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IV

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Bereits am 16. November hatten wir die Angriffe auf Moskau wieder aufgenommen. Es wurde mir berichtet, dass unsere Truppen beim weiteren Vorstoß auf Moskau überall auf verbissenen Widerstand der Russen trafen. Ich konnte mir dies nicht anders erklären, als durch die teilweise Erzielung der Lufthoheit der Russen über den betreffenden Frontabschnitten, was wiederum darauf zurückzuführen war, dass bedeutende Teile der 2. Luftflotte unter Kesselring von diesem Frontabschnitt abgezogen und in den Mittelmeerraum verlegt worden waren.

Am 23. November, während der Fortsetzung der Operationen auf Moskau, erreichten mich beinahe zeitgleich defätistische und völlig inakzeptable Meldungen, die von Guderian und von Bock kamen. Die vor Moskau kämpfenden Truppen seien durch Erschöpfung kurz davor, in eine insgesamt bedrohliche Lage zu geraten.

Wir gingen bei unserer Einschätzung der Lage davon aus, dass vor Moskau inzwischen auf beiden Seiten mit letzter Kraft gekämpft wurde. Die dort eingesetzten Truppenteile erhielten Befehl, unter allerletzter Aufbietung ihrer Kräfte den Kampf fortzusetzen.

Am 26. November schienen sich unsere optimistischen Erwartungen zu bestätigen, denn wir nahmen die Stadt Istra ein, die nur noch 56 Kilometer von Moskau entfernt war. Die kleine Stadt lag an einem Fluss, der gleichfalls den Namen Istra trug. Die Gefechte um diese kleine und scheinbar vollkommen bedeutungslose Stadt waren sehr schwer gewesen. Es gab hier nichts weiter zu sehen, als die vergoldeten Kuppeln des Neu-Jerusalemer Auferstehungs-Männerklosters und einen Bahnhof, von dem aus Schienen nach Riga und nach Moskau führten.

Aber schon am nächsten Tag schien sich das Kriegsglück wieder zu wenden. Die Temperaturen fielen auf minus 35 Grad Celsius und die Ausfälle, die die Truppe durch Erfrierungen erlitt, erreichten besorgniserregende Werte.

Die Luftaufklärung meldete an diesem Tag, im Raum Moskau würden offensichtlich frische sowjetische Truppen ausgeladen und bereit gestellt, was auf einen bevorstehenden Angriff seitens der Russen hingedeutet hätte. Aber wir wiesen diese Gespenstereien als Defätismus weit von uns! Es konnte keinen Zweifel darüber geben, dass der Russe nach den bereits erlittenen Verlusten an Menschen und Material vollständig am Ende war und mit dem allerletzten Aufgebot Widerstand leistete.

Am 30. November nahmen unsere Truppen die beiden Orte Krasnaja Poljana und Putschki ein. Sie waren damit nur noch 18 Kilometer von Moskau entfernt. Weitere Versuche der Panzergruppe 2 zur Einnahme von Tula konnten allerdings von den Russen abgewehrt werden.

Ein Erkundungstrupp des Panzerpionierbataillons 62 drang am 2. Dezember 1941 bis Chimki vor, einem der Vororte Moskaus. Chimki liegt im Nordwesten der Stadt. Von hier aus waren es nur noch knapp 8 Kilometer bis ins Stadtzentrum. Chimki bestand aus einer Ansammlung verschiedener Arten von Datschen. Es gab allerdings auch ein wenig Industrie, kleinere Betriebe, die etwa Fliesen oder Glas herstellten.

Hier verlief auch der Moskau-Wolga-Kanal, den zehntausende von Sträflingen in den 1930er Jahren angelegt hatten.

Durch ihre Scherenfernrohre konnten die Männer die Türme des Kreml von Chimki aus deutlich erkennen. Sie bestimmten die Entfernung bis zum Kreml auf genau 23,7 Kilometer. Nun wurden die Truppen unmittelbar von den Festungsbatterien des Kremls beschossen.

Am 4. Dezember 1941 traf die Abteilung des Generalstabes des Heeres Fremde Heere Ost die Einschätzung, wonach der Russe über keinerlei Verstärkungen mehr verfüge und daher nicht mehr zur Durchführung eines Gegenangriffes im Bereich der Heeresgruppe Mitte in der Lage sei.

Wir hatten auch unsere Bombardierungen Moskaus während der gesamten Zeit der Angriffe kontinuierlich fortgesetzt. Seit Ende Juli 1941 flogen wir dazu Nachtangriffe mit Maschinen des Typs Ju 88 und He 111. Allerdings wurde die Anzahl der hierzu verfügbaren Flugzeuge von Angriff zu Angriff geringer. Gegen Jahresende konnten nicht einmal mehr 10 Maschinen für die Bombardierungen abgestellt werden.

