Читать книгу Beloved Sin - Deine Seele gehört mir - Rhiana Corbin - Страница 7
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ОглавлениеIch höre, wie ein Schlüssel ins Türschloss gesteckt wird. Endlich. Endlich kommt jemand, um mich zu befreien. Das alles kann doch nur ein böser Traum sein. Allein der Gedanke, wie sich dieser Fiesling von Mayers auf meinen nackten Körper gelegt hat, lässt mir erneut die Galle hochkommen. Er ist schmierig, ekelig und alt. Auch wenn er erst Mitte vierzig ist, sieht er mit seinem faltigen Gesicht aus wie Anfang sechzig. Er riecht weder gut, noch ist er besonders charmant. Allein der Gedanke an seine Hände auf meiner Haut, wenn er mich rein zufällig berührt hat, verschafft mir Übelkeit. Wobei zufällig die falsche Wortwahl ist. Nichts, was Lucas Mayers tut, ist unabsichtlich. Es ist alles Berechnung. Wirklich alles. Auch, dass er mich fast vergewaltigt hat.
Der Mann, der den Raum betritt und sorgfältig die Tür hinter sich schließt, ist mir nicht ganz geheuer. Dass ich hier nackt auf dem Bett liege, ist mir peinlich. Ich würde ein Bein anwinkeln, um meine Scham zu bedecken, doch ich kann nicht, denn die Hände und auch beide Beine sind an dem Bettgestell gefesselt. Ich kann auch nicht sprechen, weil mein Mund mit einem Klebeband fixiert ist. Ich liege ganz still, folge dem Mann mit meinen Blicken.
Der Raum ist nur spärlich beleuchtet, aber ich kann sein gut geschnittenes Gesicht erkennen. Er kommt mir bekannt vor, doch im Moment weiß ich nicht, woher, dafür habe ich den Kopf nicht frei.
Er tritt an das Bett und blickt zu mir herunter. Ich traue meinen Augen nicht. Er sieht fast zu schön für einen Mann aus. Sein Typ ist dunkel, nicht besonders schwedisch. Kurzes dunkelbraunes Haar, kräftige, aber fein geschwungene Augenbrauen zieren sein Gesicht. Seine hellblauen Augen fixieren mich. Sie sind der einzige Hinweis auf seine nordische Abstammung, denn diese Augen besitzen nur Skandinavier, da bin ich mir sicher. Er trägt einen Henriquatre-Bart, kurz und gepflegt, als hätte er sich erst vor wenigen Stunden rasiert. Die Hände in die Hüften gestemmt, sodass seine ausgeprägten Brustmuskeln unter dem anthrazitfarbenen Hemd sichtbar hervortreten, schaut er mich ratlos an.
»Mmmhhh«, versuche ich, etwas zu sagen, doch nichts Verständliches kommt dabei heraus.
»Sei still.« Er zieht ein Paar schwarze Handschuhe über.
Seine Stimme ist angenehm dunkel, auch wenn er nicht gerade freundlich ist. Leider sind die Handschuhe kein gutes Zeichen.
Als er sich umdreht und das Zimmer wieder verlässt, kann ich es nicht glauben. Wild beginne ich, mich gegen die Fesseln zu wehren, jedoch ohne Erfolg, ich füge mir nur selbst Schmerzen zu.
Es dauert nicht lange und die Tür öffnet sich erneut, und der gut aussehende Kerl betritt wieder den Raum. In der Hand hält er etwas, das mich zittern lässt. Einen Leichensack.
Meine Augen weiten sich angstvoll. Das ist jetzt nicht sein Ernst. Doch so, wie es aussieht, ist mein Leben keine Krone mehr wert.
Der Sack wird ausgerollt und das Klebeband von meinem Mund gelöst.
»Danke«, keuche ich und hole unkontrolliert Luft, sodass ich mich direkt verschlucke. »Kann ich etwas zu trinken haben?«, frage ich scheu.
