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4. In Fort Worth

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Schon unterwegs zum Brazos River kamen wir überein, dass wir morgen früh auf dem schnellsten Weg mit den Soldaten nach Fort Worth weiterreiten wollten.

„Fort Worth ist zwar gar kein Militärstützpunkt mehr, schon seit vielen Jahren nicht, aber wenn es Indianeraufstände oder andere Probleme gibt, nutzen wir das ehemalige Fort natürlich immer noch. Und die Bürger des Ortes haben auch nichts dagegen, ist ja immerhin ein zusätzlicher Schutz in diesen unruhigen Zeiten“, erklärte der Lieutenant.

„So seid Ihr jetzt auch wieder dort stationiert?“, vergewisserte ich mich.

„Derzeit mit einer ganzen Kompanie“, erläuterte er. „Es gibt leider augenblicklich keine Sicherheit für Siedlerzüge durch den Llano Estacado, so sind wir auf Befehl von General Andrew Jackson Hamilton nach Fort Worth gezogen. Die vorhandenen Militärstützpunkte …“

„Forts meint Ihr damit, nicht?“, fragte ich dazwischen.

„Natürlich, aber die liegen eben alle zu weit entfernt. Ehe die Soldaten im Ernstfall von dort zur Stelle wären, gäbe es nichts mehr zu bewachen.“

„Begleitet Ihr denn die Trecks sogar durch die Wüste?“

„Wenn möglich schon, sonst kommt unser Eingreifen ja meist zu spät, weil die Überfälle längst stattgefunden haben.“

Ich nickte verstehend.

Fort Worth – was gibt es über den Ort zu sagen?

Da muss man in der Geschichte schon ein kleines Stück zurückgehen. Seit dem Sieg von Texas über Mexiko bei der Schlacht von San Jacinto im Jahre 1836 bildeten sich immer wieder neue ernsthafte Spannungen zwischen der Republik Texas und ihrem südlichen Nachbarn. In den 1840er-Jahren wanderten zudem immer mehr Amerikaner von der Ostküste und unzählige Einwanderer aus aller Herren Länder in westlicher Richtung. Texas blieb eine unabhängige Republik, bis es am 29. Dezember 1845 letztlich der 28. Staat der Vereinigten Staaten von Amerika wurde. 1846 begann dann der Mexikanisch-Amerikanische Krieg.

Fort Worth wurde im Jahr 1849 als Armee-Außenposten an den Ufern des Trinity River angesiedelt und war eins von acht Forts, die Siedler vor Indianerangriffen schützen sollten. US-Armee-Major Ripley Allen Arnold hatte in besagtem Jahr den Befehl von seinem Kommandanten General William Jenkins Worth erhalten, einen militärischen Posten in der Nähe des Trinity Flusses zu etablieren. Der Posten sollte westlich der Linie San Antonio, Austin, Waco – damals noch ein kleines Dorf – und Dallas liegen.

Nachdem die passende Stelle gefunden war, die später zu Fort Worth wurde, erfuhr Arnold, dass sein Kommandant am 7. Mai in San Antonio an Cholera gestorben war. Das Fort wurde offiziell am 6. Juni 1849 eingeweiht und von Arnold im Gedenken an seinen vormaligen Kommandanten Fort Worth getauft. Während der nächsten Monate siedelten sich Zivilisten, die durch das Gebiet reisten, in der Nähe des Forts an und allmählich wurden auch Unternehmen in der Umgegend gegründet, sodass sich nach und nach eine Stadt entwickelte.

Ich unterhielt mich auf dem gemütlichen Ritt im Schritttempo mit Lieutenant Witherspoon über die Entstehungsgeschichte der Stadt. Gerade über Major Ripley Allen Arnold, der 1853 bei einem Duell zu Tode gekommen war, wusste er so einiges zu berichten.

„Dieser Arnold war als ein Verfechter strenger Disziplin bekannt. Als einer seiner Soldaten eines Tages ein Schwein von einem nahegelegenen Bauernhof stahl, befahl Arnold, dass der Übeltäter für viele Stunden vor dem Offiziersquartier in der Juli-Sonne gefesselt bleibe, wobei die Überreste des geschlachteten Tieres ihm um den Hals gehängt wurden. Aber das ist längst Geschichte. Heute ist alles anders geworden.“

Witherspoon seufzte bei dieser Feststellung schwer.

„Gefällt Euch die Entwicklung von Fort Worth nicht?“, fragte ich vorsichtig.