Unerwartet stark wurden am 5. Dezember plötzlich die Stellungen der 9. Armee und die Panzergruppen 3 und 4 angegriffen. Dies wog umso schwerer, zumal wir vorher keinerlei russische Reserven hatten ausmachen können.

Das OKW nahm diese Tatsachen wiederum zum Anlass um mir erneut zuzusetzen, die Einstellung unserer Angriffe auf Moskau sei unverzüglich notwendig, ferner ein geordneter Rückzug in eine gut ausgebaute Winterstellung.

Die Generäle drängten auf einen schnellen Entschluss meinerseits, angesichts angeblich großer Erschöpfung der Soldaten, fehlender Kampfkraft und prekäre Versorgungssituation. Ich instruierte daraufhin das Kommando der Heeresgruppe Mitte, zunächst für die 4. Armee und die Panzergruppen entsprechende Rückzugslinien bekannt zu geben. Der offizielle Befehl zum Rückzug sollte jedoch erst am 6. Dezember erteilt werden. Für die geordnete Durchführung dieses Rückzuges der betreffenden Truppenteile waren 2 Nächte eingeplant worden. Ich behielt mir jedoch meine endgültige Einwilligung zu diesem Rückzug und dessen eigentliche Auslösung eindeutig persönlich vor. Alles durfte nur auf meine persönliche Weisung hin ausgelöst werden.

Wiederum klagte die Heeresgruppe wiederholt über angeblich fehlende Ressourcen, was es ihr unmöglich machen würde, ihre Stellungen ausreichend zu befestigen, um ein weiteres Vorstoßen der Russen damit abzufangen.

Bock folgerte daher, dass ein geordneter Rückzug auf entsprechend ausgebaute Winterstellungen unmöglich sein würde und daher nur die Möglichkeit eines allgemeinen Haltebefehles verblieb. Auch mussten die Truppen der Heeresgruppe Mitte sofort personell aufgefüllt werden.

Die Einheiten hatten Order von mir erhalten, auf jeden Fall den Durchbruch der Russen durch unsere Linien vor Moskau zu verhindern. Ich verbot daher jedwede Lösung vom Feind! In der Nacht vom 4. Zum 5. Dezember 1041 waren Fallschirmspringer der Russen hinter unseren Linien gelandet. Saboteure zerstörten außerdem Schienen und Straßen im Hinterland. Dann griff der Russe wieder an. Vom Norden aus, am Wolga-Staudamm, vom Westen her und von Südwesten aus. Dort gelang es, eine Bresche in unsere Frontlinie zu schlagen.

Die Führer der Einheiten waren erstaunt über die hervorragende winterliche Ausrüstung dieser angreifenden Verbände. Ganze Infanterieeinheiten näherten sich auf Skiern und waren daher in dem verschneiten Gelände überaus beweglich. Ebenso wurden die Kräfte der Heeresgruppe Mitte hier erstmalig mit dem neuen Russenpanzer T-34 konfrontiert. Diese Tanks waren primitiv und von einfacher Bauweise, erwies sich allerdings gerade deswegen als für die Massenproduktion hervorragend geeignet und letztendlich als gefährlicher Gegner.

Wir waren uns stundenlang nicht im Klaren darüber, dass es sich bei diesen Aktionen der Russen um einen Großangriff handelte. Erst am Abend des 6. Dezember wurde unseren Einheiten befohlen, die Angriffe auf Moskau nunmehr einzustellen, um schließlich selbst zur Verteidigung überzugehen.

Am nächsten Tag, den 7. Dezember, griffen unsere japanischen Verbündeten den amerikanischen Flottenstützpunkt Pearl Harbor an. Daraufhin erklärte Amerika dem Kaiserreich Japan den Krieg. Obwohl ich nach dem Dreimächtepakt keinesfalls dazu verpflichtet gewesen wäre, erklärte ich nun meinerseits Amerika am 11. Dezember 1941 den Krieg.

Während der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 1941 hatten mehrere Kosakenregimenter unsere Stäbe und Versorgungseinrichtungen im rückwärtigen Raum der Front heimtückisch angegriffen.

