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ОглавлениеABSCHNITT 3
Die Reichweite der Erlösung
KAPITEL 8
Diese Welt ist nicht unser Zuhause … oder doch?
Gott wird die neue Erde zu seiner Wohnung machen. (…) Himmel und Erde werden dann nicht mehr wie jetzt getrennt sein, sondern sie werden eins sein. Wenn wir uns mit dem endgültigen Sein der Gläubigen befassen, dabei aber die neue Erde außer Acht lassen, nehmen wir dem, was die Bibel über das künftige Leben sagt, die Kraft.
Anthony Hoekema
Viele Bücher über den Himmel machen keine Aussagen über die neue Erde. Andere Bücher befassen sich mit der neuen Erde, verunklaren jedoch ihre wahre Beschaffenheit: »Ist diese neue Erde wie unsere jetzige Erde? Wahrscheinlich nicht.«1 Doch warum nennt Gott sie die neue Erde, wenn sie nicht so ist wie die jetzige Erde? Der Verfasser eines Buches schreibt: »Die Ewigkeit des Himmels wird so anders sein als alles, was wir kennen, dass unsere gegenwärtige Sprache sie nicht einmal beschreiben kann.«2 Gewiss kann unsere jetzige Sprache sie nicht vollständig beschreiben, doch sie kann dennoch die Ewigkeit beschreiben (wie z. B. in Offenbarung 21-22).
Viele Religionen, unter anderem der Buddhismus und der Hinduismus, beschreiben das Leben nach dem Tod als nebelhaft und unkörperlich. Das Christentum lehnt diese Vorstellung ausdrücklich ab. Paul Marshall schreibt: »Unser Geschick ist mit der Erde verbunden: eine neue Erde, eine erlöste und umgestaltete Erde, eine Erde, die mit dem Himmel vereint, aber trotzdem eine Erde ist.«3
Unsere Sehnsucht nach Eden
Wir haben Heimweh nach Eden.4 Wir sehnen uns nach dem, was in unserem Herzen eingewurzelt ist. Wir sehnen uns nach dem, woran sich der erste Mann und die erste Frau freuten: nach einer vollkommenen und schönen Erde mit einer freien und unbeeinträchtigten Beziehung zu Gott, anderen Menschen, Tieren und unserer Umwelt. Jeder Versuch menschlichen Fortschritts ist ein Versuch, das wiederherzustellen, was beim Sündenfall verloren ging.
Unsere Vorfahren kamen aus dem Garten Eden. Wir sind auf dem Weg zu einer neuen Erde. In der Zwischenzeit leben wir auf einer von der Sünde verdorbenen Erde, zwischen dem Garten Eden und der neuen Erde. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass dies nicht unser natürlicher Zustand ist. Sünde und Tod, Leiden, Krieg und Armut sind nicht naturbedingt – sie sind die verheerenden Folgen unserer Auflehnung gegen Gott. Da wir Menschen sind, sehnen wir uns nach etwas Greifbarem und Gegenständlichem, nach etwas, das nicht vergeht.
Adam wurde aus Erde geformt, was unsere fortwährende Verbindung zur Erde begründet (1. Mose 2,7). So wie wir aus Erde gemacht sind, wurden wir auch für die Erde geschaffen. Hier könnte man einwenden, Jesus habe aber doch gesagt, er werde einen Platz für uns vorbereiten, zu dem er uns holen wird und an dem wir für immer mit ihm leben (Johannes 14,2-3). Stimmt. Doch was für ein Platz ist das? Offenbarung 21 gibt eine klare Antwort darauf: Dieser Platz ist die neue Erde. Dort wird das neue Jerusalem sein, wenn es vom Himmel herunterkommt. Erst dann werden wir wirklich zu Hause sein.
Anhaltspunkte für die Beschaffenheit des ewigen Himmels
Im Radio hörte ich einmal einen Pfarrer sagen: »In unserem jetzigen Leben gibt es nichts, das darauf hinweisen kann, wie der Himmel ist.« Wenn der ewige Himmel eine neue Erde sein wird, dann müsste das aber doch bedeuten, dass die jetzige Erde uns Hinweise darauf bietet, wie der Himmel sein wird.
Die Bibel gibt uns eine Reihe von Bildern, die Spuren legen und Andeutungen über den Himmel machen. Es wird uns zum Beispiel gesagt, dass der Himmel eine Stadt ist (Hebräer 11,10; 13,14). Wir wissen, was eine Stadt ist. In einer Stadt gibt es Gebäude, Kultur, Kunst, Musik, Sport, Güter und Dienstleistungen, Ereignisse aller Art. Und natürlich gibt es in Städten Menschen, die tätig sind, sich versammeln, miteinander sprechen und arbeiten. Der Himmel wird auch als ein Land beschrieben (Hebräer 11,16; Luther). Wir wissen, was ein Land ist. In einem Land gibt es Regionen, Landesherren, nationale Interessen, Stolz auf die Staatsangehörigkeit und Bürger, die sowohl verschieden wie auch vereint sind.
Warum sollten wir versuchen, uns die neue Erde ohne Flüsse, Berge, Bäume und Blumen vorzustellen, wenn wir uns unsere jetzige Erde ohne das alles nicht vorstellen können? Wenn das Wort Erde in diesem Ausdruck etwas bedeutet, dann bedeutet es, dass wir dort Dinge der Erde vorfinden – unter anderem eine Atmosphäre, Berge, Wasser, Bäume, Menschen, Häuser – ja sogar Städte, Gebäude und Straßen. (Diese uns vertrauten Dinge werden in Offenbarung 21-22 ausdrücklich erwähnt.)
Es wird uns gesagt, dass wir einen Auferstehungskörper erhalten werden (1. Korinther 15,40-44). Wir wissen, was ein Körper ist – unser ganzes Leben lang hatten wir einen! (Und wir können uns daran erinnern, dass unser Körper einmal besser ausgesehen hat als heute, oder etwa nicht?) Folglich können wir uns einen neuen Körper vorstellen.
Die Bibel spricht von einem neuen Jerusalem, das aus Edelsteinen gebaut ist. Einige der in Offenbarung 21,19-20 aufgezählten Juwelen gehören zu den härtesten Stoffen, die wir kennen. Sie sind ein Hinweis auf die materielle Stabilität der neuen Erde. Das Problem liegt nicht darin, dass die Bibel nicht viel über den Himmel spricht, sondern dass wir nicht auf das achten, was sie sagt.
John Eldredge schreibt: »Wir können nur das erhoffen, was wir uns wünschen.«5 Ich möchte diesen Gedanken weiterspinnen und hinzufügen: Wir können uns nur das wünschen, was wir uns vorstellen können. Wenn man glaubt, dass man sich den Himmel nicht vorstellen kann, dann kann man sich nicht für ihn begeistern. Dann kann man nicht in der kindlichen Erwartung und Vorfreude leben, die Gott so hoch schätzt (Markus 10,15).
