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Nebenfiguren

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Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden die Nebenfiguren der Erzählung ebenso zufällig nacheinander auftreten, wie Christian Wolf ihnen auf seinem ziellosen Lebensweg begegnet. Bei näherem Hinsehen offenbart sich aber in ihrem Auftreten eine zwingende Folgerichtiges AuftretenFolgerichtigkeit und Geradlinigkeit. Sie sind Auslöser für das Handeln des Sonnenwirts oder in anderer Weise Verantwortliche für seinen Niedergang.

Johanne Arm und berechnend(Hannchen) wird als »arm« (S. 9) bezeichnet. Sie nutzt Christian Wolf aus und schenkt allen Männern ihre Gunst, die bereit sind, sie mit Geschenken zu verwöhnen. Ihr Leben endet in sozialem Abstieg, als sie sich an Soldaten verkauft. Dem jungen Sonnenwirt scheint sie charakter- und ehrlos zu sein und sein Mitleid nicht zu verdienen.

In Robert begegnet Christian Wolf ein Robert – der ehrgeizige RivaleRivale im Kampf um Hannchens Liebe. Der Jägerbursche ist eifersüchtig und für Christian Wolf gefährlich. Er genießt den Triumph, Christian ins Gefängnis gebracht zu haben, und setzt alles daran, seinen Konkurrenten dauerhaft auszuschalten. Mit seinen Nachstellungen nährt er Christians Rachegedanken. Blind vor Eifer, Johanne ganz allein für sich zu haben, erkennt er nicht die Gefahr, in die er sich begibt. Er, der Jäger, wird zum Opfer und stirbt durch Christians Kugel.

Trotz eines nur kurzen Auftritts zeigt sich Der Räuber – ein Verführer zum Bösender Räuber, der Christian zu seiner Bande mitnimmt, als eine plastisch gezeichnete Figur. Sein Äußeres ist abstoßend und grobschlächtig. Das Erscheinen dieser »Kreatur« (S. 20) wirkt auf den Flüchtigen indes beruhigend. Der Mann weiß den Lebensmut des Ziel- und Heimatlosen zu stärken. Er teilt Branntwein und Tabak mit ihm und hat ihn rasch für sich eingenommen. Instinktsicher wittert er in ihm eine besondere kriminelle Energie. Bedachtsam bringt er ihn zum Reden. Die wenigen Sätze, die er spricht, enthalten genau das, was Christian hören will (S. 21 f.), und damit zieht er ihn vollends auf seine Seite. Es mag offenbleiben, ob der »wilde […] Mann« (S. 19) dies aus ehrlicher Begeisterung tut, um seiner Bande einen Räuber zu präsentieren, der im ganzen Lande gesucht wird, oder aus Berechnung, um mit ihm zu späterer Zeit ein gutes Lösegeldgeschäft zu machen. Die Doppeldeutigkeit seiner Worte lässt auf Letzteres schließen: »›Komm, Bruder Sonnenwirt‹, sagte er, ›jetzt hab ich dich, wo ich dich brauchte. Ich werde Ehre mit dir einlegen. Folge mir‹« (S. 22). (Das scheint sich für Christian Wolf nach einiger Zeit im Lager der Räuber zu bestätigen.) Nachdem der Mann mit Christian zu dem verborgenen Aufenthaltsort abgestiegen ist und ihn seinen Männern vorgestellt hat, verschwindet er aus dem Gesichtskreis der Erzählung so plötzlich, wie er aufgetaucht ist.

In 18 Zeilen werden die beiden Frauen vorgestellt, die zur Räuberbande gehören (S. 24). Die Der Torschreiber – Auge des Gesetztesältere, Margarete, wird von Christian als vulgär und der rauen, obszönen Männerwelt bereits ganz angepasst charakterisiert. Die jüngere, Marie, passt in ihrer Erscheinung und in ihrem Verhalten weniger zu der Bande, doch auch sie hat jeden Anstand längst abgelegt. Zu Christian Wolfs Überraschung sind beide Frauen sehr schön. Doch in der Räuberbande kann ihre Schönheit niemanden mehr reizen. Für Christian Wolf, den neuen Anführer der Bande, ist Marie so attraktiv, dass er sie für sich allein reklamiert.

Der Die Räuberbräute – verfügbare MenschenTorschreiber, dem Wolf nach seiner Flucht aus der Räuberbande in die Fänge läuft, ist in dieser Erzählung buchstäblich das ›Auge des Gesetzes‹. Er wird mit wenigen Sätzen einprägsam umrissen. Geradezu unvermeidbar gerät Christian Wolf an diesen Mann, dessen »Falkenblick« (S. 29) durch nichts zu täuschen ist.

Für Christian Wolfs Schicksal entscheidend ist Der Oberamtmann – väterlich-strenge Autoritätspersonder Oberamtmann. Er scheint dem Wein ergeben zu sein und gewinnt seine Erkenntnisse gewöhnlich aus geduldig geführten Gesprächen mit durchreisenden Fremden. Diese Strategie kann er im Falle des Christian Wolf wegen dessen Fluchtversuchs nicht anwenden. Die Fragen des Oberamtmanns sind pointiert und barsch (S. 31), können den Verhörten gerade deshalb zu keiner Aussage bewegen. Ebenso wie der Torschreiber hat er ein Gespür dafür, dass die plausibel klingenden Aussagen seines Gefangenen zu glatt sind, als dass sie überzeugen könnten. Als umsichtiger Vertreter des Staates geht er mit dem Fremden kein Risiko ein und arrestiert ihn über Nacht, um die Wahrheit herauszufinden, versichert Wolf aber, ihn gerecht behandeln zu wollen (S. 31 f.). – Hat der Amtmann sich bis zu diesem Zeitpunkt als korrekter, wenngleich sehr unbeweglicher Beamter gezeigt, so überrascht er durch Psychologisches Geschickpsychologisches Geschick, als er das Verhör in Anwesenheit der Geschworenen am nächsten Tag in respektvollem Ton wieder aufnimmt. Von dem Ausmaß der »Wahrheit« (S. 31), die er dann erfährt, scheint er überrascht, wenn nicht sogar zunächst überfordert.

Der Verbrecher aus verlorener Ehre von Friedrich Schiller: Reclam Lektüreschlüssel XL

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