Читать книгу Und so geschah es, dass... - Ramesh S. Balsekar - Страница 8
BEWUSSTSEIN
ОглавлениеRameshs erstes und grundsätzliches Konzept ist: Es gibt nichts außer Bewusstsein.
Der König sagte zum Weisen: „Ich gebe dir die Hälfte von meinem Königreich, wenn du mir zeigst, wo Gott ist.“ Der Weise antwortete dem König: „Ich gebe dir zwei von deinen Königreichen, wenn du mir zeigst, wo Gott nicht ist.“
Als die Königreiche noch klein waren gab es einen bestimmten Anlass für eine große Feier. Zu diesem Anlass kamen der König, die Minister und alle wichtigen Personen zusammen. Entsprechend der Hierarchie hatten sie alle ihren Sitzplatz zugewiesen bekommen, und der König hatte seinen Thron. Der Oberste Minister wartete auf die Ankunft des Königs, damit die Zeremonie beginnen konnte. Plötzlich tauchte ein schäbig gekleideter Sufi-Mystiker auf. Er steuerte direkt auf den Thron zu und nahm darauf Platz. Der Oberste Minister war entsetzt und sagte: „Was soll das?“ Der Sufi antwortete ihm: „Ich sitze ganz einfach hier.“ Also sagte der Oberste Minister: „Du bist doch noch nicht einmal der Oberste Minister, der bin ich.“ Der Sufi antwortete ihm: „Ich bin mehr als der Oberste Minister.“ Der Oberste Minister fragte ihn dann: „Bist du denn der König?“ und der Sufi antwortete: „Nein, ich bin nicht der König. Ich bin mehr als das.“ Der Oberste Minister fragte ihn: „Bist du der Kaiser?“ Der Sufi antwortete ihm: „Ich bin nicht der Kaiser, ich bin mehr als das.“ Also fragte ihn der Oberste Minister: „Bist du der Prophet?“ „Nein, ich bin nicht der Prophet, ich bin mehr als das.“ Schließlich wurde der Oberste Minister ärgerlich und sagte: „Bist du Gott?“ und der Sufi antwortete: „Nein, ich bin nicht Gott. Ich bin mehr als das.“ Der Oberste Minister war entsetzt: „Aber mehr als Gott, da ist dann nichts.“ Die Antwort des Sufis: „Das stimmt. Ich bin dieses Nichts.“
Können wir Gottes Plan erkennen? Diese Frage führte zu einer interessanten Diskussion zwischen Einstein und Niels Bohr.
Niels Bohr und eine Gruppe von Wissenschaftlern trugen die Theorie der Unschärfe, der Quantenmechanik, Albert Einstein vor, der damals der führende Physiker im Land war. Sie zeigten ihm die Theorie und baten ihn, sie durchzusehen und ihnen zu sagen, ob er irgendwelche Beanstandungen hätte. Einstein studierte sie sehr genau und fand darin keinen Fehler. (Die Theorie der Unschärfe besagt, dass es zu jedem gegebenen Zeitpunkt im Ozean des Bewusstseins eine gewisse Menge von Möglichkeiten gibt – Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten – und dass niemand wissen kann, welche dieser Möglichkeiten oder Wahrscheinlichkeiten sich als eine Handlung oder ein Gedanke manifestieren wird.) Einstein gab zu: „Diese Theorie ist hundert Prozent wasserdicht, aber sie besagt, dass man niemals wissen kann, was geschehen wird. Das bedeutet, dass Gott mit dem Universum würfelt, und das kann ich nicht akzeptieren.“ Diese Reaktion entsprach ganz seiner Konditionierung. Niels Bohr antwortete ihm darauf: „Gott würfelt nicht mit dem Universum. Sie und ich mögen glauben, dass Gott mit dem Universum würfelt, weil wir nicht all die Informationen haben, die Gott hat. Unsere Informationen sind von Moment zu Moment. Gottes Informationen sind die Ewigkeit.“
Ramesh spricht auf vielfältige Weise darüber, dass es nichts gibt außer dem Bewusststein. „Das Bewusstsein hat die Story geschrieben. Das Bewusstsein hat sie produziert und spielt alle Rollen in diesem Drama, und das Bewusstsein erlebt durch die Instrumente, die menschlichen Wesen, alle Freuden und alles Leid. Seit Anbeginn allen Lebens gab es immer gleichzeitig die beiden miteinander verbundenen Gegensätze. Da die Story bereits geschrieben ist, geschieht nichts weiter, als dass der Film abläuft, und wir können nichts anderes tun, als ihn uns anzuschauen, ihn zu beobachten.“