Abraham wartete »auf eine Stadt mit festem Fundament …, deren Bauherr und Schöpfer Gott selbst ist« (Hebräer 11,10). Glauben Sie nicht, dass er sich vorstellte, wie diese Stadt sein wird, wenn er doch auf sie wartete? Abrahams Nachkommen »suchten nach einem besseren Ort, einer Heimat im Himmel« (Hebräer 11,16). Und als Nachfolger von Christus haben wir »hier keine bleibende Stadt, sondern die künftige suchen wir« (Hebräer 13,14; Luther). »Wir aber erwarten den neuen Himmel und die neue Erde, die er versprochen hat« (2. Petrus 3,13).
Ist der ewige Himmel ein wirklicher Ort?
Viele können der Versuchung nicht widerstehen, alles, was die Bibel über den Himmel sagt, im übertragenen Sinn zu deuten. Ein evangelikaler Theologe vertritt den Standpunkt: »Der Himmel ist zwar ein Ort und ein Zustand, doch in erster Linie ein Zustand.«6 Aber was bedeutet das? Ein anderer Theologe schreibt: »Paulus denkt an den Himmel nicht als einen Ort, sondern als Sein in der Gegenwart Gottes.«7 Doch wird nicht die Vorstellung von einem Ort erweckt, wenn eine Person »gegenwärtig« ist?
Jesus hat nicht gesagt, dass der Himmel »in erster Linie ein Zustand« oder eine »geistliche Beschaffenheit« ist. Er sprach von einem Haus mit vielen Räumen, in dem er einen Platz für uns vorbereitet (Johannes 14,2). In Offenbarung 21-22 werden die neue Erde und der neue Himmel als tatsächliche Orte geschildert, mit ausführlichen, konkreten Beschreibungen.
Jesus sagte seinen Jüngern: »Dann … werde ich kommen und euch holen, damit ihr immer bei mir seid, dort, wo ich bin« (Johannes 14,3). Er benutzt alltägliche, irdische und räumliche Begriffe, um den Himmel zu beschreiben.
Hätte Jesus gesagt, dass der Himmel ein Platz, ein Ort, ist, wenn dem nicht so wäre? Wenn wir den Himmel zu etwas weniger oder zu etwas anderem als einen Ort machen, dann berauben wir die Worte Christi ihrer Bedeutung.
Sind wir nur auf der Durchreise?
Der alte Gospelsong »Diese Welt ist nicht meine Heimat, ich bin nur auf der Durchreise« ist eine Halbwahrheit. Wir gehen von der Erde durch den Tod, aber schließlich kehren wir zum Leben auf die wiederhergestellte Erde zurück.
Die Erde hat durch unsere Sünde Schaden erlitten (1. Mose 3,17). Deshalb ist die Erde so, wie sie jetzt ist (nämlich unter dem Fluch), nicht unser Zuhause. Die Welt, wie sie war und wie sie sein wird, ist unser Zuhause. Wir haben noch kein Leben ohne Sünde, ohne Leid und ohne Tod erlebt. Und doch sehnen wir uns nach einem solchen Leben und einer solchen Welt. Wenn wir einen tosenden Wasserfall, herrliche Blumen, ein wildes Tier in seinem natürlichen Lebensraum oder die Freude in den Augen unserer Haustiere sehen, dann spüren wir, dass diese Welt unser Zuhause ist – oder zumindest dafür bestimmt war, unser Zuhause zu sein.
Die biblische Lehre von der neuen Erde weist auf etwas Überraschendes hin: Wenn wir wissen wollen, wie der endgültige Himmel, unser ewiges Zuhause, sein wird, dann betrachten wir am besten unsere Umgebung. Wir sollten in unsere Vorstellung von der neuen Erde nichts von dem übernehmen, was mit der jetzigen Erde nicht in Ordnung ist. Aber warum sollten wir uns nicht vorstellen können, wie es sein wird, nicht mehr von Krankheit und Tod bedroht zu sein? Können wir uns nicht die Schönheit einer Natur vorstellen, die nicht von Zerstörung verunstaltet ist?
Die Vorstellung von der neuen Erde als gegenständlichem Ort ist nicht die Erfindung kurzsichtiger menschlicher Fantasie. Er ist vielmehr die Erfindung eines transzendenten Gottes, der körperliche menschliche Wesen geschaffen hat, die auf einer gegenständlichen Erde leben sollen, und der beschlossen hat, selbst Mensch auf dieser selben Erde zu werden.
Die drei Stufen der Geschichte der Erde
Um eine biblische Sicht der Welt zu bekommen, müssen wir ein Verständnis für unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und unsere Zukunft gewinnen und wissen, in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Wenn wir Gottes ursprünglichen Plan für die Menschheit und die Erde nicht verstehen, dann können wir auch seinen künftigen Plan nicht verstehen.
Die folgende Darstellung schildert die Geschichte und die Zukunft der Menschen. Sie zeigt den ununterbrochenen Zusammenhang zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und den ununterbrochenen Zusammenhang zwischen dem Leben auf der alten Erde und dem Leben auf der neuen Erde. Wenn man jede Reihe von Aussagen mit den anderen vergleicht, erkennt man die deutlichen Unterschiede zwischen diesen drei Zeitabschnitten.
Die drei Zeitabschnitte der Menschheit und der Erde
Im ersten Buch Mose pflanzt Gott den Garten Eden, in der Offenbarung bringt er das neue Jerusalem mit einem Garten im Zentrum auf die neue Erde herunter. Im Garten Eden gibt es keine Sünde, keinen Tod und keinen Fluch, auf der neuen Erde gibt es keine Sünde, keinen Tod und keinen Fluch mehr. Im ersten Buch Mose wird der Erlöser versprochen, in der Offenbarung kommt der Erlöser zurück. Das erste Buch Mose berichtet vom verlorenen Paradies, die Offenbarung berichtet vom wiedererlangten Paradies. Im ersten Buch Mose wird die Haushalterschaft der Menschen verschleudert, in der Offenbarung ist die Haushalterschaft der Menschen erfolgreich, befähigt durch den menschlichen und göttlichen Jesus als König. Diese Parallelen sind so auffallend, dass sie beabsichtigt sein müssen.
Die Erde ist wichtig, unser Körper ist wichtig, die Tiere und Bäume sind wichtig, die Materie ist wichtig, weil Gott sie geschaffen hat und weil er will, dass sie seine Herrlichkeit verkündet. Wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden, hat Gott, der sie geschaffen hat, sie genauso wenig aufgegeben wie uns.
KAPITEL 9
Warum ist die Erlösung der Erde für Gottes Plan unbedingt erforderlich?