„Was heißt Fort Worth? Das ist ja nur ein Beispiel. Ich bin nun einmal Soldat und nichts anderes, doch langsam fühle ich mich nur noch wie ein Kuhhirte oder Leibwächter zweiter Klasse. Ihr glaubt ja gar nicht, was für Massen an Vieh auf einmal durch die Gegend hier verbracht werden. Und wer ist schuld? Dieser vermaledeite Chisholm Trail!“

Er brauchte gar nichts mehr weiter zu sagen, über diesen sagenhaften Herdenweg der Vereinigten Staaten hatte ich selbst schon einiges gehört und gelesen.

Der Chisholm Trail – mitunter auch East Shawnee Trail genannt – war die westliche Route der sogenannten Texas Road und eigens für den Viehtrieb aus dem Süden von Texas ins etwa achthundert Kilometer nördlich gelegenen Kansas geschaffen worden. Er wurde seit 1867 genutzt, um das Vieh zum Verladebahnhof der Kansas Pacific Railway in Abilene zu bringen, von wo aus es nach Osten transportiert wurde. Benannt war der Trail nach Jesse Chisholm, der schon vor dem amerikanischen Bürgerkrieg entlang dieser Route eine Reihe von Trading Posts und reinen Poststationen eingerichtet hatte, die damals die einzige Infrastruktur in den Steppen darstellten.

„Es sind inzwischen aber auch schier unglaubliche Menschenmassen, die ins Land strömen und satt werden wollen“, antwortete ich auf sein leichtes Jammern.

„Das ist ja gut und schön, Mr. Shatterhand, aber so viele Soldaten können wir hier im Westen gar nicht haben, um all die Viehherden zu beschützen. Das wissen die Komantschen und Kiowas genau und finden immer wieder schlecht bewachte Herden, die sie überfallen, die Cowboys vertreiben oder töten und dann das Vieh entweder selbst behalten oder gegen gutes Geld wieder an uns herausrücken.“

„Und außerdem sollt Ihr ja auch noch die Siedlertrecks schützen“, pflichtete ich ihm bei.

„Ihr sagt es.“

Die Pferde wurden unruhig – immer ein Zeichen, dass man sich dem Wasser nähert. Wir ließen, am Brazos River angekommen, sie sich dann auch erst einmal ausgiebig an dem Nass laben, derweil wir uns mit den Vorbereitungen zur Nacht beschäftigten. Einige der Soldaten sammelten Holz für Wachfeuer, denn auch wenn die Kiowas beim Auftauchen der Blauröcke geflüchtet waren, war doch Vorsicht geboten.

Das sprach ich gegenüber Witherspoon auch offen an:

„Da Za-ko-yea nicht bei der Horde dabei war, vermute ich, dass noch erheblich mehr Kiowas hier irgendwo in der Gegend stecken, als uns da bei dem Hügel angegriffen haben.“

„Es wäre in der Tat fatal, wenn wir da unachtsam wären, Mr. Shatterhand.“

„Das denke ich auch.“

„Da lasse ich doch in alle drei Richtungen Doppelwachen aufstellen, denn vom Wasser können die Indsmen ja wohl nicht kommen.“

„Wer weiß? Ich kann Euch jedenfalls nicht sagen, ob die Kiowas Kanus dabei haben. Wenn ich mir das auch schlecht vorstellen kann, da ja alle, denen wir bisher begegnet sind, beritten waren.“

„Vorsicht ist besser als Nachsicht. Dann eben auch noch zwei Wachen am Brazos, darauf kommt es ja nun auch nicht mehr an.“

Bei allen Vorsichtsmaßnahmen ließ Winnetou es sich nicht nehmen, selbst noch einmal einen ausgiebigen Kontrollgang um das Nachtlager zu unternehmen. Sollten sich Kiowas in der Nähe befinden, wäre mein Blutsbruder der Erste, der das entdecken würde, aber er kam ergebnislos zurück.

Der Tag war lang und aufregend gewesen, insofern war ich froh, dass wir uns rasch zur Ruhe begeben konnten. Uns hatte Witherspoon glücklicherweise von der Wacheinteilung ausgenommen, sodass wir sogar in den Genuss von mehr Schlaf kommen konnten, als ansonsten üblich war. Selbst zum Essen war ich zu müde. Ich lag kaum, da war ich auch schon eingeschlafen. Jeff Robinson war so geschafft, dass er kaum mehr sprechen mochte, und wohl noch vor mir ins Reich der Träume gefallen war.

