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Ich bin ein englischer Bogenschütze im Heer Heinrichs V. von England, das sich durch den nebeligen und regnerischen Norden Frankreichs wälzt, leidend an der Witterung und an der Ruhr und dabei stets auf der Hut vor einer direkten Konfrontation mit der gewaltigen schweren Reiterei der Franzosen. Ich trage den englischen Langbogen.

Ich trage ihn mit mir, wie ein zusätzliches Glied meines Körpers.

Den Langbogen, den wir Mary Rose nennen. Er ist ganz von Eibenholz gemacht, jenem kostbaren und harten Holz, das wohl schon die Inder und Griechen zur Herstellung ihrer Pfeile verwendet haben.

Giftig sind ihre Rinde, ihre Nadeln und Samen, so dass viele Menschen, viele Rinder und Pferde nach ihrem Genuss gar kläglich verendet sein sollen, obschon es heißt, dass Hirsche und Elche den Genuss der Eibennadeln und der Eibenrinde gewöhnt sind.

Man findet die Eiben in den Strauchschichten der feuchten englischen Wälder.

Sie wachsen in den Tälern und selbst auf den Höhen.

Rot ist die Farbe der Frucht der Eibe, die uns leuchtend rot im Herbst erscheinen, wie eine deutliche Warnung.

Eibenholz ist das ideale Holz für den englischen Langbogen, seit alters her. Es ist hart und zugleich doch biegsam.

Jeder gute und brauchbare Langbogen in England ist aus Eibenholz gemacht. Dazu muss man die Eibe aufsuchen und ihre dicken Äste gewinnen.

Besser noch eignen sich jedoch ganze Stämme der Eibe. In Längsrichtung werden sie gespalten, um auf diese Weise das begehrte Rohmaterial der gefürchteten Waffe zu erhalten.

Bei der Herstellung des Bogens muss der komplette Jahresring der Eibe erhalten bleiben. Er bildet den Rücken der Waffe, jenen Teil der vom Schützen stets abgewandten Seite des Bogens.

Der Bogenmacher beginnt daher damit, die Bauchseite der Eibe vorsichtig zu tillern. Er bearbeitet diese Seite des Holzes mit größter Achtsamkeit so lange, bis sich die Wurfarme des entstehenden Bogens gleichmäßig biegen lassen.

Unter den Händen des Bogenmachers nimmt der Longbow ganz allmählich sein D-förmiges Profil an.

Bauchseitig findet sich das druckstabile Kernholz, rückenseitig hingegen das zugstabile Splintholz.

Aus Lein oder ganz aus den Fasern der Brennnessel entsteht die Sehne.

Unser englischer Langbogen ist furchterregend und stark. Es gibt Bögen mit Zuggewichten von 120 englischen Pfund und mehr. Allerdings sind diese selten.

Die meisten Bögen besitzen Zuggewichte von 80 englischen Pfund. Stark genug, um und Bogenschützen Schmerz und frühe Verschleißerscheinungen in den Schultergelenken zu bescheren!

Unsere Pfeile durchschlagen mit Leichtigkeit die Ringe der Kettenrüstungen und die Platten der Eisenrüstungen der Reisigen, ja selbst Bohlen von Eiche!

Bis zu sechs Pfeile kann ein geübter Schütze von uns in jeder Minute verschießen. Und wir wissen, dass unsere Wirkung nicht allein auf der Durchschlagskraft des Longbows beruht, sondern vor allem auf seiner Massierung. So wird aus dem Stich einer einzelnen Biene ein tödlicher Bienenschwarm, dessen Gift keine Macht der Welt widersehen kann!

Ganzen Zweigen der Handwerkerschaft geben wir englischen Bogenschützen Arbeit: Da sind zunächst die Bowyers selbst, die Bogenmacher. Dann die Arrowsmiths und Fletchers, die Pfeilemacher. Schließlich die Schmiede, die Holzhändler und die Fuhrbetriebe. Und nicht zu vergessen, die Stringers und Stringfellows, all die Seiler!

Waren die Gewappneten Adelige, die von einem Herzog in die Schlacht geführt wurden, so waren wir Bauern. Anfangs zumeist walisische Bauern. Um uns zu führen, genügte ein Ritter oder ein Baron. Wir waren ersetzbar. Wir waren nur der Abschaum der englischen Erde!

Wir hielten die schwere Reiterei des Gegners auf Distanz. Doch wehe uns, brach sie in unsere Reihen ein! Unsere Stärke, im Fernkampf eine tödliche Formation zu sein, verwandelte sich im Nahkampf in unsere Schwäche! Dann nämlich standen uns nur der Buckler, unser einhändiges Kurzschwert, der lange Dolch und die leichte Streitaxt zur Verteidigung unseres Lebens zur Verfügung!

Reiterattacken endeten für uns meistens tödlich. So galt es, uns vor dem Nahkampfe möglichst zu schützen.

Dies könnte durch lange spitze Speere geschehen, die wir uns mit unserer leichten Axt anfertigten, um die schweren Reiter damit auf Distanz zu halten.

Oder durch Deckung, die wir hinter den Holzhindernissen der Krähenfüße oder hinter den Gewappneten aus den eigenen Reihen suchen mussten

Bis zu 350 Metern Entfernung sind wir im hohen Bogenschuss, abgefeuert ungefähr in einem Winkel von 43 Grad, eine todbringende Waffe. Ebenso im direkten Schuss auf Distanzen bis um die 70 Meter.

Gegnerische Gebäude beschießen wir mit unseren Brandpfeilen. Plattenharnische und Kettenhemden durchdringen wir mit unseren Bodkin-Spitzen. Die Pferde der Gewappneten töten wir mit langen Pfeilspitzen mit Widerhaken. Gefiederte Pfeile mit brennenden Kugeln aus Stroh und Pech setzen wir ein, um Brände in gegnerische Stellungen zu tragen.

Unsere Ausbildung ist lang und hart. Sie beginnt im Kindesalter.

Seit Eduard I. und seinen walisischen Bogenschützen war die Wirkung des englischen Langbogens bekannt und gefürchtet.

Heinrich V., unser König, wusste um die notwendige lange Zeit der ständigen Übung zur gewissenhaften und effektiven Handhabung des Langbogens, der, meist 1,80 Meter lang, uns im ungespannten Zustand bis zur Höhe der Augen reichte, stellten wir ihn vor uns auf.

Gesetze verpflichteten daher alle männlichen Engländer, sich im Gebrauche des Langbogens zeitig zu üben. Ebenso waren alle englischen Väter angehalten, ihre Söhne mit dem Langbogen auszurüsten, sobald diese ein gewisses Alter erreicht hatten.

Gilgul Neschamot: Das Experiment Gottes

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