Überrascht blickt dieser Adonis mich an. »Ich bin nicht hier, um dir das Leben zu retten.«
Das habe ich mir fast gedacht, ich bin ja nicht blöd. »Was hast du mit mir vor? Hej, wie ist dein Name?«
»Na, was glaubst du wohl?«, will er wissen und scheint belustigt. »Du hättest deine Nase nicht in Dinge stecken sollen, die dich nichts angehen.«
Er setzt sich zu mir auf die Matratze und blickt mich eindringlich an.
Für einen Moment schließe ich die Augen. Versuche, mich zu konzentrieren. Tränen rinnen meine Schläfen hinunter. Er riecht gut. Angenehm nach einem männlichen Duschgel oder Parfum. Von Nahem sieht er noch attraktiver aus. Ich wende den Kopf ab, weil es mir unangenehm ist, hier nackt zu liegen und begutachtet zu werden wie ein Stück Vieh.
»Wie ist dein Name?«, frage ich erneut, denn eines ist klar: Will ich hier lebend rauskommen, muss ich diesen Mann emotional erreichen. »Bitte, sag ihn mir.«
»Viggo«, antwortet er heiser.
»Viggo, bitte töte mich nicht. Ich tue alles, was du willst. Aber verschone mein Leben. Ich habe gar nichts gesehen, Lucas hat sich da etwas in den Kopf gesetzt, was nicht den Tatsachen entspricht.« Ich zerre an meinen Fesseln, doch die geben nicht nach.
»In einem hatte Lucas wirklich recht. Du bist sehr schön.« Er streicht mir das schulterlange braune Haar aus dem Gesicht und blickt mir intensiv in die Augen. »Du hast geheimnisvolle grüne Augen. Es ist eine Schande.«
Angst beschleicht mich, und ich versuche, die Fesseln zu lösen.
»Pssst«, Viggo legt einen Finger auf seine Lippen und schüttelt den Kopf. Dann berührt er meinen Bauch, fährt mit der Handfläche meine Hüften nach, höher zu den Rippen.
Ich kann nichts dagegen tun, seine Berührungen erregen mich auf eine unbekannte dunkle Weise. Meine Brustwarzen werden hart, und Viggo blickt mich begehrlich an.
Ein kleiner Seufzer rutscht mir aus dem Mund, und ich werde rot. Ich will auf keinen Fall den Anschein erwecken, dass mir das hier gefällt.
»Schau mich an«, befiehlt Viggo, und ich kann mich dem nicht widersetzen, drehe meinen Kopf und blicke ihm in die Augen. Seine Hand wandert hoch zu meinen Brüsten, knetet sie abwechselnd. Ich beginne zu zittern.
»Gefällt dir das?«, fragt er und blickt mich erwartungsvoll an.
»Nein, wie könnte es, in Anbetracht meiner Lage? Ich würde mich wohler fühlen, wenn ich mich bewegen könnte und …« Ich verstumme.
»Und was?«, will Viggo wissen.
Verlegen beiße ich mir auf die Unterlippe, weil ich nicht weiß, ob ich es aussprechen kann. Doch ich muss diesen Kerl irgendwie für mich gewinnen. »Und wenn ich dich berühren könnte«, wispere ich verlegen.
Viggo grinst. »Du sagst wohl immer genau das, was du denkst. Das hat dir vermutlich den Hals gebrochen. Wie ist dein Name?«
»Ester, und ich kann nichts dafür, wenn Lucas nicht die Wahrheit verträgt«, gebe ich mutig zu, denn jetzt ist es ohnehin zu spät. Ich werde mein Leben verlieren, ein Blick auf den Leichensack lässt keine andere Vermutung zu.
Neugierig blickt Viggo mich an. »Ich würde gern mehr hören, doch wir müssen das hier zu Ende bringen. Es tut mir leid.«
»Dann lass es sein und hör dir an, was ich zu sagen habe.« Meine Stimme klingt flehend und hört sich selbst in meinen Ohren mickrig an.
