kleines unschuldiges Mädchen, aber das sind Sie nicht. Sie sind nur eine billige, erbärmliche Nutte! Drehen Sie sich um und beugen Sie sich über den Tisch!“ Beinahe willenlos gehorchte sie und tat, was er verlangte. Panev trat nah an sie heran, berührte sie aber nicht. „Sicher gehen Sie davon aus, dass ich Sie jetzt vögeln werde. Aber Sie werden überrascht sein, genau das werde ich nicht tun. Ich habe noch nie eine Frau berührt und auch bei Ihnen, werde ich gewiss nicht damit anfangen. Ich kann mit Frauen nichts anfangen, weil sie, wie man an Ihnen sieht, allesamt Nutten sind. Ziehen Sie sich wieder an, nehmen Sie Ihr Reagenzglas und verschwinden Sie. Sie haben meine kostbare Zeit schon viel zu lange strapaziert. Sie haben jetzt was Sie wollten. Aber sollten Sie mich noch einmal mit irgendwelchen Wünschen belästigen, werden Sie mich auf Knien darum bitten!“

Panev wusste, dass mit der geringen Menge, die er ihr gegeben hatte, nichts anzufangen war. Tatjana wusste das nicht.

So schnell wie möglich schlüpfte sie in ihre Kleidung, nahm das Reagenzglas an sich und eilte zurück in ihr Büro. Trotz all der Geschehnisse verspürte sie eine gewisse Erleichterung. Obwohl sie zutiefst gedemütigt worden war, bestätigten sich ihre schlimmsten Befürchtungen nicht. Ihre größte Angst war es gewesen, mit ihm schlafen zu müssen. Sie nahm sich vor, sollte sie ihm in der Firma jemals wieder begegnen, ihn zu behandeln wie Luft. Den Gefallen, ihm ihre Angst zu zeigen, wollte sie ihm nie wieder tun.

Kaum zu Hause angekommen, überkam sie das dringende Bedürfnis, heißes Wasser auf ihrer Haut zu spüren. Sie stieg in die Dusche, schloss ihre Augen und entspannte in der nassen Wärme die sie umgab. Lange, beinahe bewegungslos blieb sie stehen, in der Hoffnung Wasser möge ihr ihre Furcht und Panevs Blicke von ihrem Körper spülen.

Nur noch ein wenig Obst hatte sie gegessen, dann legte sie sich auf ihr Bett, schaute nach oben zur Decke und träumte mit offenen Augen vor sich hin. Sie hatte einfach beschlossen zu träumen. Von ihrem Bruder, ihren Eltern, von warmen Sonnenstrahlen und von Italien, wo sie schon immer einmal Urlaub machen wollte. Eine Weile trösteten sie ihre Gedanken, dann drehte sie sich zur Seite und schlief ein.

Das Wochenende nutzte sie, um endlich wieder einmal zu entspannen. Sie kochte sich ihre Lieblingsspeisen, ging viel spazieren und begann sogar ein Buch zu lesen. So gelang es ihr, ein wenig abzuschalten und zu verdrängen.

Zum Wochenbeginn ging ihr die Arbeit ziemlich leicht von der Hand. Sie war beflügelt davon das Reagenzglas zu haben und am Abend ihren Bruder wieder zu sehen. Fast schon freute sie sich auf den Besuch von Putkins Helfern, einfach um danach wieder Ruhe zu haben.

Als sie ihnen die Tür öffnete, störte sie sich nicht einmal daran, dass die Beiden erneut wortlos an ihr vorbeigingen und ohne zu fragen ihr Wohnzimmer betraten. Sie holte lächelnd das Reagenzglas aus ihrer Tasche und hielt es dem Kleinen entgegen: „Hier ist es. Übergeben Sie es bitte Herrn Putkin. Sagen Sie mir jetzt, wo ich meinen Bruder wieder sehen kann.“ „Sie können es Herrn Putkin persönlich übergeben. Er hat uns angewiesen Sie mitzunehmen und zu ihm zu bringen.“ „Ist mein Bruder bei ihm?“ „Das wissen wir nicht. Herr Putkin wird Sie sicher aufklären. Wenn Sie jetzt bitte mitkommen.“ Tatjana konnte nicht ahnen, an diesem Tag noch einmal die Wohnung verlassen zu müssen. Sie zog sich ihre Schuhe an, schob das Reagenzglas in ihre Handtasche und hängte sie um. Dann folgte sie den Beiden zum Wagen. Die ganze Fahrt über wurde mit ihr kein Wort gewechselt. Vor dem Haus angekommen, öffnete man ihr die Tür und begleitete sie nach innen.