Es fällt auf, dass im Grunde genommen alle grundlegenden Wörter, mit denen in der Bibel die Errettung beschrieben wird, eine Rückkehr zu einem ursprünglich guten Zustand zu verstehen geben. Erlösung ist ein gutes Beispiel dafür. Erlösen bedeutet »freikaufen«, wörtlich »zurückkaufen«. (…) Der entscheidende Punkt bei der Erlösung ist, dass der Gefangene aus der Knechtschaft befreit, dass ihm die Freiheit zurückgegeben wird, die er früher einmal besaß.
Albert Wolters
Das ganze materielle Universum wurde zu Gottes Ehre geschaffen. Doch die Menschen lehnten sich auf, und das Universum fiel unter die Last unserer Sünde. Aber die Verführung Adams und Evas durch die Schlange hat Gott nicht überrumpelt. Er hatte schon einen Plan, mit dem er die Menschheit – und die ganze Schöpfung – von Sünde, Verdorbenheit und Tod erlösen wollte. So wie er verspricht, die Menschen neu zu machen, verspricht er auch, die Erde selbst zu erneuern.
• Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen (Jesaja 65,17; Luther).
• Wir aber erwarten den neuen Himmel und die neue Erde, die er versprochen hat. Dort wird Gottes Gerechtigkeit herrschen (2. Petrus 3,13).
• Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der alte Himmel und die alte Erde waren verschwunden (Offenbarung 21,1).
Viele andere Stellen spielen auf den neuen Himmel und die neue Erde an, ohne diese Begriffe zu benutzen. Der Höhepunkt von Gottes Heilsplan ist nicht die Wiederkunft Christi und auch nicht das Tausendjährige Reich, sondern die neue Erde (Offenbarung 21,1-4).
Bedenken Sie Folgendes: Wenn es Gottes Plan wäre, die Menschen einfach in den jetzigen Himmel, also den Zwischenhimmel, zu holen oder in einen Himmel, der der Wohnort von Geistwesen ist, dann bräuchte man keinen neuen Himmel und keine neue Erde. Er könnte seine ursprüngliche Schöpfung einfach zerstören und von ihr Abstand nehmen. Doch das will er nicht.
Er wird sie nicht aufgeben. Er wird sie wiederherstellen. Gott wird den Himmel und die Erde in ein und derselben Dimension zusammenbringen, ohne Trennwand und ohne bewaffnete Engel, die die Vollkommenheit des Himmels vor der sündigen Menschheit schützen (1. Mose 3,24). Gottes vollkommener Plan besteht darin, »alles im Himmel und auf der Erde der Vollmacht von Christus zu unterstellen« (Epheser 1,10).
Gottes Ziele bei der Erlösung sind viel anspruchsvoller, als wir uns vorstellen können. Er überlässt kein Gebiet dem Feind. Christus starb nicht nur, um das Beste aus einer verfahrenen Situation zu machen. Er starb, damit die Erde und das Universum selbst erneuert werden, um für immer seine Herrlichkeit zu verkünden.
Gottes Erneuerungsplan für die Erde
Gott hat seine ursprüngliche Schöpfung nie aufgegeben. Doch irgendwie haben wir das ganze biblische Vokabular außer Acht gelassen, das dies deutlich macht: Versöhnen. Erlösen. Wiederherstellen. Heilen. Zurückkehren. Erneuern. Umgestalten. Auferstehen. Jedes dieser Wörter aus der Bibel beginnt im Griechischen mit der Vorsilbe ana, was »zurück« bedeutet, also eine Rückkehr zu einem ursprünglichen Zustand, der verdorben oder verloren wurde. Erlösung bedeutet zum Beispiel etwas zurückkaufen, was man früher besaß.
Diese Wörter betonen, dass Gott uns immer so sieht, wie er uns geplant hat. In derselben Weise sieht er die Erde so, wie er sie geplant hat, und er hat vor, sie wiederherzustellen, damit sie dem Originalentwurf entspricht.
In Creation Regained schreibt der Religionsprofessor Albert Wolters: »[Gott] hält an seiner gefallenen ursprünglichen Schöpfung fest und rettet sie. Er weigert sich, das Werk seiner Hände aufzugeben – ja, er opfert sogar seinen eigenen Sohn, um sein ursprüngliches Projekt zu retten. Die Menschheit, die ihren ursprünglichen Auftrag und damit die ganze Schöpfung verpfuscht hat, bekommt in Christus noch einmal eine Chance; wir werden als Gottes Geschäftsführer auf der Erde wieder eingesetzt. Die ursprüngliche gute Schöpfung wird wiederhergestellt.«1 Hätte Gott uns in die Hölle werfen und alles von vorne beginnen wollen, hätte er es tun können. Er hätte einen neuen Adam und eine neue Eva schaffen und die alten in die Hölle schicken können. Doch das hat er nicht getan. Stattdessen hat er beschlossen, das, womit er angefangen hatte, zu erlösen – den Himmel, die Erde und die Menschen – und sie zu ihrem ursprünglichen Zweck zurückzuführen. »Die Erde und alles, was darauf ist, gehört dem Herrn. Die Welt und die Menschen sind sein« (Psalm 24,1). Gott hat seinen Eigentumstitel auf die Erde nie aufgegeben. Sie gehört ihm – und er wird sie nie seinen Feinden überlassen.
Wenn man den weit reichenden Rettungsplan der Erlösung nicht erfasst hat, kann man das Wirken von Christus nicht verstehen. Albert Wolters schreibt: »Es ist auffallend, dass alle Wunder, die Jesus getan hat (mit Ausnahme der Verfluchung des Feigenbaums), Wunder der Wiederherstellung sind – die Wiederherstellung der Gesundheit, die Wiederherstellung des Lebens, die Wiederherstellung der Freiheit von dämonischer Besessenheit. Die Wunder von Jesus geben uns ein gutes Beispiel dafür, was Erlösung bedeutet: eine Befreiung der Schöpfung von den Fesseln der Sünde und des Bösen und eine Wiedereinsetzung des kreatürlichen Lebens, wie Gott es geplant hat.«2 Gott setzte den Menschen auf die Erde, damit er sie füllt, über sie herrscht und zu Gottes Ehre erschließt. Doch dieser Plan wurde nie Wirklichkeit.
Was steckt hinter unserer Vorstellung, dass Gott die Erde zerstören wird und nichts mehr mit ihr zu tun haben will? Ich glaube, der Grund liegt in einer schwachen Theologie von Gott. Obwohl wir es nie so sagen würden, sehen wir ihn als gescheiterten Erfinder, dessen Schöpfung missglückt ist. Sein Trost angesichts der misslungenen Erde liegt darin, dass er einige wenige von uns vor dem Feuer rettet. Doch dieser Meinung wird von der Bibel nachdrücklich widersprochen. Gott hat einen großartigen Plan, und er wird die Erde nicht auf den Müll werfen.