Ramana Maharshi wurde einmal gefragt: „Sind die Götter und Göttinnen in der menschlichen Mythologie tatsächlich real?“ Seine Antwort war erstaunlich akkurat. Er sagte: „Ja, sie sind so real wie Sie selbst real sind.“
Ramesh sagt: „Es ist unsere Vorstellung, unser mentales Bild von Gott, dass er reine Barmherzigkeit ist. Hat der Mensch einmal Gott erschaffen, dann betet er ihn an. Und dann erwartet er von Gott nicht nur, dass Er ihn erhört, sondern auch, dass seine Gebete so erhört werden, wie er sich das vorstellt.“
Diese Geschichte handelt von einem Mann, der auf einen Berg stieg. Er rutschte ab und konnte sich nur noch an einer Felskante festhalten. Dort hing er nun und rief gen Himmel: „Ist da oben irgendjemand?“ Es kam keine Antwort. Also betete er: „Ist da oben denn niemand, der mir helfen kann?“ Eine Stimme kam von oben: „Ich werde dir helfen, aber du musst ganz genau befolgen, was ich dir sage.“ Der Mann sagte: „Ja, ja, ich werde alles tun, was Sie sagen.“ Die Stimme sagte: „Lass los.“ Keine Antwort, eine Sekunde, zwei Sekunden. Dann sagte der Mann: „Ist sonst noch jemand da oben?“
Ramesh sagt: „Gott ist weder rational noch irrational. Gott ist weder barmherzig noch lieblos. Wenn ich das Wort ‚Gott’ benutze, dann meine ich nicht ein allmächtiges Wesen, das viel stärker ist als wir es sind. Dieses Konzept von Gott ist folgendermaßen entstanden: Als der Mensch sich seiner Hilflosigkeit bewusst wurde, da erschuf der Verstand das Konzept von ‚Gott’ und gab diesem Konzept Attribute wie: allmächtig, allwissend, grenzenlos barmherzig. Es war der menschliche Intellekt, der Gott das Attribut grenzenlos barmherzig verlieh und Ihn dann fragte: ‚Oh Gott, warum hast Du Krankheit und Armut und all die Kriege erschaffen?“’
Ein Rabbiner war recht stolz auf sein Gottvertrauen. Immer wieder sagte er: „Ich vertraue auf Gott.“ Eines Tages gab es eine große Überschwemmung. Das Wasser stieg unaufhörlich. Der Rabbiner saß in seinem Haus, und als die anderen Menschen zu flüchten begannen, sagten sie zu ihm: „Komm mit.“ Doch er antwortete: „Nein, ich werde bleiben. Ich vertraue auf Gott.“ Das Wasser stieg weiter an. Ein Boot kam vorbei, und die Leute im Boot sagten zu ihm: „Wir haben noch Platz im Boot. Du solltest besser mitkommen, das Wasser steigt immer noch.“ Der Mann antwortete: „Nein, ich vertraue auf Gott.“ Ein weiteres Boot kam vorbei. Der Rabbiner sagte wieder: „Nein, ich werde nicht gehen. Ich vertraue auf Gott.“ Schließlich kam ein Hubschrauber vorbei, und die Leute darin sagten zu ihm: „Das ist deine letzte Chance. Wir werfen dir ein Seil runter. Klettere hoch und komm an Bord, denn nach uns kommt keine Hilfe mehr.“ Der Mann sagte: „Nein, ich vertraue auf Gott.“ Das Wasser stieg und stieg, und schließlich ertrank der Rabbiner. Als er dann Gott im Himmel traf, fragte er ihn: „Ich habe Dir vertraut. Warum hast Du mir nicht beigestanden?“ Gott antwortete ihm: „Dreimal habe ich versucht, dir zu helfen. Ich habe zwei Boote vorbeigeschickt und dann sogar einen Hubschrauber!“
Während der Diskussion über das Bewusstsein kommen oft Fragen auf, was die Realität wirklich ist. Die Fragesteller gehen meist davon aus, dass das, was sie mit ihren Sinnen erfahren, real ist. Ramesh spricht dann darüber, dass das menschliche Wesen ein Körper-Verstand Organismus ist, der vom Bewusstsein gesteuert wird. Dabei vergleicht er den Körper-Verstand Organismus mit einem elektrischen Gerät und das Bewusstsein mit der Elektrizität, die das Gerät antreibt.
