Читать книгу Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1 - Reinhart Maurach - Страница 174
4. Der infolge Kunstfehlers verunglückte Eingriff
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Hier besteht im Wesentlichen Einigkeit. Tatbestand und Rechtswidrigkeit stehen außer Zweifel. Die Möglichkeit einer Bestrafung wegen bedingt vorsätzlicher Körperverletzung hängt von der Willenseinstellung zum Erfolg, die Bestrafung wegen fahrlässiger Körperverletzung davon ab, ob der Behandelnde die ihm individuell mögliche Sorgfalt eingehalten oder außer Acht gelassen hat. Dies ist eine nicht nur von den persönlichen Fähigkeiten, sondern auch von den begleitenden Umständen (z.B. bei einer dringenden Operation durch einen Nichtfacharzt ohne klinische Hilfsmittel) abhängende Tatfrage (näher o. § 3 Rn. 8).
Der Begriff „Kunstfehler“ wird zunehmend angegriffen[63]. Dass der Begriff des Kunstfehlers relativ ist, zeigt sich besonders bei der Beurteilung ärztlicher Außenseitermethoden; hierbei dürfen zugunsten des Arztes auch nach der Tat gewonnene Erkenntnisse berücksichtigt werden (BGH NJW 62, 1780). Zur Problematik der Neulandoperationen eingehend Grahlmann aaO. Als nicht sachgemäße Behandlungen müssen auch solche Eingriffe gelten, die zwar den gewünschten Erfolg erreichen, dabei aber vermeidbare Beeinträchtigungen im Wohlbefinden des Patienten hervorrufen (Tatbestand der „Misshandlung“ nach § 223, der auch für § 229 gilt). Ferner gehören hierher voreilige und daher in concreto überflüssige Eingriffe (hierzu BGH 12, 379). Diese sind objektiv nicht indiziert, dienen nicht der Gesunderhaltung und erfüllen daher jedenfalls den Verursachungstatbestand des § 229; bei Inkaufnahme der Nichterforderlichkeit der Behandlung durch den Arzt ist darüber hinaus der Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung gegeben. Eine Rechtfertigung findet nicht statt. Tatverantwortung und Schuld sind bei Vorsatz (Inkaufnahme der Überflüssigkeit des Eingriffes) stets gegeben, während bei irriger Annahme der Notwendigkeit einer solchen Behandlung die Regeln des Verbotsirrtums anzuwenden sind.