Hier möchte ich noch einmal Wolters zitieren: »Erlösung bedeutet nicht, dass dem kreatürlichen Leben eine geistliche oder übernatürliche Dimension hinzugefügt wird, die ihm vorher fehlte. Erlösung besteht vielmehr darin, dass in das, was schon da ist, neues Leben und neue Lebenskraft gebracht wird. (…) Das Einzige, was die Erlösung zusätzlich bringt und was nicht in der Schöpfung enthalten ist, ist ein Heilmittel gegen die Sünde, und dieses Heilmittel wird nur deshalb hinzugefügt, damit die sündlose Schöpfung zurückgewonnen wird. (…) Die Gnade stellt die Natur wieder her, macht sie wieder heil.«3
Die neue Erde ist die wiederhergestellte alte Erde
Petrus predigte: »Doch bis Gott alles erneuert, wird Jesus im Himmel bleiben, wie Gott es vor langer Zeit durch seine Propheten angekündigt hat« (Apostelgeschichte 3,21). Uns wird gesagt, dass eine Zeit kommt, in der Gott alles erneuern oder wiederherstellen wird. Das ist ein umfassendes Versprechen. Es umfasst viel mehr als die Zusage, dass Gott nur körperlose Menschen zu einer Gemeinschaft mit ihm in einem Bereich der Geister wiederherstellt. Dieses Versprechen bedeutet, dass Gott die Menschen wieder in den Zustand versetzt, in dem sie einmal waren und für den er sie geplant hat – vollständig körperliche, gerechte Wesen.
Wo wird die Wiederherstellung oder Erneuerung, von der Petrus predigt, verwirklicht werden? Die Antwort, sagt er, liegt in den Zusagen, die Gott »vor langer Zeit durch seine Propheten angekündigt hat«. Wenn man die Propheten liest, wird die Antwort klar: Gott wird alles auf der Erde wiederherstellen. Die Propheten befassen sich nie mit irgendeinem weit entfernten Bereich körperloser Geister. Sie befassen sich mit dem Land, dem Erbe, der Stadt Jerusalem und der Erde, auf der sie leben.
Wird die Erde, die wir kennen, ein Ende haben? Ja. Ein endgültiges Ende? Nein.
In Offenbarung 21,1 lesen wir, dass die alte Erde vergehen wird. Doch wenn Menschen vergehen (d. h. sterben), hören sie nicht auf zu existieren. Wie wir als neue Menschen auferstehen, so wird auch die Erde als eine neue Erde auferstehen.
Hat Petrus die Vorstellung, dass alles wiederhergestellt wird, »erfunden«? Nein – er hat dies direkt von Jesus gehört. Als Petrus in der Hoffnung auf ein Lob oder eine Belohnung Jesus darauf hinwies, dass die Jünger alles verlassen hatten, um ihm nachzufolgen, antwortete der Herr: »Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet dereinst bei der Neugestaltung aller Dinge, wenn der Menschen Sohn auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzt, auch zwölf Throne innehaben, und die zwölf Stämme Israels richten« (Matthäus 19,27-28; Bruns).
Achten Sie auf die Wortwahl von Jesus. Er sagte nicht »nach der Zerstörung aller Dinge« und auch nicht »nach der Preisgabe aller Dinge«, sondern »bei der Neugestaltung aller Dinge«. Es handelt sich hierbei nicht um eine unbedeutende semantische Frage, sondern um das Unterscheidungsmerkmal von zwei grundlegend verschiedenen Theologien. Jesus sagte ausdrücklich, dass »alle Dinge« neu gestaltet werden.
Das Wort paligenesia, das in Matthäus 19,28 mit »Neugestaltung« übersetzt wurde, ist aus zwei Wörtern gebildet, die zusammen »neue Schöpfung« oder »Rückkehr vom Tod zum Leben« bedeuten.4 Als Jesus sagte, dass »alle Dinge« neu gestaltet werden, meinte er nach Auffassung der Jünger damit »alle Dinge«, die Teil des einzigen Lebens waren, das sie kannten – also die Dinge auf der Erde.
Erlösung heißt Rückkehr
Die Erlösung ist der »Rückkauf« von Gottes ursprünglichem Plan.
Hätte Gott aufgrund des Sündenfalls sein ursprüngliches Ziel mit den Menschen, die Erde zu füllen und über sie zu herrschen (1. Mose 1,28), aufgegeben, hätte er sicherlich nach der Sintflut nicht Noah gegenüber diesen Befehl wiederholt: »Vermehrt euch und bevölkert die Erde« (1. Mose 9,1). Doch bis die Sünde und der Fluch dauerhaft beseitigt sind, bleiben die Menschen unfähig, eine gute Haushalterschaft auf der Erde auszuüben.
Unser jetziges Ziel kann von Gottes ewigem Ziel für uns, nämlich für immer über die Erde als seine Kinder und Erben zu herrschen, nicht getrennt werden. Das ist die Hauptaussage der folgenden Erklärung des Kleinen Katechismus von Westminster: »Das Hauptziel des Menschen ist die Verherrlichung Gottes und die ewige Freude an ihm.«5 Wir werden Gott verherrlichen und Freude an ihm finden, wenn wir das tun, wozu er uns geschaffen hat.
»Die Menschen sterben, weil alle mit Adam verwandt sind. Ebenso werden durch Christus alle lebendig gemacht und neues Leben empfangen. Es gibt aber eine Reihenfolge: Christus zuerst, und wenn er wiederkommt, dann die, die zu ihm gehören. Danach wird das Ende kommen, wenn er Gott, seinem Vater, das Reich übergeben wird, nachdem er alle seine Feinde vernichtet hat. Denn Christus muss herrschen, bis er alle seine Feinde unter seine Füße erniedrigt hat« (1. Korinther 15,22-25).
Der Auftrag von Christus besteht in der Erlösung dessen, was beim Sündenfall verloren wurde, und in der Zerstörung aller, die Gott die Herrschaft und die Macht streitig machen wollen.
Gottes Herrlichkeit auf Gottes Erde
Der sichtbare Himmel verkündet unablässig die Herrlichkeit Gottes (Psalm 19,2). Sogar jetzt, im Hinblick auf eine Erde, die unter dem Fluch steht, sagt Gott: »Alle Welt [ist] der Herrlichkeit des Herrn voll« (4. Mose 14,21; Luther). Doch das Universum wird eine noch viel größere Darbietung von Gottes Herrlichkeit erblicken, eine Herrlichkeit, zu der erlöste Männer und Frauen und erlöste Völker und eine erlöste Erde gehören.
Gott hatte die Erde im Sinn, als er versprach: »Die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen« (Jesaja 40,5; Luther). Dass Gott auf der Erde verherrlicht wird, ist eine Kernaussage zahlloser Bibelstellen, unter anderem auch der folgenden beiden:
Ganz sicher ist sein Heil bei denen, die ihm die Ehre geben; und unser Land wird von seiner Herrlichkeit erfüllt sein (Psalm 85,10).
Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes Israels kam von Osten …, und es ward sehr licht auf der Erde von seiner Herrlichkeit (Hesekiel 43,2; Luther).
