Читать книгу Der Verbrecher aus verlorener Ehre von Friedrich Schiller: Reclam Lektüreschlüssel XL - Reiner Poppe - Страница 5

2. Inhaltsangabe

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Der Erzähler deklariert den zu berichtenden Fall als Musterbeispiel für Menschenkunde. Die Leser sollen keine reißerische Erzählung, sondern einen objektiven Einleitender ErzählerberichtBericht über das Schicksal des Verbrechers bekommen, um in der Lage zu sein, den Fall nicht nur nach den Taten, sondern auch nach den (sozialen und psychologischen) Umständen des Verbrecherlebens zu beurteilen. Dann beginnt die Erzählung.

Christian Wolf, Halbwaise nach dem Tode seines Vaters, wird von den Menschen in seiner Umgebung nicht akzeptiert, obwohl er sich alle Mühe gibt, ihnen zu gefallen. Von Geburt an Unglückliche Kindheit und Jugendunansehnlich und zusätzlich durch den Tritt eines Pferdes im Gesicht verunstaltet, wird er von den Gleichaltrigen verspottet. Die freie Zeit, die er hat, kann er nicht sinnvoll nutzen: Er verwendet große Energie darauf, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Dadurch bringt er sich jedoch noch mehr in Misskredit. Auch sein Vergebliches Werben um JohanneBemühen, sich die Zuneigung Johannes (Hannchens), eines armen Mädchens, mit Geschenken zu erkaufen, verfängt nicht. Bis zu seiner Volljährigkeit hilft er der Mutter in der Gastwirtschaft, ehe er den Entschluss fasst, »honett zu stehlen« (S. 9) und sich dadurch seinen Lebensunterhalt auf vermeintlich einfachere Art und Weise zu sichern. So will er auch endlich die Mittel in die Hand bekommen, mit denen er vor der Männerwelt triumphieren kann und die Gunst des Mädchens zu gewinnen hofft. Als Beginn der WilddiebereiWilddieb in einem an die Stadt grenzenden herrschaftlichen Wald macht er tatsächlich gute Beute und manchen Gewinn, den er in Geschenke für Hannchen umsetzt.

Das geht einige Zeit gut, bis ihm der Jagdgehilfe Robert: Konkurrent um HannchenRobert auf die Spur kommt. Dieser hat ebenfalls ein Auge auf Hannchen geworfen und wundert sich über die schönen Geschenke, die sie bekommt. Seine Eifersucht lässt ihm keine Ruhe, und so findet er bei häufigen Besuchen in der »Sonne« (S. 9), dem Gasthaus, das Christians Mutter führt, seinen Argwohn bestätigt. Eifersüchtig verfolgt er fortan die Wege seines Konkurrenten und kann ihn bald darauf auf frischer Überführung durch Robert, erste StrafeTat bei einer Wilddieberei stellen (S. 10). Über Christian Wolf wird das Urteil gesprochen, aber er kauft sich frei.

Christian Wolf verlässt die Stadt, dennoch hat er beide, Hannchen und Robert, nicht vergessen. Eifersucht und verletzter Stolz quälen ihn. Er treibt erneut als Wilddieb sein Unwesen und kann sich damit einige Zeit über Wasser halten. Doch der junge Jagdgehilfe ist doppelt wachsam. Er ahnt, dass Christian dem Mädchen keine Ruhe lassen und früher oder später wieder auftauchen wird. Robert kann ihn ein Erneute Überführung durch Robert, zweite Strafezweites Mal auf frischer Tat ertappen und dingfest machen. Christian ist Wiederholungstäter, und so trifft ihn die ganze Härte des Gesetzes. Da er kein Geld mehr hat, um sich selbst auszulösen, muss er dieses Mal ein volles Strafjahr im Staatsgefängnis absitzen (S. 10).

Nach seiner Entlassung zieht es Christian Wolf sofort wieder in die Vergebliche Rückkehr in die HeimatstadtHeimatstadt. Er hofft, dort Hannchen zu treffen. Als man ihn erkennt, weicht man ihm aus. Keiner möchte mehr etwas mit ihm zu tun haben. Doch anders als nach der ersten Festnahme zeigt sich Christian diesmal gewillt, auf ehrliche Weise wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Er versucht, sich als Tagelöhner zu verdingen, wird jedoch überall abgewiesen. Selbst als Sauhirt will man ihn nicht haben (S. 11). Tief enttäuscht und verbittert wendet sich Christian wieder der Erneute Wilddieberei und dreijährige HaftWilddieberei zu. Aber schon bald wird er erneut gefasst und zu drei Jahren verschärfter Haft verurteilt. Ihm wird »das Zeichen des Galgens auf den Rücken gebrannt« (S. 11). Sollte er nach der Haftentlassung abermals der Wilddieberei schuldig gesprochen werden, würde das den Tod durch den Strang bedeuten.

