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2. Das Reich als »complexio oppositorum«

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Ihr Ende – in jedem Sinn – erreicht die Reichsideologie im Nationalsozialismus, der gerade auch in dieser Hinsicht eine »complexio oppositorum« ist, je nach der Situation einmal mehr hier oder dort den Akzent setzend: Begann er in Potsdam als »Drittes Reich« Wirklichkeit zu werden, so endete er – nach der kurzen »großdeutschen« Reichs-Phase – beim »Reich« einfach und schlechthin, als dem Umfang nach mittelalterliche Verhältnisse hergestellt worden waren und sich damit eine mittelalterliche Analogie überhaupt anbot. Das war Hitler, einem Romano- und Ekklesiophilen von Graden, auch ideologisch genehm. Im Zeichen des Rußland-Feldzuges fehlt in der nationalsozialistischen Propaganda sogar das Stichwort Abendland nicht; die Auseinandersetzung mit »dem Osten« wird in Analogie zu den verschiedenen »Verteidigungs«-Unternehmungen »des Westens« gesetzt.

Die Reichs- wie dann die Abendland-Ideologie ist keine einheitliche und kann es bei den historischen Unterschieden, die ihre jeweilige Gestalt im 20. Jahrhundert bestimmen, auch gar nicht sein. Zu Beginn des Jahres 1933 werden die Unterschiede noch offen beim Namen genannt, und ein freilich gezähmter Ideologienkampf ist durchaus im Gange. Aber bereits damals tritt hinter dem »Daß« der neuerlichen Reichsgründung die ihr konkret zu gebende Gestalt zurück; sie kann es, weil weithin die historischen Kostüme nur Kostüme sind, ein quid pro quo: Was ins Gewicht fällt, ist, daß die »›Republik‹ […] in den Hintergrund getreten« ist. Positiv gewendet: »Es ist [überhaupt] wieder vom ›Reich‹ die Rede […] An voreiligen und abwegigen Antworten fehlt es gewiß nicht. Verheißungsvoll für die Zukunft aber ist die Entschiedenheit, mit der das Reich von den verschiedensten Menschen und Kreisen als die politische Aufgabe unseres Volkes schlechthin gesehen wird.«18 Diese Worte des katholischen Reichstheologen Auguste Schorn sind durchaus repräsentativ: Hinter dem unbändigen Willen zum Reich verblassen die zum Teil unversöhnlichen Differenzen der angestrebten Gestaltungen.

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