Das Wort, das in Psalm 85 mit »Land« übersetzt wurde (erez), ist das Wort für »Erde«. Hesekiel sah Gottes Herrlichkeit bei den Toren von Jerusalem – nicht in einem immateriellen Bereich, sondern auf der Erde.
Betrachten wir folgende Bibelstellen, um zu verstehen, warum Petrus predigte, dass Gott durch die Propheten verkündigen ließ, er werde »alles erneuern« (Apostelgeschichte 3,21):
Die Völker werden den Herrn fürchten und alle Könige der Erde werden vor seiner Herrlichkeit erbeben. Denn der Herr wird Jerusalem wieder aufbauen. Er wird erscheinen in seiner Herrlichkeit (Psalm 102,16-17).
Man wird nirgends Sünde tun noch freveln auf meinem ganzen heiligen Berge; denn das Land wird voll Erkenntnis des Herrn sein, wie Wasser das Meer bedeckt. Und es wird geschehen zu der Zeit, dass das Reis aus der Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker. Nach ihm werden die Heiden fragen, und die Stätte, da er wohnt, wird herrlich sein (Jesaja 11,9-10; Luther).
»Sie sollen meine Herrlichkeit unter den Völkern verkündigen. Und sie werden alle eure Brüder aus allen Völkern herbringen dem Herrn zum Weihgeschenk auf Rossen und Wagen, in Sänften, auf Maultieren und Dromedaren nach Jerusalem, zu meinem heiligen Berge«, spricht der Herr (Jesaja 66,19-20; Luther).
Denn so spricht der Herr der Heerscharen: »In Kürze werde ich den Himmel und die Erde noch einmal erschüttern, so dass Meere und Festland beben werden. Die Völker werde ich aufrütteln und die Schätze aller Nationen werden kommen. Ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit erfüllen«, spricht der Herr der Heerscharen (Haggai 2,6-7).
Gottes Reich und Herrschaft sind nicht etwas, das an irgendeinem fernen, unirdischen Ort geschieht; es geschieht hier auf der Erde. Gott hat seine Herrlichkeit an die Erde und alles, was mit ihr zusammenhängt, gebunden – an Menschen, Tiere, Bäume, Flüsse, an alles.
Eine Vision der neuen Erde
Jesaja 60 ist eine weitere bedeutende Bibelstelle, in der die neue Erde beschrieben wird. Obwohl der Begriff neue Erde darin nicht vorkommt (anders als in Jesaja 65 und 66), können wir sicher sein, dass Jesaja sie meinte, weil Johannes genau diese Worte für die Beschreibung der neuen Erde in Offenbarung 21-22 benutzt. Deshalb dient Jesaja 60 als bester Bibelkommentar zu Offenbarung 21-22.
Am Beginn von Jesajas außergewöhnlicher prophetischer Botschaft sagt Gott zu seinem Volk in Jerusalem: »Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Heiden werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht« (V. 2-3; Luther). Gottes Volk wird eine herrliche Zukunft haben, an der die Völker und Könige der Erde teilhaben und Gutes von einem erneuerten und herrlichen Jerusalem erfahren. Es geht hier nicht nur um einige Völker, sondern um alle: »Alle sind versammelt und kommen zu dir« (V. 4; Luther).
Dies wird eine Zeit der Freude sein, wie man sie noch nie vorher erlebt hat: »Dann wirst du deine Lust sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden« (V. 5). Auf der erneuerten Erde werden die Völker ihre größten Schätze in diese verherrlichte Stadt bringen: »… wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt« (V. 5; Luther).
Auf der neuen Erde wird es Tiere aus verschiedenen Völkern geben (V. 6a), erlöste Menschen reisen aus fernen Orten in das verherrlichte Jerusalem (V. 6b), die Bewohner der Inseln werden Gott anbeten, und Schiffe werden aus Tarsis kommen (V. 9).
Die meisten von uns sind nicht daran gewöhnt, an Völker, Herrscher, Zivilisationen und Kulturen im Himmel zu denken – doch Jesaja 60 ist eine von vielen Stellen, die zeigt, dass die neue Erde in der Tat irdisch sein wird.
Jesaja spricht Worte, die Johannes geradewegs für das neue Jerusalem verwendet (in Offenbarung 21,25-26): »Deine Tore sollen stets offen stehen und weder Tag noch Nacht zugeschlossen werden, dass der Reichtum der Völker zu dir gebracht und ihre Könige herzugeführt werden« (V. 11; Luther).
Die Pracht der Völker wird in der großen Stadt des Königs freudig aufgenommen (V. 13). Die Einstellung der Völker zu Gott, seinem Volk und seiner Stadt wird verwandelt sein: »Es werden gebückt zu dir kommen, die dich unterdrückt haben, und alle, die dich gelästert haben, werden niederfallen zu deinen Füßen und dich nennen ›Stadt des Herrn‹« (V. 14; Luther). Gott verspricht dem neuen Jerusalem: »Dafür … will ich dich zur Pracht ewiglich machen und zur Freude für und für« (V. 15; Luther). Hier ist nicht die Rede von einer vorübergehenden Zeit vergänglichen Wohlstands, sondern von einem Zustand, der »ewiglich« andauert. Das neue Jerusalem wird Nutznießer aller Volksgruppen und ihrer Herrscher sein (V. 16). Die Erfüllung all dieser Zusagen wird die Größe Gottes bezeugen (V. 16). Gott verspricht etwas, das bisher für das irdische Jerusalem noch nicht wahr geworden ist: »Ich will zu deiner Obrigkeit den Frieden machen und zu deinen Vögten die Gerechtigkeit. Man soll nicht mehr von Frevel hören in deinem Lande noch von Schaden oder Verderben in deinen Grenzen, sondern deine Mauern sollen ›Heil‹ und deine Tore ›Lob‹ heißen« (V. 17-18; Luther).
Dann erzählt Jesaja, was Johannes in direkte Verbindung mit der neuen Erde bringt (in Offenbarung 21,23; 22,5): »Die Sonne wird nicht mehr dein Licht sein am Tage, und der Glanz des Mondes soll dir nicht mehr leuchten, sondern der Herr wird dein ewiges Licht und dein Gott wird dein Glanz sein. Deine Sonne wird nicht mehr untergehen und dein Mond nicht den Schein verlieren; denn der Herr wird dein ewiges Licht sein, und die Tage deines Leidens sollen ein Ende haben« (V. 19-20; Luther).