Putkin wartete erneut im Kaminzimmer auf sie. Sie grüßte ihn freundlich und streckte ihm gleich das Reagenzglas entgegen. „Ich hab’s, - hier bitte.“ Putkin nahm es an sich und schaute es sich lange an. Er wies Tatjana einen Platz am Tisch zu und begann ihr zu erklären: „ Tatjana, ich weiß nicht, wie Sie daran gekommen sind und was Sie dafür bezahlt haben, aber wer auch immer Ihnen das Zeug verkauft hat, er hat Sie verarscht. Was auch immer Sie dafür geben mussten, es war zuviel. Selbst wenn ich unterstelle, dass es sich hierbei nicht nur um reines Wasser handelt, sondern um das Giftgas Sarin, welches wie Wasser ebenfalls farb-, geschmack- und geruchlos ist, ist es in dieser Menge absolut wertlos. Schauen Sie sich die Krisenherde in unserer unmittelbaren Nachbarschaft an. In Ländern wie Syrien, Iran, Israel und Palästina drohen Kriege oder sie sind sogar schon mittendrin. Länder die kurz vor dem Untergang stehen, scheren sich einen Dreck um Moral und internationale Abkommen. Diese Länder werden Ihnen, um ihre eigene Niederlage abzuwenden, das Zeug aus den Händen reißen. Die Menge aber, die Sie mir gebracht haben, reicht gerade mal aus um eine Maus in einem Schuhkarton zu vergiften. Wollen Sie damit Kriege gewinnen?“

Tatjana war bestürzt: „Das wusste ich nicht. Ich habe doch keine Ahnung von dem Zeug. Ich habe gesagt, was ich brauche und man hat mir das gegeben.“ Putkin wirkte nach außen beinahe mitleidsvoll, seine Haltung aber blieb starr. Er zeigte sich nicht aggressiv und drohte auch nicht, aber er gab unmissverständlich zu verstehen, was er von ihr erwartete. „Ich möchte Ihnen mal ganz einfach glauben. Jetzt aber haben Sie Ahnung und Sie wissen auch, dass man in unseren Kreisen seine Abmachungen einhält. Wir haben so eine Art Ehrenkodex, gegen den man nicht verstoßen sollte. Ich habe meinen Teil der Vereinbarungen gehalten, Sie sollten das auch tun.“

„Was ist mit meinem Bruder, kann ich ihn sehen?“ „Ich sagte doch schon, ich habe mein Wort gehalten. Es geht ihm gut. Solange Sie mit uns gut zusammenarbeiten, wird sich daran auch nichts ändern. Darum möchte ich Ihren Fehler auch nicht überbewerten. Vielleicht erkannten Sie Ihren Fauxpas wirklich nicht. Sie sollten die Gelegenheit nutzen und Ihren kleinen Ausrutscher korrigieren. Meine Männer werden in Kürze wieder bei Ihnen auftauchen. Ich hoffe, wir verstehen uns.“

Tatjana wusste, was das für sie bedeutete.

„Ach noch was Tatjana, sollten Sie den Stoff nicht selbst organisiert haben, sondern ihn von jemand anderem bekommen haben, gehen Sie, falls diese Person Forderungen an sie stellt, darauf ein. Das Geld bekommen Sie selbstverständlich von uns. Seien Sie sicher, es wird Ihnen kein finanzieller Schaden entstehen. – Also Kopf hoch, Sie können wieder fröhlicher schauen. Die beiden Jungs fahren Sie jetzt nach Hause.“

Tatjana stand auf, verabschiedete sich leise von Putkin und ging zur Tür. „Ach Tatjana, warten Sie mal!“ Er griff zum Hörer und telefonierte kurz. „Hallo meine Teuerste! Hör zu, ich habe gerade Besuch von einer sehr netten Geschäftspartnerin. Ihr Name ist Dr. Smirnow. Sie wird Dich in den kommenden Tagen mal besuchen. Stell Dich darauf ein, sie wird Deine Boutique ein wenig auf den Kopf stellen und sich neu einkleiden. Greif ihr unter die Arme und sei großzügig. Die Rechnung schickst Du bitte an mich. Ich verlasse mich auf Dich. Ja, ... Danke, ciao.“

Putkin lachte und klatschte in die Hände. Wie ich Ihnen schon sagte Tatjana, das alles wird nicht zu Ihrem Nachteil sein.“

Auf der Heimfahrt konnte Tatjana nur an einen denken, Panev! Nein, mit Geld und neuen Kleidern würde sie das Problem nicht lösen können, aber was wusste Putkin schon davon!

Schweißgebadet lag sie die ganze Nacht über in ihrem Bett. Schlafen konnte sie nicht. Zu sehr war sie von Albträumen geplagt, die sie nicht abschütteln konnte. Panev lag ständig neben ihr, er grinste von der Decke, er ging mit ihr ins Badezimmer, trank aus demselben Glas, teilte mit ihr Kissen und Plumeau. Er war einfach überall. Bis in die frühen Morgenstunden war er bei ihr.

