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Vorwort

Ernährung und ihr Gegenpol Fasten haben mich immer fasziniert, und Bücher darüber begleiteten meinen Weg, ob ich sie gelesen oder geschrieben habe. Raphael Schenkers Richtig fasten, gesund essen hat mich trotzdem neu und ungewöhnlich fasziniert wegen der Vollständigkeit des Ansatzes und dem klaren Blick fürs Wesentliche. Der Autor nimmt das Lebenswerk Dr. Randolph Stones, des Großmeisters der Polarity-Arbeit, zur Vorlage, geht aber tatsächlich noch darüber hinaus und führt seine Leser bis in die Gegenwart einer gesunden Lebensführung, wo Essen und Fasten zwar der entscheidende, aber doch nur ein Teil des Ganzen sind. Und es wird sehr deutlich, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.

Stone macht ganz klar: »Unsere Einstellungen und Gedanken (…) sind noch wichtiger als das Essen, das wir zu uns nehmen.« Dieser in seinen Neunzigerjahren in Indien gestorbene Österreicher, der in der Pubertät mit seinem Vater und seinen Geschwistern in die USA auswanderte, ist bei uns ganz zu Unrecht weitgehend in Vergessenheit geraten, wie Raphael Schenkers Buch deutlich macht. Eigentlich ist er heute nur noch wegen der von ihm begründeten Therapie bekannt. Es ist eines der Verdienste des Autors Schenker, dieses einseitig gewordene Bild wieder gerade- und mit der enormen Vielfalt von Stones Wissen über Gesundheit zurechtzurücken. Mir ist – nach der Lektüre – gar kein anderer Ernährungspionier bekannt, der so umfassend richtig lag und nie den Blick fürs Wesentliche verlor.

Eigentlich war er weder ein Körper- noch ein Ernährungstherapeut, sondern zu jeder Zeit ein großer Arzt aller Menschen. Das schützte ihn vor Einseitigkeit, und auch wenn er sich selbst sicher gut (er)kannte, ging er nicht in die Falle, alle über (s)einen Leisten zu schlagen. Stattdessen teilte er die Menschen in jene drei Typen ein, die aus der jeweiligen Betonung der drei Keimblätter hervorgehen, den rundlichen Typ des Pyknikers, der auf dem innersten Keimblatt, dem Entoderm, aufbaut, den muskulösen Typ des Athleten, der auf dem Mesoderm fußt, und schließlich das hagere leptosome Naturell, das sich aus der Betonung des äußeren Keimblatts oder Ektoderms ergibt. Und natürlich erkennt er die Parallelität zur indischen Einteilung nach den drei Doshas. In keinem Moment aber wird übersehen, dass die drei Typen sich in jedem Menschen mischen. Stone kann sie bereits den fünf Elementen zuordnen, und da das auch für die Lebensmittel möglich ist, ergibt sich hier eine wundervolle Brücke zu einer typgerechten Ernährung, ohne dass diese weiter ausgeführt würde. Überhaupt bietet das Buch nicht wenige Anregungen, das umfassende ganzheitliche Weltbild, das Schenker vor uns ausbreitet, selbst weiterzuentwickeln. Stone verwendet zum Beispiel die vier Elemente des Westens, Wasser, Feuer, Luft und Erde, ergänzt sie aber durch das Akasha-Element und verbindet so westliches und östliches Wissen auf harmonische Weise.

Dem Werk von Randolph Stone unterliegt – nomen est omen – die Erkenntnis der Polarität als grundlegende Gesetzmäßigkeit. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, für einen Ausgleich der Pole zu sorgen innerhalb des Körpers, aber auch zwischen Seele und Körper einerseits und Geist andererseits. Natürlich weiß er auch um die verschiedenen Körper des Menschen, wie sie dem hinduistischen Weltbild entsprechen, was ihn vor der Überbetonung des physischen Körpers und des Materiellen bewahrt. Er sagt: »Leben ist Energie in Bewegung – ihr ungehindertes Fließen ist die Voraussetzung für Gesundheit und Wohlbefinden.« Und weiter: »Es ist Energie, die durch die Materie fließt und sie belebt. Anderenfalls ist Materie mausetot.« Folglich richtet sich seine Arbeit auch wesentlich auf den Energiekörper, den er – wie die Inder – über dem physischen angeordnet sieht. Das Konzept der Lebensenergie, Prana, ist somit auch Teil seiner Ernährungslehre, und Raphael Schenker ergänzt es mit den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen etwa des deutschen Professors Fritz-Albert Popp. Dieser geht davon aus, dass wir Lichtenergie aufnehmen müssen, über die Sonne einerseits, aber in Form von Chlorophyll auch andererseits über die Pflanzen. Er spricht von »Lichtsäugern« und meint damit uns Menschen. Raphael Schenker ist dieser Brückenschlag zwischen der alten, wohl vor allem intuitiven Weisheit seines Lehrers und modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen beeindruckend gelungen.

