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3. Ein Lichtschimmer

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Endlose Tage vergingen, ewige Stunden, nicht enden wollende Sekunden. Es war erbärmlich.

Sein Vater erklärte ihm, dass er ihn noch bis zum Herbst durchfüttern würde. Er erklärte es Gal, während sie auf dem Feld standen und die Sonne so heiß knallte, dass Gal der Schweiß in dünnen Fäden über den bloßen Oberkörper lief. Er stank, sein Rücken schmerzte von der gebückten Haltung bei der Rübenernte und seine Hände waren voll Erde, deren Geruch schwer und dunkel war und ihn an Lukacs Andons Lachen erinnerte. Alles erinnerte ihn an Lukacs Andons Lachen. Die kühle Morgenluft, der erste rote Schimmer am Horizont hinter den Weiden, das Gluckern des Flusses, wenn sie sich abends wuschen, bevor sie heimgingen.

Der Mistkerl hatte ihn verhext.

Verdammtes Monster, dachte Gal und schluckte.

»Junge«, sagte sein Vater. »Hast du mich verstanden?«

Gal sah zu Boden. »Bis zum Erntefest such ich mir Arbeit«, murmelte er und fühlte sich hoffnungslos. Wer würde ihm Arbeit geben? Aber er wollte keine Schwäche zeigen, wollte Vater und Mutter nicht zeigen, wie sehr sie ihn verletzten. Sie taten, was sie tun mussten. »Ist Zeit, erwachsen zu werden, richtig?«

»Richtig.« Das braune Ledergesicht seines Vaters entspannte sich. »Hab gehört, der Herzog zahlt seinen Söldnern dreizehn Gulden. Das ist 'ne Stange Geld.«

»Wenn man lange genug lebt, um es auszugeben.« Gal wischte sich über die Stirn. »Wenn ich gegen den Drachenbaron kämpfen muss, werd ich als Spanferkel enden, bevor ich noch den ersten Humpen Bier vom Sold gekauft habe.«

Die alte Angst fraß sich durch seine Eingeweide. Morgen, auf dem Markt, würde er seine Freizeit nutzen müssen. Rumfragen, wer einen Gehilfen suchte. Einen Lehrling. Einen Knecht. Er fühlte sich hoffnungslos, doch der Gedanke daran, Söldner zu werden, machte ihm noch mehr Angst als alles andere.

»Ist nicht gesagt, dass der Drachenbaron wirklich Drachen hat«, sagte sein Vater. »Vielleicht nennen die ihn nur so. Keiner, den ich kenne, hat je 'nen Drachen gesehen und der Vater vom Anag war schon mal in Mezei.«

»Das ist nicht so weit«, brummte Gal und schloss die Augen. Nur einen Moment lang, dann straffte er sich wieder. »Ne, das pack ich schon. Ob als Söldner oder nicht, ich steh bald auf eigenen Beinen.«

Sein Vater klopfte ihm knapp auf die Schulter, dann arbeiteten sie weiter. Drei Reihen neben ihm rupfte sein älterer Bruder Rüben aus der Erde und Gal wünschte sich so sehr, er zu sein, dass sein Mund ganz trocken wurde. Bleiben zu dürfen, weiter hier zu leben. Auf dem einzigen Flecken Erde, den er kannte.

Aber er war nicht der Älteste. Nicht der Hoferbe, nicht der, der bald um die Hand von Nachbar Onnigs zweiter Tochter anhalten würde. Nicht der, der irgendwann in das große Schlafzimmer umziehen würde, in das ein ganzes Doppelbett und ein Schrank passten, das sogar zwei Fenster hatte und selbst im Winter erträglich war, weil das Bett drei dicke Decken hatte.

Er war das Biest und musste mit zwei kleineren Brüdern auf dem Küchenboden schlafen. Immerhin war da der Ofen. Und gerade, im Sommer, froren sie eh nicht, im Gegenteil.

Als sie fertig waren, ging die Sonne unter und Gal war so kaputt, als wäre eine Kolonne Ochsenkarren über ihn gerollt. Er riss sich die verdreckte Hose vom Leib und stolperte in den eisigen Fluss. Trank wie ein Köter und schaffte es vor Erschöpfung kaum, sich Erde und Schweiß vom Leib zu waschen.

Nichts half.

Selbst jetzt glaubte er, Lukacs zu hören. Sein Lachen, die tiefe Stimme, die stets spöttisch klang und die ihn bis in seine Träume verfolgte. Die blitzenden Zähne, den selbstbewussten Gang. Den festen Hintern unter dem dünnen Stoff seiner Hose.

Ewiger, bitte, dachte Gal. Ich weiß, dass ich unrein bin. Ein Biest, ein Verfluchter. Lass mich nicht noch mehr zum Sünder werden.

Doch der Ewige half ihm nicht. Das spöttische Lachen hallte weiter durch seinen Körper und entfachte Brände, wo keine sein durften.

Morgen, dachte er und schämte sich sogleich.

Was sollte morgen schon geschehen? Selbst wenn er Lukacs in der Stadt sah, würde nichts anders sein als sonst. Gar nichts. Der Blödmann würde sich über ihn lustig machen, sie würden ein paar Beleidigungen hin und her werfen und wieder getrennte Wege gehen. So wie immer. So wie seit der Zeit, in der sie kleine Bengel gewesen waren und Gal zum ersten Mal mit seiner Mutter auf den Markt gefahren war, weil Vater sich beim Sensen die Hand verletzt hatte.

Und doch konnte er nicht aufhören. Das Wort zerrte an ihm, verursachte ein angenehmes, kribbliges Ziehen tief in ihm, so tief, dass nicht einmal der Ewige es sehen konnte.

Morgen.

Frostsklave

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