Читать книгу NOLA Knights: Hers to Tame - Rhenna Morgan - Страница 7
Kapitel 3
ОглавлениеEs gab eine Sache, die man über New Orleans mit Fug und Recht behaupten konnte: Diese Stadt war für jedermann geeignet. Jung. Alt. Reich. Arm. Ausgelassen oder düster. Sünder und Errettete. Jeder fand hier seinen Platz, und jedes der vielen Viertel, aus denen die Stadt bestand, besaß sein eigenes Flair und Lebensgefühl.
Kir starrte aus dem Beifahrerfenster von Romans Wagen. Auf der gesamten Tchoupitoulas Street erstrahlten helle Lichter, ertönte Musik und das Gelächter von den Gästen, die von Bar zu Bar zogen. Sie schlugen die wolkenverhangene Nacht zurück, während der Mississippi dunkel und trüb nicht weit davon entfernt, in den Schatten, vor sich hinfloss. Wie ein tödliches, schwarzes und flüsterndes Band, passend zu seiner Stimmung.
Roman lenkte den Wagen die Washington Street hinunter, direkt in das Herz des Irish Channel, in Richtung eines Hauses im viktorianischen Stil, das sein befreundeter Computerfreak, Kevin, vor nur etwa vier Wochen gekauft hatte. Es war das erste Anwesen, das er jemals besessen hatte.
Ab heute Abend würde es auch das letzte sein.
Vier Männer standen davor, zwei davon auf der erhöhten Holzveranda und die anderen direkt hinter dem kniehohen, schmiedeeisernen Zaun, der den winzigen Hof umgab. Jeder Einzelne von ihnen konzentrierte sich auf Romans heranfahrenden Ford Raptor, während er vor ihnen parkte. Das Monstrum von einem Pick-up war schwarz und ebenso einschüchternd wie sein Besitzer.
Ein avtoritet verlor niemals die Fassung. Handelte nie ohne Grund oder sprach, ohne nachzudenken. Besonders, wenn die, die er führte, zusahen.
Aber Kir wollte Blut sehen, wollte das wütende Aufheulen hinter seinem Brustbein loswerden und demjenigen einen tödlichen Schlag verpassen, der es gewagt hatte, einen aus seiner Familie zu berühren.
Roman stellte den Motor ab und löste den Sicherheitsgurt. „Sie werden dich beobachten. Welchen Ton du auch anschlägst, sie werden ihn übernehmen.“
Kir zwang sich dazu, zu antworten, und nutzte die Luft in seinen Lungen, um dem Mantra, das er auf der gesamten Fahrt hierher im Geiste wiederholt hatte, eine Stimme zu verleihen. „Ich werde meinen pakhan und den Frieden, den er geschaffen hat, nicht entehren und nicht ohne Grund agieren.“ Er begegnete Romans Blick. „Aber diese Ungerechtigkeit kann nicht hingenommen werden. Du weißt das. Sergei weiß das. Kevin muss gerächt werden.“
Draußen lag der Geruch von Zigarettenrauch, Moos und frisch aufgefülltem Mulch in der Luft, ebenso eine drückende Feuchtigkeit, ohne Hoffnung auf eine Brise, die sie auf dem Weg begleitete. Das feine Gewebe seines Hemdes klebte unangenehm auf seiner Haut und seine Anzugjacke hing schwer auf seinen Schultern, doch das Gewicht der Glock, die in seinem Schulterholster steckte, war ihm ein Trost.
Seine Männer schlossen sich ihm und Roman an, als sie zur Tür gingen. Jeder von ihnen nickte, aber keiner sagte einen Ton. Mikey wartete an der Eingangstür. Seine Lippen waren aufeinandergepresst und in seinem Blick war pure Wut zu erkennen.