Vom neuen Jerusalem wird uns gesagt: »Nichts Unreines wird hineindürfen, auch niemand, der Götzendienst treibt und Lügen verbreitet, sondern nur die, deren Namen im Lebensbuch des Lammes geschrieben stehen« (Offenbarung 21,27). Jesaja sagt das Gleiche: »Dein Volk sollen lauter Gerechte sein« (60,21; Luther). Und er fügt hinzu: »Sie werden das Land [erez] ewiglich besitzen.« Die Erde wird ihnen gehören, nicht herrliche zehn, hundert oder tausend Jahre lang, sondern ewiglich.6
Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass die Beschreibungen der neuen Erde in Jesaja 60 weniger wörtlich erfüllt werden als die Schilderungen in Jesaja 52-53. Da Jesajas Worte über das erste Kommen des Messias sich so peinlich genau erfüllten, bis hin zu konkreten, greifbaren Einzelheiten, sollten wir annehmen, dass seine Prophezeiungen über das Leben auf der neuen Erde sich ebenso wörtlich und konkret erfüllen werden.
Das Tausendjährige Reich von Christus kann eine vorhergehende bildliche Darstellung der Erfüllung von Gottes Zusagen über die Zukunft Jerusalems sein. Doch wir werden ihre endgültige Erfüllung erst im neuen Jerusalem auf der neuen Erde sehen, wenn der Fluch aufgehoben wurde, der Tod nicht mehr ist und Gottes Volk für immer auf der Erde leben wird.
Die Erlösung der Völker und der Kultur
Sowohl Jesaja als auch Johannes erklären mit ähnlichen Worten, dass auf der neuen Erde »die Könige der Welt … kommen und ihre Herrlichkeit« in das neue Jerusalem bringen. Und »alle Völker werden ihre Herrlichkeit in die Stadt bringen« (Offenbarung 21,24.26; siehe Jesaja 60,3.5).
Johannes geht zwar in der Offenbarung nicht ausführlich darauf ein, was in die Heilige Stadt gebracht wird, doch Jesaja beschreibt diese Dinge ganz konkret. Er erwähnt die kulturellen Werke von einst heidnischen Völkern: die Schiffe von Tarsis, die Bäume des Libanon, die Kamele von Efa und das Gold und den Weihrauch von Saba, die von Menschen hereingebracht werden, die »des Herrn Lob verkündigen« (Jesaja 60,6; Luther). Schätze, die einst in Zusammenhang mit Götzendienst und Auflehnung gegen Gott standen, werden in der Stadt gesammelt, um Gott zu verherrlichen. In seiner ausgezeichneten Abhandlung über Jesaja und das neue Jerusalem When the Kings Come Marching In weist Richard Mouw darauf hin, dass dieselben Schiffe von Tarsis und die Bäume des Libanon, die in Jesaja 60 erwähnt werden, in Jesaja 2 als Gegenstände des menschlichen Stolzes betrachtet werden, die Gott zu Fall bringen will (V. 12-13.16-18).7 Jesaja spricht von einem Tag des Gerichts, an dem »man in die Höhlen der Erde gehen [wird] und in die Klüfte der Erde vor dem Schrecken des Herrn und vor seiner herrlichen Majestät, wenn er sich aufmachen wird, zu schrecken die Erde« (2,19). Diese Worte erinnern stark an die Beschreibung von Gottes Gericht in der Endzeit, bei dem die Menschen versuchen, sich »in den Höhlen und zwischen den Felsen der Berge« zu verstecken (Offenbarung 6,15).
In Jesaja 10,34 sagt der Prophet voraus, dass Gott »den dichten Wald« mit der Axt umhauen wird und dass der Libanon »durch einen Mächtigen« fallen wird. Weil Menschen ihren Stolz und ihre Hoffnung auf »ihre« Wälder und Schiffe setzen, zeigt Gott seine Überlegenheit, indem er die Wälder abholzt und die Schiffe versenkt.
Wie können die Bäume des Libanon und die Schiffe von Tarsis in der Heiligen Stadt wieder auftauchen und als Mittel zur Verherrlichung Gottes dienen, wie wir in Jesaja 60 lesen, wenn ausdrücklich erwähnt wird, dass sie bei Gottes künftigem Gericht zerstört werden?
Hier handelt es sich um eine der scheinbar widersinnigen Aussagen der Bibel, in denen gleichzeitig von Zerstörung und Erneuerung die Rede ist. Was jetzt dem Hochmut oder gar der Götzenverehrung dient, wird später, wenn die Herzen der Menschen umgewandelt und die Schöpfung selbst erneuert ist, zur Ehre Gottes benutzt.8 Schiffe, Bauholz, Gold und Kamele sind nichts Schlechtes. Was Gott bei seinem Gericht zerstören wird, ist der götzendienerische Missbrauch dieser guten Dinge.
Der Theologe A. A. Hodge schreibt:
Der Himmel, die ewige Heimat des Gottmenschen und aller erlösten Menschen, muss in seiner Struktur, seinen Bedingungen und Tätigkeiten notwendigerweise durch und durch menschlich sein. Seine Freuden und Tätigkeiten müssen alle zweckmäßig, moralisch, emotional, freiwillig und aktiv sein. Alle Fähigkeiten müssen eingesetzt, jeder Geschmack befriedigt, alle Begabungen entwickelt und alle Ideale verwirklicht werden. Der Verstand, die geistige Wissbegierde, die Vorstellungskraft, das Empfinden für Schönheit, heilige Ergriffenheit, gesellschaftliche Beziehungen, die unerschöpflichen Kraftquellen der menschlichen Seele, all das muss im Himmel ausgeübt und befriedigt werden. Auch müssen wir immer ein Ziel vor Augen haben, auf das wir hinarbeiten, eine Zukunft. (…) Der Himmel wird sich als die vollendete Blume und Frucht der gesamten Schöpfung und der ganzen Geschichte des Universums herausstellen.9
KAPITEL 10
Was bedeutet die Aufhebung des Fluches?
Alles wird verherrlicht werden, sogar die Natur selbst.
Darin besteht für mich die biblische Lehre über die Ewigkeit: dass das, was wir Himmel nennen, das Leben in dieser vollkommenen Welt ist, wie Gott sie für die Menschen vorgesehen hat.
Als er am Anfang Adam ins Paradies brachte, fiel Adam in Sünde, und alles fiel mit ihm. Doch Männer und Frauen sind für das Leben in einem Körper geschaffen und werden in einem verherrlichten Körper auf einer verherrlichten Welt leben, und Gott wird bei ihnen sein.
Martyn Lloyd-Jones
Als Adam und Eva in Sünde fielen, schien Satan Gottes Plan durchkreuzt zu haben. Doch unmittelbar nach dem Sündenfall versprach Gott einen Erlöser, den Sohn einer Frau, der eines Tages kommen und die Schlange zertreten würde: »Von nun an setze ich Feindschaft zwischen dir und der Frau und deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in seine Ferse beißen« (1. Mose 3,15).
Als die Wunde der Sünde sozusagen noch frisch war, teilte Gott seinen Plan mit, einen vollkommen menschlichen Erlöser zu schicken, der viel mächtiger als Satan sein würde. Mit einem mutigen Eingriff zur Befreiung der Menschheit würde dieser Erlöser dem sich widerrechtlich als Herrn ausgebenden Teufel eine tödliche Wunde zufügen, dabei aber selbst verletzt werden.
