Читать книгу Kanada. - Ralph Pape - Страница 3

Auf nach Kanada

Оглавление

Ein langer Flug bis Calgary, in der Provinz Alberta.

Müde und erschöpft aber doch irgendwie glücklich gingen wir zu Hertz, um unseren

Leihwagen abzuholen.

Unsere erste Reise durch Kanada konnte beginnen.

Zu dritt fuhren wir erst mal in die Innenstadt von Calgary, um uns etwas umzusehen

und unseren Durst zu stillen. Drei Freunde auf dem Weg, das Abenteuer zu

suchen.

Noch wussten wir nicht, dass wir wenige Tage später nur noch zu zweit waren.

Wir saßen nun in einem Pub und ließen uns das kühle Bier schmecken.

Anschließend schlenderten wir ein wenig durch die Stadt und wollten auch auf den

Calgery Tower. Doch der hatte geschlossen - aus welchen Gründen auch immer.

Na ja, lange wollten wir auch nicht hier in der Stadt bleiben. Wir suchten ja die

Einsamkeit und die Natur.

Also fuhren wir los in Richtung der Rockys. Wir hatten vor, in ein paar Tagen nach

BC und zu unseren Freunden Manfred und Brigitte zu kommen, die in der Nähe

von Tatla Lake eine Guestranch betrieben.

Bei Cocraine, ein paar Kilometer westlich von Calgary, suchten wir uns den ersten

Campground und bauten die Zelte auf, bevor es langsam Abend wurde.

Müde lagen wir auch schnell in unseren Schlafsäcken und schnarchten unserer

ersten Nacht auf kanadischen Boden entgegen.

Am nächsten Morgen standen wir früh auf, denn wir wollten noch ein gutes Stück

fahren an diesem Tag.

Staunend genossen wir unterwegs die grandiose Landschaft. Der endlose Highway

führte uns direkt in die Rocky Mountains.

Der Lake Louise beeindruckte uns genauso wie die unbeschreiblichen

Landschaften der Yoho- und Jasper-Nationalparks.

Am späten Nachmittag schlugen wir wiederum unsere Zelte am Moscito Lake auf.

Besser, wir schlugen gar keine Zelte auf, sondern machten es uns in der

Gemeinschaftshütte des Campingplatzes gemütlich. Es nieselte nämlich vor sich

hin und wir hatten keine Lust unsere Zelte aufzubauen, um sie am anderen Morgen

wieder nass einpacken zu müssen.

Mir und Jürgen machte das nichts aus. Wir hatten so manches Mal - nur in

Schlafsäcken - in der Natur verbracht. Doch unser Freund Bernd fand das alles

nicht so spaßig. Er fing schon langsam an, zu nörgeln. Wir amüsierten uns darüber

und dachten, das würde sich schon geben. Bernd war einfach kein Typ, der sich

neuen Situationen schnell anpassen konnte und wahrscheinlich auch nicht

ubedingt wollte.

So feuerten wir den Yukon Ofen an und machten uns erst mal über unsere Steaks

her. Hunger hatten wir ständig. Das mussten wir in den kommenden Wochen oft

feststellen. Draußen in der Natur, in frischer Luft und ständiger Bewegung, braucht

der Körper viele Kalorien.

Das Wetter wurde um keinen Deut besser und so verbrachten wir den Abend bei

guter Laune und den mitgebrachten geistigen Wässerchen und wurden dabei

immer fröhlicher.

Nur unser Bernd nicht. Der knurrte und nörgelte vor sich hin. Ihm passte das Wetter

nicht, er konnte nicht schlafen und hatte augenscheinlich auch Heimweh.

Na dann Prost! Das konnte ja heiter werden, wenn er jetzt schon Weib und Kind

vermisste. Dabei waren wir noch nicht mal annähernd in der wirklichen Wildnis.

Jürgen und ich jedenfalls genossen den Abend und die herrliche Landschaft, die

zwar in Regenwolken verhüllt war, doch es war kanadischer Regen und kanadische

Wolken. Und auch die Berge waren kanadisch. Was wollten wir denn mehr?

Den nächsten Tag vergesse ich bis heute nicht. Wir fuhren fröhlich in Richtung

Jasper. Ich saß vorne neben Jürgen, der diesmal den Wagen fuhr,

und filmte mit der Videokamera die unbeschreibliche Landschaft. Da hörte ich von

hinten ein leises Schluchzen. Erst dachte ich Bernd schnäuzt sich die Nase. Als ich

mich umdrehte, sah ich, dass er wahrhaftig Tränen in den Augen hatte.

Verwundert sah ich Jürgen an. Der blickte betroffen, denn auch er hatte es

bemerkt. Wir fragten Bernd, was denn los sei.

Seufzend antwortete er, er hätte sich doch zu viel vorgenommen. Er sei einfach

nicht der Kerl für so etwas wie Wildnis und Einsamkeit und außerdem hätte er

furchtbares Heimweh. Und Zahnschmerzen plagten ihn auch.

So etwas war mir noch nicht untergekommen. Ein gestandener Mann saß da, wie

ein Häufchen Elend und weinte. Ich gestehe ja, dass auch ich schon geweint hatte.

Das war, als wir endlich in Kanada landeten und mir bewusst wurde, dass wir

tatsächlich hier waren. Diese Erkenntnis ließ meine Gefühle überschäumen.