Kir kam auf der Veranda auf ihn zu. „Wie lange ist es her, dass du ihn gefunden hast?“
„Eine Stunde.“ Mikey öffnete die etwa drei Meter hohe Holztür, trat beiseite, damit Kir und Roman durchgehen konnten, und folgte ihnen dann. „Reggie und ich wollten ihn abholen und den Rest von euch im Cure treffen. Wir haben ihn in seinem Bett gefunden. Messer ins Herz.“
Das Haus mochte zwar ein Klassiker sein, aber das Interieur war eindeutig das eines Junggesellen. Das Wohnzimmer bestand hauptsächlich aus einer riesigen Flanellcouch, auf der schon einige ihrer Männer abgestürzt waren, einem übergroßen Ledersessel daneben und einem hochmodernen Flachbildfernseher an der Wand. Kaum etwas, was den Schall absorbieren konnte, während ihre gemeinsamen Schritte auf dem aufgearbeiteten Parkettboden von den hohen Wänden abprallten. „Gewaltsames Eindringen?“
„Nein.“
„Anzeichen eines Kampfes?“
„Nein.“
Kir bewegte sich weiter, ging an dem Gästebad im Flur und der restaurierten schwarzen Küche mit Edelstahlgeräten vorbei bis zur Treppe im hinteren Teil des Hauses. „Polizei?“
„Wurde nicht benachrichtigt. Die Männer haben die Straßen durchkämmt und halten Ausschau nach verdächtigen Personen.“
„Es wird keine geben.“ Die Endgültigkeit in Romans leise gemurmelten Worten war absolut, ein Resultat von jahrelanger Erfahrung. „Kein Kampf. Kein gewaltsames Eindringen. Wer auch immer das getan hat – Kevin kannte sie und die Tat war geplant.“
Das Obergeschoss des Hauses war einfach angelegt. Zwei kleine, schlichte Schlafzimmer mit Ausblick auf einen kargen Hinterhof und eine schöne große Mastersuite mit Blick auf die Straße. Er ging auf das Hauptschlafzimmer zu. Sein Magen krampfte sich zusammen, während sich seine Muskeln anspannten und er sich auf den Anblick dessen, was ihn darin erwartete, gefasst machte.
Er blieb ebenso wie Roman an der Schwelle stehen, um sich von dem Zorn zu distanzieren. Die goldenen Vorhänge, die bereits hier hingen, als Kevin das Haus gekauft hatte, waren zugezogen worden. Die unauffällige grau lackierte Kommode und der Computerschreibtisch aus dem Weltraumzeitalter schienen unberührt zu sein. Die einzigen Dinge, die fehl am Platz wirkten, waren das am Boden liegende T-Shirt, das Blut auf der zerknitterten Bettdecke und der tote Mann mit nacktem Oberkörper, der an die Decke starrte.
„Er wurde nicht bewegt“, murmelte Roman auf Russisch. „Er könnte im Schlaf erwischt worden sein.“
Kir schüttelte den Kopf und begab sich tiefer in den Raum. „Nyet. Die Lampe neben seinem Bett ist eingeschaltet. Das wäre nicht so, wenn er geschlafen hätte. Er hätte das Shirt nicht auf den Boden geworfen, falls nicht etwas anderes seine Aufmerksamkeit eingefordert hätte oder er dazu aufgefordert worden wäre.“
„Eine Frau?“
„Vielleicht.“ Kir blieb am Fußende des Bettes stehen und musterte seinen getöteten Soldaten. Kurzes, unordentliches braunes Haar und ein großer, schlaksiger Körper, der zu viele Stunden hinter einem Computer gesessen und vergessen hatte, zu essen. Er war erst fünfundzwanzig gewesen und hatte im Gegensatz zu den meisten seiner Männer eine kindliche Unschuld an sich gehabt. Ein albernes Lächeln zierte normalerweise sein Gesicht, aber heute Nacht war dieses Lächeln verschwunden, sein Mund war schlaff und seine Hülle ohne Leben. „Oder eine Frau als Ablenkung.“
Kevins Laptop stand geöffnet auf dem Schreibtisch, die Vorderkante war exakt horizontal zur Schreibtischkante ausgerichtet.
Seltsam.
Bei Kevin konnte man sich darauf verlassen, dass alles seinen perfekten Platz hatte, doch sein Laptop war niemals außerhalb seiner Reichweite.
Kir drehte sich zu Mikey und Reggie um, die an der Tür warteten. „Wurde etwas bewegt?“
Reggie zuckte mit dem Kopf in Richtung der anderen Seite des Bettes. „Nur das Papier auf dem Boden. Ich habe es runtergeworfen, als ich den Puls gefühlt habe. Alles andere war genauso wie jetzt.“
Kir umrundete das Bett. Dort befand sich ein einfaches Blatt Kopierpapier, das zuvor mehrfach gefaltet gewesen war. Es lag mit der bedruckten Seite auf dem Holzboden. Kir ergriff eine Ecke davon und drehte es um.