Anthony Hoekema schreibt: »Da der Tod eine der Folgen der Sünde war, musste zu dem versprochenen Sieg irgendwie auch die Beseitigung des Todes gehören. Da eine weitere Folge der Sünde die Verbannung unserer Ureltern aus dem Garten Eden war, von dem aus sie die Welt für Gott hätten regieren sollen, müsste eigentlich zum Sieg auch die Wiedereinsetzung des Menschen in ein wiedergewonnenes Paradies gehören, von dem aus er die Welt wieder bestimmungsgemäß und sündlos regieren kann. (…) In gewisser Hinsicht war deshalb die Erwartung einer neuen Erde bereits in dem Versprechen aus 1. Mose 3,15 enthalten.«1
Später wird gesagt, dass dieser Erlöser ein Nachkomme Abrahams sein wird (1. Mose 22,18), dass er aus dem Stamm Juda (1. Mose 49,10) und dem Haus Davids kommen wird (2. Samuel 7,12-13). 1. Mose 3,15 ist die erste von vielen Bibelstellen, in denen ein leidender Diener vorausgesagt wird, der gegen Satan kämpft und Gottes Volk erlöst (z. B. Jesaja 42,1-4; 49,5-7; 52,13-15; 53). Dieser leidende Diener wird Christus, der Messias, sein, der kommt, um alles neu zu machen.
Gott blieb der Sünde, dem Tod und dem Fluch gegenüber nicht untätig. Kaum war das Unheil über die Menschheit und die Erde hereingebrochen, verkündete Gott seinen Plan, Satan zu besiegen und die Menschen und die Erde zu seiner Verherrlichung zurückzuerobern.
Unser Erbe
Unser Interesse für die Endzeit beschränkt sich normalerweise auf die Zeit unmittelbar vor und nach der Wiederkunft Christi. Doch der Zielpunkt von Gottes Plan liegt nach dem letzten Gericht, wenn Jesus als König sagt: »Kommt, ihr seid von meinem Vater gesegnet, ihr sollt das Reich Gottes erben, das seit der Erschaffung der Welt auf euch wartet« (Matthäus 25,34). Wo ist dieses Reich? Genau da, wo es von Anfang an war – auf der Erde.
Von welchem Erbe spricht Jesus? Wie die Kinder von Königen Königreiche erben und wie Königreiche aus Land und Besitztümern bestehen, so ist die Erde das Besitztum, das den Menschen von Gott gegeben wird.
Gott hat es sich nicht anders überlegt, er hat nicht das aufgegeben, was er ursprünglich bei der Schöpfung der Welt für uns geplant hatte. Wenn Jesus sagt: »Ihr sollt das Reich Gottes erben, das seit der Erschaffung der Welt auf euch wartet«, dann ist es, als würde er sagen: »Das habe ich die ganze Zeit für euch gewollt. Um euch das zu geben, bin ich ans Kreuz gegangen und habe den Tod besiegt. Nehmt es, herrscht darüber, genießt es und freut euch dabei mit mir zusammen.«
Satan will, dass wir Gott, unser Ziel, unsere Berufung und unseren Planeten aufgeben. Gott erinnert uns daran: »Der Geist, der in euch lebt, [ist] größer … als der Geist, der die Welt regiert« (1. Johannes 4,4). Satan will die Erde zerstören. Gott will die Erde wiederherstellen und erneuern, sie regieren und sie dann seinen Kindern zurückgeben. Gott wird den Kampf für uns und die Erde gewinnen.
Die Vereinigung von Himmel und Erde
Seit jeher hat Gott geplant, »dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist« (Epheser 1,10; Luther). »Alles« ist ein weiter und umfassender Begriff – nichts wird ausgelassen. Dieser Vers entspricht genau dem Höhepunkt der Geschichte, den wir in Offenbarung 21 verwirklicht sehen, nämlich der Vereinigung der einst getrennten Bereiche des Himmels und der Erde unter der Herrschaft von Christus.
Wie Gott und die Menschen in Christus versöhnt sind, so werden auch die Wohnungen Gottes und der Menschen – Himmel und Erde – in Christus versöhnt werden. Weniger zu behaupten wäre eine bewusste Minderung des Erlösungswerks von Christus. Doch seltsamerweise wird in den Ausbildungsstätten und in den christlichen Gemeinden, zu denen ich gehörte, diese Kernwahrheit selten dargestellt.
Der Himmel ist Gottes Wohnung. Die Erde ist unsere Wohnung. Jesus Christus verbindet als Gottmensch für immer Gott und die Menschen und verbindet deshalb auf immer den Himmel und die Erde. Epheser 1,10 macht klar, dass die Vorstellung von der Vereinigung der Erde und des Himmels wirklich biblisch ist. Christus wird die Erde zum Himmel und den Himmel zur Erde machen. Wie die Wand, die Gott und die Menschen trennt, in Jesus abgerissen wird, so wird die Wand, die den Himmel und die Erde trennt, für immer niedergerissen. Es wird ein einziges Universum geben, und alles im Himmel und auf der Erde wird zusammen Jesus Christus unterstellt. »Siehe, die Wohnung Gottes ist nun bei den Menschen. Er wird bei ihnen wohnen« (Offenbarung 21,3). Auf der neuen Erde wird Gott bei uns wohnen. Dadurch wird »alles zusammengefasst …, was im Himmel und auf Erden ist«.
Als Gott mit Adam und Eva im Garten Umgang pflegte, war die Erde eine Art Hinterhof des Himmels. Die neue Erde wird mehr als das sein – sie wird der Himmel selbst sein. Und diejenigen, die Jesus kennen, werden das Vorrecht haben, dort zu leben.
Wer wird über die Erde herrschen?
Das Geschick der Erde steht auf dem Spiel. Da die Erde der Bereich ist, in dem Gottes Ehre am meisten infrage gestellt und wo ihr am meisten entgegengearbeitet wurde, ist die Erde auch der Ort, an dem Gottes Herrlichkeit deutlicher wird als anderswo. Gott wird sein Ziel, sich selbst Ehre zu verschaffen, dadurch erreichen, dass er erneut Anspruch auf die Erde erhebt, sie wiederherstellt, erneuert und auferstehen lässt – und indem er einer wiedergeborenen Menschheit die Macht gibt, über diese Erde zu herrschen.
Christus wird der unbestrittene, absolute Herrscher des Universums sein; dann wird er das Reich, das er gewonnen hat, seinem Vater übergeben (1. Korinther 15,28). Erlöste Menschen werden Gottes unbestrittene, bevollmächtigte Herrscher auf der neuen Erde sein. Gott und die Menschen werden in ewiger Freude zusammen wohnen und ihre Beziehung ständig vertiefen, während die Herrlichkeit Gottes jeden Winkel der neuen Schöpfung durchdringt.
