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Schulstress

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Der Umzug war ein weiterer Kraftakt in meinem Leben, weil ich fast alles ganz alleine machen musste; während es für Robert viele zeitaufwendige Probleme in den Firmen gab, in denen er arbeitete, weigerten sich die Mädels, wirklich zu helfen, weil sie eigentlich gar nicht umziehen wollten, denn ihnen war bewusst, dass sie ihre Freiheit, über die sie in ihrer abgeschlossenen Wohnung verfügten, nun wieder verlieren würden, zumindest konnten sie keine jungen Männer mehr unbemerkt empfangen.

Auch die Renovierungsarbeiten in der neuen Wohnung habe ich weitgehend alleine gemacht. Als wir endlich in unserer neuen Wohnung so eingerichtet waren, dass alle zufrieden waren, war ich davon überzeugt, dass endlich ein zufriedenes und glückliches Familienleben anfangen würde. Die Partnerschaft zwischen Robert und mir war weiterhin sehr erfüllend, wir haben gemeinsam gekocht, sind Hand in Hand spazieren gegangen und haben oft bis spät in der Nacht miteinander geredet; wir hatten eine so glückliche Zeit miteinander, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass unsere Beziehung jemals scheitern würde. Ich fühlte mich als Frau angenommen.

Auch die Mädels hatten sich beruhigt, als endlich ihre eigenen großen Zimmer eingerichtet waren und sie sich wieder wohl fühlten. Doch eines Abends, Robert war noch nicht zu Hause, kam Miriam zu mir ins Wohnzimmer und ich konnte ihr sofort ansehen, dass sie ein ernsthaftes Problem hatte, über das sie mit mir reden wollte.

Kann ich dich mal sprechen?

Jetzt sag mir nicht, dass du schwanger bist.

Du musst nicht immer gleich von dir auf andere schließen, im Gegensatz zu dir bin ich sehr wohl in der Lage, mich vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen. Außerdem dreht sich in meinem Leben nicht alles nur um die Männer, es gibt noch andere Probleme.

Ich möchte doch nur, dass du dir dein Leben nicht versaust. Also dann erzähl mal, was hast du?

Ich habe die Schnauze voll von der Schule und deshalb werde ich abgehen und mir eine Lehrstelle suchen.

Bist du verrückt geworden, du kannst doch nicht ein Jahr vor dem Abitur die Schule schmeißen, du verbaust dir damit doch alle Chancen, mal einen guten Beruf zu ergreifen.

So wie du oder was? Außerdem bin ich nicht ein Jahr vor dem Abitur.

Wieso das denn nicht, du bist doch in der zwölf?

Ich habe meine beiden Leistungskurse versemmelt und deshalb kann ich das Abitur nicht mehr schaffen, es sei denn, ich wiederhole die Jahrgangsstufe zwölf und wähle andere Leistungskurse. Das wären dann aber nochmals über zwei Jahre und dazu habe ich einfach keine Lust mehr.

Wieso erzählst du mir das denn erst jetzt? Du weißt doch bestimmt nicht erst seit heute, dass du in beiden Leistungskursen eine fünf oder sogar eine sechs bekommst. Vielleicht hätten wir das ja noch verhindern können, wenn du mir das früher erzählt hättest.

Hast du dich denn jemals für meine schulischen Leistungen interessiert? Du denkst doch immer nur an dich selbst und außerdem, was hättest du denn machen sollen, wir haben doch sowieso kein Geld für Nachhilfeunterricht.

Das ist jetzt wirklich nicht fair. Ich habe mich von Anfang an sehr intensiv um dich gekümmert, du bist nämlich zwei Monate zu früh zur Welt gekommen und wolltest nicht trinken, aber ich habe die Operation, die die Ärzte machen wollten, abgelehnt und ich habe mich stattdessen Tag und Nacht um dich gekümmert, weil du immer wieder die Hälfte ausgebrochen hast, du warst absolut nicht pflegeleicht.

Jetzt kommt wieder diese alte Leier, wie oft willst du mir das eigentlich noch erzählen, Mutter Teresa, und wie lange ist das jetzt eigentlich her? Kannst du dir nicht mal was Neues einfallen lassen? Glaubst du in der Schule interessiert es auch nur einen einzigen Lehrer, dass ich als Frühchen zur Welt gekommen bin? Ich habe es geahnt, dass es ein Fehler ist, dir von meinen schulischen Problemen zu erzählen. Ich bin volljährig und ich kann auch ohne deine Erlaubnis die Schule verlassen.