Früh am Morgen wurden wir durch die Aktivitäten der Soldaten geweckt. Die Fleischvorräte waren so gut wie aufgebraucht, sodass wir uns nicht gerade sättigen, sondern nur die kläglichen Reste vertilgen konnten. Über den weiteren Ritt ist nicht viel zu sagen. Waco umritten wir, um nicht zu viel Zeit in der Stadt zu verlieren. Dort, wo von Osten der Nolan River in den Brazos fließt, verließen wir den Weg am Strom und wandten uns nördlich in Richtung Camp Henderson, das zwei Jahre später Stadtrechte erhalten und in Cleburne umgetauft werden sollte.

Dass wir uns dann einer Stadt, sprich dem Ziel unseres Ritts näherten, merkten wir allein schon daran, dass Kutschen der Butterfield Overland Mail und der Southern Pacific Stage Line an uns vorbeidonnerten.

Eine kleine Pause mussten wir noch einlegen, nachdem es Winnetou gelungen war, unterwegs zwei Präriehasen zu schießen, die er gleich abzog und zerlegte. Kurze Zeit später war der Tross wieder in Bewegung.

Witherspoon erklärte während des Weiterritts:

„Für die Offiziere ist ein Flügel des einzigen Lodging-Houses der Stadt freigeräumt worden. Für die Mannschaften haben wir im Garten des Gasthauses ausreichend Zelte aufgebaut.“

„Und wer befehligt hier in Fort Worth die Truppen? Ihr?“, erkundigte ich mich weiter.

„Aber nein, ich bin doch nur Lieutenant.“

„Was heißt hier nur?“

„Wer mein Vorgesetzter ist, das hatte ich noch gar nicht erwähnt, oder? Den Befehl hat Major Gordon Agnew inne. Ein alter Haudegen, der sich schon im Bürgerkrieg ausgezeichnet hat. Ich werde euch gleich bei der Ankunft zu ihm führen.“

Wir ritten in Fort Worth ein. Deutlich sah man der Ortschaft an, dass es einmal ein Militärfort gewesen war. Teile der Befestigungsanlage waren noch vorhanden, vieles war aber natürlich längst der Ausweitung der Stadt zum Opfer gefallen.

Lieutenant Witherspoon lenkte unseren Trupp genau zu dem Lodging-House hin, das sich hochtrabend ‚Seventh Heaven‘ nannte.

Der Ausdruck ‚Siebter Himmel‘ stammt wahrscheinlich aus der Theorie des griechischen Philosophen Aristoteles. Dieser teilte den Himmel in sieben durchsichtige Gewölbe ein, in die die Himmelskörper eingebettet sind. In jeder der sieben Sphären bewegt sich je einer der sieben bekannten Planeten: Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn. Das siebente Gewölbe, also der ‚Siebte Himmel‘, war für ihn jener Bereich, der die Welt mit allen Planeten, Sternen, Monden und Sonnen gegen das Nichts abschließt.

„Versprecht euch nicht zu viel, Mesch’schurs“, riss mich Witherspoons Stimme aus meinen abschweifenden Gedanken. „Man schläft in diesem Lodging-House nicht annähernd wie auf ‚Cloud Nine‘14 und schon gar nicht wie im ‚Siebten Himmel‘, aber besser als auf der kahlen Erde ist es allemal!“

Wenn ich ehrlich bin, hatte ich auch nicht allzu viel erwartet, denn die Herberge machte doch einen etwas heruntergekommenen Eindruck. Vor der windschiefen Eingangstür standen links und rechts je ein Soldat Wache. Sofort sprang einer der beiden Türsteher eilfertig herbei und nahm Lieutenant Witherspoons Pferd in Empfang, welches der Wächter an der Fence vor dem Etablissement anband. Da dieses Geländer sich zu beiden Seiten über die ganze Breite des Lodging-Houses hinzog, konnten Winnetou, Jeff Robinson und ich unsere Tiere dort ebenfalls bequem festmachen. Uns ging der Soldat dabei allerdings nicht zur Hand. Um Futter für die Pferde würden wir uns später kümmern, erst einmal wollten wir uns in Jeff Robinsons Angelegenheit mit dem Major unterhalten. Der Grund unseres Ritts nach Fort Worth war auf dem Weg hierher nur kurz und knapp zur Sprache gekommen, sodass auch Lieutenant Witherspoon nur wenig darüber im Bilde war.