Erst als die ersten Sonnenstrahlen in ihr Zimmer fielen, beruhigte sie sich wieder. Ohne bedrückende Nachtschwärze sah sie wieder klarer. Noch an diesem Tag musste sie zu ihm.

Nachdem sie geduscht und sich angezogen hatte, packte sie ihre Tasche mit den Sachen, die sie am Abend zu brauchen glaubte. Auf dem Weg in ihr Büro hatte sie sich gänzlich wieder gefangen und fand auch ihr Selbstbewusstsein wieder. Ihr war klar, dass Panev eingeplant hatte, sie wiederzusehen. Ihre Angst konnte sie in Grenzen halten, da das Schlimmste von einem Schwulen nicht zu befürchten war. Sich nochmals vor ihm ausziehen zu müssen, glaubte sie überstehen zu können. Sie brachte diese Prozedur schon einmal hinter sich und nahm sich fest vor, auch ein zweites Mal nicht daran zu zerbrechen.

Schon kurz nach Dienstbeginn rief sie ihn an und fragte, ob sie am Abend in sein Büro kommen dürfe. Schon die Art seines Lachens, sollte für eine Vorstrafe reichen. „Natürlich, ich habe schon auf Ihren Anruf gewartet. Ich wusste, dass Sie mich unbedingt wiedersehen möchten. Seien Sie kurz nach Dienstschluss bei mir.“

Den ganzen Tag überlegte sie, wie sie sich am besten kleiden konnte. Erwartete er sie wirklich in Reizwäsche, oder ging es ihm nur darum, sich genau das zu wünschen, was sie gerade nicht erfüllen konnte? Machte ihm nur Spaß, was sie unter Zwang tragen musste? Sie entschloss sich, ihm den Gefallen nicht zu tun und ihn in ihrem ganz normalen Businessoutfit zu besuchen. Sie war fest entschlossen, die Angelegenheit an diesem Abend hinter sich zu bringen und beruhigte sich damit, an einem Striptease sicher nicht sterben zu müssen.

Am Abend, kurz nach Dienstschluss, klopfte sie an seiner Tür. Diesmal wartete sie, bis sie zum Eintreten aufgefordert wurde. „Treten Sie ein!“ Sie trat bis vor seinen Schreibtisch und hoffte, trotz innerlicher Vorbereitung, das Ganze möglichst schnell hinter sich zu bringen.

„Wie schnell wir uns doch wieder sehen, Frau Dr. Smirnow. Wie schon gesagt, ich wusste, dass Sie wiederkommen würden.“

„Herr Panev, ich habe beim letzten Mal all Ihre Anweisungen befolgt, Sie müssen mir helfen. Bitte geben Sie mir eine akzeptable Menge, schnell, ich werde unter Druck gesetzt. Helfen Sie mir, ich verspreche Ihnen, Sie dann nie wieder zu belästigen.“

Panev lehnte sich zurück. „Warum schnell, ich habe mir extra viel Zeit genommen. Ich habe heute den ganzen Abend für Sie Zeit, - und auch morgen Abend. Wenn Sie Ihre Sache gut machen, werde ich Ihnen helfen und Sie bekommen, was Sie wollen. Aber wie gesagt, - wenn Sie Ihre Sache gut machen. Machen Sie auch nur einen kleinen Fehler, können Sie gehen und die Geschichte ist durch. Ich gehe davon aus, Sie haben mich verstanden.“

Tatjana wusste, was sie erwartete. „Sagen Sie mir, was ich tun soll?“ Panev lachte und machte sich über sie lustig. „Sie werden viele schöne Sachen für mich tun! Wir werden ein bisschen miteinander spielen oder sagen wir besser, ich werde mit Ihnen spielen! Und wenn Sie schön mitgespielt haben, sage ich Ihnen an unserem dritten Abend, was Sie für mich tun können. Dann gebe ich Ihnen, was Sie brauchen und Sie besorgen mir, was ich brauche. Danach werden wir unser kleines Geschäft vergessen.“

Tatjana war geschockt. „Habe ich Sie richtig verstanden? Wir verbringen drei Abende zusammen und erst dann sagen Sie mir, was Sie eigentlich wollen?“

„So ist es, - das heißt, wenn Sie inzwischen keinen Fehler machen!“ Panev lachte noch dreckiger als sonst und forderte Tatjana auf zu sagen, ob sie mitspielen wolle, oder nicht.

Sie dachte an ihren Bruder, an die Drohung von Putkin und an ihr sorgenfreies Leben, wie sie es noch bis wenige Tage zuvor gewohnt war. Sie wünschte sich nichts mehr, als dass alles wieder so sein sollte, wie es früher war. „Ja, ich will mitspielen.“

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