Es tut mir leid, Miriam, aber ich bitte dich inständig, überlege dir das noch mal, mit dem Abitur kannst du auch viele Dinge machen, für die du kein Abitur brauchst, aber ohne Abitur sind dir viele Wege verschlossen.

Ich war wirklich froh, als Miriam mir ein paar Tage später erzählte, dass sie jetzt doch die Jahrgangsstufe zwölf wiederholen würde, mit neuen Leistungskursen hat sie dann auch das Abitur ohne weitere Probleme geschafft. Doch nach einer kurzen Ruhepause fingen dann im darauffolgenden Schuljahr die schulischen Probleme für Diana und Ricarda an. Meine beiden Zwillinge brachten in der Jahrgangstufe elf nur noch schlechte Noten nach Hause und genau wie Miriam zuvor klagten sie jetzt über ihren täglichen Frust in der Schule, jetzt wollten auch sie die Schule verlassen. Um mir ein genaueres Bild über meine beiden Mädels zu verschaffen, habe ich einen Gesprächstermin mit dem Schulleiter vereinbart.

Guten Tag, Herr Dr. Wehrmuth, ich wollte mich mal bei Ihnen erkundigen, welche Abschlussmöglichkeiten meine beiden Töchter Diana und Ricarda haben, beziehungsweise wie ihre momentanen Leistungen sind, also ob sie die Versetzung in die zwölf überhaupt noch schaffen können. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber sie haben sich nie wirklich wohl gefühlt an dieser Schule. Also die beiden sind ganz sicher, dass sie nicht das Abitur machen wollen.

Ich habe mich bei den Fachlehrern von Diana und Ricarda nach dem Leistungsstand erkundigt und sie haben recht, die Noten sind wirklich nicht besonders gut, aber die Kollegen sind der Meinung, dass sie die Versetzung wohl schaffen werden. Ich würde Ihnen also dringend empfehlen, dass sie wenigstens noch die Jahrgangsstufe zwölf machen sollten, um die Fachhochschulreife zu bekommen. Das ist in jedem Fall besser, als nach der elf abzugehen. Vielleicht überlegen sie es sich in einem Jahr dann ja auch noch einmal anders und versuchen dann doch das Abitur zu machen.

Meine Zwillinge waren mit diesem Vorschlag einverstanden, sodass schließlich alle drei Mädels im selben Jahr die Schule verließen, Miriam mit dem Abitur und Diana und Ricarda mit der Fachhochschulreife. Miriam hat sich nach dem Abitur an der Technischen Universität Dortmund im Fach Chemie immatrikuliert, die Berufswahl für meine Zwillinge gestaltete sich jedoch wesentlich schwieriger.

Ricarda wollte gerne Hebamme werden und ich habe sie darin unterstützt, gemeinsam haben wir sehr viel Zeit und Geld in viele Bewerbungen gesteckt, aber es kamen nur Absagen, weil sie noch zu jung war und man empfahl ihr, zunächst einmal ein Jahrespraktikum in einer Klinik zu machen, was dann ohne weitere Probleme möglich war.

Diana wusste nicht so recht, was sie machen sollte, mal wollte sie studieren, dann wollte sie Köchin werden und schließlich entschied sie sich, eine Ausbildung im pflegerischen Bereich zu machen. Auch sie absolvierte zunächst einmal ein Jahrespraktikum bei der Arbeiterwohlfahrt. Dies hatte den Vorteil, dass sie verschiedene Bereiche ausprobieren konnte, unter anderem konnte sie auch Erfahrungen in der Küche sammeln.

Da die Verbindungen der öffentlichen Verkehrsmittel zwischen Lüdenscheid und Kierspe sehr schlecht sind, sollte sie ein kleines Auto bekommen, damit sie von den öffentlichen Verkehrsmitteln unabhängig ist. Leider fiel sie jedoch zweimal durch die Fahrprüfung, sodass sie dann doch mit dem Bus nach Kierspe fahren musste, wodurch sie außerordentlich frustriert war, weil sie im Schichtdienst arbeiten musste und die langen Busfahrten sie zusätzlich gestresst haben und wenn Diana frustriert war, dann litten alle anderen auch und für sie war jetzt einfach alles Scheiße.

Da wir schon ein kleines gebrauchtes Auto gekauft hatten, stand dieses dann Miriam zur Verfügung, sodass sie nicht mehr mit dem Zug nach Dortmund fahren musste.


Evelyn

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