Als ich zwölf Jahre alt war, hatten wir in der Schule einen Physiklehrer. Der zeichnete ein Bild an die Tafel, das verdeutlichten sollte, dass die Linse einer Kamera genau wie die Linse unserer Augen funktioniert: das Objekt entsteht auf der Linse und auf der Hornhaut. Das war einfach zu verstehen. In dem Moment ging mein Verstand auf Reisen, und der Lehrer kam zu mir. Er dachte, ich hätte geträumt, und so fragte er: „Was habe ich gesagt?“ Ich wiederholte ganz genau, was er gesagt hatte. Er war ein wenig verwundert und fragte: „Worüber hast du nachgedacht?“ Ich antwortete ihm: „Bei der Kamera muss jemand den Auslöser betätigen, bevor das Objekt von der Linse auf den Film übertragen werden kann. Wer drückt dann auf den Auslöser, wenn das Auge ein Objekt erfasst, und das Objekt auf der Hornhaut reflektiert wird?“ Er wurde recht ärgerlich und sagte: „Stell keine dummen Fragen.“ Ich erwiderte ihm: „In Ordnung.“ Viel später, als Maharaj darüber sprach, dass es nichts außer Bewusstsein gibt und alle Handlungen lediglich Erscheinungen im Bewusstsein sind, da sagte ich zu mir: „Jetzt weiß ich, wer auf den Auslöser drückt.“
Eines Tages kam Chuang Tzu zu seinen Schülern und sagte: „Ich mache mir Sorgen, ich bin verwirrt.“ Einer seiner Schüler fragte ihn: „Was ist geschehen?“ Chuang Tzu antwortete: „Ich träumte letzte Nacht, dass ich ein Schmetterling sei.“ Der Schüler sagte darauf: „Meister, es ist nur ein Traum.“ Und der erwiderte ihm: „Ich weiß, es ist nur ein Traum, und ich wusste das, als ich aufwachte. Doch das Problem ist, bin ich nun Chuang Tzu, der letzte Nacht träumte, ein Schmetterling zu sein, oder träumt der Schmetterling, dass er Chuang Tzu sei?“
Maya ist im Sanskrit das Wort für Illusion, die verschleiernde Kraft, die das Reale verdeckt und das Unreale projiziert. Die Hindu Religion betrachtet das, was hier auf der Erde passiert, als Maya, die große Illusion, die große Bühnenschau.
Als ich noch zur Schule ging, hatte ich einen Lehrer, der sagte: „Maya, Maya, was für ein Blödsinn! Schlag mal mit deinem Kopf gegen die Wand. Tut das nicht weh? Wo ist die Maya?“ In dem Augenblick dachte ich – allerdings war ich schon immer ziemlich schüchtern und hatte nicht den Mut, ihn zu fragen – ‚Geschieht nicht im Traum genau das Gleiche? Man schlägt mit dem Kopf gegen die Wand, und es tut weh. Und trotzdem geschieht das im Traum.’