Die Haft ist selbst für einen abgebrühten Burschen wie Christian Wolf hart. Er wird von den ›schweren Jungs‹, die mit ihm ihre Zeit abarbeiten müssen, verhöhnt und gedemütigt. Er hört von schrecklichen Taten und von noch schrecklicheren, die geplant sind. Wenn die Rohheit und Gemeinheit ihm unerträglich werden, zieht er sich zurück, soweit ihm das unter den gegebenen Bedingungen möglich ist. Auf der anderen Seite braucht er Menschen, die in derselben Situation sind wie er und ihm helfen, die Härte der Haft zu ertragen. In diesen drei Jahren wird Christian so Verrohung durch die Haftverroht und gewissenlos, dass er am Ende schlimmer ist als alle Mithäftlinge (S. 12). Unter Qualen erträgt er die Schönheit der aufgehenden Sonne, den freien Flug der Vögel und die Weite der Landschaft, die sich seinem Blick durch das vergitterte Fenster aus der Höhe seines Festungsberges bieten. Allein der Hass- und RachegefühleHass und ein ungeheures Bedürfnis, sich an allen Menschen zu rächen, halten ihn aufrecht und lassen ihn die Zeit im Gefängnis überstehen.

Nach der Entlassung führt ihn sein erster Weg zurück in die Heimatstadt. Aber nicht, um noch einmal den Ansatz zu einem rechtschaffenen Leben zu machen, kehrt er heim, sondern um seinen »Hunger nach Rache« (S. 12) zu stillen. Er will die Menschen durch sein bloßes Erscheinen erschrecken und sich von ihnen erniedrigen lassen, weil er weiß, dass ihm das nichts mehr anhaben kann nach dem, was er in den Jahren der Haft erlebt hat. Er sieht wild und zum Fürchten aus. Die Menschen in der Stadt Mutter tot, das Elternhaus verlorenerkennen ihn sogleich, und jeder macht einen großen Bogen um ihn. Christian reicht einem kleinen Jungen einen Groschen, der ihm das Geldstück aber ins Gesicht wirft. Von diesem Kind zurückgewiesen zu werden, das ihn nicht kennt und dem er nichts getan hat, verletzt ihn mehr, als von allen einstigen Bekannten, die an ihm vorübergehen, nicht einmal gegrüßt zu werden. Auf der Suche nach einer Unterkunft läuft er Johanne über den Weg. Auch sie erkennt ihn sofort. Im Gegensatz zu allen anderen zeigt sie sich aber hocherfreut, ihn zu sehen (S. 14). Christian bemerkt sogleich, dass sie zu einer Soldatenhure geworden und zudem noch von einer Geschlechtskrankheit gezeichnet ist. Als vorbestrafter Wiederholungstäter ausgegrenzt und einsamVerächtlich dreht er ihr den Rücken zu im Triumph, dass es in der Stadt jemanden gibt, der moralisch und gesellschaftlich noch weniger bedeutet als er selbst. Die Verachtung für JohanneMutter trifft er nicht mehr an. Sie ist tot. Das Haus kann ihm nichts mehr einbringen, denn längst haben sich Gläubiger darüber hergemacht (S. 14).

Christian Wolf findet Gefallen daran, dass die Leute sich von ihm abwenden. Er fordert ihre Aufmerksamkeit heraus, ohne darunter zu leiden, von ihnen abgewiesen zu werden. In seiner Heimatstadt kann er von den Menschen nichts mehr erwarten. Einen Augenblick lang erwägt er die Möglichkeit, irgendwo in der Fremde, wo ihn niemand kennt, ganz neu anzufangen (S. 14). Dazu bringt er aber weder den Mut noch die Energie auf. Sein Verbrecher aus TrotzVorsatz ist gefasst: Er will zum bloßen Vergnügen die Gesetze herausfordern, um sich die Zurückweisung und Verurteilung durch die Gesellschaft wirklich zu »verdienen« (S. 15). Er wird wieder zum Wilddieb, nicht um sich dadurch am Leben zu erhalten, sondern um überall möglichst viel Schaden anzurichten. Er hat keine Angst, entdeckt zu werden, und ist entschlossen, sich den Weg freizuschießen, sollte man ihn stellen.