Am 10. Dezember gestattete ich schließlich dem Oberkommando der Heeresgruppe Mitte, den Befehl zum allgemeinen Rückzug auf die Winterstellungen auszugeben. Obwohl mir die Generalität diesbezüglich weiter zusetzte, lehnte ich schon am 16. Dezember 1941 sämtliche weitere Absetz- und Rückzugsbewegungen kategorisch ab. Ich erneuerte diese Weisung an die Truppen der Heeresgruppe Mitte am 18. Dezember noch einmal und forderte die Einheiten zum fanatischen Widerstand auf. Ich entsinne mich noch gut meines Befehles an die Heeresgruppe Mitte:

„Größere Ausweichbewegungen können nicht durchgeführt werden. Sie führen zum völligen Verlust von schweren Waffen und Gerät. Unter persönlichem Einsatz der Befehlshaber, Kommandeure und Offiziere ist die Truppe zum fanatischen Widerstand in ihren Stellungen zu zwingen, ohne Rücksicht auf durchgebrochenen Feind in Flanke und Rücken. Nur durch eine derartige Kampfführung ist der Zeitgewinn zu erzielen, der notwendig ist, um die Verstärkungen aus der Heimat und dem Westen heranzuführen, die ich befohlen habe. Erst wenn Reserven in rückwärtigen Sehnenstellungen eingetroffen sind, kann daran gedacht werden, sich in diese Stellungen abzusetzen.“

(Quelle: Percy E. Schramm, Kriegstagebuch des OKW 1940-1941, S. 1.084 f.)

Nachdem die Russen am 16. Dezember Kalinin im Handstreich genommen hatten, entließ ich schließlich am 19. Dezember von Brauchitsch. Ich hatte mich nunmehr dazu entschlossen, selbst den Oberbefehl über das Heer zu übernehmen.

Im Verlaufe dieser zweiten Welle der Angriffsoperationen gegen Moskau war ich mit einer schier unbegreiflichen Welle an Impertinenz seitens der Generalität konfrontiert, die nunmehr ein entschiedenes und mit aller Härte geführtes Durchgreifen meinerseits erforderlich machte!

Nachdem es am 21. Dezember zu einem heimtückischen Überfall der Russen auf Kaluga und zu dreitägigen Straßenkämpfen in der Stadt gekommen war, eroberte die Rote Armee Istra, Rusa und Wolokolamsk. Entgegen meinem ausdrücklichen Befehl und der ausdrücklichen Weisung von GFM von Kluge, sah sich Guderian veranlasst, seine Truppen eigenmächtig zurückzunehmen. Daraufhin enthob ich ihn am 26. Dezember seines Kommandos und versetzte ihn in die Führerreserve. Dies bedeutete für ihn, dass er kein Kommando mehr führen durfte, sich an seinem ihm zugewiesenem Dienstort aufzuhalten und seiner vorgesetzten Dienststelle zur Verfügung zu stehen hatte.

Am 30. Dezember eroberten die Russen Kaluga, am 7. Januar 1942 schließlich Moschaisk. Am 8. Januar 1942 erdreistete sich Hoepner sein XX. Korps entgegen meines ausdrücklichen Haltebefehls zurück zu nehmen. Er behauptete dreist, er wäre sonst eingekesselt und vernichtet worden.

Ich war es nunmehr endgültig leid, der Reihe der Impertinenzen, Eigenmächtigkeiten und Rebellionen der Generalität tatenlos zuzusehen! Hoepner wurde unverzüglich seines Kommandos enthoben und unehrenhaft aus der Wehrmacht ausgeschlossen!

Ich setzte daraufhin endgültig durch, dass jeder Rückzugsbefehl durch mich persönlich genehmigt werden musste. Dieser Befehl galt bis zum Ende des Krieges!

Am 15. Januar befahl ich den Truppen des Rückzug auf die Winterstellung. Doch wenn sie hier gut ausgebaute Stellungen erwartet hatten, in denen sie sich wärmen, erholen und ausruhen konnten, so täuschten sie sich! Die Winterstellung stellte vielmehr eine quasi imaginäre Linie dar, die sich in der Nähe von Versorgungspunkten und Entladebahnhöfen befand, die mit der Deutschen Reichsbahn angefahren werden konnten.

Die Russen hatten in ihren Angriffsoperationen, die vom 5. Dezember 1941 bis zum 7 Januar 1942 andauerten, etwa 400.000 Mann verloren!

Obwohl wir Moskau nicht genommen und die Sperrlinie Archangelsk-Astrachan nicht erreicht hatten, konnten wir bis Ende Januar 1942 bei Rschew und Juchnow beeindruckende Abwehrerfolge erringen. Stalin war es auch mit frischen Truppen und den neuen Panzern von Typ T-34 nicht gelungen, die Heeresgruppe Mitte aufzureiben, geschweige denn, zu vernichten!

Es gelang der Heeresgruppe, eine neue Verteidigungslinie aufzubauen. Bei Demjansk und Cholm gelang es den Russen überraschend, 6 deutsche Divisionen einzuschließen, darunter auch die SS-Division Totenkopf unter Theodor Eicke. Diese Truppenteile wurden aus der Luft versorgt und im Frühjahr 1942 schließlich erfolgreich entsetzt!

Nach den Geschehnissen vor Moskau im Winter 1941/42 entschloss ich mich schließlich zum Erlass der Direktiven zum Winterkrieg.

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