Viggo beginnt, meine Fesseln zu lösen, überlegt einen Augenblick, dann meint er: »Tut mir leid, ich kann nicht anders.« Viggo holt aus und versetzt mir einen Kinnhaken, dass mein Kopf zur Seite fliegt, und ich verliere das Bewusstsein. Es wird erneut schnell dunkel um mich herum, sodass ich nicht mal einen Schmerz verspüre.
Sie ist leicht wie eine Feder, und Viggo geschickt im Umgang mit Leichensäcken. Schnell hat er sie eingepackt und wirft sie über seine Schulter. Er hat keine Ahnung, warum er das macht, langsam ödet es ihn an, für Lucas aufzuräumen. Durch den Hintereingang verlässt er die Bar. Seinen Wagen hat er bereits direkt vor der Tür geparkt, als er den Leichensack aus dem Auto geholt hat. Er wirft das Gepäck in den Kofferraum und fährt mit durchdrehenden Reifen davon. Ein Blick in den Rückspiegel sagt ihm, dass ihm niemand folgt. Warum auch, bisher hat er immer alle Aufträge präzise wie ein Uhrwerk erledigt. Es gibt Hunderte von Stellen, wo er den Sack, ohne gesehen zu werden, im Meer versenken könnte, doch seine Fahrtrichtung ist eine ganz andere. Erst als er vor dem Haus parkt, in dem sich seine Wohnung befindet, wird ihm bewusst, in was er sich da gerade hineinreitet.
»Verdammt!« Er schlägt mit der Hand auf das Lenkrad. Was stellt er hier nur an? Hat er überhaupt über die Konsequenzen nachgedacht? Nein, mit Sicherheit nicht. Er hätte sie gar nicht ansehen, geschweige denn das Klebeband lösen oder mit ihr sprechen dürfen. Und schon gar nicht hätte er sie anfassen dürfen. Normalerweise kennt er die Opfer nicht, verschwendet keinen Gedanken an sie. Jetzt ist alles anders. Sie hat einen Namen, sie hat ein Gesicht. Und noch viel schlimmer, sie hat einen Körper wie für die Sünde geschaffen. Ihre makellose helle Haut geht ihm einfach nicht aus dem Kopf. Sein Schwanz macht wahre Freudensprünge, wenn er sich erinnert, wie sie versucht hat, ihre Fesseln zu lösen, und sich dabei wie eine Schlangenbeschwörerin gewunden hat. Er muss sie aus dem Kopf bekommen, doch anscheinend ist es dafür bereits viel zu spät. Ester – ihr Name ist eine Versuchung, der er wohl nicht widerstehen kann.
Viggo steigt aus dem Wagen, wirft die Tür zu und öffnet den Kofferraum. Sie scheint immer noch bewusstlos, bewegt sich nicht. Er muss sich beeilen, die Sonne ist bereits aufgegangen, um fünf Uhr morgens beginnt das Leben, und die Gefahr, dass er gesehen wird, ist groß. Schnell wirft er sich den Sack über die Schulter und betritt das Wohnhaus.
»Hej Viggo. Was hast du denn da?«
Viggo erstarrt einen Augenblick, dann gleitet ein Lächeln über seine Züge. »Hej Mathilda. Ich habe mir einen neuen Teppich zugelegt.«
»Sehr schön. Dir einen schönen Tag.« Die Tür fällt zu, und Viggo blickt der alten Dame hinterher, die im Erdgeschoss wohnt und jeden Morgen die wenigen Schritte zum Bäcker läuft. Es muss schon später sein als gedacht.
Er läuft in den vierten Stock hinauf. Obwohl sein Gepäck schwer auf der Schulter liegt, ist er kaum außer Puste, dank seiner regelmäßigen Besuche im Fitnessstudio. Die Wohnungstür fällt ins Schloss, und er atmet erleichtert auf. Seine Fracht bringt er in sein Schlafzimmer, legt sie vorsichtig auf dem Bett ab. Den Leichensack entfernt er und entsorgt die Plane sofort. Sie hat zu viel mit dem Tod zu tun, und das irritiert Viggo im Moment. Esters Kinnpartie hat sich blau gefärbt. Sofort macht sich in ihm ein schlechtes Gewissen breit. Aber es gab keine andere Möglichkeit, sie hätte sich in dem Leichensack zu Tode geängstigt.