Nachdem er auf diese Weise einige Monate die Wälder durchstreift hat, trifft er, der »Fährte eines Hirsches« (S. 15) folgend, eines Tages auf seinen alten Rivalen Robert. Minutenlang kann sich Christian Wolf nicht entscheiden, ob er auf das Tier oder den Menschen schießen soll. Das Verlangen nach Rache siegt schließlich, und er begeht seinen ersten und einzigen Vom Verbrecher zum MörderMord (S. 16). Der Mord lastet schwer auf ihm. Hat er sich nach all seinen Freveltaten vorher schon für einen schlechten Menschen gehalten, so gibt ihm der Mord an Robert das Gefühl, am Tiefpunkt von Wolfs ExistenzTiefpunkt seiner Existenz angekommen zu sein (S. 17). Von Ängsten und Visionen gepeinigt, bleibt er noch für einige Zeit bei dem Toten, ehe ihn Geräusche von Fuhrwerken tiefer in den Wald treiben. Er kehrt noch einmal zu dem Toten zurück, bei dem er Geld oder anderen wertvollen Besitz vermutet, bringt es aber zunächst nicht fertig, die Uhr und das Geld, das er bei dem Toten findet, an sich zu nehmen. Er will kein gemeiner Räuber sein. Um sich für die nächste Zeit über Wasser zu halten, nimmt er aber doch die Hälfte des Geldes und macht sich im Schutz des Waldes zur Grenze des Landes auf. Unterwegs holen ihn die Angst und GewissensqualenGewissensqualen wegen des begangenen Verbrechens immer wieder ein. Er hat Angst vor der Zukunft, aber auch nicht den Mut, durch Selbstmord aus dem Leben zu scheiden (S. 18).

Abseits jeder Straße, in unwegsamstem Waldgebiet, Begegnung mit dem Räubersteht Christian Wolf plötzlich einer wüsten Gestalt gegenüber:

»Seine Figur ging ins Riesenmäßige […] und die Farbe seiner Haut war von einer gelben Mulattenschwärze, woraus das Weiße eines schielenden Auges bis zum Grassen hervortrat. Er hatte statt eines Gurts ein dickes Seil zwiefach um einen grünen wollenen Rock geschlagen, worin ein breites Schlachtmesser bei einer Pistole stak.« (S. 19)

Nach anfänglichem Erschrecken findet Christian schnell einen Wolfs selbstbewusstes Auftretenforschen Ton und kann damit dem Mann imponieren. Er nimmt auch einen kräftigen Schluck aus der zinnernen Flasche, die ihm der wenig Vertrauen erweckende Mensch anbietet, und beide machen einander in ein paar Sätzen bekannt. Sie sind vom gleichen Schlag, aber Christian spürt, dass der andere noch einiges mehr auf dem Kerbholz hat, und bleibt bei aller Forschheit vorsichtig. Als er sich als der »Sonnenwirt in L…« (S. 21) zu erkennen gibt, schwindet jedes Misstrauen auf der Seite seines Gegenübers. Dieser zeigt sich begeistert, endlich die Bekanntschaft des Mannes zu machen, von dem die ganze Gegend spricht (S. 21). Da Christian geht mit dem RäuberChristian kein Ziel hat, dem er zustreben könnte, lässt er sich von dem Fremden überreden, mit ihm zu gehen. Dieser führt ihn zu einer versteckten Felsschlucht. Mit einem Pfeifensignal macht er sich bemerkbar, und aus dem »innersten Bauche des Felsen« (S. 22) erhält er Antwort. Eine Leiter wird nach oben geschoben. Der Mann, offenbar bekannt, steigt als Erster in den Abgrund hinab. Für Sekunden denkt Christian daran, die Leiter umzustoßen und sich ins Buschwerk zu schlagen, doch er sieht letztlich keinen Vorteil darin und folgt seinem Begleiter nach unten. Nach Bei der Räuberbandekurzer Zeit erreichen sie einen »Rasenplatz, auf welchem sich eine Anzahl von achtzehn bis zwanzig Menschen um ein Kohlfeuer gelagert hatte« (S. 23). Christian ist bei einer Räuberbande gelandet, die ihn lärmend in ihre Mitte aufnimmt. Zu der Bande gehören auch Zwei Frauenzwei schöne Frauen, Margarete und Marie. An Margarete, die ihn aufdringlich umwirbt, findet er keinen Gefallen, während ihm Marie in ihrer stillen Art sympathisch ist. Er geht auf den Vorschlag ein, sich der Bande zuzugesellen, sogar ihr Anführer einer RäuberbandeAnführer zu werden, bedingt sich aber dafür Marie als seine Geliebte aus. Niemand widerspricht. Christian ist glücklich, endlich wieder unter Menschen zu sein, und stolz darauf, von allen anerkannt zu werden: »Die Welt hatte mich ausgeworfen wie einen Verpesteten – hier fand ich brüderliche Aufnahme, Wohlleben und Ehre« (S. 25).