Der Lieutenant ließ uns bei Major Gordon Agnew anmelden. Ohne Wartezeit wurden wir sogleich vorgelassen. Der Major machte einen sehr gepflegten Eindruck. Er schien viel Wert auf sein Äußeres zu legen, egal ob er sich in einer der zivilisierten Städte des Ostens oder eben in der Wildnis, an der Frontier, befand. Der silbergraue Oberlippenbart war peinlichst gestutzt und auch die gleichfarbigen Haare lagen nicht auf dem Uniformkragen auf und muteten frisch geschnitten an. Auf die langen Kotletten war offensichtlich einige Zeit verwendet worden, denn sie schienen auf beiden Seiten haargenau gleich lang geschnitten und frisiert zu sein. Seine stahlgrauen Augen hatten einen leicht stechenden Blick. Die Nase war etwas knollig verdickt und rot gefärbt, was vielleicht an übermäßigem Alkoholgenuss lag. Das war aber auch das Einzige, das seinem sonstigen adretten Äußeren entgegensprach. Der Mund versprach Durchsetzungskraft.

Die vergoldeten Knöpfe der Uniform blitzten und die Hose schien frisch gebügelt zu sein. Kein Fussel war auf dem Rock des Offiziers auszumachen. Neben sich auf dem Schreibtisch hatte er seinen Hut griffbereit liegen. Der Säbel hing jederzeit erreichbar am Haken hinter ihm an der Wand.

Witherspoon salutierte zackig vor seinem Vorgesetzten und erstattete kurz und bündig Rapport, wobei er uns auch gleich vorstellte. Unsere Namen machten keinen besonderen Eindruck auf den Major.

Agnew schimpfte nach Beendigung des Berichts los: „Verdammt und zugenäht, immer wieder diese Kiowas. Als wenn sie zur gleichen Zeit überall sein könnten.“

Unweigerlich musste ich an das Märchen der Brüder Grimm vom Hasen und Igel denken: „Ick bün all dor.“15 So musste es den Blauröcken in der Gegend des Llano Estacado gehen. Wo sie auch auftauchten, die Kiowas waren schon da oder zumindest vor ihnen da gewesen.

„Seid ihr mit Witherspoon nach Fort Worth geritten, um euch über die Roten zu beschweren, Mesch’schurs?“, wandte sich Agnew nun an uns.

„Nein, Major, wir begleiten lediglich Mr. Robinson hier, der den Mörder seines Bruders verfolgt“, erläuterte ich.

„Ach, und gibt es denn irgendwelche Anhaltspunkte, dass sich der Kerl gerade hier in der Gegend aufhält?“

„Das kann man wohl annehmen. Sagt Euch, bei der Gelegenheit, der Name Liam Norris etwas?“

„Nein, nie gehört.“

Nun mussten wir erst einmal eingehender berichten. Major Agnew hörte interessiert zu. Jeff kramte letztlich die Quittung über das Besohlen der Schuhe hier in der Stadt aus seiner Hosentasche.

„Das habe ich bei den zurückgelassenen Siebensachen des Mörders gefunden.“

Der Major besah sich den verknitterten Zettel und konstatierte:

„Mmh, die Quittung ist vom ollen James, den alle nur Jimbo nennen. James Taylor, das ist der Schuhmacher und Gerber hier im Ort. Und da steht ja auch tatsächlich gut leserlich der Empfängername der Quittung: Liam Norris.“ Agnew sah seinem Lieutenant ins Gesicht. „Kennt Ihr einen Liam Norris hier in Fort Worth, Lieutenant?“

„Nein, Sir, den Namen habe ich auch noch nie zuvor gehört.“

„Das ist dumm.“ Er wandte sich wieder uns zu: „Tut mir leid, Herrschaften, aber da können wir Euch wohl nicht helfen, wenn ich das auch liebend gern getan hätte.“

Da besann ich mich auf das zweite Stück, das uns bei der Suche nach dem ominösen Liam Norris vielleicht noch helfen konnte.

„Zeigt dem Major bitte auch kurz den Steckbrief, Jeff!“

„Ach ja, stimmt, einen kleinen Augenblick, bitte!“

Umständlich kramte er den Anschlagzettel aus seiner Jackeninnentasche, entfaltete ihn und legte ihn vor Major Agnew so auf den Schreibtisch, dass dieser sich gleich die Zeichnung anschauen konnte.

Der sah nur einmal kurz auf den Steckbrief, drosch mit der Faust auf die Schreibtischplatte und rief erstaunt aus:

„Alle Teufel, die Visage kenne ich doch. Das soll ein gewisser Liam Norris sein? Nie im Leben, das ist einer unserer Comancheros, die ab und an hier auftauchen. Hier bei uns nennt er sich aber Brad Turner und nicht Liam Norris.“

„Das ist eindeutig Brad Turner“, bestätigte Witherspoon die Worte seines Vorgesetzten, nachdem er sich die Zeichnung auf dem Steckbrief ebenfalls betrachtet hatte.