Alfonsis Untergang stand als Überschrift am Kopf des Papiers, nur noch getoppt von der namentlichen Erwähnung des Fernsehsenders, der die Bildrechte besaß, und dem Namen der Reporterin, die den Artikel verfasst hatte – Cassie McClintock. Das Foto war ein Schnappschuss von Sergei, der gerade eine Straße in einer Wohngegend entlanglief. Er warf einen Blick über seine Schulter, als ob er geahnt hätte, dass eine Kamera auf ihn gerichtet gewesen war. Die Qualität des Bildes war bestenfalls pixelig, aber das Stirnrunzeln auf Sergeis Gesicht zeigte deutlich, dass er zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht gerade in bester Stimmung gewesen war.
Kir kannte den Artikel sehr gut. Er hatte die dazugehörige Sendung gesehen und Cassies gedruckten Text mehrfach gelesen.
Roman studierte das Papier über Kirs Schulter hinweg. „Eine Nachricht.“
„Scheint so“, erwiderte Kir. „Und noch dazu nicht gerade subtil.“ Er legte das Papier vorsichtig auf den Schreibtisch, zog den Stuhl aus dem Weg und fuhr mit den Fingern über das Mauspad des Laptops, um den Bildschirm zu aktivieren. Sein junger Soldat war einer der enthusiastischsten und kreativsten Hacker gewesen, den er seit langer Zeit gesehen hatte. Kir hatte sogar gegenüber Sergeis Bruder aus Dallas, Knox Torren, angedeutet, dass Kevin ihm irgendwann den Rang ablaufen könnte. Um diese Ansage wahr zu machen, war Kir mehr als bereit gewesen, jeden technischen Wunsch zu finanzieren, den er gehabt hatte. Die einzigen Sachen, die nicht verhandelbar gewesen waren, waren vollständige Kenntnis aller Passwörter, der Infrastruktur und Datenspeicherung.
Mikey trat näher an Roman heran. „Was für eine Nachricht?“
„Jemand weiß, dass wir für Alfonsi verantwortlich sind“, antwortete Roman. „Wer auch immer die sind … sie sind nicht glücklich darüber.“
„Da kommen nicht viele infrage“, murmelte Reggie von der Tür aus.
„Mehr, als du vielleicht denkst.“ Kir überprüfte ein Verzeichnis nach dem nächsten und jedes davon war leer. „Alfonsi hatte einige Nebengeschäfte. Unsere direkte Konkurrenz und die, die er erpresst hat, haben sich sicherlich gefreut, als er verschwunden ist, aber die, die auf seiner Gehaltsliste standen, nicht so sehr.“
„Wonach suchst du?“, fragte Roman.
Er überprüfte das letzte Verzeichnis, verließ die DOS-Eingabeaufforderung und sah seinen alten Freund an. „Wer auch immer hier war, hat nicht nur eine Nachricht hinterlassen. Sie wollten Informationen.“
„Woran erkennst du das?“
„Weil Kevin eine Fehleingabesicherung auf seinem Laptop hatte. Bei mehr als vier falschen Anmeldeversuchen werden alle darauf gespeicherten Daten sowie alle Verbindungen zu unseren freigegebenen Laufwerken zerstört. Auf diesem Gerät befindet sich nichts.“ Neben dem Laptop lag das Foto von Sergei, und der finstere Gesichtsausdruck seines pakhan spiegelte genau in diesem Moment wahrscheinlich Kirs eigenen wider.
Alfonsis Untergang.
Kir konzentrierte sich auf den Namen der Autorin darüber
Cassie McClintock.
Weil er auf den Text vor ihm fokussiert war und seine Gedanken zu kreisen begannen, bemerkte er nicht, dass Roman näher gekommen war, bis dessen Stimme direkt hinter ihm erklang. „Was denkst du?“
Dass er Kevins Mörder nicht schnell genug finden könnte. Dass er, wenn er ihn gefunden hätte, auf grausame Weise dafür bezahlen lassen würde.
Und dass der Tod zwar einen seiner eigenen Leute genommen hatte, aber auch ein Werkzeug geliefert hatte, um Rache zu üben.
Er drehte sich so, dass sich Kevins Leichnam in seine Erinnerung einprägen konnte. Dass der kupferne Biss von so viel Blut sich selbst in seine Lungen einprägte. „Ich denke, der schnellste Weg, um herauszufinden, wer ein Motiv haben könnte, besteht darin, mit der Person zu sprechen, die bereits den Großteil der Vorarbeit geleistet hat.“