Ein Das RäuberjahrJahr lang begeht Christian Wolf mit seiner Bande die schändlichsten Verbrechen, aber keinen zweiten Mord mehr. Mit Glück und Geschick entgeht er allen Nachstellungen und weiß seinen schlimmen Kein Zurück in die »normale« GesellschaftRuf noch zu steigern, indem er ausstreuen lässt, er sei mit dem Teufel im Bunde. In dieser Zeit lernt er aber auch die Bande näher kennen und zweifelt immer weniger daran, dass irgendeiner von ihnen ihn zur gegebenen Zeit den Behörden ans Messer liefern wird, um das inzwischen beträchtlich hohe Kopfgeld zu kassieren. Auch wird die Reue in ihm stärker und nährt seine Hoffnung, wieder auf einen guten Weg zurückzufinden (S. 27). Heimlich setzt er mehrere Bittschriften um Begnadigung an den Landesherrn ab. Er erhält keine Antwort. Schließlich fasst er den Entschluss, der Bande den Ausstieg aus der Bande nach einem JahrRücken zu kehren und als einfacher Soldat in die Dienste des Königs von Preußen zu treten (S. 28), um als rechtschaffener Soldat im Siebenjährigen Krieg zu sterben.

Auf dem Weg nach Preußen kommt Christian Wolf in ein Ankunft im LandstädtchenLandstädtchen, wo er übernachten will. Der Torwächter beherzigt die im Land verschärften Gesetze gegenüber jedem Durchreisenden besonders gewissenhaft. Wolf erscheint ihm auffällig. Obwohl an seinem (gestohlenen) Pass nichts auszusetzen ist, bringt der Torwächter ihn zum Amtshaus (S. 29). Ein Vorgesetzter soll das Papier noch einmal prüfen und seinen Halter in Augenschein nehmen. Die Amtsperson, der Christian Wolf vorgeführt werden soll, ist aus Pflichtbewusstsein aufmerksam und neugierig und hat die Angewohnheit, Befragungen bei einer guten Flasche Wein vorzunehmen. Um Wolf hat sich inzwischen die halbe Stadt lärmend versammelt. Es scheint ihm, dass die Menschen etwas gegen ihn im Schilde führen. Der Torwächter erscheint und übermittelt ihm die Einladung des Amtmanns, bei einer Flasche Wein miteinander zu plaudern. Christian Panik, Verhaftung und VerhörWolf wähnt sich in einer Falle, gibt seinem Pferd die Sporen und prescht davon (S. 30). Doch sein Ausreißversuch ist bald zu Ende, denn er ist in eine Sackgasse geraten. Mit seiner Pistole kann er die Menge, die ihn verfolgt und gestellt hat, anfänglich noch in Schach halten. Schließlich aber wird er überwältigt und ins Amtshaus gebracht.

Die erste Überraschendes GeständnisBefragung ist knapp und schroff. Obwohl Christian Wolf alle gestellten Fragen klar und zutreffend beantwortet, bleiben für den Amtmann Verdachtsmomente bestehen. Er will der Wahrheit am nächsten Tag weiter nachgehen (S. 31), und der Gefangene soll über Nacht im Turm bleiben. – Am Morgen des folgenden Tages nimmt der Amtmann das Erste Befragung und GewahrsamVerhör in Anwesenheit der Geschworenen des Städtchens wieder auf. Dabei ändert er seinen Ton und zeigt sich von ausgesuchter Höflichkeit. Christian Wolf geht darauf mit großer Genugtuung ein. Er bittet um ein Gespräch unter vier Augen: »Ich habe mir längst einen Mann gewünscht wie Sie. Erlauben Sie mir Ihre rechte Hand« (S. 33). Sodann sagt er dem ratlosen und Zweites Verhörerstaunten Mann, wer er wirklich ist: »[…] bitten Sie für mich, alter Mann, und lassen Sie dann auf Ihren Bericht eine Träne fallen: Ich bin der Sonnenwirt« (S. 33).

Der Verbrecher aus verlorener Ehre von Friedrich Schiller: Reclam Lektüreschlüssel XL

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