Auch was das Fasten angeht, hat Randolph Stone bereits verblüffend weit vorausgedacht. Fastend rät er zuerst Verbrauchtes zu entfernen, um Neuem Platz zu schaffen. Insofern wird der Atem ihm wichtig, denn »ehe der Sauerstoff seinen Platz in den Geweben einnehmen kann, müssen immer erst das Kohlendioxid und überschüssige Gase aus dem Körper ausgeschieden werden, da sie der chemischen Funktion des Sauerstoffs entgegenwirken«. Das sehe ich seit dreißig Jahren bei jedem meiner Fastenseminare, zu denen auch die Arbeit mit dem verbundenen Atem gehört, bestätigt.

Insgesamt zeichnet der Autor ein faszinierend modern wirkendes System, das auf den ganzen Menschen zielt. Das ist Körperarbeit, die sich nicht nur des physischen Körpers annimmt, sondern mit Hilfe spezifischer »Energie-Landkarten« immer auch die feineren energetischen Ebenen mit einbezieht.

Als Nächstes folgt das Gespräch als eine Berührung durch Worte, die die verschiedenen Geist- und Seelenebenen erschließt. Randolph Stones Ernährungs- und Heilfastenmethoden und seine Interpretation von Yoga betreffen alle Ebenen des Menschseins.

Berührend ist auch, wie Stone schon zu seiner Zeit den Überdruss durch Überfluss vorausahnt, der uns erst heute so richtig ereilt hat, die wir vor vollen Tellern energetisch und seelisch zu verhungern drohen. Raphael Schenker bettet diese zeitlosen Erkenntnisse behutsam in unsere ver-rückte Zeit ein und lässt erkennen, wie uns Fasten wieder zur Be-Sinnung im wahrsten Sinne des Wortes bringen könnte, weil es Altes entsorgt und Platz für Neues macht. Erstaunlich auch, wie Stone schon gegen Fleisch, Milch und Eier Stellung nimmt, noch ohne all die wissenschaftlichen Studien zu kennen, die mich viele Jahrzehnte später zu Peace Food animiert haben. Raphael Schenker beschreibt gut nachfühlbar, wie er seinem großen Lehrmeister in persönlichen Schritten gefolgt ist. Damit sind beide weiter gekommen als die meisten Ernährungspäpste, ohne sich in Einseitigkeiten zu verlieren, sondern mit offenem Blick für das Große und Ganze.

Beide singen zum Beispiel in der Ernährung das hohe Lied der Sprossen und sprechen sich für viel rohe vitale Kost aus, ohne daraus ein Rohkost-Dogma zu machen. Ähnlich beim Säure-Basen-Thema: Ohne die Dramatik der Übersäuerung im Geringsten zu verkennen – wir sind tatsächlich auch deswegen so sauer, weil wir so ausgelaugt sind –, gibt es neben einer fundierten Beschreibung des Dilemmas viele wertvolle Tipps, ihm die Stirn zu bieten. Schenker erklärt mit viel Wissen um Physiologie und Pharmakologie, warum moderne Säureblocker kurzfristig helfen und langfristig das Problem in noch tiefere und damit gefährlichere Ebenen tragen. Er enthält sich aber der heute schon üblich gewordenen Verlockung, alle Übel dieser Welt mit Basenpulver beseitigen zu wollen.

Alles wird eingeordnet in das ebenso umfassende wie faszinierende Weltbild Randolph Stones, das Schenker mit fundiertem Wissen moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse ergänzt und abrundet. All das mündet in so praktische Hinweise wie: »Eine vegetarische Ernährungsweise (…), keine Milch, ausreichend Sonne und eine sporadische Entsäuerung des Körpers scheinen die beste Vorbeugung gegen Osteoporose zu sein.« Bei aller philosophischen Tiefe des Buches bleibt immer noch genügend Raum für wertvolle, leicht umsetzbare praktische Tipps und Rezepte, die, auch wenn oder gerade weil sie auf den Altmeister Randolph Stone zurückgehen, auffallend modern anmuten. Das Weltbild dieses alten Meisters und seines jungen wachen Schülers sind hier eine verblüffend stimmige Verbindung eingegangen, die ich Ihnen sehr ans Herz legen möchte und auch für alle anderen Organe sehr empfehlen kann.

Ruediger Dahlke

Gamlitz, im Februar 2013

www.dahlke.at

Richtig fasten, gesund essen

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