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I

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Was lebt, das leidet, weil es

lebt, und leben will es.

(Wilhelm Busch)

Das Leiden ist ja die einzige Ursache

der Erkenntnis.

(Fjodor Dostojewski)

Aus der Ewigkeit

reiche ich euch

meine Hände hinüber ins Leben.

Hinweg

über jene Schwelle des Todes,

die seit Anbeginn der Zeit

alles Lebende nur in einer Richtung

und unumkehrbar überschreitet.

Lehre uns alle Demut, oh Herr!

Es ist der Moment zwischen Schlaf und Erwachen, in welchem die Welt und der anbrechende Tag noch rein und jungfräulich sind. Noch unbefleckt vom gierigen Tun der Menschen und ihrem unnachgiebigen Griff nach allen Dingen dieser Erde.

Es ist er Moment zwischen Dämmerung und Helle, in welchem der Schlaf aus den Gliedern schwindet und er Angst weicht vor Demjenigen, was dieser neue Tag bringen wird.

Der Schlaf weicht und mit ihm die Erinnerung an die trügerische Geborgenheit der Träume, in welcher ich aufgehoben war, vor dem gewalttätigen Zugriff der Menschen, wenigstens für eine Weile.

Wie trübes Blut, so sickert der anbrechende Tag durch die Fenster ins Schlafzimmer und erfüllt es mit der Gnadenlosigkeit und Härte der Menschenwelt.

Die Furcht ist in meinen Adern erwacht, die unbestimmte Angst, die meinen Körper befallen hat, wie eine Krankheit.

Draußen, vor dem Haus, weiß ich all die gierigen und gewaltbereiten Menschen, die nach meinem Geld trachten, nach meiner Arbeitskraft, nach meinen Nieren, nach meiner Leber, nach meiner Lunge und nach meinem Herzen, nach meinen Hornhäuten, nach meinem Blut und nach meiner Knorpelmasse.

Sie lauern dort draußen wie Viren, die gierigen Menschen. In dem Irrglauben, dass Härte und Rücksichtslosigkeit die Vehikel sind, die ihnen ihren Platz an der Sonne sichern werden.

Mir graut vor dem anbrechenden Tage und ich verfluche den Moment, da aufwachen musste, um mich der Gier und der Gewaltbereitschaft all dieser Menschen dort draußen zu stellen.

Es gibt kein Entrinnen. Und wer nicht mittut, der wird zertrampelt. Man wird gezwungen, sich in den Strom der Gierigen und der Gewalttätigen, der Rohen und Rücksichtslosen, einzureihen. Wer sich nicht einreihen will, wer sich nicht einreihen kann, der wird zertreten, ausgequetscht und ausgesaugt, wie eine prall mit Blut gefüllte Zecke, die zwischen Daumen und Zeigefinger zerquetscht und dann fallen gelassen wird.

Es gibt kein Entrinnen und das Grauen steht grinsend an jedem neuen Morgen neben meinem Bett, um mich hinaus zu ziehen in die Kälte und Rohheit des gerade erst angebrochenen Tages, der doch nichts weiter ist, als ein weiterer grauer und schrecklicher Tag in der endlosen Kette der grauen und verrohten Tage. Jener Kette, die sich schlicht Leben nennt.

Leben ist nicht schön. Und was nicht schön ist, das kann auch nicht lebenswert sein. Das jedenfalls haben sie geschafft, dass Leben nicht schön ist, für sehr viele Menschen auf diesem Globus. Dass es nichts ist, als eine endlose graue Kette des Erduldens von Rohheit, Grausamkeit, Schmerz, Ungerechtigkeit, Demütigung und Ausbeutung. Eine Kette, zu der sie Leben sagen oder einfach Demokratie.

Es ist heute leicht, die Begriffe zu verdrehen. Die Menschen haben die ursprüngliche Bedeutung vieler Begriffe vergessen. Wer tagtäglich um sein Überleben kämpfen muss, darum, ein möglichst großes Stück vom Kuchen ab zu bekommen, der fragt nicht mehr nach der genauen Bedeutung der Begriffe. Er beschränkt sich einfach darauf, sie wiederzukäuen und auszuspucken, wie es alle tun.

Der Weg zurück in den Schlaf und in die gnädige Dunkelheit des nächtlichen Vergessens der eigenen jämmerlichen Existenz ist nun versperrt. Es hilft nichts. Es geht hinaus ins Grauen, um sich dem Elend eines neuen Tages zu stellen!

Gilgul Neschamot: Das Experiment Gottes

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