Der zweite Adam besiegt Satan
Im Garten Eden führte Satan den ersten Adam erfolgreich in Versuchung. Die theologischen Folgen von Adams Sünde (und das Erlösungswerk des zweiten Adams, Jesus Christus, dem jetzt die Menschheit unterstellt ist) werden in Römer 5,12-19 erklärt. Als Satan den zweiten Adam in der Wüste versuchte (zu der der Garten Eden geworden war), hat Christus ihm widerstanden. Doch der Böse bemühte sich verzweifelt weiter, Christus zu besiegen, ihn zu töten, wie er es mit dem ersten Adam getan hatte (Matthäus 4,1-11; Lukas 4,1-13).
Als der zweite Adam starb, sah es so aus, als hätte Satan gewonnen. Doch Jesus starb nicht wegen seiner Sünde. Er starb, weil er sich als Gottes Sohn dazu bereit erklärt hatte, den Preis für die Sünden der Menschheit zu zahlen, angefangen vom ersten Adam bis hin zur letzten Generation der gefallenen Erde. Satans scheinbarer Sieg beim Tod von Jesus bedeutete in Wirklichkeit die endgültige Niederlage des Teufels. Als Christus von den Toten auferstand, versetzte er dem Satan einen tödlichen Schlag, zertrümmerte ihm den Kopf und stellte dadurch sowohl die Vernichtung Satans als auch die Auferstehung der Menschen und der Erde sicher. Satan hat die Welt jetzt weniger fest im Griff. Er hält sie noch, doch wenn er einmal in den Feuersee geworfen ist und wenn Gott die alte Erde zur neuen Erde umgestaltet hat, dann werden die Menschen und die Erde für immer den begehrlichen Händen Satans entgleiten und nie wieder von ihm berührt werden (Offenbarung 20,10).
Christus hat Satan bereits besiegt, doch das volle Ausmaß seines Sieges ist auf der Erde noch nicht sichtbar geworden. Bei der Auferstehung hat Gott Jesus »den Ehrenplatz an Gottes rechter Seite im Himmel gegeben … Jetzt ist er als Herrscher eingesetzt über jede weltliche Regierung, Gewalt, Macht und jede Herrschaft und über alles andere, in dieser wie in der zukünftigen Welt. Gott hat alles der Herrschaft von Christus unterstellt und hat Christus als Herrn über die Gemeinde eingesetzt« (Epheser 1,20-22).
Diese Worte umfassen alles, und sie stehen in der Vergangenheitsform, nicht im Futur. Christus regiert das Universum. Und doch wird Satan erst bei der sichtbaren Wiederkunft Christi gebunden.
Das Leben auf der jetzigen Erde wird genau von diesem scheinbar widersprüchlichen »Schon und noch nicht« gekennzeichnet. Der König des Himmels ist sogar jetzt »Herr über alle Herrscher der Erde« (Offenbarung 1,5). Christus wird ewig siegreich regieren. Die einzige Frage, die wir beantworten müssen, lautet: Werden wir auf seiner Seite kämpfen oder gegen ihn? Wir beantworten diese Frage nicht nur einmal und nicht nur mit Worten, sondern jeden Tag durch die Entscheidungen, die wir treffen.
Die Aufhebung des Fluches
»Nichts wird je wieder unter einem Fluch stehen« (Offenbarung 22,3). Wenn die Bibel nichts anderes über das Leben im ewigen Himmel, der neuen Erde, berichten würde, enthielten auch diese Worte allein schon außerordentlich viel Information.
Wie würde unser Leben aussehen, wenn der Fluch weggenommen wäre? Eines Tages werden wir es erfahren, doch schon jetzt können wir vieles wissen.
Nachdem Adam gesündigt hatte, sprach Gott: Jetzt »soll der Ackerboden deinetwegen verflucht sein« (1. Mose 3,17). Wenn der Fluch aufgehoben ist, müssen wir uns nicht mehr »abmühen« (V. 17), sondern können eine befriedigende Arbeit genießen. Die Erde wird keine »Dornen und Disteln« (V. 18) mehr tragen, sie wird unserer Herrschaft nicht mehr Widerstand entgegensetzen. Wir werden nicht mehr »zum Erdboden« zurückkehren, von dem wir »genommen« wurden (V. 19), verschlungen in den Tod als ungerechte Haushalter, die sich selbst und die Erde zugrunde gerichtet haben.
Unser Wohlergehen ist untrennbar mit dem Wohlergehen der Erde verbunden. Weil die Menschheit verflucht wurde, musste auch die Erde verflucht werden, und deshalb wird auch die Erde auferstehen, wenn wir auferstehen. Der Fluch wird aufgehoben werden.
Als Folge des Fluches konnte der erste Adam nicht mehr vom Baum des Lebens essen, denn sonst hätte er vermutlich auf ewig im Zustand der Sünde leben müssen (1. Mose 3,22). Der Tod ist zwar selbst ein Fluch, war aber der einzige Ausweg, um dem Fluch zu entkommen – und das nur, weil Gott eine Möglichkeit eröffnete, den Tod zu besiegen und die Beziehung der Menschen zu ihm wiederherzustellen.
Christus kam, um den Fluch der Sünde und des Todes aufzuheben (Römer 8,2). Er ist der zweite Adam, der den Schaden, den der erste Adam angerichtet hat, aufhebt (1. Korinther 15,22.45; Römer 5,15-19). Durch Kreuz und Auferstehung ermöglichte Gott nicht nur die Wiederherstellung seines ursprünglichen Plans für die Menschheit, sondern auch dessen Erweiterung. In unserem Auferstehungskörper werden wir wieder auf der Erde wohnen – auf einer neuen Erde –, völlig frei vom Fluch. Unbelastet von Sünde werden die Taten der Menschen eine blühende und herrliche Kultur hervorbringen.
Unter dem Fluch wurde die menschliche Kultur nicht ausgelöscht, doch sie wurde durch Sünde, Tod und Verfall ernsthaft beschädigt. Vor dem Sündenfall stand reichlich Nahrung zur Verfügung, ohne dass man große Mühe dafür aufwenden musste. Es gab genügend Zeit, tief gehenden oder schöngeistigen Gedanken nachzugehen, nur zum Vergnügen zu arbeiten, Gott durch die Entwicklung von Fertigkeiten und Fähigkeiten Freude zu bereiten und zu verherrlichen. Seit dem Sündenfall leben und sterben Generationen, indem sie ihre besten Jahre damit verbringen, mühsam ihren Lebensunterhalt auf der Suche nach Nahrung und Kleidung, einem Dach über dem Kopf und Schutz gegen Diebstahl und Krieg zu sichern. Die Menschen werden von Krankheit und Sünde gequält und geschwächt. In ähnlicher Weise wurde unsere kulturelle Entwicklung gehemmt, verdreht und manchmal – aber nicht immer – fehlgeleitet.