„Und der ist Comanchero?“, fragte ich zweifelnd nach.

„Ja, ganz bestimmt.“

„Ungewöhnlich; das sind doch eigentlich meistens eher spanischsprachige Händler.“

„Dieser Turner ist zwar ganz bestimmt kein Mexikaner, spricht aber sowohl Englisch als auch Spanisch perfekt wie seine Muttersprache.“

„Wohnt Brad Turner hier in Fort Worth?“, fragte ich.

„Nein, nein, er hat seinen lausigen Handelsposten irgendwo am Rande des Llano Estacado. Ich weiß nicht einmal ob, das eine feste Station ist oder ob er eher zu den fahrenden Händlern gehört.“

„Wisst Ihr genauer, wo er sich derzeit herumtreibt?“

„Leider nein“, brummte Agnew. „Darum habe ich mich nie gekümmert. Wenn der Comanchero Brad Turner etwas von uns will, dann kommt er immer hierher nach Fort Worth. Wenn er irgendwo einen festen Laden hat, kann der aber eigentlich nur auf dieser Seite des Llanos liegen!“

Das war logisch, denn der Mann würde ganz bestimmt nicht jedes Mal die komplette Wüste durchqueren, das wäre viel zu weit und umständlich gewesen.

Nun waren wir immerhin schon ein ganzes Stück weiter. Der Halunke hieß also Brad Turner, wenn wenigstens das sein richtiger Name war, und trieb hier in der Nähe von Fort Worth seinen Handel. Wohl mit allem, was irgendwie Geld einbrachte, schwante mir, egal was.

Ich sinnierte laut weiter:

„Seine Falschspielereien, um brave Mitspieler um ihr sauer verdientes Erspartes zu bringen, wollte er dann wohl lieber doch nicht so nah an seinem Wohnort vollführen, sonst hätte er sich, schneller als ihm lieb gewesen wäre, hier in Fort Worth und Umgebung nicht mehr blicken lassen können.“

Nun mussten wir Major Agnew erst einmal voll ins Bild setzen, wie es genau zu dem Mord an Ryan Robinson gekommen war. Für den obersten Offizier der Kompanie blieb nach unseren detaillierten Ausführungen nichts mehr unbeantwortet, so fragte er stattdessen:

„Und was wollt Ihr nun weiter unternehmen, um den Mörder von Mr. Robinsons Bruder zu ergreifen, meine Herren?“

„Das müssen wir erst einmal gemeinsam beraten, Major, denn nun ist ja eine etwas veränderte Situation eingetreten“, meinte ich. „Schließlich suchen wir nun keinen Liam Norris mehr, sondern einen Comanchero namens Brad Turner.“

„Ja, da habt Ihr völlig Recht“, pflichtete Agnew bei. „Das muss erst einmal gründlich besprochen werden. Ihr könnt hier im ‚Seventh Heaven‘ übrigens Zimmer beziehen. Im Wohntrakt für Gäste müssten eigentlich noch ausreichend Zimmer frei sein, hierher verirren sich nicht so oft Reisende.“

„Zumindest keine, die Zimmer in einem Lodging-House buchen. Siedlertrecks und Viehtriebe gibt es dagegen natürlich ohne Ende“, kommentierte Witherspoon sarkastisch.

„Das stimmt auffällig, Lieutenant. Wo Ihr Recht habt, habt Ihr Recht, daran hatte ich bei meinen Worten eben gar nicht gedacht! Ameisenvölker könnten auch nicht zahlreicher sein.“

Ich ging sogleich auf den Vorschlag des Majors ein:

„Das mit den Zimmern hier im Lodging-House ist sehr freundlich, dann brauchen wir uns darum nicht noch anderweitig zu kümmern.“

„Anderweitig ist gut“, antwortete Agnew grinsend, „dann hättet Ihr nur irgendwo draußen in der Wüste nächtigen können.“

„Ich verstehe“, lenkte ich ein. „Es gibt also wirklich kein weiteres Lodging-House oder Hotel hier in Fort Worth?“

„Korrekt.“

„Gut, bleiben wir hier.“

„Witherspoon?“, wandte sich der Major nun wieder an seinen Untergebenen.

„Sir?“

„Sucht den Gastwirt und macht das mit den Zimmern für die Herrschaften klar!“

„Wird sofort erledigt, Major!“

Skorpion und Klapperschlange

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