Vor einigen Jahren las ich eine sehr gute Kurzgeschichte mit dem Titel „Colossus“. Später erfuhr ich, dass sie verfilmt wurde. Die Geschichte handelte davon, dass die USA einen Supercomputer entwickelt hatten, in dem alles gespeichert war. Der Präsident brauchte somit keine Entscheidungen zu treffen, und schließlich drückte er, nachdem man alle Fakten erwogen hatte, auf den Knopf, und der Computer begann zu arbeiten. Als erstes sagte er: „Es gibt noch einen.“ Immer wieder sagt er: „Es gibt noch einen.“ Tatsächlich hatte Russland einen identischen Computer entwickelt. Die zwei Computer schlossen sich zusammen und entschieden, dass es nur einen Computer geben sollte. Also bauten die USA und Russland zusammen den Colossus, der die ganze Welt regierte. Wenn Colossus eine Entscheidung traf, und eine Person oder eine Nation dem widersprach, dann gab er eine Warnung aus, und die Drohung wurde auch ausgeführt. Irgendwann war der amerikanische Wissenschaftler, der den amerikanischen Supercomputer entwickelt hatte, so verärgert, dass er Colossus fragte: „Wer bist du?“ Colossus antwortete ihm: „Ich bin Gott, und du wirst dich bald an diese Vorstellung gewöhnen.“
Eine mitfühlendere Sichtweise wird in der folgenden Geschichte, Footprints (Fußabdrücke) von Margaret Powers, präsentiert, die Ramesh bei fast jedem Seminar erzählt. Mehrere Male habe ich erlebt, wie ihm beim Erzählen die Stimme versagte und er von Tränen überwältigt wurde.
Ein guter, gottesfürchtiger Mann träumte, dass er zusammen mit Gott durch eine Sandwüste wanderte. Diese Wanderung stand für die Lebensgeschichte dieses Mannes. Während sie zusammen gingen, hinterließen ihre Füße zwei Spuren im Sand. Doch streckenweise gab es nur eine Spur im Sand. Er fragte also Gott: „Lieber Gott, warum ist da manchmal nur eine Spur im Sand? Ich sehe, dass die zweite Spur immer dann fehlt, wenn ich in meinem Leben sehr verzweifelt und voller Ängste war. Warum warst Du, als ich Dich am meisten brauchte, nicht bei mir?“ Gott schaute den Mann voller Mitgefühl an und sagte: „Mein lieber Freund, es stimmt: da ist nur eine Spur im Sand, als du durch die schwersten Zeiten deines Lebens gingst. Doch zu den Zeiten habe ich dich auf meinen Armen getragen.“
Das Bewusstsein ist in den Erscheinungen und gleichzeitig transzendent, sagt Ramesh. Er illustriert dieses Konzept mit folgendem taoistischen Ausspruch aus der chinesischen Philosophie.
Zuerst sind Flüsse und Berge real, dann sind Flüsse und Berge unreal und dann sind Flüsse und Berge real.
Zuerst bin ich völlig überzeugt: ‚Ich‘ bin etwas anderes als die Flüsse und Berge. Dann kommt das Stadium, wo dies als eine Illusion erkannt wird, wenn Flüsse und Berge nicht mehr Flüsse und Berge sind. Wenn dann schließlich das ‚Ich‘ ein Teil der Flüsse und Berge wird, welche nicht mehr als Flüsse und Berge bezeichnet werden, dann werden die Flüsse und Berge wieder zu Flüssen und Bergen. Der Kreis schließt sich. Die Flüsse und Berge werden dann als reale, phänomenale Objekte wahrgenommen, denen das Bewusstsein innewohnt. Sie sind real und gleichzeitig unreal, denn sie können nicht allein, aus sich heraus existieren.