Na ja - jedenfalls fuhren wir langsam Jasper entgegen. Zwar etwas bedrückt wegen

Bernds

Gejammer, doch ich war überglücklich hier zu sein. Und das wollte ich mir auch

nicht kaputtmachen lassen.

Und so trösteten wir unseren Freund und meinten, wenn wir erst auf der Gastranch

bei unseren Freunden wären, sehe die Welt schon besser aus.

Doch der ließ sich nicht beruhigen und wollte unter allen Umständen wieder heim.

Aber wie? Er konnte sich nicht einfach ins Auto setzen und mal eben schnell

heimfahren. Wir waren 9000 Kilometer von der Heimat entfernt.

Doch da kannten wir unseren Bernd schlecht. Wenn der was wollte, tat er es auch -

auf Teufel komm raus.

Und all unsere Überredungskünste halfen nichts. Also hielten wir vor einer

Polizeistation der RCMP - der Royal Canadian Mounted Police in Jasper und er

verschwand darin.

Grinsend und kopfschüttelnd sahen Jürgen und ich uns an. Wir wollten nicht

glauben, was jetzt gerade geschah.

Wenig später kam Bernd wieder aus dem Polizeigebäude und meinte, es gäbe da

eine Autovermietung. Er wolle sich einen Wagen mieten und nach Edmonton, der

Hauptstadt Albertas fahren. Die Polizei hatte mit der deutschen Botschaft

gesprochen und die ermöglichte ihm einen Heimflug. Eilig mietete er den

Leihwagen und nahm nur das Nötigste aus unserem Fahrzeug heraus. Er

entschuldigte sich noch tausendmal bei uns, dass er uns wegen seiner Probleme

den Urlaub nicht versauen wollte und überhaupt, und so weiter, und so fort ...

Dann ein kurzes Händeschütteln, ein letztes Schulterklopfen und in einer

Staubwolke entschwand er unseren erstaunten Blicken. Es war wie eine Flucht.

Tja - drei Tage Kanada Urlaub, das hat schon was!

Auf unserem weiteren Weg dachten wir schweigsam über diese Ereignisse nach.

Wir waren total überrascht von Bernds Entscheidung. Meine Gefühle jedenfalls

waren völlig durcheinander.

Vielleicht war es auch besser so. Das, was wir noch vorhatten, hätte er auf keinen

Fall durchgestanden. Ich muss dazu auch sagen, dass solche Abenteuer nicht für

jeden etwas sind. Ein fernes, fremdes Land, die Einsamkeit und Wildnis, die einen

erwarten. Man muss schon eine gewisse Abenteuerlust mitbringen. Und auch zu

einschätzbaren Risiken bereit sein.

Und Jürgen und ich waren zu dem Zeitpunkt eingefleischte Junggesellen. Was es

uns doch sehr erleichterte, in der Welt herumzureisen. Wir brauchten auf keinen

Rücksicht zu nehmen und waren frei und ungebunden.

So leid es uns auch tat. Aber Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Dinge.

Und Bernd war nun mal kein Mensch, der es in der Einsamkeit lange aushielt.

Ohne Dusche. Ohne fließendes Wasser. Ohne Strom und ohne Telefon.

Doch wir mussten darüber hinwegkommen, denn auf uns beide wartete das

Abenteuer. Für uns jedenfalls ging es weiter in Richtung British Columbia. Immer

entlang auf dem Highway 24 in Richtung Clearwater. Vorbei an eindrucksvollen

Landschaften, die uns immer wieder ein Aahhh und Wowww entlockten. Tief

beeindruckt dachten wir über Bernds Verschwinden nicht länger nach.

Schon bald verließen wir die Rocky Mountains und kamen in das Gebiet des Wells

Gray Provinzial Park.

Hier in Clearwater mieteten wir uns eine kleine Cabin. Ein typisch kanadisches

Blockhaus, das man mit zwei, vier oder auch sechs Personen bewohnen konnte.

Es war gemütlich, aber einfach ausgestattet. Zwei Etagenbetten, eine Dusche und

Kochgelegenheit reichten uns vollkommen aus, um zwei Nächte hier zu verbringen.

Denn wir wollten den nächsten Tag in den Wells Gray Park, um einen der

schönsten Wasserfälle zu besuchen. Den Helmcken Fall.

Er ist ein Wasserfall des Murtle River im Wells Gray Provincial Park. Kurz bevor der

Fluss in den Clearwater River mündet, fällt er vom Murtle Plateau 141 Meter in die

Tiefe. Somit ist dieser Wasserfall im südöstlichen British Columbia der vierthöchste

in Kanada.

Unterwegs begegnen uns auch die ersten Tiere. Es waren Wapitis, eine Hirschart,

ähnlich unserem Rotwild. Friedlich grasten sie am Straßenrand und ließen sich von

den vielen Neugierigen nicht stören. Es waren prächtige Tiere, nur um einiges

größer als unsere heimische Tierart.

Wir zählten bei dem Bullen 14 Enden. Was für ein gewaltiges Geweih. Nur noch die

Elche besaßen mächtigere Schaufeln.

Doch wir mussten weiter, wollten wir gegen Abend endlich in Clearwater sein.

Kanada.

Подняться наверх