Während er seine Handschuhe auszieht, geht er hinüber in die Küche, holt einen Eisbeutel aus dem Gefrierfach seines Kühlschranks. Im Wohnzimmer schaltet er die Musikanlage an, klassische Musik erklingt. Sie beruhigt seine Nerven und lässt ihn ganz langsam runterkommen. Er zieht seine Jacke aus, krempelt die Ärmel des Hemdes auf.
Das Eispack legt er vorsichtig an Esters Kinn. Sie stöhnt leise, kommt langsam wieder zu Bewusstsein. Noch hält sie die Augen geschlossen, dreht den Kopf in Richtung der kleinen gedimmten Nachttischlampe, die den Raum erleuchtet.
»Ich muss wohl noch am Leben sein, denn ich glaube nicht, dass man Jonas Kaufmann im Himmel spielt«, murmelt sie leise, aber gut verständlich.
Viggo muss gegen seinen Willen lachen. In dieser Lage noch Sinn für Humor zu entwickeln, erfordert eine Menge Courage. Das hat er ihr nicht zugetraut. Je länger er sich mit dieser Frau beschäftigt, umso mehr zieht sie ihn in ihren Bann.
Sie öffnet die Augen und schreckt vor ihm zurück. Er kühlt ihr das Kinn und kommt ihr dabei so nah, fast schon zu nah.
»Nicht erschrecken, ich tue dir nichts. Aber ich musste dich k. o. hauen, sonst wäre es problematisch geworden.«
»Hättest du mich nicht weniger fest ausknocken können?«, fragt sie und blickt ihn düster an, dann lächelt sie.
Viggos Eingeweide ziehen sich zusammen, er weiß nicht, wie ihm geschieht. Dieses Lächeln fährt ihm durch Mark und Bein, und er ist ganz fasziniert von ihrem Antlitz. Sie liegt so wunderschön vor ihm, dass auch eine blaugrüne Stelle an ihrem Kinn ihrer Schönheit keinen Abbruch tut, sie immer noch alle anderen Frauen mit ihrem Aussehen um Längen schlägt. Selbst seine Schwester kann da nicht mithalten und die hat es immerhin geschafft, sich einen Kronprinzen zu angeln.
»Was hast du jetzt mit mir vor?«, fragt sie eingeschüchtert.
Viggo vermisst die Angst in ihrer Stimme. Doch sie ist sanft und melodisch. Resigniert nimmt er die Hand von ihrem Kinn und drückt ihr das Eispack in die Hand.
»Ich habe keine Ahnung, was ich mit dir anstellen soll«, gibt er unumwunden zu. Er stützt die Arme auf seinen Oberschenkeln ab und legt den Kopf in die Hände.
»Im Grunde müsstest du mich umbringen. Du bist der Bruder der Prinzessin Astrid. Ich habe dich erkannt.«
Wütend greift er nach ihr, bekommt aber nur das Haar zu fassen und in der nächsten Sekunde hält er es in der Hand.
»Was ist das?«, fragt er im ersten Moment erschrocken und schaut auf die braune Haarpracht.
»Du meinst das Haar in deiner Hand? Das ist nur eine Perücke.«
Viggo schaut auf ihr blondes Haar, das sich ihr über die Schultern ergießt. Sie ist hellblond und sieht umwerfend damit aus.
»Gibt es sonst noch etwas, das nicht echt an dir ist?«, fragt er schockiert und blickt auf ihre Brüste.
»Die sind jedenfalls echt«, giftet sie ihn an und beginnt, die farbigen Kontaktlinsen aus den Augen zu nehmen.
»Grau, deine Augen sind grau. Ist das alles?«, fragt er.
»Ja, Viggo Magnusson.«